ADB:Albrecht II. (römisch-deutscher König)

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Artikel „Albrecht II., deutscher König“ von Georg Voigt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 227–229, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Albrecht_II._(r%C3%B6misch-deutscher_K%C3%B6nig)&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 03:25 Uhr UTC)
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Albrecht II., deutscher König, als Herzog von Oesterreich Albrecht V., wurde 10. Aug. 1397 geboren, als einziger Sohn Herzog Albrechts IV. von Oesterreich und der baierischen Johanna. Schon als siebenjähriger Knabe folgte er seinem Vater und wuchs dann auf unter ewigen Streitigkeiten über die Vormundschaft und Bruderkriegen, die das Herrscherhaus wie die Regierung zerrütteten, im Lande Fehden und Unruhen aller Art, einen trotzigen verwilderten Adel und plündernde Räuberhorden nährten. Früh fand er eine werthvolle Stütze an König Sigmund; indem dieser ihn schon 1411 für den künftigen Gemahl seiner einzigen Tochter Elisabeth (geb. 1409) erklärte, ward A. die Aussicht auf das Erbe von Ungarn und Böhmen, der Eintritt in die größten, freilich auch schwierigsten Lagen der Politik eröffnet. Ein Schiedsspruch Sigmunds vom 30. Oct. 1411 erledigte ihn auch der Vormundschaft, deren Händel indeß noch lange nachwirkten. Dennoch gelang es dem jungen Fürsten, dessen frühzeitig gereiften Verstand Ebendorffer rühmt, mit Hülfe seines ersten Rathes, Reinprecht von Walse, in kurzer Zeit eine gewisse Ruhe und Gerechtigkeit in Oesterreich herzustellen, das Land von Räubern und Gesindel zu reinigen. Seine Verfolgung der Juden, die 1420 theils verbannt, theils verbrannt wurden oder in den Kerkern starben, fröhnte wol mehr den Finanzen als dem Fanatismus. Größere Ziele zeigte ihm der Kampf gegen die Hussiten und um sein einstiges Erbe in Böhmen; er füllte seine besten Jahre und knüpfte zugleich das engste Band zwischen ihm und König Sigmund. Gleich am ersten Kreuzzuge gegen die Hussiten 1420 nahm er Theil und führte Sigmund 4000 Reiter zu. Wie sorgfältig er die Vorbereitungen zum Kampfe traf, zeigt seine Verhandlung mit dem Herzog von Burgund; bekannt ist der ruhmlose Ausgang des Zuges. Dennoch verpflichtete sich A. 1421, von neuem gegen die Hussiten zu helfen. Im folgenden Jahre am 19. April wurde seine Vermählung mit Elisabeth in Wien vollzogen, obwol sie erst 13 Jahre zählte. Seitdem war der Krieg gegen die Hussiten ein nimmer rastender, er wurde von beiden Seiten unter Gräueln und Grausamkeiten aller Art geführt. A. zeigte gegen diese Ketzer einen starren und blutigen Haß; sie unternahmen zwischen 1421 und 1432 immer wiederholte Einfälle in [228] Oesterreich, das ihre wilden Horden durch Schwert und Flammen entsetzlich verwüsteten. Mit Strömen Blutes und ungeheuren Geldsummen suchte sich A. sein böhmisches Erbe zu sichern. Zur Entschädigung belehnte ihn Sigmund schon im Oct. 1423 mit der Markgrafschaft Mähren. In der That gelang es A. 1424, fast ganz Mähren wieder zum Gehorsam zu bringen; obwol nun auch hier in ewige Kämpfe verwickelt, behauptete er sich doch selbst bei dem letzten Kreuzzuge gegen die Ketzer, der bei Tauß 1431 so schmachvoll endete. Seitdem nahm er lebhaften Antheil an der Aussöhnung der Hussiten, die das Basler Concil betrieb; er war 1436 in Sigmunds Umgebung zu Iglau bei dem Abschluß der Compactaten, am 9. Dec. 1437 an Sigmunds Sterbelager zu Znaym.

Albrechts Erbansprüche auf die Reiche seines Schwiegervaters wurden in denselben, so eifrig Sigmund sie sicher zu stellen gesucht, kaum als an Elisabeth haftend anerkannt, in Ungarn wie in Böhmen vielmehr die Freiheit der Wahl in Anspruch genommen. Nur auf Grundlage einer solchen wurde A. in Ungarn, als er die Leiche Sigmunds nach Preßburg brachte, als König anerkannt, ferner unter der Verpflichtung, die deutsche Krone nicht ohne Zustimmung des ungarischen Reichsrathes anzunehmen. So wurde er am 1. Jan. 1438 mit seiner Gemahlin in Stuhlweißenburg gekrönt. Auch in Böhmen trat 26. Dec. 1437 der Landtag „zur Wahl des Königs“ zusammen. Zwar gehörten zu Albrechts Partei alle Katholiken, der größere Theil der Calixtiner und viele Herren. Aber die eifrigen Hussiten, zumal die kleineren Herren und Ritter, waren dem Vorkämpfer der katholischen Sache, der trotz seines langen Waltens in Mähren der böhmischen Sprache unkundig geblieben, desto gründlicher abgeneigt. Als die Mehrheit der Stimmen ihn zum König erkor, verließ die Gegenpartei stürmisch den Landtagssaal. Obwol Verhandlungen mit ihr stattfanden und sie den König unter Bedingungen anzuerkennen bereit schien, in deren wichtigere Artikel auch er einzuwilligen erklärte, knüpfte sie dennoch alsbald die Verbindung mit Polen an, in Verfolgung des längst beliebten Gedankens der Nationalen, die polnische und die böhmische Krone zu vereinigen. Dennoch wurde letztere nicht dem Könige selbst, sondern dessen 13jährigem Bruder Kasimir angeboten und unter Bewilligung des polnischen Reichstages angenommen. Obgleich nun die böhmischen Nationalen ihre Absagebriefe an A. schickten, ward dieser doch von seiner Partei ins Land geführt und am 29. Juni 1438 am Altar des h. Veit zu Prag in feierlicher Weise gekrönt. Unterdeß aber war bereits ein polnisches Heer in Mähren eingebrochen, und die böhmischen Gegner standen in Waffen. A. erhielt von den Nachbarn in Meißen und Baiern Hülfe und brachte ein Heer von wol 30000 Mann zusammen. Bei Tabor lagerten beide Theile fünf Wochen unter vielen Scharmützeln einander gegenüber, ohne daß eine Entscheidung erfolgte. Als dann polnische Reiter auch in Schlesien einfielen, begann A., durch Vermittelungen des Papstes Eugen IV. wie des Basler Concils unterstützt, Friedensverhandlungen mit Polen, die aber nur zu einem zweifelhaften Waffenstillstand führten und bis an sein Lebensende fortgesetzt wurden. Die Noth Ungarns zwang ihn, Böhmen zu verlassen, das Land verfiel der wüstesten Anarchie, in der keiner mehr dem andern traute.

Am 18. März 1438 war A. von den Kurfürsten in Frankfurt zum römischen König gewählt worden. Vom Vorgange bei der Wahl ist wenig bekannt; um die Bemühungen, die schon Sigmund aufgewendet, für den Fall seines Todes die Kurstimmen A. zu sichern, haben sich die Wählenden wol wenig gekümmert. A. nahm die Wahl erst an, nachdem der ungarische Reichsrath ihn seines Versprechens entbunden. Die Krönung, für die man von vornherein eine zweijährige Frist in Aussicht nahm, hat er nie empfangen. Zu einer Thätigkeit für das Reich gelangte er kaum. Er sagte ein paar Reichstage an, auf welchen der [229] Kanzler seines Vorgängers und der seine, Kaspar Schlick, Landfriedensentwürfe vorlegte, jedoch ohne anderen Erfolg als die Vertröstung auf künftige Reichstage. Auch in die kirchlichen Händel vermochte A. nicht einzugreifen. Er erneuerte dem Basler Concil den Geleitsbrief seines Vorgängers und bestätigte den königlichen Vogt für dasselbe. Am Tage vor seiner Wahl hatten die Kurfürsten feierlich die Neutralität der deutschen Nation im Schisma zwischen dem römischen Papste und dem Concil zu Basel erklärt. Darauf war die Acceptation der Decrete des letzteren gefolgt. A. schloß sich diesen Schritten hinterher an, so nahe es seiner Würde ging, daß die kurfürstliche Oligarchie sich hier als der rechte Herr des Reiches geberdete. Dennoch durfte man schöne Hoffnungen auf ihn setzen, welche zunächst die rastlose Sorge für Böhmen und Ungarn, dann ein früher Tod abschnitt. Sicher eröffnet er nicht unwürdig die nun folgende lange Reihe der Habsburger auf dem deutschen Thron.

Schon 1438 war Sultan Murad II. in Siebenbürgen eingefallen, hatte das Land barbarisch verwüstet und 70000 Gefangene in die Sklaverei davongeschleppt. Man fürchtete für das nächste Jahr einen solchen Streifzug gegen Ungarn. So träge sich indeß die Magnaten bei dem Aufgebot zeigten, verlangten sie die rettende Hülfe des Königs. Im April 1439 finden wir diesen in Preßburg, im Mai auf dem Reichstag zu Ofen. Ihm und den von ihm zu erhaltenden Soldtruppen wies man in erster Stelle den Schutz des Reiches zu; der Adel hielt mit seinen Banderien zurück und wollte sie ja nicht über die Grenze führen lassen. Der König wurde als Fremdling behandelt; die Deutschen mußten ihre Aemter aufgeben und das Land verlassen; in Ofen erhob sich ein Aufruhr gegen sie, man erschlug sie auf der Straße und plünderte die Häuser der deutschen Kaufleute. Als der Feind bereits Semendria genommen, überstieg Albrechts Heer noch nicht die Zahl von 24000 Mann, mit denen er kaum die feindlichen Streifzüge über die Donau abzuwehren vermochte. Mangel an Proviant, Ruhr und Desertion verminderten sein Heer täglich, es löste sich auf. Er selbst, von der Seuche ergriffen, trat die Rückreise an, von Gran ab mußte er in einer Sänfte getragen, in Langendorf konnte die Reise nicht mehr fortgesetzt werden. Hier verschied der ritterliche Fürst 27. Oct. 1439, erst im 42. Lebensjahre. Seine Leiche wurde in Stuhlweißenburg beigesetzt. Er hinterließ zwei Töchter, Anna und Elisabeth; Ladislaus (Postumus) wurde erst 22. Febr. 1440 geboren. Deutscherseits wird A. als ein wackerer Krieger und gerechter Fürst geschildert. Von hoher, fester Gestalt, mit sonnverbrannten Zügen, gewaltigen Lippen und hervorstehenden Zähnen, erschien er nicht liebenswürdig und gewinnend, vielmehr ernst und verschlossen. Seine Bildung war gering, unter Kriegen und Jagden war er aufgewachsen, Latein hatte er nie gelernt. Darin stach er sehr ab gegen den sprachgewandten und leutseligen, freilich auch sehr unzuverlässigen Sigmund. Dafür wußte man in Deutschland seine häuslichen Tugenden, den geraden Sinn, die biedere Rechtschaffenheit und auch die Güte zu schätzen, die sich nur den Juden und den Ketzern versagte. Bonus, licet Teutonicus, audax et misericors nennt ihn auch der böhmische Chronist Bartos von Drahonicz.

Seine Urkunden und Acten sind noch nicht registrirt oder gesammelt. Unter den Zeitgenossen geben Thomas Ebendorffer von Haselbach und Aeneas Sylvius vielfache Nachrichten über ihn. – Unter den Neuern zu vergl. Wenck, Historia Alberti II. Lips. 1770. – Fr. Kurz, Oesterreich unter K. Albrecht II. 2 Th. Wien 1835. Dazu Palacky, Gesch. von Böhmen. Bd. III. Abth. 3.