ADB:Baumgarten, Alexander Gottlieb

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Artikel „Baumgarten, Alexander Gottlieb“ von Georg von Hertling in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 158–159, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Baumgarten,_Alexander_Gottlieb&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 22:53 Uhr UTC)
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Band 2 (1875), S. 158–159 (Quelle).
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Baumgarten: Alexander Gottlieb B., geb. 17. Juli 1714 in Berlin, † als Professor der Philosophie zu Frankfurt a. d. O. 27. Mai 1762, Anhänger Chr. Wolff’s, dessen Lehre er, abgesehen von minder wesentlichen Punkten, namentlich dadurch ergänzt, daß er die Aesthetik als ein besonderes Glied in das System der philosophischen Wissenschaften einreiht (Aesthetica, Francof. ad Viadr. 1750–58). Schönheit ist Vollkommenheit d. h. Uebereinstimmung der Theile zum Ganzen, sofern sie den Sinnen erscheint, also verworren erkannte Vollkommenheit, während die deutliche Erkenntniß derselben dem Verstande eignet. Daher ist die Aesthetik Theorie der niederen, sinnlichen, wie die Logik Theorie der höheren, verständigen Erkenntniß; sofern aber das Object der letzteren in beiden Fällen das gleiche ist, und nur die Weise des Erkennens eine verschiedene, ist sie Theorie oder auch Kunst eines Analogons der Vernunft. Ihr oberstes Princip nach der praktischen Seite ist die Nachahmung der Natur, da in ihr, entsprechend der Lehre von der besten Welt, die größte Vollkommenheit zur sinnlichen Erscheinung kommt. Daneben besteht ziemlich unvermittelt die Welt der Dichter oder die heterokosmische Welt, durch welche Raum für die Freiheit der künstlerischen Erfindung gewonnen wird. Die Fiction ist berechtigt, sofern sie der Wahrheit dient, sie ist nothwendig, weil die Beispiele, durch welche wir die moralischen Lehren einschärfen möchten, nicht immer schon von der Geschichte an die Hand [159] gegeben werden. Während der richtig geleitete Geschmack einerseits Vorbildung für die Entwicklung des Verstandes ist, dient er ihr zugleich zur Ergänzung, indem er uns befähigt die nakten Formen des logischen Gedankens mit materieller Fülle zu bekleiden. – Trotz ihrer Mängel war Baumgarten’s Aesthetik von bedeutender Nachwirkung. Aus der Art, in der er sie dem Ganzen der Philosophie einordnete, erklärt sich; wie einerseits der zuerst von ihm gebrauchte Name in der Folgezeit ausschließlich zur Bezeichnung der Philosophie des Schönen und der Kunst, von Kant dagegen in unmittelbarem Anschlusse an B. zur Bezeichnung des ersten Theiles der transcendentalen Elementarlehre verwandt werden konnte.