ADB:Berchem, Claes van

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Artikel „Berchem, Nicolaus“ von Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 350–352, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Berchem,_Claes_van&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 06:04 Uhr UTC)
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Berchem: Nicolaus (Claes Berghem), berühmter Maler, getauft zu Haarlem 1. Oct. 1620, † zu Amsterdam 18. Febr. 1683, war der Sohn des untergeordneten Stilllebenmalers Pieter Claesz. Der Vater führte nicht den Namen Berchem; denn in dem Billet, das zu seinem Begräbnisse am 1. Jan. 1661 einlud, führte blos der Sohn den Namen, auch im Sterberegister heißt der Alte nur Pieter [351] Claesz. Ueber den Ursprugn des Namens Berchem bringt Houbraken drei Anekdoten, die wir auf sich beruhen lassen müssen. Als seine Lehrmeister werden von ihm angegeben: Jan von Goyen, Claes Moyaert, Pieter Grebber, Jan Wils, dessen Tochter er heirathete, und endlich sein Oheim J. B. Weenix. Wils und Weenix gehörten der italienischen Richtung an und haben jedenfalls schon auf seine frühesten Werke einen großen Einfluß in der Formauffassung ausgeübt. Doch zeigt seine ganze Malweise, daß er auch selbst in Italien gewesen sein müsse. Seine Romfahrt fand wol erst nach seinem Eintritt im J. 1642 in die Haarlemer Malergilde statt, vermuthlich am Ende der vierziger Jahre. Im J. 1656 ist er wieder zu Haarlem nachgewiesen; im folgenden kam Jas Gerritsen in seine Lehre. Noch im J. 1670 kommt er in Haarlem vor; doch starb er zu Amsterdam und wurde in der Westerkerk daselbst begraben. B. ist einer der berühmtesten holländischen Maler und erfreute sich namentlich früher eines uneingeschränkten Rufes; doch hat derselbe in neuerer Zeit stark abgenommen. Man schätzt überhaupt jetzt die landschaftliche Richtung der holländischen Kunst, die südliche Gegenden zum Vorwurfe nahm, weniger als diejenige, welche der heimischen Natur getreu blieb. B. kann man übrigens als den hervorragendsten Künstler jener Richtung bezeichnen; denn, bleibt er auch gewöhnlich hinter Both zurück, so hat er doch eine Anzahl Gemälde geliefert, die an Wahrheit, Durchsichtigkeit und feiner Ausbildung über das Vermögen des Utrechter Meisters hinausgehen. Schon das wunderschöne Bild von 1644 im Wiener Belvedere beweist, welchen Grad von Ausbildung er in der Landschaft und der Staffage erworben hatte; es ist klar in sonniger Beleuchtung colorirt und mit fleißigem aber doch geistvollen Pinsel behandelt. Vortrefflich sind auch seine Winterstücke in Amsterdam, eines von 1647, und in Berlin; und von feinem Studium der Thiernatur zeugen seine Radirungen, die zumeist seiner ersten Zeit angehören. Er hätte vielleicht der erste holländische Landschaftsmaler werden können, wenn er der heimischen Natur getreu geblieben wäre; die Reise nach Italien aber, die man Ende der vierziger Jahre anzusetzen hat, machte ihn zum Manieristen. Das Bild mit lebensgroßen Figuren im Haag, das 1648 bezeichnet ist, scheint schon in Italien entstanden zu sein. Die Folge der fünf Radirungen, von denen zwei die Jahreszahlen 1652 und 55 tragen, beweist ebenfalls, daß der Künstler schon damals in Italien verweilt haben mußte; ich glaube, daß sie dort selbst entstanden sind. Sie gehören zu den prachtvollsten Radirungen nicht blos Berchem’s selber, dessen frühere Blätter sie duch kräftige Behandlung und energische Lichtwirkung übertreffen, sondern auch der gesammten Aetzkunst. Es folgen sich nun die große Menge jener italienischen Bilder, die er, im J. 1656, wie bemerkt, wieder in Haarlem wohnhaft, nach seinen Skizzen und Studien ausführte. Leider gewöhnte er sich eine gewisse conventionelle Manier an, die sich bisweilen zum Decorativen steigert, die Behandlung wird gleichgültig, die Formen werden wenig durchgebildet, die Farben hart und bunt und die Figuren erhalten einen einförmigen Typus. Freilich merkt man in allem noch den bedeutenden Künstler heraus, und bisweilen ist die Schönheit des Motivs, die felsigen Gründe, die Wasserfälle, die Ruinen und die Stromufer, über die sich eine sonnige Beleuchtung ausbreitet, von wunderbarem Reize. B. hat auch öfter die Staffage in die Landschaften anderer Meister gemalt. Bisweilen ließ er sich verleiten, lebensgroße Figuren zu malen, die einen sehr unerquicklichen Eindruck hinterlassen. Seine Leichtigkeit im Malen, verbunden mit seinem großen Fleiße, wobei ihn noch seine geizige Frau angetrieben haben soll, waren die Ursache, daß er eine außerordentlich große Anzahl von Gemälden ausgeführt hat. Dieselben sind in allen größeren und in den meisten kleineren Gallerien vorhanden; die Eremitage von St. Petersburg steht da oben an. Eine [352] besondere Aufzählung derselben erscheint bei der großen Anzahl unthunlich. Seine Zeichnungen sind ebenfalls sehr geschätzt. Außerordentlich viel ist im 17. und 18. Jahrhundert nach ihm gestochen worden, u. a. von Gronsveld, J. und C. Visscher, Danckertz, und namentlich auch vielen Franzosen. H. de Winter gab 1767 einen Katalog aller dieser Stiche heraus, später Heineken in seinem „Dictionaire“; Bartsch (Peintre-graveur V.) verzeichnet am besten seine Radirungen, denen R. Weigel noch einige nachgetragen hat. Der Künstler schrieb sich gewöhnlich Berchem, oft aber auch Berghem, eine Bezeichnung, die zwischen Berchem durchläuft, aber doch zumeist auf Werke seiner frühern Zeit hinweist; die Bezeichnungen Berighem, Beerighem, Berrighem sind selten und dürften wol in seiner spätern Zeit nicht mehr angewendet worden sein. Er bediente sich auch der Monogramme, über die Nagler in seinen „Monogrammisten“ Auskunft gibt. Sein Vorgang ist für die holländischen Landschafts- und Thiermaler von großem, wenn auch nicht eben glücklichem Einflusse gewesen.