ADB:Berthold (Bischof von Würzburg)

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Artikel „Bertold, Bischof von Wirzburg“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 531–534, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Berthold_(Bischof_von_W%C3%BCrzburg)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 20:08 Uhr UTC)
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Bertold, Bischof von Wirzburg (1271–1287). Er stammte aus dem Hause der Dynasten von Sternberg, deren Stammburg bei der jetzt bairischen Stadt Königshofen im Grabfeld (Kreis Unterfranken) lag, und die mit den gleichnamigen, aber anderen Ländern, z. B. Kärnthen, angehörigen Geschlechtern in keiner Weise verwechselt oder für einerlei gehalten werden dürfen. Nach der Sitte jener Zeit widmete sich B. nebst noch zwei anderen nachgeborenen Brüdern, Hermann und Heinrich, der geistlichen Laufbahn, auf der sie es alle Drei weit genug gebracht haben. Zunächst traten sie in das Wirzburger Domcapitel ein. Hermann ist später Propst des Collegiatstiftes Neumünster zu Wirzburg, Heinrich Dompropst zu Bamberg geworden. B. selbst erscheint zuerst im J. 1240 als Domherr zu Wirzburg, bald als Archidiakon und Scholasticus des Capitels und im J. 1262 als Domdechant. Nach dem Tode des Bischofs Iring von Homburg im J. 1266 trat die entscheidende Wendung in Bertolds Leben ein. Es geschah eine Doppelwahl: die eine Partei des Domcapitels wählte den bisherigen Dompropst Konrad von Trimberg, die andere Bertold, einen Bruder des Grafen Hermann von Henneberg, Domherrn zu Wirzburg und Mainz. Von den beiden Gewählten suchte jeder dem anderen den Rang abzulaufen; der Henneberger erlangte seine Bestätigung bei dem Metropoliten zu Mainz, der Trimberger suchte sie am päpstlichen Hofe zu erhalten. Die einstweilige Regierung des Hofstiftes aber bis zur Beendigung des Streites fiel dem Herkommen gemäß dem Domdechanten B. v. Sternberg als Stiftspfleger zu, der sich den nicht geringen Schwierigkeiten gegenüber der ihm gestellten Aufgabe vollkommen gewachsen zeigte. Während Konrad von Trimberg in Rom seine Sache betrieb, verlor sein Nebenbuhler die Geduld und versuchte mit Gewalt, sich in den Besitz der bestrittenen Würde und der Hauptstadt des Hochstiftes zu setzen. Zufällig stand sein Bruder, der Graf Hermann von Henneberg, gerade in Fehde mit dem Grafen Albrecht von Hohenlohe, und ihre Streitmacht war es, mit welcher der Gewaltthätige seinen Ansprüchen zum Siege verhelfen wollte. In Wirzburg aber waren das Domcapitel mit seinem Haupte, dem Decan B., und die Stadt selbst auf einen solchen Versuch gefaßt und gerüstet: unter Anführung des Stiftspflegers zogen sie wider die heranziehenden Gegner aus und stießen mit ihnen am 8. August 1266 bei Kitzingen zusammen. Die hennebergische Partei wurde vollständig geschlagen, und die Sache des Besiegten schien bereits vollständig verloren zu sein. Die nächste Folge war, daß Papst Clemens IV. den noch immer in Rom weilenden Konrad von Trimberg als Bischof von Wirzburg bestätigte. Aber Konrad starb auf der Heimreise noch auf italienischem Boden, und im Hochstift Wirzburg begannen die Schwierigkeiten von vorne. Der Henneberger Bertold erneuerte mit Hülfe seines Hauses seine Ansprüche und setzte sich in dem nördlichen Theile des Sprengels mit Gewalt fest, ohne aber weiterhin durchzudringen. Es ist nun nicht richtig, was allgemein behauptet wird, daß B. von Sternberg sofort, noch im J. 1267, zum Bischof gewählt worden sei; er erscheint vielmehr auch im J. 1270 noch als Domdecan und erst im Jahre darauf (s. Mon. Boica XXXVII. p. 432–446) als erwählter Bischof, und auch die nächste Zeit ist diese seine Stellung noch unsicher genug; es fehlte Jahre hindurch die päpstliche Bestätigung, und Bertold von Henneberg gab seine Sache noch keineswegs auf. Diese Ungewißheit veranlaßte endlich im Laufe des J. 1274 den neu gewählten Bischof zu einer Reise an den päpstlichen Hof und einem längeren Aufenthalte daselbst, ohne Zweifel nach Lyon, wo Papst Gregor X. zum Zweck der Abhaltung eines allgemeinen Concils bereits das Jahr vorher seine Residenz [532] aufgeschlagen hatte. Unzweifelhaft ist hier der Streit um das Bisthum Wirzburg endgültig geschlichtet und der Gewählte des Wirzburger Capitels vom Papste anerkannt worden. Erst vom J. 1275 an zählt B. von Sternberg die Jahre seines Episcopats und im Februar des genannten Jahres hat er sich mit seinem Nebenbuhler, der noch das Jahr zuvor einen Anschlag gemacht hatte, sich der Stadt Wirzburg zu bemächtigen, und mit dem Grafen von Henneberg verglichen. B. von Henneberg durfte kraft päpstlicher Entscheidung den Titel eines Bischofs beibehalten, und sein siegreicher Gegner mußte für seinen standesgemäßen Unterhalt Sorge tragen. Man trifft ihn später in der Mainzer Diöcese, in Thüringen, wo er als Stellvertreter des Mainzer Erzbischofs bischöfliche Handlungen vornimmt. Er ist erst (nach der glaubwürdigesten Nachricht am 3. Oct.) 1312 gestorben und zu Münnerstadt (Kreis Unterfranken), einer Stadt im Wirzburger Sprengel gelegen, begraben worden.

Was nun von Bischof Bertolds weiteren Handlungen vor Allem hervorgehoben zu werden verdient, ist sein enger Anschluß an König Rudolf, der in ihm ein brauchbares Werkzeug für seine Politik erkannte und dem er sich in der nächsten Zeit mit voller Hingebung zur Verfügung stellte: vielleicht hatten dessen Bemühungen zu der erwähnten päpstlichen Entscheidung mit beigetragen. Bereits im November 1274 begegnen wir B. auf dem Reichstage zu Nürnberg, auf welchem der bekannte Beschluß gefaßt worden ist, der seine Spitze gegen König Ottokar von Böhmen richtete und wonach dieser eventuell nach Wirzburg zur Verantwortung vorgeladen werden sollte, eine Vorladung, der Ottokar freilich keine Folge leistete. Inzwischen nahmen die eingeleitete Action gegen Ottokar und die Verhandlungen König Rudolfs mit dem Papste den erwünschten Fortgang. Im Januar 1276 begegnen wir Bischof B. wiederum in der Umgebung des Königs zu Nürnberg. Auf seinen Vortrag wird jener Richterspruch gefällt und von Rudolf verkündigt, wonach alle Verträge, die König Ottokar unter gewissen Umständen dem Herzog Philipp von Kärnten abgedrungen hatte, für nichtig erklärt wurden. Als dann in Folge der fortgesetzten Unbotmäßigkeit König Ottokars der Reichskrieg gegen ihn wirklich beschlossen und unternommen wurde, treffen wir Bischof B. als den eifrigsten Helfer und als einflußreichen Rathgeber an der Seite Rudolfs. Schon zu der folgereichen Aussöhnung des Herzogs Heinrich von Niederbaiern mit seinem Bruder, dem Pfalzgrafen Ludwig, hatte er mitgewirkt. Nun begleitet er Rudolf, und nicht mit leeren Händen, auf den Feldzug nach Oesterreich und vermittelt nebst anderen Reichsfürsten im Lager vor Wien den Frieden zwischen dem deutschen und dem böhmischen König; ebenso wird bei der nachträglichen Feststellung und der Ausführung des Friedens seine Mitwirkung vorbehalten, da er inzwischen nach Franken zurückgekehrt war. An dem zweiten Kriege Rudolfs gegen Ottokar, der mit dessen Katastrophe endigte, hat Bischof B., ohne daß wird dafür die Gründe mehr als nur vermuthen vermöchten, wie so manche andere Reichsfürsten keinen persönlichen Antheil genommen; erst im Mai des H. 1281 treffen wir ihn wieder in der Umgebung des Königs zu Wien und im Sommer zu Nürnberg, als dieser feierlich den Landfrieden für Franken beschwören ließ. Aber gerade seit dieser Zeit und im Zusammenhang mit diesen höchst löblichen Maßregeln des Königs für die öffentliche Ordnung drohte das Verhältniß zwischen diesem und dem Bischof B. getrübt zu werden. B. war aus Veranlassung der Verfolgung seiner landesfürstlichen Interessen in Verwickelungen mit den Grafen von Rieneck und Henneberg gerathen, die Rudolf schon zu Nürnberg beigelegt hatte, die aber hinterher aufs neue ausgebrochen und wozu sich überdies eine Fehde mit dem Abt von Fulda gesellte, wobei es an Gewaltthätigkeiten von Seite der Leute des Bischofs nicht gefehlt hat. Der darüber aufgebrachte König trat wiederum dazwischen, ernannte [533] Mittelmänner, und es kam zuletzt ein Austrag der Streitigkeiten zu Stande, bei welchen gerade auch dem Bischof B. die entsprechende Sühne des geschehenen Friedensbruches nicht erspart blieb. Darauf haben sich, wie wir anzunehmen Grund haben, die guten Beziehungen des Bischofs zu dem Reichsoberhaupte wieder hergestellt. Im J. 1287, in welchem zu Wirzburg ein Nationalconcil abgehalten wurde, erneuerte und erweiterte Rudolf auf einem Hoftage ebendaselbst unter Mitwirkung des Bischofs B. den fünf Jahre vorher zu Mainz beschlossenen und verkündeten allgemeinen Landfrieden. Der römischen Curie gegenüber hat B. allezeit seine Unabhängigkeit gewahrt, was schon durch die einzige Thatsache bezeugt wird, daß im J. 1279 der gesammte Regular- und Säcularklerus der Stadt und des Sprengels von Wirzburg gegen die fernere Eintreibung der auf dem Concil von Lyon zu Gunsten eines Kreuzzuges ihm auferlegte Leistung des Zehnten von seinem Einkommen Verwahrung einlegten so lange als eine, dem ursprünglichen Zwecke entsprechende Verwendung nicht zu hoffen sei. Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Schritt ohne Zustimmung, ja ohne die Initiative des betreffenden Diöcesanbischofs kaum gedacht werden kann. So lange B. lebte, konnten in der That derartige Zumuthungen niemals verwirklicht werden; erst nach seinem Tode und seinem gefügigeren Nachfolger gegenüber kam die Curie auf die jetzt zurückgewiesene Forderung zurück und wußte sie denn auch in der That geltend zu machen. Zu der damals stolz aufstrebenden Stadt Wirzburg, mit der seine Vorgänger seit langer Zeit und weiterhin auch seine Nachfolger in fortgesetzten, oft schweren Zerwürfnissen lebten, stand B. in einem verhältnißmäßig erfreulichen Verhältnisse; auch die Zünfte, die den Bischöfen meistens und auch jetzt dem Domcapitel ein Dorn im Auge waren, ließ er bestehen oder stellte sie unter gewissen billigen Bedingungen wieder her. Mit den Ständen seines Landes lebte er überhaupt auf einem normalen Fuße: schon im zweiten Jahre nach seiner Bestätigung hatte er sie – Geistlichkeit, Adel, Dienstmänner, Bürger und das gesammte Volk der Diöcese – zusammenberufen und sich von ihnen eine einmalige außerordentliche Steuer bewilligen lassen, um der Ueberschuldung des Hochstiftes, die in erster Linie als die Folge der vorausgegangenen Wirren und der finanziellen Anforderungen der römischen Curie bezeichnet wird, abzuhelfen. Für die landesherrlichen Interessen seines Hochstiftes trat er, wie schon erwähnt, mit Nachdruck ein, ohne dabei, wie auch bei den versuchten neuen Besitzerwerbungen, in den wichtigeren Fällen gerade den Erfolg auf seiner Seite zu haben. Die kirchlichen Interessen des Sprengels hat er bei allen Gelegenheiten sorgfältig wahrgenommen. – Der Geschichtsschreiber der Bischöfe won Wirzburg, Lorenz Fries, macht ferner darauf aufmerksam, daß unter Bischof B. die ersten deutschen Urkunden in Wirzburg ausgestellt worden sind, was freilich als keine Besonderheit angesehen werden kann. Die Ueberlieferung endlich, daß B. die in früherer Zeit sehr berühmte Wirzburger Domschule erweitert und mit Lehrern aus verschiedenen Disciplinen ausgestattet habe, verlangt, wenn sie nicht auf einem Mißverständnisse beruht, authentischere Beweise als bis jetzt vorliegen. Nach einem immerhin inhaltsvollen Leben und bald nach dem erwähnten Hoftag K. Rudolfs und jenem Nationalconcil, auf dem ein Protest gegen die von Seite der römischen Curie beschlossene allgemeine hohe Besteuerung der gesammten deutschen Kirche gewagt wurde, ist B. am 15. November 1287 gestorben. Der Stammhalter seines Geschlechtes, Albert von Sternberg, wahrscheinlich sein Bruder, hatte sich, ohne Nachkommen zu hinterlassen, bereits im J. 1264 zu seinen Vätern versammelt, und die so ledig gewordenen Güter der Sternberger gingen lehensweise an die Grafen von Henneberg über, von welchen das Geschlecht sich vielleicht vor vier Generationen abgezweigt hatte. – L. Fries in seinem gedachten Werke und Ussermann in seinem Episcopatus Wirceburg. haben sich [534] seiner Zeit mehr oder weniger unvollständig mit der Geschichte Bischof Bertolds beschäftigt. Einen Theil seiner hinterlassenen Urkunden enthält der erwähnte XXXVII. Band der Mon. Boica.