ADB:Elisabeth (Kurfürstin von Brandenburg)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Elisabeth, Kurfürstin von Brandenburg“ von Karl Lohmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 14–15, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Elisabeth_(Kurf%C3%BCrstin_von_Brandenburg)&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 04:41 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 6 (1877), S. 14–15 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Elisabeth von Dänemark, Norwegen und Schweden in der Wikipedia
Elisabeth von Dänemark, Norwegen und Schweden in Wikidata
GND-Nummer 128983574
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|6|14|15|Elisabeth, Kurfürstin von Brandenburg|Karl Lohmeyer|ADB:Elisabeth (Kurfürstin von Brandenburg)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=128983574}}    

Elisabeth, Kurfürstin von Brandenburg. Sie war die Tochter des Königs Johann von Dänemark, Schweden und Norwegen, geb. im Jahre 1485, vermählt zu Stendal am 10. April 1502 mit dem 18jährigen Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg, † zu Berlin am 10. Juni 1555. Brachte diese Heirath dem brandenburgischen Kurfürsten und seinen Nachkommen die Anwartschaft auf einen Theil der Herzogthümer Holstein und Schleswig, so hat die Fürstin persönlich eine folgenreiche Einwirkung auf die Einführung und den ersten Entwicklungsgang der kirchlichen Reformation in den brandenburgischen Landen ausgeübt. Wie sie zuerst als eine treue Anhängerin des katholischen Glaubens erscheint, so hat sie auch, nachdem sie einmal die Richtigkeit der neuen Lehre erkannt hatte, mit Festigkeit an dieser gehalten und für sie die schwersten Leiden, welche eine Gattin und Mutter treffen können, auf sich genommen. Schon früh neigte sie sich im Stillen Luther zu, ihr Leibarzt Matthäus Ratzenberger, der Freund des Reformators, besorgte wol die Vermittlung; als ihr aus den nordischen Reichen vertriebener Bruder Christian II., ein entschiedener Anhänger der kirchlichen Neuerung, hülfesuchend in Berlin weilte, erhielt sie durch ihn Stärkung und Kräftigung in ihrem Glauben. Ihr Gemahl dagegen, der bei der alten Rechtgläubigkeit strenge beharrte, hatte wiederholentlich „die Lutherische Ketzerei“ durch die schärfsten Drohungen gegen die Uebertreter in seinen Landen verpönt. Schwerlich konnte ihm der Gesinnungswechsel der Kurfürstin ganz unbekannt bleiben, und da er sonst gewohnt war seinen Befehlen ohne Ansehen der Person Gehorsam zu verschaffen, so mochte sie bald Ursache zu haben glauben das Aergste von ihm zu befürchten. Schon im September 1525 klagt sie dem neuen Herzoge Albrecht von Preußen, indem sie ihm Glück dazu wünscht, daß „er sich von dem gefärbten Gleißnerwerk entledigt“, wie sie wegen des Wortes Gottes von ihrem Gemahl viel erleiden müsse, der ihr sogar gedroht habe, sie solle sich wohl vor ihm hüten, aber soviel sie sich auch hüte, wolle er ihr doch „etwas beibringen lassen“. Als dem Kurfürsten, dem der Einfluß der Mutter auf die Gesinnung der Söhne nicht entgehen konnte, gar hinterbracht wurde, daß sie zu Ostern 1527 das Abendmahl in beiderlei Gestalt genommen hatte, so hielt er es für seine Pflicht ungesäumt einzuschreiten, damit nicht die verhaßte Neuerung eine so bedeutende offene Stütze fände, und bald scheint man an vielen Enden befürchtet zu haben, daß er wol gar Thätliches, „Fährliches oder Unfreundliches“, gegen die Ketzerin unternehmen könnte, wenigstens legten sich verwandte Fürsten sowie die märkischen Stände bittend ins Mittel, um ihn von solchem Vorhaben abzubringen. Auf ihre Fürsprache gab er die Zusage bis Ostern (1528) Nachsicht und Geduld haben zu wollen, falls auch E. sich bis dahin ruhig verhielte. Um sein Gewissen ganz zu beruhigen, zugleich aber auch seinen landesherrlichen Rechten nichts zu vergeben, holte er noch den Rath der höchsten Geistlichen des Landes ein, denen er die Frage vorlegte, ob er, wenn seine Gemahlin bei ihrer Ansicht verharre, sie am Leben strafen oder sich von ihr scheiden lassen dürfe, oder was er sonst thun solle. Man rieth ihm sie gefangen zu halten. Als die gestellte Frist ihrem Ende entgegenging, faßte E. mit Zustimmung ihres noch in Berlin anwesenden Bruders den Gedanken sich aller persönlichen Gefahr durch Flucht zu entziehen. In der Nacht zum 25. März – der Kurfürst war eben verreist – wurde die Flucht bewerkstelligt, und am 26. langte E. in Torgau an, wo Kurfürst Johann von Sachsen, der im Einverständnisse war, zu ihrem Empfange alles vorbereitet hatte. Während Joachim selbst von Johann die sofortige Auslieferung verlangte, mahnten andere Fürsten, katholische wie protestantische, [15] zu freiwilliger Rückkehr und Aussöhnung; die Bedingungen aber, welche E., von ihrem Beschützer berathen, stellen zu müssen glaubte, Gestattung ungehinderter Religionsausübung für sich selbst und Zusicherung von Straflosigkeit für die bei der Flucht behülflich gewesenen zwei Diener, konnte Joachim nicht annehmen. Die Kurfürstin verblieb daher am sächsischen Hoflager, abwechselnd in Torgau, Wittenberg (hier jedoch nicht im Hause Luther’s) und in Weimar. Dennoch gerieth sie bald, da sie nur den täglichen Unterhalt empfing und bei ihrer Flucht nur das Nothdürftigste mitgenommen hatte (von dem entgegengesetzten Vorwurfe konnte sie sich leicht reinigen), in die drückendste Noth und mußte Schulden machen. Erst der Tod ihres Gemahls (Juli 1535) befreite sie wenigstens aus dieser Bedrängniß, indem ihre Söhne, der Kurfürst Joachim II. und der Markgraf Johann, ihr die jährliche Auszahlung einer auskömmlichen Geldsumme zusicherten. Zur Heimkehr aber kam es auch jetzt nicht, denn wenn sie auch mit dem entschiedneren zweiten Sohne in religiöser Beziehung einverstanden und zufrieden war, so erregte dagegen der ältere, der zuletzt mit dem Uebertritt zur neuen Lehre säumte, dann aber der mittleren Richtung angehörte, ganz besonders durch seine Kirchenordnung, welche viele alte Ceremonien fortbestehen ließ, ihren bitteren Unwillen; vielleicht auch mochte sie diesen, wenn sie seinen wiederholten Bitten um ihre Heimkehr nicht sofort nachgab, um so leichter zu unbedingtem Einlenken in die reformatorische Richtung zu bestimmen hoffen. Als sie durch jene Abmachung mit ihren Söhnen in den Stand gesetzt wurde einen eigenen, wenn auch kleinen Hofstaat zu unterhalten, hatte ihr der sächsische Kurfürst das Schloß Lichtenberg (an der Elbe unterhalb Torgau) eingeräumt, auf welchem sie über neun Jahre lang als „Markgräfin von Lichtenberg“ ihren Wohnsitz hatte. Erst im Sommer 1545 gelang es dem eindringlichen Zureden des Markgrafen Johann der Mutter den Entschluß zur Rückkehr in die Mark abzugewinnen, doch auch jetzt erst nachdem eine ganze Reihe von Zusicherungen für ihren Gottesdienst, ihre Geistlichen und ihre Diener gegeben war. Wieder lebte sie dann zehn Jahre hindurch, jetzt schon vielfach kränkelnd, aber immer noch mit lebhafter Theilnahme der kirchlichen Bewegung, zumal in den Marken, folgend, unverändert an einem Orte, auf ihrem Wittwensitze Spandau. Als sie jedoch ihr Ende herannahen fühlte, bat sie ihren Sohn, den Kurfürsten, trotz ihrer körperlichen Leiden nach Berlin hinübergeführt zu werden; am 1. Juni 1555 wurde ihr dringender Wunsch erfüllt, und zehn Tage darauf beschloß sie ihr Leben in der kurfürstlichen Burg.

A. F. Riedel, Die Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg in Beziehung auf die Reformation; in der Zeitschrift für preußische Geschichte etc. II. Band. Berlin 1865.