ADB:Ferber, Nikolaus

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Artikel „Ferber, Nikolaus“ von Carl Krafft in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 42–45, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ferber,_Nikolaus&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 20:04 Uhr UTC)
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Herborn: Nicolaus H., Minorit, als Schriftsteller und Prediger einer der eifrigsten und heftigsten Gegner der evangelischen Bewegungen in Hessen und am Rhein in den Jahren 1524–1532. Er nannte sich Herborn nach seiner Vaterstadt in der jetzigen preußischen Provinz Hessen-Nassau, nach seinem Familiennamen hieß er Ferber, wie mit Sicherheit aus einem Briefe des Eobanus Hessus hervorgeht. Die Zeit seiner Geburt ist unbekannt, wahrscheinlich ist er ziemlich gleichzeitig mit Luther in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts geboren. Auch seine Bildungsverhältnisse sind bis jetzt noch im Dunkeln. Die erste Erwähnung seiner Person findet sich in einer Notiz der Kölner Universitätsmatrikel [43] von 1512, die ihn als Mitglied der Observanten des Minoritenordens bezeichnet, der in Brühl, 2 Stunden von Köln, im Laufe des 15. Jahrhunderts unter besonderem erzbischöflichen Schutze ein Kloster gegründet hatte, während in Köln selbst bis dahin nur Conventualen des Ordens sich befanden. Später zu Anfang der durch Philipp von Hessen beförderten Reformation finden wir ihn als Guardian der Minoriten zu Marburg, wo er im Beginne des Jahres 1525 seinen Landesfürsten von der Reformation abmahnte (vgl. Eyn Sendtbrieff durch einen Guardian Barfüsser ordens zu Marburg mit namen Nicolaus Ferber, An den Christlichen Fürsten Philippen etc. Vnd desselben Fürsten Christlich-antwort darauff, 1525, 4. Panzer’s Annalen der älteren deutschen Litteratur, II, 414). Die merkwürdige Antwort Philipps findet sich bei Kuchenbecker, Analecta Hassiaca X, 393. Auf der berühmten Synode zu Homberg (October 1526) kämpfte H. mit seinem Ordensgenossen Lambert von Avignon, wo er sich seinem Gegner nicht gewachsen zeigte, und in Folge dessen das Feld räumte. (Aehnlich wie fast gleichzeitig der Minorit Corbach, nach seinem Familiennamen Heller zu Düsseldorf in einer Disputation mit dem sächsischen Hofprediger Myconius unterlag.) Herborn zog sich, nachdem er zu Werl, einer westfälischen Stadt, einen Protest gegen die Synode erlassen, nach seinem ehemaligen Kloster Brühl zurück, hielt sich aber meist in Köln in der senatorischen Familie Rinck auf, von wo er litterarisch den Kampf mit Lambert fortsetzte. Noch im December 1526 erschienen von H.: „Assertiones trecentae et viginti sex adversus Franc. Lamberti, exiticii monachi, Paradoxa impia in Hombergiana Hessorum congregatione proposita“, denen noch in demselben Jahre nachfolgten: „Assertiones aliae quibus excusatur Guardianus Marpurgensis, quod in Hombergiana congregatione disputare noluerit neque respondere Francisco Lamberto haeretico“. Unter dem 15. Februar 1527 antwortete Lambert von Marburg aus mit einer Epistola ad Colonienses, worin er den Hergang der Homberger Synode erzählt, und zum Schlusse den Wunsch ausspricht, daß die Stadt Köln endlich „das reine Wort Gottes annehmen“ möge (die Epistola findet sich u. a. in den Unschuld. Nachrichten auf das J. 1714, 30 ff.). H., der unterdeß zum Guardian des Observantenklosters zu Brühl erwählt worden war, antwortete ebenfalls mit einer „Epistola ad Coloniensem felicissimam urbem, qua hortatur eandem, uti pergat maiorum suorum inhaerere vestigiis, – – qua item paucis respondet impudentissimis Francisci Lamberti seductoris Hassiae, mendaciis“ (Köln, 1527 im November). H. widmete sich zu Köln mit großem Eifer dem Predigtamte – denn die Minoriten versahen die Predigt im Dom zu Köln, bis später diese Function an die Jesuiten überging – (die an dieser hervorragenden Stelle gehaltenen Predigten Herborn’s sind zweimal gedruckt worden) Antwerpen 1533, und Paris 1593, aber es ist dem Referenten bisher noch nicht gelungen, dieselben wieder aufzufinden). Beachtenswerth ist die Nachricht des Humanisten Cäsarius in einem Briefe an den Freund Luther’s Joh. Lang zu Erfurt (Krafft, Briefe und Documente, Elberfeld 1876, S. 157) daß H. in seinen Predigten im J. 1527 die Seelenmessen für die Verstorbenen und andere Mißbräuche öffentlich angegriffen habe, eine Nachricht, die der ehrliche Deutschherrnritter Graf Wilhelm von Isenburg in seiner Schrift: „Eine ser nützliche Warnung wider alle List des Teufels etc.“ entschieden bestätigt: „damit aber ein Jeder wisse, daß dieser Mönch, (H.) ein Verkehrer des Wortes Gottes ist, so kann ichs erweisen mit etlichen Hundert von der Gemeinde zu Köln, die seine Predigt gehört haben, daß er zum ersten, da er nach Köln kam, also christlich predigte, und lehrte uns Gnad und Hülf bei Gott dem Vater zu suchen, und bitten, durch Jesum Christum unsern Herrn, darum ward sein Lob von den Kaufleuten hin und wieder in die Lande geschrieben. Aber der Mönch blieb [44] nicht länger bei der Wahrheit, denn bis ihn die Theologen zu einer Mahlzeit baten. Darnach predigte er auf der Theologen Anreden ganz den Widersinn, und lobte unsre Verdienste und die Anrufung der Heiligen etc.“ Die Wirksamkeit Herborn’s beschränkte sich übrigens nicht auf Köln, zu Anfang des Jahres 1528 finden wir ihn zu Düsseldorf, wo er dem Herzog Johann eine Schrift: „Locorum communium adversus huius temporis haereses enchiridion“ (49 Thesen im katholischen Sinne mit Erläuterungen) widmete (zweite erweiterte Auflage des Buches erschien 1529). Eine ähnliche, seinem Gönner, dem Doctor der Rechte, Johann Rinck zu Köln gewidmete Schrift veröffentlichte H. im J. 1529 unter dem Titel: „Monas sacrosanctae Evangelicae doctrinae ab orthodoxis patribus, veluti per manus tradita“, welcher Schrift sich eine „Enarratio lamentatoria in psalmum LXXIII“ anschließt, welche ebenfalls im J. 1529 erschien, als die Stadt Köln durch den bedeutsamen und verwickelten Proceß gegen die beiden evangelischen Märtyrer Adolph Clarenbach und Peter Fliesteden bewegt war. Einige Tage vor der Hinrichtung dieser beiden Männer erschien von H. noch eine deutsche, dem Erzherzog Ferdinand von Oestreich gewidmete Schrift: „Ab eyne edliche Oberkeydt bynnen eren Landen vnd Stetten, es moege halten oder machen in ordenung der hilligen Kyrchen, wie sie nach erem gewyssen beduncket zu verantworten vor Got vnd Keyserlich Maiestat.“ Dieses Büchlein ist dialogisch abgefaßt. Alle diese Schriften sind rhetorisch gehalten und es kommt in ihnen der Gegensatz zu Lambert und dem Landgrafen Philipp von Hessen sehr oft zum Ausdruck. Diese beiden Gegner kann H. nicht vergessen, auch in Predigten griff der Minorit den hessischen Fürsten an, worüber sich derselbe beim Stadtrath beschwerte (Acten darüber im Stadtarchiv zu Köln). Die eifrige Thätigkeit Herborn’s in Bekämpfung der Neuerungen im westlichen Deutschland (worin es ihm nur der Dominicaner zu Köln, Johann Romberg von Kirspe gleichthat) fand bei den Oberen des Ordens Anerkennung (vergl. auch eine Stelle in einem Briefe Aleanders an Sanga, vom 25. Novbr. 1531 bei Lämmer, Monum. vatic. S. 90), im J. 1530 ist er Minister der kölnischen Provinz der Observanten, und im J. 1532 Generalis commissarius cismontanus, mithin Vorsteher aller Observantenklöster in Deutschland, Frankreich, Spanien etc. Erasmus (Epp. ed. Clericus II. 1490 und 1518) spottet freilich über diesen Titel amplissimae ditionis, und erzählt, Papst Clemens habe den magister sacri palatii kommen lassen und denselben gefragt, ob er einen Commissar dieses Namens ernannt habe, worauf Jener eine verneinende Antwort gegeben. Da sich übrigens H. in einer seiner letzten Schriften, welche über die Fortschritte der Mission unter den Amerikanern handelt, mit diesem Titel bezeichnet, auch andere urkundliche Nachrichten damit übereinstimmen, so ist die Erzählung bei Erasmus nicht hoch anzuschlagen. Der Titel Commissarius für die obersten Stellen im Observantenorden war vielmehr gebräuchlich. So heißt z. B. Matthäus Weinsen (vor Herborn): Minister provincialis Coloniensis ac totius Germaniae commissarius, ferner (1538) Frater Martinus ordinis minorum commissarius generalis in regno Poloniae ac Boemiae. Durch dieses Amt, dessen Geschäftskreis sich über viele Länder Europa’s erstreckte, wurde H. von Köln und dessen Umgegend abgezogen, eine der letzten Nachrichten, die wir über ihn besitzen, berichtet, daß er die Klöster seines Ordens in Spanien reformirt habe (Farragin. Gelenianae im Kölner Archiv). Seine letzte (uns unbekannt gebliebene) Schrift scheint zu sein: „Paradoxa (dieses Wort ist mithin von Lambert’s Homberger Thesen entlehnt) theologica adversus neotericos haereticos“, Paris 1534. Ueber seinen jedenfalls im J. 1535 stattgehabten Tod schreibt Grapheus an Erasmus Anfang September 1535 (in einem ungedruckten Briefe des Cod. Rhedig. zu Breslau): Herbornius diem obiit, idque ut ferunt, in Sabaudis. [45] Nach Ennen, Neuere Gesch. der St. Köln I, 363 starb er am 15. April 1535 im Convente zu Toulouse. Auch Andreas Placus spricht über seinen Tod, ohne ein Datum anzugeben in seinem Lex bibl. (1536): Epitropus noster Nicol. Herborn iam pro dolor vita functus. Entgegengesetzte irrige Angaben sind hiernach zu berichtigen.

Die zahlreichen größtentheils oben genannten Schriften Herborn’s, gleichzeitige Briefe und Schriften von Zeitgenossen, einige Kölner Urkunden; eine Biographie Herborn’s von A. Nebe in der Denkschrift des theol. Seminars zu Herborn, Herborn 1868. 4.