ADB:Fischer, Christian Gabriel

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Artikel „Fischer, Christian Gabriel“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 49–50, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fischer,_Christian_Gabriel&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 19:14 Uhr UTC)
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Fischer: Christian Gabriel F., geb. in Königsberg (wann?), † ebenda am 15. Decbr. 1751, hatte in seiner Vaterstadt und hierauf in Rostock Theologie studirt und habilitirte sich, nachdem er in Jena (12. Aug. 1710) den Magistergrad erworben, 1711 als Docent der Philosophie in Königsberg, wo er 1715 außerordentlicher Professor der Naturlehre wurde. Nach einer kleinen theologischen Schrift „Examen laboris menstrui Theophili Amelii“ (1712) veröffentlichte er als Ergebniß mineralogischer und geologischer Studien „Erste Grundlegung zu einer ausführlichen Historie des unterirdischen Preußens“ (1714, Zweite Grundlegung etc. 1715) und zum Antritte der Professur (1715) „Lapidum in agro Prussico sine praeiudicio contemplandorum explicatio“, worin er mehrfachen an Steine sich anknüpfenden Aberglauben bekämpfte (eine Inhaltsangabe dieser Schrift findet sich in „Continuirtes gelehrtes Preußen“, 1725, 4. Quartal), hierauf „Muthmaßung von dem aufgehenden Monde, welcher in einem artigen Muschelsteine sich präsentirt“ (1717). Nachdem er noch bis 1721 sich den cartesianischen Gegnern der Leibniz-Wolff’schen Philosophie angeschlossen hatte, erscheint er 1723 in der Schrift „Quaestio philosophica, an spiritus sint in loco“, in welcher er die damals üblichen naturphilosophischen Controversen erörterte, bereits als Anhänger Wolff’s. Als durch die Pietisten Wolff aus [50] Halle vertrieben worden war (1723) und der betreffenden Strömung der Regierung die übrigen Königsberger Professoren sich wenigstens durch Stillschweigen fügten, trat F. in herausfordernder Weise als Vertreter des Wolffianismus auf, und die Folge davon war, daß er durch Cabinetsbefehl vom 15. Novbr. 1725 (abgedruckt in Contin. gel. Preußen a. a. O.) angewiesen wurde, in 24 Stunden Königsberg und in 43 Stunden Preußen zu verlassen. Er ging zunächst nach Danzig, von wo aus er vergeblich um Erlaubniß zur Rückkehr bat; das einzige, was er erreichte, war, daß er aufgefordert wurde, behufs einer Revision seiner Angelegenheit sein Glaubensbekenntniß schriftlich einzureichen, worin er (1. Nov. 1726) erklärte, daß er nie vom lutherischen Glauben abgewichen sei und auch demselben noch anhänge (gedruckt in „Fortgesetzte Sammlung von alten und neuen theologischen Sachen“, Jahrg. 1731, S. 927 ff.). Der Magistrat Danzigs ertheilte ihm die Erlaubniß, öffentliche Vorlesungen zu halten; aber 1727 begab er sich auf eine längere Reise, in welcher er Deutschland, Italien, Frankreich, Holland und England durchstreifte. Zurückgekehrt, veröffentlichte er eine erläuternde Ausgabe der Schrift des Joh. Heinr. Linck „De stellis marinis“ (1733), sowie „Notae et animadversiones ad Plinii Hist. nat. L. IX, Cap. 33“ (in Nova Acta Erudit. 1733) und „Demonstratio solida de obligatione hominis ad religionem et naturalem et revelatam“ (1736). Als endlich 1737 der Bann, welcher auf der Wolff’schen Philosophie gelegen war, aufgehört hatte, erhielt auch F. die Erlaubniß zur Rückkehr nach Königsberg, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, daß er dort nur als Privatmann lebe und bei der reinen Lehre der Bibel und der symbolischen Bücher bleiben wolle. Man kann nicht sagen, daß er letztere Bedingung einhielt, indem er 1743 anonym und unter Umgehung der üblichen Censur seine Schrift „Vernünftige Gedanken von der Natur, was sie sey etc.“ veröffentlichte, in welcher er unter dem Scheine einer unverfänglichen Naturlehre den Leibniz-Wolff’schen Standpunkt in einen entschiedenen Spinozismus hinüberwendete und hieran auch eine rationalistische Umdeutung mehrerer hauptsächlicher Dogmen knüpfte. Auf eingeleitete Untersuchung bekannte er seine Autorschaft, lehnte aber die Censurpflicht rundweg ab, und da nicht nur die theologische Facultät ein ketzerrichterliches Gutachten abgegeben hatte, sondern auch öffentlich in den Kirchen gegen ihn gepredigt wurde, hatte er den Muth, die Prediger beim Consistorium zu verklagen. Da die Macht der Pietisten damals bereits gebrochen war, hatte die Sache keine weiteren Folgen, und er lebte unangefochten bis zu seinem Tode in Königsberg.

Meusel, Lexikon der teutschen Schriftsteller, Bd. III. S. 341. Benno Erdmann, Martin Knutzen und seine Zeit (1876), S. 19 und 40 ff.