ADB:Friedrich (Bischof von Würzburg)

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Artikel „Friedrich von Wirsberg, Fürstbischof von Würzburg“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 60–63, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedrich_(Bischof_von_W%C3%BCrzburg)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 15:03 Uhr UTC)
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Friedrich von Wirsberg, Fürstbischof von Würzburg (1558–1573). Im J. 1506 geboren, einem oberfränkischen, im Gebiete von Culmbach angesessenen Geschlechte entstammend, wurde er im J. 1533 in das Würzburger Domcapitel aufgenommen, im J. 1544 zum Domdecan und am 27. April 1558, nach der Ermordung des Fürstbischofs Melchior v. Zobel zu dessen Nachfolger [61] erwählt. Seine Erhebung fiel demnach in eine in jeder Beziehung höchst kritische Zeit: das Hochstift Würzburg im besonderen hatte durch die vorausgegangenen, sich an den Markgrafen Albrecht Alcibiades und Wilhelm von Grumbach anknüpfenden Verwickelungen eine tief gehende Erschütterung erfahren. Der Staatshaushalt des Hochstifts war gründlich zerrüttet, die Schuldenlast ungewöhnlich hoch gestiegen. Der neue Fürstbischof war allerdings eine energische Natur, die zugleich für rauh, unbeugsam, ja leidenschaftlich galt. Jedoch zur peinlichen Ueberraschung des Domcapitels machte er keine Miene, der hochgewachsenen Unordnung im Staatshaushalt Einhalt zu thun und selbst mit dem guten Beispiele der Sparsamkeit voranzugehen. So sah sich das Domcapitel genöthigt, die Sache in die Hand zu nehmen und, wie es das vermöge seiner verfassungsmäßigen Stellung thun konnte, den widerstrebenden Fürstbischof zu den nothwendigen Reformen zu nöthigen. Wirklich kam im J. 1560 ein Vertrag mit F. zu Stande, der die Landesregierung und die Finanzverwaltung des Hochstifts einer vom Capitel vorgeschlagenen Neuordnung unterwarf. Dem Fürstbischof aber fiel die so auferlegte Beschränkung zu schwer; er verstand es, sie nach einigen Jahren abzuschütteln und die frühere Unordnung kehrte zurück. Jedoch stellte es sich bald heraus, daß bei einem solchen irrationellen Zustande das öffentliche Wesen zu Grunde gehen müsse; das Domcapitel ist schon im J. 1564 zum anderen Male dazwischen getreten und hat F. zu einem neuen Vertrage und einer neuen Landesordnung bewogen, die seine Unfähigkeit, sich einzuschränken, aufs neue in Fesseln legte. Aber diese Anordnung erlitt dasselbe Schicksal wie der erste Vergleich; wieder nach ein paar Jahren gelang es dem sich sträubenden Fürstbischof, dieselbe zu Falle zu bringen. Die Folgen dieses seines Wtderstandes wiederholtenn sich jedoch ebenfalls; die kaum beigelegte Zerrüttung erwachte von neuem. Jedoch angesichts der unerträglichen Vewirrung erhob sich das Domcapitel zum dritten Male und es kam im J. 1568 ein dritter Vertrag mit F. zu Stande, der ihm noch engere Schranken zog und ihn förmlich unter die Vormundschaft des Capitels stellte. Diese Ordnung hat sich dann wenigstens formell bis zu Friedrichs Tode behauptet, obwol sie Dank seiner Ungefügigkeit nicht die beabsichtigten und wünschenswerthen wohlthätigen Wirkungen äußerte. Erst sein Nachfolger, Fürstbischof Julius, hat aus eigener Initiative in diesen Fragen den richtigen Weg eingeschlagen und der trostlosen Zerrüttung ein Ziel gesetzt. Während F. als Landesfürst eine so wenig ersprießliche Haltung befolgte und die unvermeidlichen Reformen zum offenbaren Nachtheile des Landes nach Kräften erschwerte, gewährt seine Thätigkeit als Kirchenfürst ein vollständig anderes Bild. Auf diesem Gebiete tritt er mit unbedingter Selbständigkeit auf und läßt er es an durchgreifender Energie nicht fehlen. Er ist einer jener deutschen Bischöfe, die vom Geiste der beginnenden Gegenreformation erfüllt sind und sich ganz in den Dienst der sich zur Action und zum Angriff aufraffenden Kirche stellen. Daß eine Reise nach Rom, die er als Domdecan dorthin unternommen, auf diese seine Stimmung maßgebenden Einfluß gehabt, kann als wahrscheinlich verzeichnet werden; in Freiburg i. Br. wenigstens, wo er seine Studien gemacht, hat er schwerlich derartige Eindrücke empfangen. Gewiß ist, daß er in der angedeuteten Richtung dem Domcapitel vorausgeeilt ist, und daß dieses in der ersten Zeit nach seiner Erhebung sich veranlaßt gesehen hat, ihn vor unvorsichtigen und Unduldsamkeit verrathenden Aeußerungen gegen die protestantischen Stände zu warnen; und Thatsache ist, daß er dem Antritte seines Amtes rasch eine Reihe von Maßregeln folgen ließ, die den Zweck hatten, dem siegreich auch in das Hochstift und den Sprengel von Würzburg eingedrungenen Protestantismus den Boden streitig zu machen und die ins Weichen gekommene strengere kirchliche Gesinnung wieder zum Stehen zu bringen. In diesem Sinne [62] hat er sich gleich anfangs mit einer kräftigen, durch den Druck vervielfältigten Ansprache an den Clerus und das Volk seiner Diöcese gewendet. Ueberall drang er darauf, daß die kirchlichen Vorschriften und Ordnungen in correkter Weise beobachtet würden. Was man von Seiten seiner Amtsvorgänger seit längerer Zeit nicht mehr gewohnt gewesen war, er unterzog sich den priesterlichen Funktionen der Predigt und der Spendung des Abendmahles öfters in eigener Person. Daß alles darauf ankomme, das heranwachsende Geschlecht in den strengen kirchlichen Grundsätzen zu erziehen, war ihm von Anfang an klar. Bisher war die Jugend seines Sprengels nach auswärtigen Schulen gegangen und hatte von dort die Neigung für die neue Lehre mit zurückgebracht; diesem Zustande sollte nun ein Ziel gesetzt werden. So faßte F. den Plan, in Würzburg selbst eine Anstalt zu gründen, in der die Gefahr der Begünstigung der verhaßten Neuerung grundsätzlich und von vornherein ausgeschlossen bliebe. Es steht mit Sicherheit zu vermuthen, daß F. zu diesem Zweck am liebsten gleich eine Universität gegründet hätte; diesen Gedanken mußte er aber unterdrücken, weil die finanzielle Lage des Hochstifts – an der er übrigens nicht ohne Schuld war – ein solches Unternehmen einfach nicht erlaubte. So entschloß er sich, mit der Gründung einer bescheideneren Anstalt, einer „Particularschule“, immerhin eines Gymnasiums im höheren Stile sich zu begnügen und aber – dasselbe den Jesuiten zu übergeben; denn sie hielt er für am geeignetsten oder für allein geeignet, das Werk der Jugendbildung in rechter und zuverlässiger Weise zu leiten. Aber auch auf diesen letzteren Wunsch mußte er vorläufig verzichten; theils weil der junge Orden zur Zeit nicht die ausreichenden Kräfte besaß, theils weil das Domcapitel sich der Berufung „dieser hochtrabenden und stolzen Leute“ offen widersetzte. So mußte F. zufrieden sein, daß das Capitel wenigstens zu der Errichtung einer „neuen Schule“ ohne Jesuiten seine Zustimmung gab. Unverweilt ist er dann zur Ausführung geschritten; das entvölkerte Clarissinenkloster, am südlichen Ende der Stadt gelegen, wurde zum Sitze der Anstalt verwendet und Männer, wie Kaspar Stüblin und Konrad Dinner aus Freiburg, später der Professor der Theologie im Predigerkloster zu Cöln, Rescius, berufen. Im April 1561 wurde das „Pädagogium“ feierlich eröffnet und Stände und Volk aufgefordert, dasselbe mit ihren Kindern zu beschicken. Gleichwol erfreute sich diese Schöpfung – „Collegium Fridericianum“ – keines Bestandes und gerieth im Verlaufe von etwa 5 Jahren in Verfall. Die entscheidenden Gründe dieses raschen Verfalles sind nicht überliefert und lassen sich kaum vermuthen. Die regen „Zeitläufte“ werden wol das ihrige dazu beigetragen haben. Das Hochstift und die Stadt Würzburg haben bekanntlich gerade in dieser Zeit (1563) in Folge der Grumbach’schen Invasion einen neuen empfindlichen Stoß erlitten. F., durch diese Erfahrung nicht entmuthigt, griff aber mit verdoppelter Energie auf seinen ursprünglichen Gedanken, den Jesuiten seine Schule anzuvertrauen, zurück und trat, ohne wie es scheint die Zustimmung des Domcapitels eingeholt zu haben, zu diesem Zwecke mit Papst Pius IV. in Unterhandlung. Es handelte sich dabei besonders auch um die päpstliche Genehmigung der beantragten Einverleibung des ged. Klosters von St. Agnes und seiner Einkünfte in den Orden der Jesuiten, um so das zu gründende Collegium zu dotiren. Peter Canisius, dessen Bekanntschaft F. schon früher in Augsburg gemacht hatte, spielte bei diesen Verhandlungen die Rolle des päpstlichen Zwischenhändlers. Aber erst im J. 1567 haben diese Präliminarien zu einem endgültigen Ergebniß geführt und am 27. Oct. hielten die dazu ausersehenen Väter zur hohen Befriedigung Friedrichs ihren Einzug in das Kloster von St. Agnes, das ihnen sammt allen Renten in voller Rechtsform übertragen wurde. Die Schule selbst, die ganz in ihre Hände gelegt wurde, nahm im November gedachten Jahres ihren Anfang. Der Fürstbischof hatte [63] zugleich seine Autorität aufgeboten, der so regenerirten Anstalt Schüler bemittelter und unbemittelter Eltern zuzuführen. Das Convict, das er mit ihr verband, ist der Anfang des späteren Seminarii clericorum geworden. So war in der Richtung der vollständigen Rehabilitirung des vorübergehend unterlegenen Katholicismus hier ein maßgebender Schritt geschehen, und der Orden war im Hochstift eingeführt, dessen Eifer dann hier wie überall die bekannten zweischneidigen Wirkungen zur Folge gehabt hat. Im Zusammenhange mit dieser Gründung Friedrichs steht die Verkündigung bez. Durchführung der Beschlüsse des Concils von Trient, wofür das geeignete Werkzeug nun gefunden war. In diesen Dingen, zumal der hohen Schule, muß F. demnach, im Gegensatze zu seiner weltlichen Regierung, als der wirkliche Vorläufer seines Nachfolgers betrachtet werden. – Anlangend die reichsfürstliche Stellung Friedrichs zu den allgemeinen politischen Fragen seiner Zeit, sei bemerkt, daß sie überall das Gepräge von katholisch-conservativer Tendenz an sich trägt. Zugleich war sie stets von den Interessen des Hochstiftes geleitet. Die Aufrechthaltung des Landfriedens steht dabei in erster Linie. Bereits Friedrichs Vorgänger, Melchior v. Zobel, war in den sogen. Landsberger Bund eingetreten und F. setzte nach seiner Erhebung, in diesem Falle im Einvernehmen mit dem Domcapitel, dieses Verhältniß fort. Den hierbei leitenden Gesichtspunkt bildete die Rücksichtnahme auf die noch immer ungelöste Grumbach’sche Frage, die das Hochstift nach wie vor in Athem hielt. Die in Rede stehende Vermittelung reicht bekanntlich tief in die Zeit Melchiors v. Zobel zurück, dessen gewaltsamer Tod mit ihr in causalem Zusammenhange steht. Grumbach war für die argen Schädigungen, womit der Markgraf Albrecht Alicibiades seiner Zeit das Hochstift heimgesucht hatte, mit verantwortlich gemacht worden und die noch fortdauernde Sperrung seiner Besitzungen war eine Folge davon gewesen. F. hatte sogar bei seiner Wahl auf Veranlassung des Domcapitels Verpflichtungen eingehen müssen, die ihm für den Fall eines Versöhnungsversuches mit Grumbach die Hände banden. Nach Lage der Acten steht es so, daß das Domcapitel einer gütlichen Beilegung des verhängnißvollen Zwistes unbeugsameren Widerstand entgegengesetzt hat als der Fürstbischof. Es sei daher genug, daran zu erinnern, daß im J. 1563 der bekannte Ueberfall Würzburgs durch Grumbach und seine Helfershelfer geschah, auf welche dann die Achtserklärung durch den Kaiser zuerst über ihn, weiterhin auch über seinen Beschützer, den Herzog Johann Friedrich den Mittleren von Sachsen erfolgt ist. An der Execution der Acht, bez. der Belagerung und Einnahme von Gotha hat das Contingent des fränkischen Kreises mit Theil genommen, und auch weiterhin sind die betheiligten würzburgischen Interessen nach Kräften, und auch jetzt nicht ohne eine gewisse Leidenschaftlichkeit wahrgenommen worden. Aber, wie bemerkt, es ist in diesem Falle die Initiative des Domcapitels, die in erster Linie handelt, und wäre es daher auch aus diesem Grunde nicht angezeigt, an diesem Platze die in Rede stehenden Vorgänge näher zu verfolgen. –

J. Gropp, Collectio Scriptorum et Rerum Wirceburgensium novissim. I. S. 383 ff. – Ussermann, Episcopatus Wirceburg., S. 143–145. – A. S. Stumpf, Diplomatische Beiträge zur Geschichte des Landsberger Bundes, Bamberg und Würzburg 1804. – Derselbe, Staats- und Hofhaushaltung zu Würzburg unter der Regierung des Fürstbischofs Friedrich aus dem Geschlechte Wirsberg im 3. Hefte seiner Denkwürdigkeiten der deutschen, besonders fränkischen Geschichte, Würzburg 1804. – Dr. G. J. Keller, Die Gründung des Gymnasiums zu Würzburg durch den Fürstbischof Friedrich von Wirsberg, Würzburg 1850. – F. Ortloff, Geschichte der Grumbach’schen Händel, 4 Bde., Jena 1868. – Archiv des historischen Vereins für Unterfranken und Aschaffenburg, Bd. VI, XIII, XVIII. – Acten des unterfränkischen Provinzialarchivs zu Würzburg.