ADB:Gelenius, Johann

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Artikel „Gelenius, Johannes und Aegidius“ von Leonhard Ennen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 534–537, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gelenius,_Johann&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 08:56 Uhr UTC)
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Gelenius: Johannes G. (1585–1631) und Aegidius G. (1595 bis 1656), beides Kölner Historiker. Unter den Kölner Geschichtsfreunden des 16. und 17. Jahrhunderts, welche sich mit historischen Arbeiten beschäftiget haben, sind zu nennen: Hermann v. Neuenar, Graf Hermann von Blankenheim, Melchior Braun, Stephan Broelmann, Johann Rink, Const. v. Lyskirchen, Johann Hardenrath, Chrys. Bosius, Matthias Bosius, Lorenz Surius, Arnold Meshov, Hermann Crombach, Johann und Aegidius G. Die beiden letztgenannten nehmen unter allen den ersten Rang ein. Der ältere von ihnen, Johann, wurde am 17. Oct. 1585 und der jüngere, Aegidius, am 10. Juni 1595 geboren. Dem [535] älteren wurde wegen seiner bedeutenden Anlagen schon in frühester Jugend von seinen Lehrern eine glänzende Zukunft vorhergesagt. Nachdem er im J. 1610 die priesterlichen Weihen erhalten hatte, stieg er rasch von Stufe zu Stufe. Noch im Jahre seiner Weihe übernahm er die Regentie des Montanergymnasiums, 1612 wurde er Decan der philosophischen, 1618 der theologischen Facultät, 1621 Mitglied des Domcapitels, 1624 Dechant des Stiftes von St. Aposteln und 1626 Generalvicar der Erzdiöcese Köln. Auch sein Bruder Aegidius, der bei den Jesuiten in Mainz den Grund zu seiner wissenschaftlichen Bildung legte, entschloß sich, seine Kräfte und Fähigkeiten dem Dienste der Kirche zu widmen. Am 10. Nov. 1614 trat er zu Rom in das Collegium Germanicum ein, wo er ungefähr fünf Jahre mit Ernst und Eifer philosophische, kirchenrechtliche, dogmatische und archäologische Studien trieb. Am 19. März 1619 erhielt er in der Laterankirche vom Cardinal Johann Garzia die Priesterweihe. Mit den besten Zeugnissen verließ er Rom, um in Perugia, wo die Promotion geringeren Kostenaufwand erforderte, einen höheren Grad in der Theologie zu erwerben. Am 15. September wurde er in Gegenwart des Grafen Truchses von Waldburg und vieler anderer deutscher adelicher Herren zum Baccalaureus der Theologie promovirt. Am 16. October langte er wieder in Köln an. Gleich nach seiner Rückkehr wurde er zum Rector der zum Dom gehörigen Margarethencapelle am Pfaffenthor ernannt. Im J. 1621 erhielt er eine der unter dem Namen secundae gratiae der Universität überwiesenen Präbenden; es war dies ein Canonikat am St. Andreasstifte. Zwei Jahre darauf, in seinem 28. Lebensjahre, promovirte er im Hörsaale der theologischen Facultät zum Licentiaten der Theologie. Sein Sinn stand mehr auf eine segensreiche Thätigkeit in der praktischen Seelsorge, als auf den Ruhm, den ihm die Gelehrtenlaufbahn versprach. Darum bewarb er sich 1625 um die damals zur Erledigung gekommene Pfarrei zum hl. Christoph. An dieser wegen ihres geringen Einkommens stark vernachlässigten und sehr verkommenen Pfarrei fand der seeleneifrige G. eine Wirksamkeit, welche ganz seiner Neigung entsprach. Die Pfarrei zählte 1600 Insassen, meist bedürftige Gärtner und Ackersleute, Der Pfarrer bezog vom Stifte St. Gereon 13½ Malter Roggen, 2 Malter Weizen und 20 Malter Hafer. Dafür mußte er verausgaben für den Caplan 30 Thaler, für Wohnungsmiethe 36 Thaler, für Wachs und Licht 40 Gulden, für Meßwein 45 Thaler, für besondere Festlichkeiten 50 Gulden, für die Cantoren beim 40stündigen Gebete 3 Gulden, für die Cantoren in der heiligen Woche 3 Thaler. Für ihn selbst blieb sonach fast gar nichts übrig. Dem Papste sowol wie dem vorsitzenden Cardinal der Propaganda stellte er die völlige Unzulänglichkeit der Pfarreieinkünfte vor und verband damit das Ansuchen, der Pfarrei St. Christoph ebenso, wie solches im J. 1580 mit den meisten anderen Pfarreien der Stadt geschehen war, ein Canonikat eines der benachbarten Stifter St. Gereon oder St. Ursula zu incorporiren. Nur in soweit ging man in Rom auf dieses Verlangen ein, als man eine Vicarie von St. Gereon mit der Pfarrstelle zum hl. Christoph vereinte. Nachdem G. sechs Jahre lang das genannte Pfarramt mit dem glänzendsten Erfolge verwaltet hatte, sah er sich, um einen besonderen Wunsch seines Bruders Johannes zu erfüllen, genöthigt, von seiner Stelle zurückzutreten. Sein Bruder Johannes nämlich, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, sämmtliche auf die Geschichte des Kölner Erzstiftes bezüglichen Urkunden, Quellen und Notizen zum Zweck einer erschöpfenden kritischen Bearbeitung in Abschrift zu sammeln, war plötzlich im rüstigsten Mannesalter auf das Todesbett geworfen worden. Aegidius, in dessen Armen sein Bruder verschied, hatte dem Sterbenden versprechen müssen, das Werk, an dem er bis dahin schon nach Kräften sich betheiligt hatte, mit allem Fleiße fortzusetzen, seiner Vollendung zuzuführen und [536] so die Geschichte der Kölner Kirche in klares Licht zu stellen. Um das Versprechen, welches er seinem Bruder gegeben, erfüllen zu können, mußte er sein Pfarramt niederlegen. Mit rastlosem Eifer ließ er sich nun die Vollendung der ihm von seinem Bruder hinterlassenen Aufgabe angelegen sein. „Beinahe fünfzehn Jahre lang“, schrieb er selbst im J. 1645, „mich Tag und Nacht mit der mir übertragenen Aufgabe beschäftigend, habe ich die Handschriften alle mit großen Kosten und Mühen aus alten Skripturen, die mir hier bereitwillig, dort nur mit Zwang aus der Stadt und Diöcese mitgetheilt wurden, bis zum dreißigsten Bande fortgesetzt. Jeder Band ist einem einzelnen Fache, z. B. den Kirchen, Archiven, Münzen, Gemälden, Kostbarkeiten, der Universität etc. bestimmt. Alles, was ich an Zeit erübrigen konnte, verwendete ich auf diese Sammlung; entweder überzeugte ich mich kritisch von der Aechtheit der Angaben oder ich befaßte mich mit Ausarbeitung und Theilung des herauszugebenden Hauptwerkes“. Beim Tode des Generalvicars G. umfaßte die Sammlung sechs Bände. Aegidius brachte sie bis auf dreißig. Von den ihm übersandten Copien verglich er einen großen Theil selbst mit den Originalen. Wenn auch die meisten Copien, die von ungeübten Abschreibern genommen wurden, fehlerhaft und uncorrekt sind, so behalten sie doch immer als Ersatz für die inzwischen verloren gegangenen Originale einen hohen Werth. Von größeren Arbeiten, die er in diese Sammlung aufnahm, sind zu nennen: eine Geschichte der Herzoge von Geldern, von Cleve, der Grafen von der Mark, die „Chronica praesulum“, die „Historia Richezae“, die „Vita Brunonis“ die „Limburger Chronik“, die „Geschichte von Steinfeld“, die „Geschichte der Jacobe von Baden“, die „Chronik der Landgrafen von Thüringen“, dann interessante Urkunden zur Geschichte des Kurfürsten Gebhard Truchses, der Kölner Universität, des Stiftes St. Cunibert, des Domstiftes, der Abtei Deutz, des Quirinusstiftes zu Neuß. Die ganze Sammlung nannte er „Farrago diplomatum et notationum pro historia“, unter welcher Bezeichnung sie noch jetzt in der litterarischen Welt bekannt ist. Drei Jahre nach Gelenius’ Tode, 1695, erwarb der Kölner Rath diese schätzenswerthe Sammlung durch Kauf von den Gelenius’schen Erben. Bei einer im J. 1744 durch den Registrator Blankenheim vorgenommenen Revision fehlten die Bände 12, 19 und 23; 12 enthielt das Manuskript zu der Schrift „De magnitudine Coloniae“, 19 ein „Chronicon Coloniensium antistitum“ und 23 die „Vita Brunonis, Mathildis, Ezzonis“, dann Urkunden, die Klöster und Stifter des Vestes Recklinghausen betreffend. Einer dieser vermißten Bände befand sich im Besitz des Domherrn von Hillesheim, die beiden anderen in dem des Pastors v. Hüls. Der 19. und 23. Band fehlen noch immer, ebenso der 12.; statt des letzteren wurde später aus dem Besitz des Canonikus von Hillesheim ein Cartular des Apostelstiftes als 12. Band in die Sammlung eingeschoben. Manches Stück wurde nach dem J. 1645, wo G. die Bändezahl auf 30 angibt, bis zum J. 1653 in die einzelnen Bände eingefügt. Nach seinem Rücktritt von der Christophpfarre hatte indeß G. keineswegs soviel Ruhe und Muße zu seinen historischen Arbeiten gewonnen, wie er gehofft hatte. Von den verschiedensten Seiten wurden sein Eifer und seine Kenntnisse in Anspruch genommen, sodaß er auf seine geschichtlichen Studien einen guten Theil der Nacht verwenden mußte. Darum nannte er die bei nächtlicher Weile entstandenen Schriften „Lucubrationes“. Vom Herzog von Jülich, wie von verschiedenen anderen Fürsten, erhielt er manchen auf die Hebung des katholischen Lebens bezüglichen Auftrag. Im J. 1645 wurde er vom Herzog Wolfgang Wilhelm ersucht, im Herzogthum Berg sämmtliche Pfarrkirchen, Capellen, Hospitäler und Armenhäuser, deren Gebäude vielfach sehr verwahrlost und deren Revenüen großen Theils verschleudert waren, zu visitiren, alle Mißbräuche und Mißstände abzustellen und Sorge zu tragen, [537] daß die einzelnen Landdechanten mitgetheilten neuen Reformpunkte gewissenhaft besorgt würden. Vom Stifte St. Andreas wurde G. am 2. August 1647 zum Scholaster gewählt, bald darauf auch zum Propst von Cranenburg ernannt. Erzbischof Ferdinand betraute ihn am 4. Juli 1650 mit der Stellung eines erzbischöflichen Commissars zur Abstellung der im oberrheinischen Theile der Erzdiöcese eingerissenen Mißbräuche. Die zur Erfüllung dieses Commissariums unternommenen Reisen boten G. willkommene Gelegenheit, in den J. 1651 und 52 das schätzenswertheste Material zur Aufklärung der Geschichte Westfalens und des Hochstiftes Osnabrück zu sammeln. Vom päpstlichen Nuntius Sanfelicius wurde er am 25. Sept. 1653 zum Auditor der Kölner Nuntiatur erwählt. Im J. 1655 bestimmte ihn sein Jugendfreund und Studiengenosse, der Osnabrücker Fürstbischof Franz Wilhelm v. Wartenberg, zu seinem Weihbischofe. Der vom Kölner Nuntius geführte Informativproceß wurde am 16. August geschlossen und an den Papst ging von Osnabrück aus das Ansuchen, den für die bischöfliche Würde durchaus geeignet befundenen G. zu präconisiren. Ende März 1656 wurde er zum episcopus Aureliopolitanus consecrirt. Kaum aber war er nach Osnabrück übergesiedelt und hatte sein hohes Amt angetreten, so ereilte ihn im August desselben Jahres im 62. Lebensjahre der Tod. Er fand seine Ruhestätte im Dome zu Osnabrück. Die Schriften, die Gelenius’ Namen einen hervorragenden Platz in der historischen Litteratur sichern, sind: „Vindex libertatis ecclesiasticae et martyr s. Engelbertus“ etc. Dieses von Johannes G. begonnene Werk, eigentlich ein Commentar zum Leben des hl. Engelbert von Caesarius Heisterbacensis, wurde von Aegidius G. vollendet und 1633 herausgegeben. Ein Jahr darauf, 1634, erschien die „Pretiosa Hierotheca duodecim unionibus historiae Coloniensis“; wieder ein Jahr später die „Staurologia Coloniensis“. Im J. 1636 der „Canon canonicorum Enfridus eleemon insignis s. Andreae Colon. decanus et canonicus“; zwei Jahre darauf, 1638, die „Historia et vindiciae b. Richezae comitissae Palatinae“, 1639 die „Supplex Colonia sive processio anno 1634“, im J. 1640 „Par ss. Suibertus et Plectrudis“. Im J. 1645 erschien Gelenius’ Hauptwerk „De admiranda sacra et civili magnitudine Coloniae Claudiae Agrippinensis augustae Ubiorum urbis“. Beim Rathe der Stadt kam G. im Juni 1644 um die Erlaubniß ein, dieses Buch drucken zu dürfen. Es wurde beschlossen, „daß die Syndici das Manuskript examiniren und demnächst, wenn die übliche Censur erfolgt, dem Herkommen gemäß verfahren werden solle“. Zwar vermag dieses Buch, welches den Charakter seiner abergläubischen Zeit und eine allzu weit gehende Romanisirungssucht nicht verleugnen kann, vor einer strengen Kritik nicht Stand zu halten; nichts desto weniger behält es, das Werk eines eisernen Fleißes, für alle Zeiten unleugbaren Werth und hohe Bedeutung. Es ist gleichsam eine Regestensammlung aus den städtischen Urkunden, die in einer späteren Zeit vernichtet und verschleudert worden sind, und es bleibt eine reiche Fundgrube, aus welcher stets alle Bearbeiter der Kölner Geschichte werden schöpfen müssen.

Hartzheim, Bibl. Colon. – Crombach, Ann. – De Greck, Die beiden Gelenius. – Gelenii farrag. tom. 29. – Handschriftliches im Kölner Stadtarchiv.