ADB:Giesche, Georg von

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Artikel „Giesche, Georg von“ von Hermann Markgraf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 340–341, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Giesche,_Georg_von&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 20:37 Uhr UTC)
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Giesche: Georg v. G., der Begründer der neueren oberschlesischen Galmeigräberei, aus dem sich in der Folge die großartige Zinkproduction entwickelte, die noch jetzt von der Bergwerksgesellschaft Georg v. Giesche’s Erben in immer steigendem Umfang betrieben wird, wurde am 29. October 1653 als der Sohn eines Bauern in Schmartsch, einem Dorfe bei Breslau, geboren und wurde erst am 29. April 1712 von Kaiser Karl VI. geadelt. Sein Vermögen erwarb er zunächst als Tuchkaufmann in Breslau von 1680 ab. Der Tuchhandel war von alten Zeiten her in Breslau der lebendigste und lohnendste Handelszweig, und obwol er im 17. Jahrhundert schon im Rückgang war, da das östlich gelegene Hinterland sich je länger je mehr dagegen abzuschließen suchte, so lohnte er doch, wie Giesche’s Beispiel zeigt, auch damals noch reichlich einen fleißigen und intelligenten Betrieb. Erst im Anfang des 18. Jahrhunderts warf sich G. auf den Handel mit dem in Oberschlesien in der Gegend von Tarnowitz gegrabenen Galmei, den man damals gar nicht als ein Mineral ansah, und dessen Gehalt an Zink die Wissenschaft noch nicht festgestellt hatte, obwol ihn die Technik seit langer Zeit zur Messingbereitung verwerthete. Norddeutsche und schwedische Messingwerke waren denn auch die Hauptabnehmer Giesche’s. Die Oder ermöglichte einen billigen Transport des schweren Massenguts. Seitdem G. unter dem 22. November 1704 von Kaiser Leopold I. für sich und seine Erben auf 20 Jahre das alleinige Recht des Bergbaus auf Galmei und des Handels damit für ganz Schlesien erhalten hatte, steckte er den größten Theil seines allmählich erworbenen Vermögens in dies vielversprechende Geschäft. Er erschloß dadurch ein Unternehmen, das im Laufe von zwei Jahrhunderten zu immer steigender Größe sich entwickelt und seinen Erben einen reichen Gewinn abgeworfen hat und noch abwirft, während es zugleich Tausenden von Arbeitern einen reichlichen Verdienst gewährt. Das hebt seine Person weit über die Classe der reichgewordenen Kaufleute hinaus und sichert ihm unter den Wohlthätern seines Heimathlandes einen ehrenvollen Platz. Er selbst führte das Geschäft bis zu seinem Tode am 25. April 1716, seinen Erben wurde das Privileg von 1704 wiederholt von der österreichischen und später von der preußischen Regierung erneuert, sodaß sie ein volles Jahrhundert das Monopol des Galmeigrabens und des Galmeihandels hatten. Nach dem Tode des kinderlosen Sohnes Friedrich Wilhelm 1754 fiel das Geschäft zu gleichen Theilen an die von den drei Töchtern herstammenden adeligen Sippen und vererbte sich unter ihnen, im wesentlichen mit Ausschluß [341] anderer Theilnehmer, ein Jahrhundert hindurch. Erst seit Erlangung der Corporationsrechte 1860 hat die „Bergwerksgesellschaft Georg von Giesches Erben“ dadurch, daß zahlreiche Mitglieder durch Ankauf von Antheilen in sie eintraten, eine breitere Basis gewonnen.

Während des ganzen 18. Jahrhunderts blieb das Galmeigeschäft, obwol es einen sicheren und reichlichen Gewinn abwarf, in mäßigem Umfang und primitivem Betriebe, und drohte sogar beim Erlöschen des Exclusivprivilegs im J. 1802 unter den damaligen ungünstigen Zeitverhältnissen ein völliger Eingang desselben. Diese Krisis war dadurch herbeigeführt worden, daß man gegen das Ende des 18. Jahrhunderts erkannte, der Werth des Galmeis beruhe einzig in dem in ihm enthaltenen Zink, welches sich mit Kupfer zu Messing legire, und daß man das Verfahren der Ausschmelzung des Zinks aus dem Ga1mei erfand. Die dadurch nöthig gewordene Umwandlung des bisherigen Galmeigeschäfts in ein Zinkgeschäft erschien als ein Risiko, zu dem sich die schwerfällige Leitung des Geschäfts der „Erben“ nur zögernd entschloß. Als der Schritt aber einmal gethan war, belohnte er sich auf das glänzendste, und das Geschäft wuchs nun im Laufe des 19. Jahrhunderts zu ungeahntem Umfang an. Je mehr sich mit der raschen Entwicklung der Industrie in diesem Jahrhundert der Zinkbedarf steigerte, desto mehr mußten sich die Galmeigruben ausdehnen und die Zahl der Zinkhütten sich mehren. Dann führte der steigende Kohlenbedarf für diese zur Erwerbung von Kohlengruben, und deren wachsende Ausbeute wieder zum Kohlenhandel und zur Vergrößerung der Zinkproduction. So gehören v. Giesche’s Erben heute zu den größten Kohlengrubenbesitzern und Zinkindustriellen Oberschlesiens, dessen Zinkproduction fast zwei Drittel der gesammten Production Deutschlands ausmacht.