ADB:Glassius, Salomo

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Artikel „Glaß, Salomon“ von Gustav Moritz Redslob in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 218–219, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Glassius,_Salomo&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 12:46 Uhr UTC)
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Glaß: Salomon G., evangelischer Theologe, geboren am 20. Mai 1593 zu Sondershausen, † am 27. Juli 1656. Sein Vater Balthasar war gräflich schwarzburgischer Registrator zu Sondershausen, später Rentmeister und Kanzleisecretär im Amte Gehren. G. kam 1608 auf die Schule zu Arnstadt, 1610 auf das Gymnasium zu Gotha. Als er 1612 die Universität Jena bezogen hatte, trieb er zunächst die philosophischen Vorstudien, und gedachte sich hernach, unter dem Einflusse Johann Gryphiander’s, der Jurisprudenz zu widmen. Er änderte jedoch in der Folge seinen Entschluß, ging 1615 nach Wittenberg und studirte hier unter Hutter, Balduin, Frantz und Meisner Theologie, kehrte aber 1616 wieder nach Jena, wo er sich besonders dem berühmten Verfasser der „Loci communes theologici“ Johann Gerhard anschloß, zurück. Daselbst wurde er 1617 Magister der Philosophie, 1619 Adjunct der theologischen Facultät und 1621 an Balthasar Walther’s Stelle Professor der griechischen und hebräischen Sprache. In dieser Stellung blieb er nicht lange, sondern folgte 1625 einer Berufung nach Sondershausen als Superintendent. 1626 erlangte er die theologische Doctorwürde von der Universität Jena, 1638 aber daselbst die durch Gerhard’s Tod erledigte Professur der Theologie, für welche ihn dieser noch bei seinen Lebzeiten warm empfohlen hatte. Endlich gab er auch diese Stellung auf, als ihn 1640 Herzog Ernst der Fromme als Generalsuperintendenten nach Gotha berief, und blieb, indem er die Bestrebungen des Herzogs in der Verbesserung der kirchlichen und Schulverhältnisse nach Kräften unterstützte, bis zu seinem Tode in diesem Amte. G. hat sich als praktischer Theologe und Bibelforscher namhafte Verdienste erworben. Er war ein Mann von milder, versöhnlicher Gesinnung, der Johann Arndt’schen Richtung ergeben, und suchte seinen Hauptberuf mehr in der Erweckung wahrer Gottesfurcht und christlichen Geistes, als in dogmatischen Controversen, an welchen seine Zeit reich war. An diesen betheiligte er sich darum wenig, suchte sie wo möglich auszugleichen, und trat nur gegen solche, welche er als offenbare Irrlehrer und Fanatiker erkannte, wie die Weigelianer und Stifelianer, gelegentlich mit einem entschiedenen Worte auf. Besonders regten in jener Zeit die Calixtinischen Streitigkeiten die Gemüther auf. Der Helmstädter Theologe Georg Calixt hatte einige Schriften herausgegeben, welche ihm den Vorwurf des Kryptopapismus und Synkretismus zuzogen. Ihm schlossen sich außer seinen Helmstädter Collegen auch die Königsberger Theologen an, während als Gegner die kursächsischen Theologen, unter ihnen namentlich Calov und Hülsemann, auftraten. G. verhielt sich in diesem Streite neutral und vermittelnd. Ohne auf die Seite der Helmstädter zu treten, mißbilligte [219] er doch in hohem Grade das feindselige und absprechende Verfahren der Gegner. Auf den besonderen Wunsch Herzog Ernsts des Frommen verfaßte er über diese Frage ein Gutachten, welches, wiewol es den Streit nicht zu einem befriedigenden Abschlusse brachte, seiner milden, versöhnlichen Gesinnung und seiner dogmatischen Ausführungen wegen als das Muster einer billigen Kritik gelten konnte. Es führt den Titel: „Bescheidenes, unvorgreiffliches und gründliches Bedencken über die unter etlichen Chursächsischen und Helmstädtischen Theologen entstandenen Strittigkeiten“. Es wurde erst nach seinem Tode 1662 herausgegeben (von neuem abgedruckt und herausgegeben von Ad. Lebr. Müller, 1731), erregte großes Aufsehen, und, da es anonym erschien, auch noch einen lebhaften Streit über seine Autorschaft; denn bei dem großen Ansehen, welches G. in allen Kreisen genoß, war es namentlich der extremen orthodoxen Partei unbequem, ihn nicht zu den Ihrigen zählen zu können. G. hatte nämlich, ohne Calixt’s Sätze überall zu billigen, ihn doch als einen wohlmeinenden Theologen entschieden gegen die maßlosen Angriffe seiner Gegner in Schutz genommen, und die Uebereinstimmung mancher seiner Behauptungen mit den evangelischen Grundlehren nachgewiesen. (Vgl. über diese Streitigkeiten und Glaß’ Betheiligung an denselben: Walch, Einleitung in die Religionsstreitigkeiten der evangelisch-lutherischen Kirche, 2. Aufl. I. 371 ff. IV. 889 ff.) Von seinen sonstigen Schriften sind in erster Linie die biblisch-philologischen zu nennen, Wenige Werke auf diesem Gebiete haben eine so weitgreifende Bedeutung gehabt, wie seine „Philologia sacra“ (zuerst libri 2 1623, dann liber 3 et 4 1634, liber 5 1636), mit welcher er sich seinen grundlegenden Vorgängern Reuchlin, Seb. Münster, Buxtorf würdig anreihte, und wesentlich zur Weiterbildung der hebräischen Sprachwissenschaft beitrug. Eine reichhaltige Encyklopädie der biblischen Philologie des alten und neuen Testaments darstellend, hat sie ihren Werth namentlich in der von den früheren Lehrbüchern sehr vernachlässigten syntaktischen Behandlung der hebräischen Sprache, sowie in der Darlegung des Einflusses derselben auf das neutestamentliche Idiom. Das Werk ist oft wieder aufgelegt, u. a. auch 1705 zusammen mit Glaß’ „Logica sacra“ von Gf. Olearius, 1713 von J. Fr. Buddeus und zuletzt 1776–96 theilweise umgearbeitet („his temporibus accomodata“) von J. A. Dathe und G. L. Bauer. Von seinen sonstigen auf die biblische Auslegung bezüglichen Schriften erwähnen wir: „Onomatologia Messiae prophetica“, 1624. „Christologia Davidica ex Psalmo 110“, 1638. „Christologia Mosaica ex prioribus Geneseos capitibus“, 1649, welche drei Werke 1678 unter dem Titel „Glassii opuscula“ zusammengefaßt, 1700 auch von Th. Crenius herausgegeben wurden. Ferner: „Institutiones grammaticae Hebraeae“, 1623. Außerdem noch viele Schriften zur Exegese einzelner Stellen des alten und neuen Testaments, sowie homiletischen und ascetischen Charakters, von denen hervorzuheben sind: „Prophetischer Spruchpostill 1.–4. Theil“, 1642–54. „Exegesis evangelicorum et epistolicorum textuum“, 1647. „Enchiridion scripturae sacrae practicum oder Biblisches Handbüchlein“, 1651. Auch war er bei der Herausgabe des Weimarischen Bibelwerkes als Director betheiligt, und hat in demselben besonders die poetischen Bücher ausgearbeitet.

Vgl. Freherus, Theatr. erudit. claror., p. 590. Zeumer, Vitae profess. Jenens., p. 141. Witten, Memoriae theologor. dec. IX. Vockerodt, B. Gualtherus, S. Glassius, Jo. Chr. Gotterus 1725. Ad. Lebr. Müller in dem Vorworte zur zweiten Auflage von Glaß’ oben erwähntem „Bedencken“.