ADB:Hegetschweiler, Johannes

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Artikel „Hegetschweiler, Johannes“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 276–278, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hegetschweiler,_Johannes&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 00:35 Uhr UTC)
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Hegetschweiler: Johannes H., Arzt, Botaniker, zürcherischer Staatsmann, geb. am 14. Decbr. 1789 in Rifferswil (K. Zürich), gest. am 9. Sept. 1839 in Zürich. Der Sohn eines geschickten Landarztes, dessen Vorfahren auch schon den ärztlichen Beruf ausgeübt hatten, wandte sich H. mit Liebe den gleichen Studien zu. Nachdem er das stille Heimathsdorf, das damals zur zürcherischen Landvogtei Knonau zählte, verlassen, bezog er für 1804 bis 1808 die unter der Leitung des tüchtigen Evers blühende Kantonsschule zu Aarau mit bestem Erfolge. 1809 bis 1812 (nach einem ersten Studienjahre am medicinisch-chirurgischen Institute in Zürich) studirte er in Tübingen, und im Beginne seiner Studienzeit wurde durch einen wohlwollenden Beobachter, Meyer von Knonau, über ihn geurtheilt, daß er sehr talentvoll, von Aarau mit vorzüglichen litterarischen und philologischen Kenntnissen, aber auch mit einer gewissen, einen Hang zu Aliena in sich schließenden genialen Richtung gekommen sei. 1812 kehrte er nach Vollendung der Studien nach Zürich zurück, diente von Ende 1813 an unter eigener Lebensgefahr durch den contagiösen Typhus einige Zeit [277] als Oberarzt im Militärlazareth zu Rheinau und ließ sich darauf 1814 als ein bald sehr beschäftigter und hochangesehener Arzt zu Stäfa am Zürichsee nieder. Die Wahl dieses Wohnortes war für H. durch die eheliche Verbindung mit der Tochter des früheren helvetischen Senators Bodmer (cf. Bd. III S. 23 und 24) bedingt, welche Wahl hinwieder für den Schwiegersohn des allerdings verstorbenen Revolutionärs auch politisch bestimmend werden mußte. Denn während Hegetschweiler’s Geltung als Praktiker und wissenschaftlicher Forscher sich steigerte, zählte er zugleich zu den hervorragendsten Vertretern der intelligenten Kreise der Bevölkerung der Landschaft Zürich, welche über ihre Zurücksetzung durch die Verfassung des J. 1814 gegenüber der Hauptstadt grollten und auf die Gelegenheit einer Erweiterung ihrer Rechte harrten. Die litterarisch-fachmännische Verbindung des jungen Arztes mit dem erfahrenen Paul Usteri, dem staatsmännischen Haupte der jungen Generation in Zürich selbst, war für H. also nicht nur wegen der Correspondenz über botanische Fragen, sondern besonders auch wegen dieses Austausches über öffentliche Angelegenheiten vorwiegend förderlich. So trat H., während er sich von den vorbereitenden Schritten fern gehalten hatte, auf Usteri’s Ermunterung hin am 22. Novbr. 1830, am „Tage von Uster“, als der erste Sprecher auf der Rednerbühne vor die Landesversammlung, welche die Volkswünsche des Kantons Zürich öffentlich darlegen sollte, und seinen würdevoll begeisterten Worten war vorzüglich der günstige Eindruck, der sofortige Erfolg der ohne Störung vollendeten Demonstration zu verdanken. Allerdings konnte er sich nun aber auch nach der Durchführung der neuen Ordnung dem Rufe, derselben zu dienen, nicht entziehen. Sogleich sandte ihn der neu gewählte große Rath Ende 1830 auf die wegen der ihrer wartenden äußeren und inneren Fragen sehr wichtige außerordentliche Tagsatzung; im März 1831 befand er sich unter den erst gewählten Mitgliedern des neuen Regierungsrathes, welcher auf dem Boden der angenommenen Verfassung bestellt wurde. Trotz beträchtlicher ökonomischer Opfer, welche durch die Annahme der Wahl sich ergaben, überwog bei H. die Vaterlandsliebe, und er siedelte nach Zürich über. Während er nun zwar 1832 die Wahl zum Amte des zweiten Bürgermeisters ausschlug, widmete er sich im Uebrigen auch fortan in einer Reihe wichtiger Missionen ganz den öffentlichen Angelegenheiten, überall die Parteiinteressen dabei möglichst hinter der Sorge für das öffentliche Wohl zurücktreten lassend. Bei der Gründung der Universität, als Präsident des Sanitätsrathes, in der Ausarbeitung und Einführung der neuen Medicinalorganisation, als Präsident der Forstcommission, aber ganz besonders als Leiter der Anlegung des neuen botanischen Gartens, auf einer erhalten bleibenden Bastion der zur Demolition bestimmten Festungswerke, fand er zugleich Gelegenheit, sich auf Gebieten förderlich zu bethätigen, die seinem persönlichen Verständnisse zunächst lagen. Allein die steigende Erhitzung der Leidenschaften, wie sie im Zusammenhang mit Fragen des Erziehungswesens, bei Anlaß der Berufung von Dr. Strauß, einen heftigen politischen Kampf andeuteten, und der dabei gegen H. laut werdende Vorwurf aus der eigenen Partei, er sei, indem er nicht in Allen der Auffassung derselben sich anschloß, seinen Grundsätzen untreu geworden, veranlaßten ihn im Januar 1839 sein Entlassungsgesuch einzureichen; nur den stürmischen Bitten der ihm zunächst stehenden Freunde gelang es, ihn zur Zurückziehung desselben zu vermögen. Die schlimmsten Befürchtungen, welche den wohlmeinenden zurückhaltenden Mahner erfüllten – er sagte im Februar nach der Wahl von Strauß voraus, eine das ganze Land erschütternde, noch nie erlebte Bewegung werde hereinbrechen –, sollte an diesem selbst sich in traurigster Weise erfüllen. Bis zuletzt bemüht, zu vermitteln, eilte H. noch in der Nacht vom 5. auf den 6. Sept. 1839, als schon die Bewaffneten des Glaubens-Comite’s zum Sturze der radicalen [278] Regierung vor der Stadt anrückten, zu den Volkshaufen hinaus, um sie zu beschwichtigen, und als ohne Rücksicht auf diese begütigenden Worte der Anmarsch gegen das Sitzungslocal der Regierung fortgesetzt worden war, und die kleine der Autorität zur Verfügung stehende Truppenmacht sich in ein kurzes Gefecht einließ, war es wieder H., der mit der Erklärung, daß sich die Regierung angesichts der Sachlage aufgelöst habe, auf den freien Platz unter die Kämpfenden eilte: – da fiel er, von einem Schusse getroffen; von welcher der Parteien her, denen er als Friedensbote das Blutvergießen beendigen wollte, blieb unaufgeklärt. H. lebte nach Empfang der tödtlichen Wunde noch etwa neun Stunden bis zum späteren Abend. – Hegetschweiler’s wissenschaftliche Hauptverdienste liegen auf dem Boden der botanischen Studien. In zahlreichen Gebirgsreisen (cf. besonders das als gehaltreiches Reisewerk sehr zu lobende Buch: „Reisen in den Gebirgsstock zwischen Glarus und Graubünden in den Jahren 1819, 1820 und 1822, nebst einem botanischen Anhange“, Zürich 1825) hatte er die Alpenpflanzen insbesondere genau kennen gelernt und einer systematischen, zusammenfassenden Untersuchung unterworfen. 1831 erschienen seine „Beiträge zu einer kritischen Aufzählung der Schweizerpflanzen“ (Zürich). „Während er hier die Ergebnisse seiner Untersuchungen über den Einfluß der Außenwelt auf die Gewächse im Allgemeinen darlegte, sollte ein zweites Werk die Anwendung der gefundenen Resultate auf die Behandlung der helvetischen Pflanzenformen enthalten“: – so äußerte sich 1840 der Freund, welcher die im Drucke begonnene „Flora der Schweiz“ (Zürich) fortsetzte und herausgab, Oswald Heer. Hegetschweiler’s schönstes Denkmal ist der 1837 eingerichtete botanische Garten, dessen Sammlungen auch sein reiches Herbarium einverleibt ist.

Vgl. Acten d. Schweizer. Naturforsch. Gesellsch. v. 1840, sowie Heer’s Vorwort in dem genannten Buche.