ADB:Ilsung

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Artikel „Ilsung“ von Wilhelm Vogt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 33–35, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ilsung&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 05:12 Uhr UTC)
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Ilsung. Das Geschlecht der I. gehört zu den ältesten Familien der Reichsstadt Augsburg und wird schon unter den Hohenstaufen urkundlich erwähnt. Sie verstanden es frühzeitig sich großes Vermögen zu erwerben und gelangten dadurch bald zu Ehren und Ansehen nicht blos innerhalb der Stadt, sondern auch bei den Kaisern, denen sie sich durch hervorragende, selbst freiwillige Kriegsdienste so zu verpflichten wußten, daß sie mit den weitgehendsten Privilegien von ihnen beschenkt wurden.

Im 15. Jahrhundert zeichnete sich Sebastian I. durch seine Geschäftsgewandtheit in hohem Grade aus. Häufig führte er das Bürgermeisteramt und wurde vom Rathe der Stadt zu diplomatischen Sendungen an verschiedene Reichsstände und sogar an den Kaiser Sigismund verwendet. Eine hervorragende Rolle spielte er in dem Augsburger Bischofsstreit (1413–1424), in welchem er die Aufträge des Raths mit Klugheit ausführte und das Recht der Stadt mit Standhaftigkeit verfocht, als er, nach München an den bairischen Hof, nach Heidelberg, nach Rottweil und Preßburg zum Kaiser, nach Ulm zu den Städten und nach Constanz zum Papst abgeordnet wurde. Seiner Geschicklichkeit war es wol in der Hauptsache zuzuschreiben, daß endlich im J. 1424 dieser Streit in einem für Augsburg günstigen Sinn beendigt wurde, indem der Papst Martin dem Prätendenten Nenniger die bischöfliche Würde ab- und dem Peter von Schaumburg zusprach. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat dieser I. in Begleitung des Herzogs Albrecht von Oesterreich im J. 1395 die Reise ins heilige Land mitgemacht. Im J. 1424 wurde er auf einer Jagd nach einem geringen Wortwechsel in der Nähe der Stadt von Peter Rehlinger mit dem Schwert erstochen.

Noch ist im 15. Jahrhundert ein anderer Sebastian I., wahrscheinlich ein Enkel des Bruders des eben erwähnten I., bekannt durch seine Dienste, die er dem Herzog Albrecht leistete, und wegen einer Reise an die heiligen Orte in Spanien, wovon er eine Beschreibung hinterlassen hat.

Im 16. Jahrhundert, als die Reformation die Bewohner Augsburgs in zwei Lager schied, verblieben die I., wie viele der vornehmsten Geschlechter und Familien der Stadt, in der alten Kirche. Dadurch erwarben sie sich hohe Gunst und großes Vertrauen bei den Habsburgern, welche sie in der Folge mit reichen Ehren und Würden belohnten. So wurde Georg I., genannt v. Tratzberg, Ritter und kaiserlicher Rath bei Karl V., Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II. und im J. 1550 übertrug ihm der König Ferdinand auch das [34] Amt eines Landvogts von Schwaben und von Neuburg am Rhein, eine Auszeichnung, welche in Augsburg großes Aufsehen hervorrief. I. zeigte sich aber auch dankbar und würdig, indem er sich nicht nur im Allgemeinen nach Kräften dienstfertig bewies, sondern dem König Ferdinand und seinen Nachfolgern hauptsächlich in ihren häufigen finanziellen Nöthen erfolgreich Rath und Hülfe zu schaffen wußte: in corrogandis pecuniis plurimam sedulamque operam tum Ferdinando imperatore jam facto tum Maximiliano II semper navavit, sagt Gasser von ihm. Er starb am 4. Septbr. 1580.

Christoph I., geb. 1533, war der Sohn des 1565 verstorbenen Melchior, welch letzteren der Kaiser Karl V. nach Auflösung des zünftigen Regiments 1548 in den Rath berufen hatte. Ch. war wie sein Vater in den Geschäften der Stadt sehr thätig und legte gleich ihm eine entschieden katholische Gesinnung und Anhänglichkeit an die Habsburger an den Tag. Gleich nach seiner Berufung (1565) in den Rath, als der Kaiser einen Reichstag für den 14. Januar 1566 nach Augsburg ausgeschrieben hatte, wurde I. vom Rath an den kaiserlichen Hof geschickt, um dort „zu Abstellung der Beschwerden (halb) so sich furirens und anders halb in den Reichstegen haben zuetragen“ vorsorglich zu wirken. Als der Kaiser feierlich in Augsburg eingezogen war und dem Rath eine Audienz bewilligte, wurde wieder I. mit drei andern hiefür ausersehen. Auf diesem Reichstag wurde eine neue Türkenhilfe von den Ständen bewilligt. Da hierzu der Cardinal und Bischof Otto von Augsburg auch Unterthanen und Hintersassen von Augsburger Bürgern und Stiftungen, welche in seinen Gerichten ansässig waren, heranziehen wollte, so wurde I. mit mehreren vom Rathe nach Dillingen abgeordnet, um den Bischof von seinem rechtswidrigen Unternehmen abzubringen und zugleich jene Unterthanen vor der Erlegung der Steuer zu warnen. Eine gleiche Irrung mit dem Bischof fand 1577 statt, zu deren Beilegung abermals I. mitverordnet wurde. Es kam durch seine Bemühung ein Vergleich zwischen den streitenden Parteien zu Stande. 1569 wurde er auf den Tag bei dem Landsbergischen Bunde abgesandt, ebenso 1576. Als 1584 der leidige Kalenderstreit in Augsburg die Gemüther erhitzte und wegen des Predigers Dr. Mylius, der die Evangelischen aufhetzte, die Bürgerschaft sich in wüstem Streit mit einander befand, war I. im Auftrag des Rathes sehr thätig diese Streitsache beizulegen und einen Vergleich zwischen beiden Religionsparteien, der freilich nicht lange anhielt, herbeizuführen. 1591 hatten sich wegen des Lechablasses Mißhelligkeiten mit den bairischen Beamten ergeben; um diese für die Stadt und ihr Gewerbe höchst wichtige Frage zu einem günstigen Austrag zu bringen, wurde er nebst zwei anderen an den bairischen Hof abgesandt. Unermüdlich wirkte er im öffentlichen Dienst bis an sein Ende, das 1594 erfolgte.

Johann Achilles I. Das gleiche Vertrauen belohnt mit denselben Ehrenstellen, welches Georg I. bei den Kaisern aus dem Habsburger Haus genossen hatte, ging auch auf andere Glieder dieses Augsburger Geschlechts über. I. erwarb sich ebenfalls die Gunst des Kaisers Maximilian II., der ihn wegen seiner Fähigkeiten und Kenntnisse zusammen mit Dr. Timotheus Jung, auch einem Augsburger, zum Rath ernannte und in seiner Umgebung behielt. Häufig übertrug er ihm die Geschäfte eines Gesandten, so besonders 1567, wo er in Lübeck zwischen Dänemark und Schweden Frieden zu stiften sich bemühen sollte. So sehr schloß sich I. an seine Herren im Laufe der Jahre an, daß er den allgemein für unpatriotisch erachteten Schritt that, das Bürgerrecht seiner Vaterstadt von freien Stücken aufzugeben (1577). Der kaiserliche Dienst ging ihm über Alles. Mit unleugbarem Geschick und Erfolg sieht man ihn als Schiedsrichter in mancherlei Streitigkeiten wirken, was die Kaiser Maximilian II. und [35] Rudolph II. sehr anerkannten. Aber auch das finanzielle Talent, welches augenscheinlich der Ilsung’schen Familie in hohem Grad zu eigen war, besaß er; denn neben der Würde eines Landvogts in Schwaben und zu Neuburg am Rhein bekleidete er noch das Amt eines Reichspfennigmeisters. Er starb am 11. März 1609.

Hans Felix I., seit 1617 im Rath der Stadt Augsburg, zeigte ebenfalls besonderes Verständniß im Finanz- und Münzwesen und wurde häufig in diesen Angelegenheiten verwendet, so z. B. in dem Vergleich des Matthäus Welser mit seinen Gläubigern und auf mehreren Münzprobationstagen zu Nürnberg und Regensburg in den Jahren 1629–31. Im J. 1632 wurde er auf Befehl Gustav Adolphs mit seinen katholischen Genossen, worunter auch ein anderer Ilsung, Christoph mit Namen, des Raths entsetzt, bis er am 25. April 1635 mit jenen auf kaiserlichen Befehl wieder in seine Würde eingesetzt wurde. Er hing mit derselben Entschiedenheit an der katholischen Kirche wie am habsburger Haus und wirkte häufig im öffentlichen Auftrag als Schiedsrichter in den Streitigkeiten und Irrungen der beiden Religionsparteien. Im Jahr 1645 starb er.

Deutsche Städtechroniken. Bd. I und II. P. v. Stetten, Geschichte der Stadt Augsburg. P. v. Stetten jun., Lebensbeschreibungen, II. Bd. Rathsprotokolle. Gasser’s Annalen von Augsburg. Prasch, Epitaphia August. Vind. 1626.