ADB:Johann (Herzog von Geldern)

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Artikel „Johann, Herzog von Geldern“ von Pieter Lodewijk Muller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 215–216, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_(Herzog_von_Geldern)&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 14:27 Uhr UTC)
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Johann, Graf von Blois, Herzog von Geldern, war der Sohn des Ludwig von Châtillon und der Johanna von Hennegau, der einzigen Tochter des Johann von Beaumont (s. d.). Beim Tode des letzteren fielen ihm die ausgedehnten Güter desselben in Holland und Hennegau zu Theil, welche zu den eigenen Familiengütern gefügt, ihn zu einem der reichst begüterten Edelleute seiner Zeit machten. Namentlich gehörten ihm die rasch aufblühenden Städte Gouda und Schoonhoven in Holland. Auch den mächtigen Einfluß seines Großvaters hatte er geerbt, in den endlosen Parteiwirren der Hoeks und Kabeljaus galt das beschwichtigende Wort des friedfertigen und ruhigen Vetters des Landesherrn oft viel. Doch fehlten ihm des Großvaters Kriegserfahrung und Tapferkeit und auch dessen Besonnenheit. Sonst hätte er sich von den Heeckerenschen Parteihäuptern in Geldern nicht verführen lassen sich in den Kampf um dies Nachfolge in diesem Lande zu mischen, der mehr als etwas seinem Naturell entgegen war. Als nach dem sohnlosen Absterben des Herzogs Reinald III. die Bronkhorsten die Ansprüche von dessen jungem Enkel Wilhelm von Jülich, des Sohnes der zweiten Tochter Maria durchsetzen wollten, erhoben dagegen die Heeckerens die ältere kinderlose Tochter Mechtild, die Wittwe des Grafen Johann von Cleve, eine energische und herrschsüchtige Dame, und suchten ihr einen passenden Gemahl in dem reichen, mächtigen und einflußreichen J. Allen Abmahnungen des Herzogs Albrecht von Baiern (-Holland), der seine Tochter mit dem jungen Jülicher vermählen wollte, zum Trotz, ließ sich J. auf die Verbindung [216] ein; er konnte der Versuchung, eine glänzende Rolle zu spielen, nicht widerstehen. Im Februar 1372 verheirathet, nahmen die Eheleute Wappen und Titel eines Herzogs und einer Herzogin von Geldern an, es wurde ihnen von den Heeckerenschen Städten und Edelleuten gehuldigt, und bemächtigten sich Arnheims und mehrerer Schlösser und Ortschaften, dabei einigemal vom Bischof von Utrecht, Arnulf von Hornes (s. d.), unterstützt. Doch die Gegenpartei setzte sich mannhaft zu Wehre; Herzog Albrecht wandte ihr seine Gunst zu und brachte eine Versöhnung des jülichschen Herzogs, des Vaters und Vormundes des Prätendenten mit dem Kaiser Karl IV. und dem Herzoge Wenzel von Brabant zu Wege und erwirkte so seinem künftigen Eidam die Bestätigung des obersten Lehnsherrn. J. war keineswegs der Mann, unter solchen widerwärtigen Umständen den begonnenen Kampf energisch fortzusetzen. Bald überließ er seiner Gattin und ihren Freunden, dem Utrechter Bischof und dem Herrn von Brederode-Gennep (s. d.) die Führung, zog sich nach Holland zurück und führte nur Titel und Siegel eines Herzogs, wenn es gemeinschaftlich mit seiner Gemahlin in Geldern Acten auszustellen gab. So erscheint er in den Jahren 1372–77 fortwährend als Herzog, obgleich er für seine Person sich kaum weder an der Regierung noch am Kampfe mit den Bronkhorsten betheiligte. Eine merkwürdige Ausnahme im harten Jahrhundert, scheint seine Ehrsucht bald von seiner Friedfertigkeit überwunden zu sein, ja war er, nachdem der Kaiser ihm seine Rechte abgesprochen, nicht mehr von der Rechtmäßigkeit seiner Ansprüche überzeugt, so daß während seine Gemahlin einzelne Theile des bestrittenen Landes beherrschte und ungebeugt den Kampf fortsetzte, er sich nicht scheute, sein Siegel als holländischer Edelmann dem Heirathsvertrag seines Nebenbuhlers mit Katharina von Baiern anzuhängen. Mit Freude stimmte er darum seiner Gemahlin bei, als dieselbe endlich 1379, bis auf wenige Schlösser und Städte ihres Besitzes beraubt, sich dazu verstand, ihren Ansprüchen gegen hohe Geldentschädigung zu entsagen. So endete eine sonderbare Episode der geldrischen Geschichte, der Kampf zweier Prätendenten um den Herzogstitel, wovon der eine, weil er ein Kind, der andere, weil er dem Kampfe abgeneigt war, sich kaum am Streite betheiligte, während ihre Anhänger und Vertreter im erbitterten Kampfe sich zerfleischten. J., in gutem Einverständniß mit Herzog Albrecht, als einflußreicher Edelmann und Verwandter des regierenden Hauses lebend, behielt seine hohe Stellung in Holland, die er namentlich zu Gunsten seiner beiden Städte Gouda und Schoonhoven benutzte und die ihm mehr zusagte als der gefährliche, seinen Besitzungen schwer zusetzende Kampf in Geldern. So starb er auch, ein oder zwei Jahre (1380 oder 81) nach seiner Abdankung als Herzog, als der friedfertigste und reichste Edelmann einer Zeit, die sonst nur gewaltige und gewaltthätige Persönlichkeiten aufzuweisen hat, denen der Kampf um die Macht das höchste galt. Doch ward dem ruhigen und ehrenwerthen Mann, der seinen kühnen, dem Geist der Zeit entsprechenden Ehrgeiz bald bereute, die Achtung seiner holländischen Landsleute und die Liebe seiner Vasallen namentlich in den Städten in hohem Maaße zu Theil.

Nijhoff, Gedenkwaardigheden uit de Geschiedenis van Gelderland. III. Slichtenhorst, Geldersche Geschiedenissen. Pontanus, Hist. Geldriae Lib. VIII. De Lange von Wyngaarden, Beschryving van Gouda.