ADB:Johann von Köln (Drucker)

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Artikel „Johann von Köln“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 461–464, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_von_K%C3%B6ln_(Drucker)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 19:54 Uhr UTC)
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Johann von Köln (Johannes de Colonia Agrippinensi), Buchdrucker zu Venedig im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts. Wie so viele andere deutsche Drucker der damaligen Zeit (vgl. auch Hammann Bd. X, 479 und Han 495) verließ auch dieser seine Vaterstadt, um im Auslande und zwar wie das gleichzeitige Brüderpaar Johann und Wendel von Speyer (vgl. d.) in Venedig Buchdruckerpressen zu errichten. In welches Jahr seine Geburt oder sein Tod fällt, ist, wie sein Geschlechtsname und sein äußerer Lebensgang nicht mehr zu ermitteln. Seinen Druckernamen jedoch entnahm er nach der damaligen Gewohnheit von seiner Vaterstadt. Im J. 1472 druckte er in Gesellschaft Wendels von Speyer „Plauti Comoediae“, wenn nicht vielleicht schon sein erstes 1471 zu Venedig gedrucktes Buch „Cicero. de finibus bon. et mal.“ oder auch die Comödien des Terenz von eben diesem Jahre sind, die jedoch beide, um mit völliger Gewißheit entscheiden zu können, mit einem Monatstage nicht versehen sind. Doch dauerte dieser gemeinsame Geschäftsbetrieb nur bis 1473, in welchem Jahre er und mit Unterbrechungen bis 1479 sich mit Johann Manthen de Gerretzhem verband und mit ihm 1474 den Valerius Maximus sowie in demselben Jahre des „Antonini Florent. Tractatus de excomm. susp.“ und später viele andere Bücher druckte. „Gerretzhem“ (auch „Gherhezem“ und „ghersem“) glaubt Denis in seinen Suppl. I. 112 für „Gerresheim Abbatia Sanctimonialium non procul Dusseldorpia“ halten zu sollen; hier befindet sich allerdings heute noch ein Dorf dieses Namens, aber dieser Conjectur möge eine andere gegenüberstehen, derzufolge G. identisch mit Gernsheim, dem Geburtsorte Peter Schöffers und „Gerretzhem“ lediglich die populäre Aussprache für Gernsheim ist, wie denn das letztere im Volksmunde durchaus „Gernshem“ und „Gerhezem“ lautet. Im J. 1475 finden wir J., weil Manthen als Drucker nach Mailand übergesiedelt war, wieder allein und er besorgte allein die „Repetitio solennis de reb. erud.“. Doch ließen sie zwei Jahre später wieder gemeinschaftlich in Venedig erscheinen die Fortsetzung von „Panormitanus lectura super decretal.“, dessen Anfang aus Jenson’s Presse (Hain 12310) hervorgegangen war. Eines der letzten Erzeugnisse ihrer gemeinschaftlichen Thätigkeit war „Platinae Vitae Pontific. Roman.“ (1479. 3. Idus Junii Fol.), ein Buch merkwürdig sowol durch seinen Verfasser als Corrector als auch durch seinen Inhalt und durch die Zahl seiner Wiederdrucke. Die Ausgabe von 1479 ist zugleich die Originalausgabe und erlebte bis 1644 in lateinischer, französischer und deutscher Sprache 36 allerdings zum Theile castrirte Wiederholungen, worunter die Straßburgische durch Caspar Hedion verdeutschte und durch Josias Rihel (vgl. d.) 1566 in Folio gedruckte Ausgabe zu den vorzüglichsten gehört. Platina war Aufseher der vaticanischen Bibliothek und hatte dieses Werk, wie er selbst in der Dedication [462] an den Papst Sixtus VI. angiebt, auf den ausdrücklichen Befehl dieses Papstes herausgegeben und in demselben die Geschichte der Päpste in sehr freimüthiger Weise geschildert. Auffallend ist, daß er auch die bekannte Johanna Papissa unter dem Namen Johannes VIII. (oder vielmehr als zweiten Johannes VII.) in der Reihenfolge der Päpste mit aufführt und ihre Geschichte weitläufig auseinandersetzt. Platina selbst aber war nicht nur ein freimüthiger Historiker sondern auch ein verdienstvoller Corrector, in welcher Eigenschaft (Serapeum 1847, 150) er mehrere Drucke unseres deutschen Landsmannes Arnold Pannartz zu Rom besorgte und unter denen sein Josephus Flavius (Romae in domo Petri de Max. 1475. Fol.) der gesuchteste ist. Vom J. 1480–87 trat J. zum drittenmale mit Manthen und zugleich mit dem Franzosen Nikolaus Jenson aus Tours in Verbindung (ihr gemeinschaftliches Druckerzeichen bei Roth-Scholtz, Insignia N. 27) und sie druckten zusammen 1480 des „Baldi de Ubaldis de Perusio Lectura sup. sexto lib. cod.“ Ein Jahr darauf ließen sie des „Joh. Duns Scoti sentent.“ auf ihre Kosten durch Joh. Herbort von Seligenstadt erscheinen, welcher 1481–85 gleichfallis zu Venedig, vorher aber 1475 bis 1480 zu Padua gearbeitet hatte und dessen voller Name mit Heimat lautet: Magister (artis impress.) Johannes Magnus Herbort de Silgenstadt (Seligenstadt) al Franco. Das letzte Werk, welches 1487 J. mit Manthen lieferte, waren die „Fallacie“ des Thomas von Aquino, denn Jenson war damals schon gestorben. Dieser, ein bedeutender Künstler und eigentlich ein sehr geschickter Münzstempelschneider, war, alten Handschriften zufolge (Hist. de l’Acad. des Inscript. T. XIV, 236; Bulletin du Bibliophile belge XV. 97) von Karl VII. nach Mainz geschickt worden, um dort auf heimliche Weise die neue Kunst zu erlernen. „Le 3. octobre 1498, re roi Charles, ayant sceu, que messire Guthenburg chevalier, demeurant à Mayence … avoit mis en lumière l’invention d’imprimer par poinçons à caractères … avoit mandé aux généraux de ses monnoyes lui nommer personnes bien entendues à laditte taille (des poinçons) pour envoyer audit lieu secrètement soy informer de laditte forme et invention … A quoy fut satisfait audit sieur roy, et par Nicolas Jenson fut entrepris tant ledit voyage que semblablement de parvenir à l’intelligence dudit art et execution d’iceluy audit royaume“. Jenson, vollkommen geschickt zu der ihm anvertrauten Mission, führte dieselbe aus, aber er fand unglücklicherweise bei seiner Rückkehr 1461 Karl VII. todt und dessen Nachfolger Ludwig XI. war allen denen, die, wie Jenson, seinem Vater gedient hatten, abgeneigt. Nach mehreren fruchtlos abgewarteten Jahren ließ er sich endlich in Venedig nieder, wo er den Beinamen Gallicus führte und sich einen großen typographischen Namen erwarb. Sein Papierzeichen führt in der Regel das Bild eines Ochsenkopfs; vgl. über diese Marke und ihre zahlreichen Modificationen Serapeum 1845, 257 und 1846, 97. Jenson’s erste Drucke, noch vor seiner Verbindung mit J., gehören zu den schönsten Erzeugnissen der Pressen des 15. Jahrhunderts und namentlich gehört dahin sein Druck: Ciceronis epist. ad Atticum, Brutum et Quintum fratrem, in dessen Typen er seine Geschicklichkeit und seinen Geschmack auf das Glänzendste bewies; ein Exemplar dieses Druckes aus Pergament hatte einst Lord Spencer aus M. Carthy’s Auction für 1350 Frcs. ersteigert (Ebert 4441. Hain I, 2. 5214). Corrector in seiner Officin war Leonicenus Omnibonus, der in der Vorrede zu dem prächtig gedruckten Quintilian von 1471 in Folio und bezüglich seiner Correctheit eine wahre Zierde einer Bibliothek, seinen Druckerherrn mit dem Titel beehrt „librariae artis mirabilis inventor“, ein Lob, welches die Deutschen allerdings zu nehmen wissen, wie es sich gebührt. Uebrigens darf nicht verschwiegen werden, daß nicht nur Jenson sondern auch J., wie ungemein schön sie arbeiten konnten, [463] wenn sie wollten (des letzteren Cicero de finibus 1471 wurde früher für 116 holländ. Gulden angekauft) ebenso schlechte Preßerzeugnisse lieferten; dies beweisen des letzteren und Manthens scholastische Werke, die größtentheils voll Mängel, wogegen wieder ihre Pii II. Historia rer. ubique gest.“ von 1477 ein typographisches Meisterstück zu nennen ist. Und ebenso lassen beide häufig eine sorgfältige Correctur und Kritik vermissen, so ist z. B. in ihrer Ausgabe „Carmina Catulli, Tibulli et Prop.“, 1475 (Panz. III, 108) der bekannte Vers „Annales Volusi cacata charta“ so gedruckt: A nnuale suo lusicacata charta, ohne Zweifel nach einer Handschrift, denn die ersten Drucker, die mit ihrer Kunst noch geheim thaten, fielen oft auf das erste beste Manuscript, ohne den kritischen Rath eines Gelehrten einzuholen; aus diesem Grunde ist aber auch das Lob Bünemann’s auf J. in seiner Praefatio Lactantii 1739 ein wenig zu beschränken. Seine Drucke schloß J., wie auch andere seiner Berufsgenossen jener und noch der späteren Zeit gerne mit „Explicit“, jenes aus den Codices herübergenommenen und zuweilen erweiterten (Explicit, Expliciunt, ludere Scriptor eat), der klassischen Latinität zwar nicht mehr angehörigen Wortes für „finis“, womit jedoch bekanntlich auch noch Panzer, vermuthlich im Hinblick auf so viele in barbarischem Latein gedruckten und mit diesem Worte oder „Foeliciter Explicit“ endigenden Werke des 15. Jahrhunders ein jedes Volumen seiner Annales typographici beschlossen hat; vgl. auch die Parodie des Wortes durch den Satyriker Joh. Fischart am Schlusse seines „Binenkorb“, 1579.

Unstreitig hat es J. und seiner Officin zu sehr bedeutendem Nutzen gereicht, mit einem Künstler wie Jenson gemeinschaftlich zu arbeiten, denn der letztere hatte bereits in der jungen Kunst dadurch Epoche gemacht, daß er als der erste durch gelungene Umgestaltung des Typenschnitts die bisher übliche gothische oder halbgothische Schrift zu beseitigen und dafür die römische oder Antiqua einzuführen versuchte. In dieser letzteren Beziehung zählt zu Jenson’s ausgezeichnetsten Drucken C. Plinii Sec. natur. historia in Groß-Fol., welcher, zwar ohne Seitenzahl, Custoden und Signaturen, sowohl an Vortrefflichkeit des reinen Drucks als an Güte, Stärke und Größe des Papiers wenige seines Gleichen hat. In einigen Exemplaren sind sogar die Initialen mit Farben eingeschrieben, bei größeren Abschnitten von Büchern aber auf das prächtigste gemalt und mit Gold belegt. Bemerkenswerth bleibt noch für die Druckerei des J., daß, vermuthlich auf die Anregung seines Zunftgenossen zu Venedig, Wendel von Speyer, bereits 1472 in seiner Officin und namentlich in den Drucken des Plautus kleine Anfangsbuchstaben erscheinen, deren sich schon Wendel’s Bruder Johann 1469 in seinem Tacitus de Germania bedient hatte. Wie ferner Joh. von Speier der erste Drucker war, der die Blätter mit arabischen Ziffern (an öffentlichen Denkmälern in Stein sind arabische Ziffern bereits für das J. 1319 nachgewiesen, vgl. Serapeum 1845, 320) und Custoden versah, so ist J. der erste Drucker in Venedig, in dessen Werkstätte Signaturen zur Verwendung kamen. Außerdem trug er sehr viel zur Verbesserung der Typen bei, weßhalb diese neben denen des Nikol. Jenson und des Wendel von Speyer vorzugsweise „characteres veneti“ hießen und lange Zeit in den meisten italienischen Officinen die Oberherrschaft behielten und durch Johann von Westphalen (vgl. d.) auch nach den Niederlanden verpflanzt wurden. Nachdem schon 1485 Herbort von Seligenstadt vom Schauplatz abgetreten war, verschwinden auch mit dem J. 1487 sowohl J. als auch Manthen aus der Buchdruckergeschichte und um dieselbe Zeit war auch, wie bereits erwähnt, Jenson gestorben. Selbstverständlich ist mit dem letzteren nicht zu verwechseln weder der Buchdrucker Janszoen van Woerden (Stadt in Südholland), welcher zu Leyden gegen das Ende des 15. Jahrh. wirkte und seine Officin „aen de visch capelle“ und „aen de visch Marcte“ hatte (einer seiner Drucke „Levens ons liefs heren Jesu-Christi“ [464] führt als Druckjahr in gothischen Buchstaben 1448 anstatt 1498, vgl. Holtrop, (Cat. libr. in Bibl. Hagana, p. 251), noch der Buchhändler Wilhelm Janssonius (Blaeau) zu Amsterdam, † 1638, noch auch der Buchdrucker Joh. Jansson, welcher in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu Arnheim und Amsterdam thätig war.

Außer J. hatten noch im 15. Jahrhundert andere seiner kölnischen Landsleute ihre Vaterstadt verlassen und in Italien, Spanien und England Buchdruckerpressen errichtet, deren persönliche Verhältnisse jedoch gänzlich unbekannt sind. Von diesen führte Henricus de Colonia ein unstätes Wanderleben und erscheint bereits 1473 zu Messina als „Maestro vigo d’alamania“, 1475 und 1480 zu Brixia (Brescia), 1480–85 zu Bononia (Bologna), 1484 auch zu Siena, 1491 in Gemeinschaft mit Heinrich von Harlem zu Nogara, in demselben Jahre auch zu Lucca und 1493 zu Urbino; Bernhard de Colonia druckte zu Johanns Zeit zu Venedig und 1478 zu Treviso und Lucca und Hermannus Levilapis (Lichtenstein) Colon. 1475 in verschiedenen Städten Italiens (älteren Biographen galt sein Namen als der zweier verschiedener Drucker; Panz. III. 514). In Spanien druckte Paul von Köln gemeinschaftlich mit Joh. Pegnitzer de Nuremberga, Magnus et Thomas Alemanni 1591 zu Sevilla und in England mit Thomas Hunte. 1487 zu Oxford Theodoricus Rood. Conrad Braem, wenn nicht aus Köln selbst, so doch aus der kölnischen Gegend hatte sich 1475 bis 1481 in Löwen (seine Universitätsmatrikel daselbst lautet: „Coloniensis dyoecesis, in jure canonico, XXII julii“. Bibliophile belge 1866, 59), Richard Paffroed de Colonia seit 1488 in Deventer und Arnold von Köln 1492 in Leipzig niedergelassen. Auch die Verhältnisse eines gleichzeitigen Druckers Johann von Erfurt (Panz. IX, 103) sind in völlige Dunkelheit gehüllt. Schließlich ist mit dem Buchdrucker nicht zu verwechseln ein „Johannes de Colonia Germanus, sacrar. litter. professor eruditissimus“, welcher (Panz. III, 68) 1470 zu Venedig ein Werk des Joh. Scotus durch Wendel von Speyer drucken ließ. Ueber den lateinischen Dichter Bartholomaeus Coloniensis, der um dieselbe Zeit lebte, vgl. Fabricius, Bibl. lat. med. et inf. aet. I, 473 und Denis, Supplem. I, 543.

Orlandi, Orig. della stampa 1457–1500. Reiß, De orig. typogr. p. 44. Panzer, A. t. III (Venetiae). Brunet I, 523; IV, 692. 882. Hain 13357. Grässe, Trésor I, 237; V, 312. 446. Meusel, Histor. lit. bibl. Magazin II, 66–75. Ledeboer, Bibl. de Deventer p. 80–82, 146–147. Holtrop, Monuments typogr. II. 417.