ADB:Johann von Landen

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Artikel „Johann von Landen“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 464–466, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_von_Landen&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 11:54 Uhr UTC)
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Johann von Landen, Buchdrucker zu Köln 1496–1521. Wie bei der Mehrzahl seiner kölnischen Zunftgenossen jener Zeit ist das äußere Leben dieses Druckers in ein bis jetzt undurchdringliches Dunkel gehüllt und wir wissen von ihm lediglich aus den Urkunden des kölnischen Stadtarchivs nur das Wenige, daß er Bürger der Stadt war und bis zum J. 1507 in der Straße „unter sechzehn Häuser“ (infra sedecim domos) wohnte, in diesem Jahre aber nach der Gereonsstraße in das der Artistenfacultät angehörige und als Hospital für deren erkrankte Lehrer und Schüler dienende Haus zur „roeder portzen“ (rothe Pforte) übersiedelte, wie er dies auch selbst in einem seiner Drucke angezeigt hat. Sein eigentlicher Familienname ist unbekannt, „von“ oder „van“ Landen benannte er sich, wie auch andere kölnische Drucker, so Johann v. Köln, Johann v. Solingen, Konrad v. Boppard, oder auswärtige wie Jakob v. Pforzheim, Johann v. Speyer, Johann v. Westphalen und viele andere mehr in den Erzeugnissen ihrer Pressen nach ihrer Heimath sich bezeichneten – nach seinem Geburtsorte, dem belgischen Flecken „Landen“ in der Provinz Lüttich, doch kürzte unser Drucker in einigen seiner Bücher diesen seinen Namen auch in „Johann Landen“, eine Gewohnheit, [465] welche im 15. Jahrhundert auch bei Gelehrten und unter Anderem auch bei den deutschen Druckern zu Venedig und Rom, Nikolaus v. Frankfurt und Johann v. Besicken (Besigheim in Schwaben) üblich war. Die frühere commercielle Größe der Stadt Köln (qui non vidit Coloniam, non vidit Germaniam und „Koellen eyn Kroyn, boven allen steden schoyn“) hatte auch die noch junge Buchdruckerkunst frühzeitig in ihre Mauern gezogen und Guttenberg’s Erfindung, 1462 durch Ulrich Zell von Hanau nach Köln gebracht, erlebte hier einen nicht unbedeutenden Aufschwung. Und wie im 19. Jahrhundert die Aufhebung der Beschränkungen des Abdrucks uns mit Classikerausgaben überschwemmt hat, so griff auch zu Ende des 15. und im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts die typographische oder buchhändlerische Speculation zu Köln zu den in Manuscripten verborgenen Schätzen der beiden vorhergegangenen Jahrhunderte. Bot aber so diese Speculation der Pflege der Litteratur eine sehr breite Grundlage, so stehen die qualitativen Leistungen zu jenen quantitativ so günstigen Hülfsmitteln in keinem entsprechenden Verhältnisse. Denn was vom 13.–15. Jahrhundert die lyrischen geistlichen Lieder sowie die Mysterien oder religiösen Spiele dem Volke geboten hatten, das waren im Anfange des 16. Jahrhunderts am Niederrhein die geistlich poetischen Erzählungen und am beliebtesten waren namentlich in Köln die sogenannten „Passien“, in denen die Leiden und Martyrien der Heiligen, besonders solcher, von denen sich Reliquien daselbst befanden, in anschaulicher Darstellung erzählt wurden. Zu solchen Reliquien gehörten die der heil. drei Könige, der heil. Katharina, Dorothea, Barbara u. A. vorzüglich aber die der heil. Ursula mit ihren 11,000 Jungfrauen, deren „Passie“ die weitverbreitetste war und zu deren Verherrlichung auch J. seine Presse lieh. Sein bezüglicher Druck erschien als „Die historien von sanct Ursulen vnd den Elf thausent Jouffrauwen …“, 1509, 4°, nachdem schon 1505 eine Ausgabe, gedruckt von Johann Hellmann zu Köln, erschienen war und welch’ beiden noch vier weitere Drucke, darunter ein wiederholter von 1511 und drei von Antonius Keyser und Heinrich v. Nuyß sich anschlossen. Das lateinische Original war bereits 1507 bei Quentel zu Köln erschienen, über die lateinische Urschrift aber ist zu vergleichen Freytag, Appar. lit. I, 204–10; ein Ursulalied ist abgedruckt in Haupt’s altd. Bl. II. 51 und eine Oratio de undecim mil. Virg. erschien 1510 zu Wien bei H. Victor, verfaßt von J. Vadianus. Die typographische Thätigkeit des J. reicht übrigens noch in das 15. Jahrhundert zurück, doch sind aus dieser Zeit bis jetzt nur sechs Drucke verzeichnet, von denen die Wallraff’sche Bibliothek zu Köln zwei und die Stadtbibliothek daselbst drei im Besitze hat. Der älteste der letzteren ist datirt vom J. 1496 und betitelt: „Nicolai de Lira praeceptorium“. In das 16. Jahrhundert aber fallen neben den bereits erwähnten Büchern auch drei Ausgaben (worunter eine lateinische) der Pfefferkorn’schen „Judenbeichte“ 1508; über die Pfefferkorn-Reuchlin’schen Händel vgl. Böcking, Hutten, Suppl. II. 53 ff. Sehr wahrscheinlich rühren auch aus seiner Presse her die erste und dritte Ausgabe des „Joedenspiegel“ von Pfefferkorn 1507 und 1508, sowie mehrere andere jene Streitigkeiten behandelnden Schriften und zumal das schmähliche Pfefferkorn’sche Pamphlet „Eyn mitleydige clag … Do leyt der Hasze …“, 1521. Daß übrigens Pfefferkorn selbst kölnischer Drucker gewesen und etwa, wie Weller a. a. O. S. 469 zweifelnd anfragt, identisch mit J. sei, läßt sich in keiner Weise begründen und weder die älteren Autoren wie Trithemius oder sein Fortsetzer Johann Butzbach (Piemontanus), oder Hartzheim in seiner Bibl. colon. oder Weißlinger in seinen verschiedenen Schriften (Huttenus delarvatus, Armamentarium u. A.), noch die neueren kölnischen Forscher selbst, ebensowenig Grätz in seiner Geschichte des Judenthums, Bd. IX, oder endlich Böcking a. a. O. wissen von dieser Identität. Allerdings finden sich in einem [466] einzigen Drucke (Judenbeicht 1508, erste Ausgabe) die Schlußworte „Gedruckt ind vol endt … durch mich Johannes peffer Korn in vortzyden eyn joede nu Christen“, allein dieses „gedruckt“ läßt sich zwanglos erklären durch eine überflüssige Anticipirung der nachfolgenden Worte: „Ind is gedruckt worden vp sent Geroisstraisse in der roeder portzen“, woselbst, wie bereits erwähnt, J. seine Officin hatte, und so lautet denn auch die Schlußschrift der dritten Ausgabe der Judenbeicht 1508 unzweideutig und correct „Disz bucheleyn hat gemacht vnd verordenirt Johannes peffer Korn … vnd dar nach vol endt vnd gedruckt durch mich Johannes van landen … wonhafftig vff sant …“ (wie vorher). Das Druckerzeichen unseres Künstlers war ein Schröter oder Hirschkäfer (Lucanus L.) mit einem leeren Wappenschilde zwischen den Hörnern. Daß er mit seinen kölnischen Zunftgenossen die gegen die päpstlichen Censurvorschriften gerichtete Appellation am 3. September 1501 mit unterzeichnete, haben wir bereits in dem Artikel Heinrich v. Neuß (Bd. XI, 640–41) erwähnt, wozu als Ergänzung diene, daß des letzteren Nachfolger Melchior v. Neuß war, der als Druckerzeichen einen nach unten gerichteten Pfeil benutzte, um welchen sich ein Delphin schlängelt, mit der Querschrift: Festina lente. So wie der Geschlechtsname des J. unbekannt ist, so druckten in Köln zum Theil noch im 15. Jahrhundert einige andere seiner Berufsgenossen, die sich gleich ihm nur nach ihrem Vornamen und Geburtsorte benannten. Es sind desselben Vornamens: Johann v. Dorsten (Städtchen an der Lippe, nicht zu verwechseln mit dem Augustinermönche dieses Namens Bd. V, 364), Johann v. Kempen (Stadt in der preuß. Rheinprovinz) und Johann v. Solingen. Von kölnischen Druckern aber mit anderen Vornamen und unbekannten Familiennamen, von denen letzteren es jedoch ungewiß ist, ob sie Buchdrucker oder Buchhändler waren, erscheinen in den städtischen Urkunden: Arnt von Aich (Dorf in Rheinpreußen) 1514–1536, Christian von Nürnberg, Cornelius von Zurixee, Gerard von Amersford, Martin von Werden (Stadt in Rheinpreußen), Heinrich und Melchior von Neuß, Ludwig von Reyngen (Renchen), Wilhelm von Aesten (Asten, Dorf in Holland) und Wilhelm von Belle (Bell, Dorf am Niederrhein).

Weller, Altes aus allen Theilen d. Geschichte I. 129–136, 541. Denis, Supplem., S. 80, 83, 103. Panzer, Ann. 353, 379; dessen Supplem. 3–4; dessen A. t. I. 282, 314, 321; IV. 282. Weller, Repert. S. 467b, 470b, 471a, 472a. Ennen, Die Incunabeln der Stadtbibliothek zu Köln, S. XX ff. Helmschrot, Alte Druckdenkmale, S. 106–167. Böcking, Hutteni Opp. Supplem. II. 53–54, 434–35. Goedeke, Gr., I. 148–49.