ADB:Johannes Teutonicus

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Artikel „Johannes Teutonicus“ von Johann Friedrich von Schulte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 475–476, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johannes_Teutonicus&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 15:07 Uhr UTC)
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Johannes Teutonicus. Dieser berühmte Glossator, über dessen Leben erst in den letzten Jahren veröffentlichte Urkundenwerke und ungedruckte Notizen genauere Angaben ermöglichen, führte den Familiennamen Zemecke (Semeca, Semeca latinisirt). Er war, wie mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden darf, geboren in Halberstadt, oder in dessen Nähe, niederer Herkunft, hat seine Studien namentlich im canonischen Rechte zu Bologna gemacht und hier zweifelsohne die Magisterwürde erlangt. Diese und seine Berühmtheit war der Grund, weshalb er [476] im Domkapitel zu Halberstadt neben lauter hochadeligen Herren ein Canonicat erhielt. Als jüngster Domherr erscheint er 1212 in Urkunden, im J. 1220 als Scholasticus, war von 1223 bis zu seinem Tode zugleich Propst des Collegiatstiftes b. Virginis in Halberstadt, eine Dignität, die stets ein Capitular des Hochstifts bekleidete, wurde 1235 des letzteren Decan und Ende 1241 dessen Propst. Er starb am 25. April entweder im J. 1245, was ziemlich sicher ist, spätestens 1246 und liegt begraben im Halberstädter Dome, wo sein am Ende des 15. Jahrhunderts erneuertes Grabmonument erhalten ist. In der Zeit von etwa 1206 bis 1212 und zwischen 1215 und 1220 hielt er sich in Bologna als Scholar und Magister auf. Alle über ihn in älteren Werken verbreiteten Angaben über Conflicte mit dem Papst, Anfeindung im Capitel u. dgl. sind ohne jeglichen quellenmäßigen Anhalt. – J. hat für die Litteratur des canonischen Rechtes eine überaus große Bedeutung, die wenige erreichen oder gar übertreffen. Er hat erstens gestützt auf die Glossen seiner Vorgänger, der Glossatoren des Dekrets von Gratian und verschiedener Glossatoren des Civilrechts, den ersten umfassenden Apparat zu dem Decretum Gratiani geliefert, in dem ziemlich die gesammte frühere Litteratur in kürzester Fassung verarbeitet und zugleich das nach dem Decret hinzugekommene gesetzliche Material berücksichtigt ist. Die Vollendung fällt höchst wahrscheinlich vor das Jahr 1212, jedenfalls vor das lateranensische Concil von 1215, das Werk des J. ist unzweifelhaft das Vorbild gewesen, das Accursius zu seinem Apparate des Corpus juris civilis bewog. Dieser fortlaufende kurze Commentar wurde sofort allgemein gebraucht und anerkannt und daher Glossa ordinaria decreti genannt. Das und weiter die Generalisirung der bis dahin vielfach nur particulären Rechtssätze bezw. Decretalen gibt der Arbeit eine weitere Bedeutung, weil sie die Grundlage des Studiums wurde. Eine zweite Arbeit desselben ist eine fortlaufende Glosse zu der sog. Compilatio quarta, einer Sammlung von Decretalen Innocenz III. von 1210–1216 nebst einigen älteren und den Schlüssen des lateranensischen Concils von 1215, welche nicht minderes Ansehen erhielt. Ueber alle die Arbeiten betreffenden Punkte gibt Auskunft meine Geschichte der Quellen und Litter. des canon. Rechts I, S. 172 ff. und die dort angef. Abhandlungen von mir, über die Person siehe meine Abh. in der Zeitschr. für Kirchenrecht von Dove Bd. XVI, S. 107–132.