ADB:Knutzen, Martin

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Artikel „Knutzen, Martin“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 334–335, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knutzen,_Martin&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 14:29 Uhr UTC)
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Knutzen: Martin K., geb. am 14. December 1713 in Königsberg i. Pr., † ebendort am 29. Januar 1751, Sohn eines Kaufmannes, kam nach dem frühen Tode seines Vaters (1719) zu Verwandten und erwarb durch deren Unterstützung die humanistische Vorbildung an der altstädtischen Pfarrschule; im Herbst 1728 ging er an die Universität über, wo er neben Philologie, Geschichte und orientalischen Sprachen hauptsächlich Mathematik und Philosophie (bei Ammon) hörte, hierauf aber die theologischen Vorlesungen des Franz Albert Schultz besuchte. Durch diesen Studiengang war er in die damals ziemlich verbreitete Richtung gekommen, welche den Wolffianismus mit dem Pietismus zu vereinbaren suchte, wovon bereits ein Zeugniß in der Dissertation vorliegt, mit welcher er im November promovirte: „Dissertatio metaphysica de aeternitate mundi impossibili“, worin er die von den Theologen geforderte Endlichkeit der Welt mittelst Wolff’scher Mittel zu beweisen versuchte. Da er im folgenden Jahre (1734) zum außerordentlichen Professor der Logik und Metaphysik ernannt wurde, verfaßte er als Antrittsschrift: „Commentatio philosophica de commercio mentis et corporis per influxum physicum explicando“ (2. Aufl. 1745), wobei er in den durch Leibniz’ prästabilirte Harmonie hervorgerufenen Fragen entschieden die Ansicht vertheidigte, daß ein physischer Einfluß vom Körper auf die Seele wirke, – ein Differenzpunkt zwischen ihm und der Wolff’schen Philosophie, bei welchem er auch später verharrte. In seinen Vorlesungen, durch welche auch Kant (nach 1740) eine hervorragendste Anregung empfing, vertrat er alle Zweige der Philosophie und der Mathematik und außerdem Rhetorik und Mnemonik, über welch letztere er auch (1746) ein kleines Lehrbuch herausgab. In den Acta Eruditorum (1737) veröffentlichte er eine mathematische Abhandlung [335] „Theoremata nova de parabolis infinitis“, dann folgte „Philosophischer Beweis von der Wahrheit der christlichen Religion“ (1740, 5. Aufl. 1763, ins Dänische übersetzt 1742), eine wahrhaft merkwürdige Verbindung zwischen rationalistischer Methode und pietistischer Gläubigkeit, deren praktische Seite in den Begriffen der Sündhaftigkeit und der Wiedergeburt die entscheidende ist. In der Schrift „Commentatio philosophica de humanae mentis individua natura sive immaterialitate“ (1741, in deutscher Uebersetzung 1745) suchte er unter scharfer Ablehnung des Materialismus auf Grund der Einheit des Selbstbewußtseins die Immaterialität der Seele zu erweisen. Ein im J. 1744 erscheinender Komet gab ihm Veranlassung zu der auf Newton’s Theorie beruhenden Abhandlung „Vernünftige Gedanken von den Kometen“ (1744). Wol seine bedeutendste Leistung aber war „Systema causarum efficientium“ (1745), worin er die erwähnte Lehre vom influxus physicus durch Gesetze der Mechanik stützte und zugleich behufs Bekämpfung der prästabilirten Harmonie die Wechselwirkung der im Körper vereinigten Monaden erörterte. Sein letztes Werk „Elementa philosophiae rationalis seu logicae mathematica methodo demonstrata“ (1747) steht auf Wolff’scher Grundlage mit einzelnen Modificationen, sowie mit manchen Zugeständnissen an die empiristische Erkenntnißlehre. In der Ungunst der Verhältnisse lag es, daß K. trotz fruchtbringender Schriftsteller- und Lehrthätigkeit nicht zu einer ordentlichen Professur gelangen konnte; gewissermaßen einen Ersatz hierfür erhielt er dadurch, daß er (1744) zum Adjuncten der Schloßbibliothek und zugleich zum Oberinspector des akademischen Collegiums, d. h. eines mit der Universität verbundenen Alumnates ernannt wurde. In Folge von Ueberanstrengung an Atonie der Nerven leidend erlag er einem frühen Tode.

Benno Erdmann, Martin Knutzen und seine Zeit. 1876.