ADB:Konrad II. von Thüngen

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Artikel „Konrad III. von Thüngen, Fürstbischof von Wirzburg“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 632–634, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_II._von_Th%C3%BCngen&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 16:35 Uhr UTC)
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Konrad III. von Thüngen, Fürstbischof von Wirzburg (1519 bis 1540). Aus dem bekannten, der fränkischen Ritterschaft angehörigen Geschlechte stammend, um das Jahr 1466 geboren, war K., der kirchlichen Laufbahn bestimmt, bei Zeiten in das Wirzburger Domcapitel aufgenommen worden und hatte sich durch ernsten Wandel und geschäftliche Tüchtigkeit allmählich ein solches Ansehen erworben, daß noch bei Zeiten seines Vorgängers, Fürstbischofs Lorenz von Bibra (1495–1519), von einer Seite her daran gedacht wurde, ihn diesem als Coadjutor beizugeben. Wahrscheinlich war dieses Bemühen von der Absicht geleitet gewesen, bei Zeiten die Nachfolge eines der strengeren kirchlichen Richtung zugethanen Fürsten zu sichern. Diese Absicht, wenn sie auch zunächst scheiterte, ist dann beim Tode Lorenz von Bibra’s in der That zum Ziele gelangt und K. nach einem auffallend kurzen Interregnum als dessen Nachfolger einstimmig gewählt worden. Diese Einmüthigkeit des Capitels scheint mit der Ueberlieferung, nach welcher ein Theil desselben anfänglich den älteren Jakob Fuchs, der, wie sein jüngerer Namens- und Geschlechtsverwandter, einer liberaleren Denkweise huldigte, hatte erheben wollen, im Widerspruch zu stehen. Gleichwol dürfte diese Ueberlieferung Bestand haben, nur daß man sich diese Partei im Capitel so wenig mächtig oder standhaft vorstellen muß, daß sie ohne schweren Kampf den entgegenstehenden Einflüssen unterlag und sich mit fortreißen ließ. Die geschichtliche Bedeutung des Fürstbischofs K. liegt in seinem Verhältnisse zu den großen und brennenden Fragen der Zeit, die gerade in diesen Jahren in ihr kritisches Stadium eintraten. K. ließ in dieser Beziehung von Anfang an über seinen Standpunkt keinen Zweifel übrig und hat, wenn er seine Erhebung seinen conservativen Gesinnungen verdankte, insofern wir vom Erfolge seiner Anstrengungen absehen, solchen Voraussetzungen durchweg entsprochen. Das Hochstift Wirzburg jener Zeit bot in Beziehung auf die kirchlichen und socialen Zustände kein anderes oder besseres Bild als die meisten übrigen geistlichen Staaten des deutschen Reiches. Die alte Ordnung der Dinge war gründlich erschüttert, der hohe und noch mehr der niedere Klerus verwildert, die neue Lehre in vielen Kreisen mit Beifall begrüßt worden. Hatte man Konrads Vorgänger theilweise der Lässigkeit gegen die drohende Gefahr beschuldigt, so nahm er selbst ohne Säumen ihr gegenüber eine entschlossene und unzweideutige Haltung ein. Er täuschte sich zwar keineswegs über die freilich offen genug liegenden Mißstände innerhalb der Kirche und in erster Linie der Geistlichkeit, meinte aber, durch die Reform der letzteren das Uebel beschwören und, was sich doch als eine Täuschung erwies, diese Reform wirklich durchführen zu können. Die Maßregeln, die er in dieser Richtung ergriff, waren immerhin gut gemeint, aber sie haben kaum das Fortschreiten des bekämpften Mißstandes aufhalten können. Dagegen hat er es an abschreckenden Beispielen der Strenge gegen Abgefallene, zu welchen er gelegentlich schritt, nicht fehlen lassen. Eine Anzahl von „Anabaptisten“, die in seine Hände fielen, haben auf dem Scheiterhaufen sterben müssen. K. war ein Freund der gelehrten Studien und hat sie begrüßt, wo sie ihm unverdächtig erschienen. Seine Verbindung mit Erasmus von Rotterdam ist bekannt, aber nicht minder bekannt ist, daß er zwei hervorragende, durch ihre juristische Bildung ausgezeichnete Männer seines Stiftsklerus, Johannes Apel und Friedrich Fischer, unerbittlich (1523) [633] verstieß, weil sie sich dem Gebote der Ehelosigkeit nicht unterwerfen wollten, und doch war für’s erste der notorischen Sittenlosigkeit des Klerus auf anderem Wege nicht zu steuern. Dieselbe Entschlossenheit entwickelte K. in der Behauptung und Vertheidigung der Rechte und Ansprüche seines Stiftes nach den verschiedensten Seiten hin: die berühmte und reiche Cistercienserabtei Ebrach z. B., die längere Zeit mit Erfolg ihren Anspruch auf Reichsunmittelbarkeit, wenn auch nicht ohne Anfechtungen des Wirzburger Hochstifts, aufrecht erhalten hatte, mußte sich ihm, Dank der Mitwirkung der kaiserlichen Autorität, dauernd unterwerfen. Der enge Anschluß an den kaiserlichen Hof und die kaiserliche Politik ist überhaupt einer der charakteristischen Züge in dem Systeme Konrads III. So hat er denn auch fast auf keinem der Reichstage in der Zeit von 1520–1530 gefehlt und ist überall für das kaiserliche Interesse eingetreten. Auf dem Augsburger Reichstage des Jahres 1530 zählte er zu den unbedingtesten Gegnern der evangelischen Sache. Schwere Prüfungen und Heimsuchungen sind ihm allerdings nicht erspart geblieben, ohne aber ihn im mindesten an seinen Grundsätzen irre zu machen. Hierher gehört in erster Linie der sogenannte Bauernkrieg, dessen Angriff und Verwüstungen das Hochstift Wirzburg wie kaum ein anderes Reichsland trafen und dessen Existenz in Frage stellten. Ein Glück für dasselbe, daß es nach längerem Zaudern endlich in den schwäbischen Bund eingetreten war, denn ohne dessen Eingreifen wäre es in eine noch viel schwerere Verlegenheit und Noth gerathen, da auf eine ersprießliche Hülfe von Seiten des Reiches nicht zu rechnen und seine eigene Widerstandskraft der Natur der Dinge nach jetzt gründlicher als je gelähmt war. K. hat übrigens der heranziehenden Gefahr gegenüber hinlänglichen Muth bewiesen und erst als die Hauptstadt selbst nicht mehr zuverlässig erschien und so manche andere Stütze, auf die gerechnet war, zerbrach, wich er den eindringlichen Bitten seiner Umgebung und flüchtete nach Heidelberg, die Vertheidigung des festen Marienbergs seinen Tapferen überlassend. Das Uebrige ist bekannt. Das Schloß hielt sich tapfer, bis der Aufstand in Schwaben, Lothringen und in der Pfalz niedergeworfen war, das siegreiche schwäbische Bundesheer den gef1üchteten Fürsten in sein Land zurückführte und den heldenmüthig vertheidigten Marienberg entsetzte. In den Schlächtereien von Königshofen und Ingolstadt-Sulzfeld erlagen die fränkischen Bauern und K. zog an der Seite der ihm verbündeten Fürsten und des Bundesfeldhauptmanns Truchseß von Waldburg in seine nun wehrlose und zitternde Hauptstadt ein. Man kann ihn so wenig als den übrigen betheiligten deutschen Fürsten oder seiner Umgebung nachrühmen, daß er sich Zeit genommen habe über die Ursachen des unterlegenen Aufruhrs nachzudenken; das Gefühl der Befriedigung über die besiegte Gefahr und der Durst nach Rache an den Besiegten ließ jede andere Erwägung jetzt wie später schweigen. Das Blutgericht, das unter den Augen Konrads in der Hauptstadt und weiterhin in allen Aemtern des Hochstifts unter seiner persönlichen Führung unerbittlich in Scene gesetzt wurde, soll hier nur in Erinnerung gebracht werden, ebenso, wie die Landschaft zum Ersatz des angerichteten, allerdings kaum absehbaren Schadens angehalten und erst das Jahr darauf wieder zu Gnaden angenommen wurde. Daran reihten sich zugleich eine Anzahl von Maßregeln, die den Zweck hatten, das auf eine so harte Probe gestellte und wie aus den Fugen gegangene Hochstift zu reorganisiren und zu beruhigen. Und kaum war dieser Schrecken überstanden, so drohte dem Hochstift (1528) eine neue Verwickelung, deren Veranlassung bis auf den heutigen Tag nicht völlig klar gestellt ist, nämlich der sogenannte „Hessenkrieg“, wie sie die geschichtliche Ueberlieferung im Hochstifte nennt, der mit den berüchtigten „Packischen Händeln“ zusammenfällt. Es handelte sich dabei bekanntlich um einen Angriff des Landgrafen Philipp von Hessen und des Kurfürsten Johann von Sachsen zunächst auf die beiden fränkischen [634] Hochstifter; das Motiv des Friedensbruches sollte eine weit verzweigte Verbindung katholischer Fürsten, vor Allem gegen jene beiden Häupter der protestantischen Sache, beziehentlich diese selbst sein. Es ist hier nicht der Ort, diese eigenthümliche Verwickelung näher zu verfolgen; wir haben blos hervorzuheben, daß derselben ein wechselseitiges Mißverständniß zu Grunde lag, das durch einen Ränkeschmied künstlich hervorgerufen wurde, aber seine Lebenskraft aus dem einmal vorhandenen Mißtrauen der einen kirchlichen Partei gegen die andere sog. Der Fürstbischof von Wirzburg hat die erdenklichsten Anstrengungen gemacht, von dem drohenden Ueberfalle nicht überrascht zu werden und den befürchteten Angriff bestehen zu können. Der Kirchenschatz sämmtlicher Stifter in der Hauptstadt wurde zu diesem Zwecke in Anspruch genommen, schließlich ging jedoch das gefürchtete Gewitter, Dank der Intervention verschiedener unbetheiligter Fürsten, ohne förmlich auszubrechen, vorüber, allerdings nicht, ohne daß unter Anderem das Hochstift Wirzburg an den Landgrafen die Summe von 40 000 fl. als Entschädigung für die im Interesse seiner Vertheidigung gemachten Rüstungen entrichten mußte. – Das letzte Jahrzehnt der Herrschaft Konrads bewegte sich in dem bereits charakterisirten Geleise seines Systems; Ereignisse von besonderer Wichtigkeit sind nicht mehr vorgekommen; mit den umliegenden Fürsten suchte er freundschaftliche Verhältnisse zu pflegen und vereinigte sich wol auch mit ihnen zum Zwecke der Sicherung des öffentlichen Friedens. Seine kriegerische Haltung gegen Abweichungen von der herrschenden Kirche setzte er fort, nur daß es ihm nicht gelingen wollte, in seiner nächsten Nähe und in dem hohen Klerus durchweg Zucht und sittliches Leben zu sichern. Mußte er es doch erleben, daß im J. 1536 ein Domherr (Kilian Fuchs) einen anderen (Dietrich von Schaumberg) auf offener Straße überfiel und ihm eine Wunde beibrachte, an welcher er noch in derselben Stunde starb. K. kannte solchen Fällen gegenüber kein Ansehen der Person, aber es war ihm nicht beschieden das in Frage stehende Uebel mit der Wurzel auszurotten. Er starb am 16. Mai 1540.

Gropp, Coll. nov. l. p. 252 ss., III. p. 70 ss.Ussermann, Episcopatus Wirceburg., p. 138. – Neue Chronik von Wirzburg, 2. Bd. S. 8 ff. – Die verschiedenen Schriften über den Bauernkrieg, voran die Geschichte desselben (in Ostfranken) von dem Secretär und Vertrauten Fürstbischofs Konrad III., Lorenz Fries. Von dem „Hessenkrieg“ besitzt das Kreisarchiv in Wirzburg eine ausführliche actenmäßige Beschreibung von Clarmann, einem hochstiftischen Beamten; im Uebrigen muß in Bezug auf ihn außer den allgemeineren Werken über die deutsche Geschichte in dieser Zeit zugleich auf die neuesten Bearbeitungen der „Packischen Händel“ verwiesen werden.