ADB:Konrad III. von Lichtenberg

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Artikel „Konrad von Lichtenberg, Bischof von Straßburg“ von Wilhelm Wiegand in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 623–625, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_III._von_Lichtenberg&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 22:00 Uhr UTC)
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Konrad von Lichtenberg, Bischof von Straßburg (1273–99), ist der Erste in der Reihe jener kraftvollen Gestalten, welche der mächtigsten Familie des Unterelsasses entsprossen die Geschicke des Landes bestimmt und in ihre Bahnen gelenkt haben. Er erscheint zuerst in der Würde des Cantors der Straßburger Kirche und bezeichnend für den Charakter seines ganzen Lebens sofort in Fehde mit dem Herzog von Lothringen, gegen den er dem Bischof von Metz zu Hülfe gezogen war. In Gefangenschaft gerathen und gegen Stellung von Geißeln freigelassen, konnte er sich erst auf dem Concil von Lyon im Sommer des Jahres 1274 nur unter drückenden Bedingungen lösen. Nicht lange vorher muß seine Wahl zum Bischof erfolgt sein, eine genauere Zeitbestimmung derselben ist nicht überliefert. Die Jahre seines Episcopats sind eine ununterbrochene Kette von Kämpfen, nur im Spiel der Waffen scheint sich die thatkräftige, ritterliche Natur Konrads wohl gefühlt zu haben. Es würde zu weit führen, seiner zahllosen Fehden einzeln zu gedenken. Es genüge hervorzuheben, daß er gegen Lothringen wiederholt focht, gegen den Markgrafen von Baden im Felde lag, in das Oberelsaß eine Reihe von Streifzügen gegen die Rappoltsteiner, die Herren von Laubgasse und gegen die Stadt Colmar unternahm, sowie Ruffach ebendaselbst zur [624] Botmäßigkeit brachte, daß er im unteren Elsaß schließlich die Feste Ochsenstein zerstörte und den Reichsstädten Hagenau, Rosheim etc. hart zusetzte. Fast gegen alle seine Nachbarn wandte er die Schärfe seines Schwerts, nicht immer siegreich aber immer mit Ehren bestand er den Kampf. Für den Halt seiner politischen Stellung und die Sicherung seiner Erfolge war es von besonderer Bedeutung, daß er zu König Rudolf in intimen freundschaftlichen Beziehungen stand. Er erfüllte nicht allein streng seine reichsfürstlichen Pflichten, sondern er vertrat auch mit Ueberzeugung und Eifer die habsburgischen Interessen in den kleineren heimathlichen Verhältnissen, wie in der Reichspolitik. Wenn er auch durch eigene Verwickelungen festgehalten an der österreichischen Expedition Rudolfs nicht theilnahm, so begegnen wir ihm doch später wiederholt in des Königs Heerfolge, meist mit starken Streitkräften, so bei dem Zuge gegen Pruntrut 1283 und bei dem Unternehmen gegen Besançon 1289, auch sonst bei Reichstagen und anderen Gelegenheiten erscheint er oft in Rudolfs Umgebung. Es war nicht Berechnung oder Pflichtgefühl, was ihn so eng an den König fesselte, sondern wahre persönliche Zuneigung und ein treu anhänglicher Sinn. Namentlich nach Rudolfs Tode zeigte sich dies deutlich. Offen trat Bischof K. für das Haus Habsburg ein, auch nachdem die deutschen Fürsten gegen dasselbe sich entschieden und Adolf von Nassau zum König erwählt hatten. Auf die Empörung der Stadt Colmar gegen das Reichsoberhaupt im J. 1293 hatte er wesentlichen Einfluß, nachdem sie gefallen, mußte freilich auch er sich unterwerfen. Seine politische Gesinnung blieb indeß unverändert und es ist sehr wahrscheinlich, daß er fortwährend mit Herzog Albrecht von Oesterreich geheime Beziehungen unterhielt, welche den Sturz von Adolfs Regiment und dabei die Hülfe von Frankreich in Aussicht nahmen. Der vom König neu eingesetzte Landvogt des Elsasses, Theobald von Pfirt, fand an K. den thätigsten Gegner, der ihm bei jeder Gelegenheit in den Weg trat. Um ihn gruppirte sich die habsburgische Partei der oberrheinischen Lande und erhob zuerst das Banner der Empörung, die den gegen Adolf heraufziehenden Sturm zum Ausbruch brachte. Ganz Elsaß stand in Waffen für und wider den König, auf der einen Seite in erster Reihe die Reichsstädte, auf der anderen der Bischof, der Adel und die Stadt Straßburg selbst, welche gleich starke habsburgische Sympathien wie K. hegte. Während die oberelsässischen Besitzungen des Bischofs von dem Landvogt und den Bürgern von Colmar verwüstet wurden, griff er selbst im Frühjahr 1298 die unterelsässischen Reichsstädte an. Bald gewannen diese Fehden eine sehr ernste Gestalt, als sich die Hauptentscheidung des Thronstreites unmittelbar an die Grenzen des Elsaß verlegte. Im badischen Oberlande standen sich König Adolf und Herzog Albrecht zum Schlagen bereit gegenüber, dem letzteren führte K. selbst ein sehr beträchtliches Truppencontingent zu. Auch auf dem Marsche nach Mainz, mit dem sich der Habsburger seinem Gegner entzog, um zur Wahl zu eilen, ließen ihm der Bischof und die Stadt Straßburg thatkräftige Unterstützung namentlich durch Fouragelieferung zu Theil werden, während König Adolf seine Rache durch einen Einfall in die Mundat von Ruffach zu nehmen suchte und damit kostbare Zeit verlor. Seinem Vormarsch auf Straßburg stellten sich Bischof und Bürger an der Breusch entgegen und Adolf mußte vor der festen Position und den starken feindlichen Streitkräften Kehrt machen. Nachdem die Entscheidung bei Göllheim am 2. Juli gefallen war, wurde K. völlig Herr der politischen Lage im Elsaß. Seine Gegner, voran der Graf von Pfirt, unterwarfen sich, König Albrecht erschien selbst in Straßburg, um den treuen Anhänger auszuzeichnen, der bei der Krönung zu Aachen noch einmal mit besonderer Pracht auftrat. Doch nicht lange durfte sich der Bischof dieser Gunst und der glücklichen Wendung der Dinge erfreuen. An Frieden und Ruhe fand er kein Gefallen, so zog er seinem [625] Neffen, dem Grafen von Freiburg, zu Hülfe, der gegen seine Stadt im Felde lag. Bei einem Ausfall der Bürger erhielt K. mitten im Kampfgewühl eine schwere Wunde, an der er wenige Tage darauf, am 1. August 1299, verschied. Es war ein entsprechender Abschluß dieses drangvollen Lebens. Dem Bisthum sind daraus keine besonderen Vortheile erwachsen. Nur einige kleinere Lehnsherrschaften hat K. erworben, während er andererseits die finanziellen Kräfte seiner Unterthanen nach dem Vorbilde Rudolfs von Habsburg übermäßig angestrengt hat. Selbst die geistlichen Stifte Straßburgs zog er zur Beisteuer heran, um die hohen Kosten seiner Unternehmungen zu decken. Aus diesem Grunde hat er wol auch den Bürgern Straßburgs das bischöfliche Münzrecht abgetreten, d. h. zunächst verpachtet. Mit der Stadt stand er in stetig guten Beziehungen, die nicht zuletzt auf die gleiche politische Parteigesinnung zurückzuführen sind. Namentlich ihren Streit mit den Dominicanern (1287–90), der zum Proceß bei der Curie und zur Verhängung des Interdicts führte, hat er mit wohlwollender Schonung zum Ende geleitet. Er wußte wohl, welchen Rückhalt er an den reichen Mitteln des blühenden städtischen Gemeinwesens hatte. Auf sie gestützt, hat er in dem Thronstreit von 1298 seine bedeutende Rolle spielen können. Daß bei K. inmitten seiner zahllosen Verwickelungen der geistliche Charakter seiner Stellung arge Noth leiden mußte, ist begreiflich. Die daraus sich ergebenden Befugnisse hat er durch Stellvertreter wahrnehmen lassen, er selbst soll die Weihe gar nicht genommen haben. Für den Münsterbau, der unter ihm bis zur Vollendung der herrlichen Fassade und zu den Anfängen des Thurmes geführt wurde, hat er wenigstens durch mehrere Indulgenzbriefe gewirkt. Auch dies ist ein Verdienst, welches mit Fug und Recht unter die bezeichnende Inschrift seines Grabdenkmals in der Johanniskapelle des Straßburger Münsters mit befaßt werden kann. Dieselbe charakterisirt Bischof K. treffend so: omnibus bonis conditionibus, quae in homine mundiali debent concurrere, eminebat.

Straßb. Bez. Archiv G 62–74, 113–115. Ellenhard’s Chronicon, Annales Basileenses et Colmarienses, Chronicon Colmariense in Mon. Germ. SS. XVII.