ADB:Kulenkamp, Elard Johannes

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Artikel „Kulenkamp, Elard Johannes“ von Karl Wippermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 359–360, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kulenkamp,_Elard_Johannes&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 01:33 Uhr UTC)
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Kulenkamp: Elard Johannes K., angesehener kurhessischer Jurist, geb. am 30. November 1777 in Witzenhausen als jüngstes der zwölf Kinder des landgräflich hessen-kassel’schen Kriegs- und Domänenraths Friedrich Wilhelm K. († 1799), wurde, nachdem er in Marburg die Rechte studirt, Amtsadvokat und Stadtsyndikus in Treisa, im Herbst 1803 Amtsassistent, 1806 Amtsadjunkt, dann Interimsamtmann in Treisa. Seine ersten schriftstellerischen Arbeiten betrafen das Kämmereiwesen, das Statut und die Geschichte der Stadt Treisa. Letzteres Werk erschien 1806 in Marburg. Auch schrieb er Aufsätze in Duysing’s „Annalen der Gesetzgebung“ (vom Näherrecht, von der Geschichte und dem Rechte der Kirchmessen in hessischen Landen etc.) und gab heraus den „Versuch einer Anleitung zur zweckmäßigen Anordnung und Erhaltung der Amts-, Renterei-, Stadt-, Familien-, Gerichts- und Kirchen-Reposituren“ (Marb. 1805). Nach Gründung des Königreichs Westfalen wurde K. 1808 Richter beim Districtstribunal in Hersfeld, wo er „Ueber die gerichtliche Polizei und das Verfahren der Municipal-Polizeigerichte und Correctionstribunale nach französischen und westfälischen Gesetzen“ (Braunschweig 1810), eine „Darstellung des Executionsverfahrens nach der französischen und westfälischen Proceßordnung“ (3 Bde., Göttingen 1811), sowie eine Reihe von Aufsätzen über andere für die damaligen praktischen Juristen wichtige Gegenstände in der juristischen Bibliothek von 1811, Oesterley’s Magazin für das Civil- und Criminalrecht des Königreichs Westfalen und in die Heidelberger Jahrbücher schrieb. Nach Herstellung des Kurfürstenthums Hessen wurde K. 1814 Justizbeamter in Friedewald und 1821 Rath im Civilsenate des Obergerichts in Fulda. Hier bearbeitete er im Auftrage des kurhessischen Justizministeriums den Entwurf einer neuen Untergerichtsordnung für Kurhessen, worauf am 13. September 1822 seine Ernennung zum Mitgliede des Oberappellationsgerichts in Kassel erfolgte. 1823 und 1826 nahm er auftragsweise Theil an den Geschäften der juristischen Prüfungscommission in Kassel, deren Mitglied er sodann wurde. Am 29. Juli 1827 ernannte ihn die juristische Facultät in Marburg zum Ehrendoctor. Um diese Zeit begann er die mühsamen Arbeiten, welche für lange hin von großer Wichtigkeit für die praktischen Juristen Kurhessens wurden und auf welchen sein hohes Ansehen bei der hessischen Juristenwelt ruhte. Es ist dies seine unter Aufsicht des Justizministeriums erfolgte Herausgabe der „Neuen Sammlung der Landesordnungen, Ausschreiben und allgemeinen Verfügungen, welche bis zum October 1806 für die älteren Gebietstheile Kurhessens ergangen sind“ (4 Bände und 1 Band Register, Kassel 1828–39), sowie sein „Systematisches Repertorium aller sowol in der neuen Sammlung der althessischen Landesordnungen bis zum Ende des October 1806, als auch in der Sammlung von Gesetzen für Kurhessen vom 12. December 1813 bis zum Schlusse des Jahres 1842 enthaltenen, für die kurhessischen Staaten ergangenen Gesetze“ (Kassel 1843), auch die erste Lieferung einer „Sammlung von Nachträgen zu dem systematischen Repertorium“ (Kassel 1844), ferner „Die Litteratur des gesammten kurhessischen Rechts nebst einer Nachweisung aller gedruckten Entscheidungen des Oberappellationsgerichts zu Kassel“ (Kassel 1846). Auf Veranlassung seiner Collegen verfaßte K. auch „Beiträge zur Geschichte des Oberappellationsgerichts“ (zu Kassel), (Kassel 1847). Am 4. April 1850 feierte [360] er unter großer Theilnahme, namentlich hessischer Juristen, sein 50jähriges Dienstjubiläum, wozu ihm das Commandeurkreuz 2. Klasse des hessischen Ordens vom Goldenen Löwen und von der Stadt Treisa das Ehrenbürgerrecht verliehen wurde. K. war stellvertretender Vorsitzender des höchsten Gerichts, als dasselbe die kurfürstliche Verordnung vom 4. September 1850 für ungültig erklärte, durch welche die Erhebung der Steuern vorgeschrieben wurde, die der Landtag wegen Nichtvorlegung des Budgets zu bewilligen nicht in die Lage versetzt war. Da durch jenen Beschluß dem auf die Landesverfassung sich stützenden Widerstande der Bevölkerung Kurhessens gegen die Maßregeln Hassenpflug’s erst die volle Weihe und der stärkste Rückhalt gegeben war, so schien beim Einrücken der österreichischen und baierischen „Bundes-Executions“-Truppen K., wie viele andere angesehene Personen, mit Maßregelungen bedroht. Er hätte, um denselben zu entgehen, wegen hohen Alters um Versetzung in den Ruhestand bitten können, hielt es aber für Feigheit, in den Zeiten der Noth und Gefahr vom Posten zu weichen; dagegen nahm er bald darauf auch Theil an einem politischen Beschlusse des höchsten Gerichts, der ihn bald darauf sehr gereute. Als nämlich im December 1850 Graf Leiningen Namens des deutschen Bundes und General v. Peucker Namens Preußens und seiner Verbündeten sich an der Spitze von Truppen als Civilcommissare in Kurhessen eingeführt und die Befolgung obiger Verordnung vorgeschrieben hatten, kam es ihnen vor Allem darauf an, das höchste Gericht in Betreff obigen Punktes umzustimmen. Nachdem auf Veranlassung von Elvers, Mitglieds dieses Gerichts, welcher den Vermittler spielte, jene Commissare die Erklärung abgegeben hatten, daß sie Beauftragte des deutschen Bundes seien, trat das höchste Gericht der Ansicht bei, daß, obwol Preußen und seine Verbündeten dem von Oesterreich wieder berufenen Bundestage nicht beigetreten, die mangelnde Bevollmächtigung Seitens einer obersten Behörde des deutschen Bundes ersetzt sei durch die von allen deutschen Regierungen jenen Commissaren ertheilte Vollmacht. An dem auf Grund dieser Ansicht am 18. December 1850 vom Oberappellationsgerichte gefaßten Beschlusse, der Steuerverordnung nunmehr doch nachzukommen, betheiligte sich K. aus Rücksicht auf das allgemeine Landeswohl. Als aber die Voraussetzungen dieses Verhaltens des höchsten Gerichts getäuscht wurden, die kurfürstliche Regierung sich nicht entgegenkommend erwies und v. Peucker sein vor jenem Beschlusse gegebenes Versprechen, daß der ferneren Execution gegen das Land Einhalt geboten werden solle, gegenüber dem Grafen Leiningen, welcher Kassel am 22. December besetzen ließ, nicht einzuhalten vermochte, glaubte K., daß seine juristische Ehre verletzt sei. Dieses Gefühl verbitterte ihm das Dasein, Geist und Körper erschlafften und er starb nach kurzem Siechthum am 15. Juni 1851 in Kassel an Entkräftung.

Justi’s Forts. v. Strieder’s Grundlage zu einer hess. Gelehrten- und Schriftst.-Gesch., Bd. XVIII (Marb. 1819), S. 334; Gerland’s Forts. dieses Werks, Bd. II (Kassel 1868), S. 94; N. Nekrol. d. Deutsch. v. 1851, S. 461.