ADB:Lichtenberg, Georg Christoph

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Artikel „Lichtenberg, Georg Christoph“ von Wilhelm Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 537–538, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lichtenberg,_Georg_Christoph&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:26 Uhr UTC)
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Band 18 (1883), S. 537–538 (Quelle).
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Lichtenberg: Georg Christoph L., wurde am 1. Juli 1742 zu Oberamstädt bei Darmstadt geboren. Sein Vater starb als Generalsuperintendent zu Darmstadt und hinterließ 18 Kinder, von denen L. das jüngste war. In Folge eines durch die Unvorsichtigkeit der Wärterin verursachten Falles wurde er im achten Jahre bucklig. Wol nicht mit Unrecht hat man hierin den Anstoß für die Entwickelung seiner satyrischen Anlage gesucht und mehrfache Eigenthümlichkeiten darauf zurückführen zu müssen geglaubt. L. besuchte die Schule zu Darmstadt und zeigte namentlich für Mathematik große Vorliebe und hervorragendes Talent. Im Alter von 19 Jahren bezog er 1763 die Universität Göttingen, um Mathematik zu studiren. 1769 wurde er zum außerordentlichen Professor in Göttingen ernannt. In den Jahren 1772 und 1773 führte er im Auftrage des Königs von Hannover astronomische Berechnungen der Längen- und Breitengrade im Königreiche Hannover aus. 1774 unternahm er eine Reise nach England, woselbst er bis December 1775 blieb. Er lernte hier eine Reihe der wissenschaftlich bedeutendsten Persönlichkeiten: Herschel, Banks, Solander, die beiden Forster und andere kennen und verschaffte sich eine gründliche Kenntniß der englischen Verhältnisse. Nach Göttingen zurückgekehrt wurde er bald ordentlicher Professor und 1788 königlich großbritannischer Hofrath. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in Folge seines Körperleidens in hypochondrischer Zurückgezogenheit im Schoße seiner Familie und im Verkehr mit seinem intimsten Freunde, dem Buchhändler Johann Christian Dieterich. L. starb am 24. Febr. 1799. Von seinen beiden ältesten Söhnen starb der eine 1845 als königlich hannoverscher Generaldirector der directen Steuern, der andere 1860 als Steuerdirector. Ein Sohn des ersteren war hannoverscher Cultusminister und starb 1883 als Präsident des Consistoriums zu Hannover. In seiner speciellen Wissenschaft zeichnete sich L. aus durch seine von ausgezeichneten Apparaten unterstützten Vorlesungen über Experimentalphysik, welche einen bedeutenden Ruf genossen und vielfach besucht wurden. Sein Name lebt in der Physik fort durch die nach ihm genannten Lichtenberg’schen Figuren. Aber obwol er das Gebiet der Physik völlig beherrschte, hat er es doch zu keiner bedeutenden Bereicherung desselben gebracht. Dagegen ist er als schönwissenschaftlicher Schriftsteller von großer Bedeutung und hat als solcher der Nachwelt ein unschätzbares Material hinterlassen, wenn er auch keine einzige größere Schrift verfaßt hat. Seine erste derartige Arbeit, welche im „Deutschen Museum“ von 1776 erschien, behandelt die Charakteristik des großen Shakespeare-Darstellers Garrick und zeugt von einer außerordentlichen Beobachtungsgabe. Bald darauf erschien „Timorus, d. h. Vertheidigung zweier Israeliten, die durch die Kräftigkeit der Lavater’schen Beweisgründe und die Göttinger Mettwürste bewogen den wahren Glauben angenommen haben“, in welcher Schrift er die supranaturalistischen Anschauungen Lavater’s verspottet. Vom Jahre 1778 an redigirte er die im Dieterich’schen Verlage erscheinenden „Göttinger Taschenkalender“, welche zahlreiche wissenschaftliche und populäre Aufsätze über Naturwissenschaften, Geschichte, Staatenkunde, Kritiken, Streitschriften etc. von vollendeter Form, großer Klarheit und unübertrefflichem Witz aus seiner Feder brachten. 1780 gründete er mit Georg Forster das „Göttingensche Magazin“, in dem er die deutschen Roman- und Zeitungsschreiber, dann auch die damaligen Dichter, vor allem Voß und die Mitglieder des Hainbundes geißelte. Berühmt sind seine Erklärungen der Hogarth’schen Kupferstiche, bei [538] welcher ihm die genaue Kenntniß der englischen Verhältnisse sehr zu statten kam, und die sich durch glänzende Schreibweise und feinen Witz auszeichnen. Die 5 ersten Lieferungen der ausführlichen Ausgabe erschienen in Göttingen 1794 bis 1799. Lieferung 6–11 wurde nach seinem Tode mit Benutzung des vorliegenden Materials herausgegeben. Von bleibendem Werthe sind ferner die Aufzeichnungen, Sentenzen oder längeren Aufsätze, welche sich unter seinem Nachlasse in den sogenannten Gedenkbüchern finden, dieselben zeichnen sich sowohl durch philosophische Tiefe als durch schlagenden Witz und Humor aus und bilden ein vollständiges Gedankensystem. Sie wurden zuerst veröffentlicht in den „Vermischten Schriften“, 9 Bde., 1801–1806; neue Ausgabe 8 Bde., 1844.

Ed. Grisebach, Georg Christ. Lichtenberg’s Gedanken und Maximen, Leipzig 1871.