ADB:Lindenschmit, Wilhelm

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Artikel „Lindenschmit, Wilhelm“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 695–696, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lindenschmit,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 14:45 Uhr UTC)
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Lindenschmit: Wilhelm L., Historienmaler, geb. 1806 zu Mainz, erhielt von seinem Vater, dem Münzgraveur Johann L., eine gute, künstlerische Erziehung, kam 1823 zur weiteren Ausbildung nach München und bald darauf nach Wien, wo er an der Akademie und besonders im Belvedere studirte und vielfach sich mit historischen Compositionen versuchte; so entstand eine Zeichnung mit „Berlichingen’s Tod“ und „Andreas Baumkircher vertheidigt für Kaiser Friedrich III. Brücke und Thor der Wiener Neustadt.“ Nach kurzem Aufenthalt in Mainz ging er mit Cornelius wieder nach München, wo er zwei Tuschzeichnungen vollendete: „Tod des Mainzer Stadthauptmanns Fust“ (1460) und „Frauenlob’s Begräbniß“ (im Museum zu Darmstadt). Dann betheiligte er sich an dem Freskencyclus in den Arkaden mit dem „Sieg Ludwig des Reichen über Albrecht Achill von Brandenburg bei Gingen“ und verewigte darauf an der Außenseite der Kirche zu Sendling die Heldentreue der baierischen Bauern, die hier in der sogenannten Mordweihnacht des J. 1705 im Kampfe gegen die Oesterreicher fielen. Es war ein edelmüthiges patriotisches Opfer, welches L. der Gemeinde von Sendling (er hatte sich in einem hübsch gelegenen Hause, welches lange noch das „Lindenschmit-Schlößchen“ hieß, niedergelassen) brachte, denn er [696] malte das große Freskobild ohne Entgelt, wobei die Gemeinde nur die Auslagen für Mauer und Schutzdach zu tragen hatte. Auch schrieb L. zur Feier der Enthüllung 1830 eine würdevolle Schilderung des hier dargestellten Ereignisses, welche, mit schlichten, charakteristischen Illustrationen in Lithographie ausgestattet, unter dem Titel „Geschichte der Sendlinger Schlacht“ 1830 im Druck erschien. Das nach Farbe und Composition gleich ausgezeichnete Werk (in Steindruck von Fr. Hohe, in Stahlstich von L. Daut in Nürnberg, neuestens im photographischen Lichtdruck von Obernetter 1880) genoß bald eine weitverbreitete, volksthümliche Berühmtheit und die nach München kommenden Fremden versäumten es gewiß nie, dem zu einer Art Wahrzeichen gewordenen Bilde ihren Besuch abzustatten. (Die seither etwas schadhaft gewordene Freske wurde durch den Sohn des Künstlers, Professor W. L., restaurirt und aus Anlaß des 700jährigen Bestandes der Wittelsbacher Dynastie in feierlichster Weise inaugurirt.) Danach nahm L. Theil an den Arbeiten im neuen Königsbau, wo er sich mit Philipp Foltz in die Aufgabe theilte, das Schreibzimmer der Königin mit Fresken nach Schiller’s Dichtungen zu schmücken. Auch zwei Bilder in den Loggien der Neuen Pinakothek (Scenen aus Lionardo’s Leben) sind von L., welcher bald darauf in vier Zimmern zu Hohenschwangau zahlreiche Bilder aus der Geschichte der Schyren, Welfen und Staufer ausführte. Nach Vollendung dieser umfangreichen Arbeiten kehrte L. zur Staffelei zurück, malte ein lebensgroßes Bild seiner Familie, griff dann aber wieder nach historischen Stoffen und schilderte den „Kampf der Cimberischen Weiber gegen die Römer“, die „Heldenthat des Herzogs Erich von Braunschweig, welcher in der Schlacht dem Kaiser Max 1504 das Leben rettet“ (Kunstverein in Hannover), die „Schlacht des Arminius“ (1839) und „Altgermanische Jäger um einen Hügel gelagert“. Nach Meiningen berufen, schuf L. im herzoglichen Schlosse Landsberg einen Freskencyclus aus der Geschichte der Wettiner, kehrte sodann nach seiner Vaterstadt zurück, wo er jedoch schon am 12. März 1848 starb. L. war voll Begeisterung für deutsche Vorzeit und Geschichte; er besaß ein großes dramatisches Gefühl für die Architektonik der Composition, gesunden Sinn für Wahrheit und besondere Vorliebe für ritterliche Kraft. „Jede weichliche, sentimentale oder gar gemachte Empfindung war ihm fremd und zuwider; ihn freute nur die energische That.“ Seine Zeitgenossen rühmten seine Kenntniß des Costüms. Zeitweise griff er auch zur Feder, um seinen patriotischen Ideen Ausdruck zu geben, so mit einem „Offenen Sendschreiben an Alfred de Musset“ (1840) gegen die französischen Kriegsdrohungen. Auch in gebundener Rede versuchte er sich (vgl. Franz Trautmann’s Schwanthaler-Reliquien, 1858). Außerdem erschienen die historischen Abhandlungen: „Die Räthsel der Vorwelt“ (Mainz 1846, mit Illustrationen und Karten), worin er die Einwanderungsfrage der Deutschen beleuchtete, und eine gegen H. Schreiber gerichtete Streitschrift „Ueber die sogenannten Streitmeißel“ (Mainz 1846). Gemeinsam mit seinem, nachmals als deutschen Alterthumsforscher so bekannten Bruder Ludwig L. beschrieb er „Das germanische Todtenlager bei Selzen in der Provinz Rheinhessen“ (Mainz 1848). Ein Versuch zur Reorganisirung der damals noch monströsen Uniformirung der Heere und ein zur Zeit Kaiser Heinrich I. spielender Roman blieben ungedruckt. Sein Porträt zeichnete E. Neureuther im Costüm des Andreas v. Sonnenberg (beim Albrecht Dürer-Fest 1840 in München), ferner Heinrich Kohler (Lithographie) und M. v. Schwind, welcher in seinem reizenden Märchen vom „Aschenprödel“ den treuen L. im Gefolge dieser endlich belohnten Dulderin erscheinen läßt und durch Namensinschrift besonders hervorhob.

Vgl. Raczynski I. 63, II. 285 ff. Muffat, Beschr. von Hohenschwangau, 1837. Nagler 1839, VII. 535. E. Förster, Gesch. der deutsch. Kunst, 1860, V. 82 f. Seubert 1878, II. 458.