ADB:Ludwig II. (Pfalzgraf bei Rhein)

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Artikel „Ludwig II., Herzog von Baiern und Pfalzgraf bei Rhein“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 497–502, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludwig_II._(Pfalzgraf_bei_Rhein)&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 17:45 Uhr UTC)
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Ludwig II., Herzog von Baiern und Pfalzgraf bei Rhein (29. Novbr. 1253 bis 1. Februar 1294), zu Heidelberg von Agnes von der Pfalz geboren, wurde im 25. Lebensjahre durch den plötzlichen Tod seines Vaters Otto II. zur Regierung berufen. Erst einige Monate vorher hatte er, mit diesem auf einem Kriegszuge nach Steiermark begriffen, zu Oetting seine Schwertleite gefeiert, wiewol er im Kriege längst kein Neuling mehr war. Er hatte 1246 an der Seite König Konrads gegen den Thüringer Landgrafen gefochten, das Jahr darauf in der Heimath den Grafen Konrad von Wasserburg bezwungen, 1250 die oberösterreichischen Ministerialen bekämpft, die sich seinem zum Reichsverweser in Oesterreich bestellten Vater nicht unterwerfen wollten. Damals belagerte er einige Burgen an der Enns und um Linz, brachte aber mehr durch Geldversprechungen, wie es scheint, als durch die Waffen einige der Herren zu einer übrigens nicht nachhaltigen Anerkennung des wittelsbachischen Regiments unter kaiserlicher Oberhoheit. Im Kriege gegen den Bischof Albert von Regensburg bemächtigte er sich 1251 durch nächtlichen Ueberfall der Burg Teisbach. Mit diesem Kirchenfürsten Frieden zu schließen und hierdurch seine Lande von dem Interdicte zu [498] befreien, das Albert über sie verhängt hatte, war die erste Sorge seiner Regierung. Es geschah durch einen im November 1253 zu Straubing geschlossenen Vertrag. Bald folgte auch der Frieden mit Philipp von Salzburg. Der wittelsbachischen Macht aber schlug gleich zu Anfang dieser Regierung die erste bairische Landestheilung eine unheilbare Wunde; es war ein für Baiern verhängnißvoller und zugleich das Reichsrecht verletzender Schritt, zu dem sich L. und sein jüngerer Bruder Heinrich XIII. um Ostern 1255 entschlossen, indem sie ihre Lande in der Weise theilten, daß Heinrich Niederbaiern, L. Oberbaiern und die Pfalz für sich nahm. Als Herr des letzteren Landes trat L. vor October 1256 dem rheinischen Städtebunde bei. Ludwigs Reichspolitik war durch seine verwandtschaftlichen Verhältnisse klar vorgezeichnet: Konradin, der Erbe der staufischen Ansprüche, war der Sohn seiner Schwester und wurde unter seiner Vormundschaft am bairischen Hofe erzogen. Alle Rechte seines Mündels, auch die auf Sicilien und Schwaben, sollten nach Ludwigs Absicht gewahrt bleiben, und da die Curie anders gesinnt war, scheiterten die Unterhandlungen, die Papst Alexander IV. wegen Konradins Stellung am bairischen Hofe anknüpfte. Nach dem Tode Wilhelms von Holland faßten die Wittelsbacher die Wahl ihres Neffen zum deutschen Könige ins Auge; erst als sich ihre Unmöglichkeit erwiesen hatte, ließ sich L. für Richard von Cornwallis gewinnen, für den als Unterhändler Johann von Avesnes im November 1256 auf Ludwigs Burg Fürstenberg bei Bacharach erschien. L. gelobte dem Engländer seine Stimme zu geben und eine Tochter oder Nichte desselben zu ehelichen, erhielt dagegen, falls die Wahl gelänge, für sich 12,000 Mark Sterling zugesagt und für seinen Mündel das Gelöbniß, daß Richard dessen Ansprüchen auf Sicilien nicht entgegentreten und sein Recht auf Schwaben schirmen werde. Unter Ludwigs Betheiligung kam dann Richards Wahl zustande. Damals lastete auf L. schon schwere Blutschuld: Beleidigter und Richter in einer Person, hatte er seine Gemahlin Marie von Brabant auf den Verdacht des Ehebruchs hin in Donauwörth enthaupten lassen (18. Januar 1256). Die Buße, welche ihm die Kirche hierfür auferlegte, gab Anlaß zur Begründung des Klosters Fürstenfeld bei München und sowol diese Handlung der Sühne als der Umstand, daß L. einer Tochter aus seiner zweiten Ehe den Namen der Gemordeten gab, deuten darauf, daß er später selbst an die Unschuld der Getödteten glaubte. Auch auf seinem Feldzuge gegen die Böhmen 1257 erwies sich L. als jähzorniger und grausamer Charakter – „Strenge“, wonach ihm Neuere den unterscheidenden Beinamen zulegten, ist wol nicht der zutreffende Ausdruck –, als er bei Mühldorf einen Thurm, in den sich fliehende Feinde zusammengedrängt hatten, erbarmungslos in Brand stecken ließ. Uebrigens entschied er damals durch die Raschheit, mit der er vom Rheine her seinem von König Ottokar angegriffenen Bruder zu Hilfe eilte, den Feldzug zu Ungunsten der Böhmen, die auf der Flucht bei Mühldorf, zum Theil durch den Zusammenbruch der Innbrücke, schwere Verluste erlitten. Es scheint, daß Ottokar im Frieden einige Grenzplätze an Baiern abtreten mußte. Bald aber vertauschten Ludwigs Verbündeter und Gegner von diesem Kriege ihre Rollen. Eine Menge von Streitigkeiten zwischen den Brüdern knüpfte sich an die Landestheilung, zumal bereute Heinrich, L. die Pfalz überlassen zu haben, und wiewol im Januar 1262 seine Ansprüche auf dieses Land durch ein Schiedsgericht zurückgewiesen wurden, war es um die Eintracht der Brüder seitdem auf lange Zeit geschehen. Ihr Zwiespalt trat auch in dem Salzburger Kirchenstreite zwischen Philipp und Ulrich zu Tage, wo L. den ersteren, Heinrich Ulrich unterstützte. Dagegen ward L. durch seine zweite Ehe mit Anna von Schlesien-Glogau (1260) zum Anschlusse an Ottokar geführt, der mit der Braut verwandt war und ihm dieselbe wahrscheinlich verschafft hatte; ist eine vereinzelte Nachricht richtig, so hat L. [499] schon 1260 zur Unterstützung des Böhmenkönigs ein starkes Heer nach Oesterreich geführt und sicher ist, daß Heinrich von Niederbaiern 1266 gegenüber dem Angriffe Ottokars und des Bischofs von Passau von seinem Bruder nicht unterstützt und daß L. noch in dem böhmisch-ungarischen Frieden von 1271 als Freund Ottokars genannt wurde. Mittlerweile hatte L. in Baiern wie in der Pfalz Fehden mit Nachbarn durchzufechten. Dort war es das dem rheinischen Städtebunde beigetretene Regensburg, das sich gegen den Herzog erhob, als er vor dessen Thoren der Stadt zum Trotz eine Burg, Geiersberg, erbaut und in der Nähe die Burg Höfling besetzt hatte; nach schweren Kriegsschäden hüben wie drüben mußte sich L. im Frieden (3. März 1259) zur Zerstörung von Geiersberg und Räumung von Höfling bequemen. Glücklicher war er in der Pfalz im Kampfe mit Bischof Eberhard von Worms, der ihm im Frieden (November 1261) Neustadt a. d. Hardt herausgeben und Neckarau als Lehen übertragen mußte. Auch mit Engelbert von Köln hatte L. manche Reibereien, bis am 1. Juli 1262 ein Bündniß zwischen den beiden Fürsten zu Stande kam. Unterdessen wurde auf Ludwigs Schlössern die Erziehung des jungen Konradin vollendet und, wie dieser rühmte, von L. in väterlicher Weise so geleitet, als gälte sie seinem einzigen Sohne. Zur Wahrung der italienischen Rechte seines Mündels hatte L. (8. Mai 1261) Manfred und dessen Anhänger als Konradins Feinde erklärt und den Guelfen die Hoffnung auf dereinstiges Erscheinen des Staufers in Italien eröffnet. In Deutschland betrieben L. und die staufische Partei 1262 offen, doch wiederum ohne Erfolg, die Wahl Konradins. Dieser nahm damals von Schwaben Besitz und trat zugleich aus Ludwigs Obhut in jene des Bischofs Eberhard von Konstanz über. Nochmals näherte sich L. nach vorübergehender Entfremdung dem Könige Richard, dessen Hoflager in Boppard er im September 1262 besuchte. Nachdem derselbe im Frühling 1264 in England in Gefangenschaft gerathen war, betrachtete L. das Reich als erledigt und übernahm als Rheinpfalzgraf dessen Verwesung. Konradin hatte ihn im April 1263 für den Fall seines kinderlosen Todes zu seinem Universalerben eingesetzt und verpfändete ihm, als er sich 1266 verlobte oder vermählte, für die bei diesem Anlaß gemachten Ausgaben eine Reihe von nordgauischen Gütern. Nachdem Manfred gefallen, war es neben dem Drängen italienischer Gesandtschaften besonders Ludwigs Rath, der Konradin bestimmte den Waffengang um sein sicilisches Erbe zu wagen. Aus Ludwigs Mitteln ward auch der größte Theil der Auslagen bestritten, wie überhaupt seine Unterstützung des Unternehmens so bedeutend war, daß Papst Clemens dafür den Kirchenbann über ihn verhängte, der erst im Juli 1273 aufgehoben wurde. Als sich das Heer zum Aufbruch sammelte, war L. zugegen; nach Italien hat er es jedoch, wenn überhaupt, nur eine kurze Strecke weit begleitet. Vergebens rieth er dann, als sich schon in Verona alle Umstände widrig zeigten, zur Umkehr. Da sein Rath nicht durchdrang, streckte er gegen weitere Verpfändungen von Reichsgütern auch ferner die Kosten vor. Diese Pfänder konnten nie ausgelöst werden, Konradins Vermächtnisse blieben in Kraft und so brachte der Tod des unglücklichen Fürsten den bairischen Herzogen, ohne daß man ihnen vorwerfen dürfte dieses Ziel bei der Leitung ihres Mündels angestrebt zu haben, reiche Landerwerbungen, durch welche jedoch ein neuer Zankapfel zwischen die Brüder geworfen, auch ein Streit Ludwigs mit Bischof Hartmann von Augsburg wegen der Vogtei über dieses Bisthum veranlaßt wurde. Es entsprach den weit größeren Opfern, die L. für die staufische Sache gebracht hatte, daß er auch von den staufischen Erwerbungen mehr davontrug als sein Bruder. Auch durch Landankäufe war L. stets bedacht sein Territorium zu vergrößern und abzurunden und man findet, daß er lieber Schulden auf Schulden häufte, lieber selbst die herzoglichen Kleinode verpfändete, als daß er eine günstige Gelegenheit zu Landerwerb [500] hätte vorübergehen lassen. Dem Könige Richard hatte sich L., nachdem derselbe befreit auf deutschen Boden zurückgekehrt war, wiederum enger angeschlossen, im April 1269 zu Worms seinem Reichstage beigewohnt und an der Erneuerung des rheinischen Landfriedens mitgewirkt. Nach Richards Tode konnte es L. bei der hervorragenden Stellung, die er unter den Reichsfürsten einnahm, nicht an Aussicht auf die Krone fehlen. Erzbischof Werner von Mainz, zu Konradins Lebzeiten neben L. Führer der staufischen Partei, dachte einige Zeit den Wittelsbacher auf den Thron zu bringen. Da aber die beiden anderen rheinischen Kurfürsten, sei es wegen Ludwigs allzu großer Macht, sei es wegen seiner staufischen Vergangenheit oder wegen der auf ihm lastenden Blutschuld, nicht für L. zu gewinnen waren, kam dieser (1. September 1273) mit Werner überein, entweder Sigfried von Anhalt oder Rudolf von Habsburg zu wählen. Ein Zerwürfniß, das zwischen dem letzteren und L. eben obwaltete, versprach der Mainzer beizulegen. Für den ungeschmälerten Fortbestand seiner Machtstellung aber forderte L., nachdem sich die Stimmung der Wähler für den Habsburger entschieden hatte, von diesem eine Bürgschaft und sie ward ihm zu Theil durch das Versprechen, daß Rudolfs Tochter Mechtild dem seit 1271 zum zweiten Male Verwittweten die Hand reichen sollte. Bei der Wahl übertrugen alle Wähler ihr Stimmrecht L., der nun Rudolf als König benannte. Am Tage der Krönung des Habsburgers (24. October) feierte er die Vermählung mit dessen Tochter Mechtild und bald erhielt er vom neuen Könige auch die Bestätigung des staufischen Erbes. Unter seiner Mitwirkung war so ein Oberhaupt gewonnen, das dem Reiche zu nützen versprach, ihm selbst aber zu Danke verpflichtet und durch Familienbande verknüpft war. Für die Unterstützung und Befestigung seines Schwiegervaters auf dem Königsthrone hat L. fortan ohne Wanken seine ganze Kraft eingesetzt. Er begleitete ihn (October 1275) zu der Zusammenkunft mit Papst Gregor nach Lausanne und gelobte dort gleich ihm einen Kreuzzug (der jedoch nachher von keinem der beiden Fürsten unternommen wurde). Auf Ludwigs Anregung wird es geschehen sein, daß der Papst einen Legaten nach Baiern sandte, der Heinrich von Niederbaiern versöhnlicher stimmen sollte. Wie sich das Verhältniß der Beiden weiter gestaltete, mag man in Heinrichs Biographie (Bd. XI, S. 467) nachlesen; hier sei hinzugefügt, daß die Streitigkeiten, um deren Schlichtung so viele Mittler und Schiedsrichter sich ohne dauernden Erfolg bemühten, auch nach Heinrichs Tode zwischen dessen Sohne Otto und L. sich fortsetzten. In dem glücklichen Feldzug gegen den Markgrafen Rudolf von Baden focht L. an der Seite des Königs. Diesem zu Liebe brach er auch mit seinem bisherigen Bundesgenossen Ottokar von Böhmen. Nachdem er in seiner Eigenschaft als Pfalzgraf denselben vor das Reichsgericht geladen und den nicht Erschienenen zur Herausgabe der österreichischen Länder verurtheilt hatte, nahm er 1277 an dem Kriege, wodurch dieses Urtheil durchgeführt ward, hervorragenden Antheil; besonders rühmte man seine rechtzeitige Besetzung von Klosterneuburg, die dem Böhmen den Uebergang über die Donau verwehrte. Nach Ottokars Unterwerfung war L. einer der Schiedsrichter, die den Spruch fällten, daß Ottokar Böhmen und Mähren als Reichslande behalten dürfe, dagegen die österreichischen Länder dem Reiche zurückzustellen habe. Im Juli 1277 hatte L. das zwischen Rudolf und Ungarn geschlossene Bündniß besiegelt. Eine Verordnung, die Rudolf wahrscheinlich 1277 oder 1278 traf, beauftragte L. für den Fall seines Todes als Reichsvikar auch die österreichischen Fürstenthümer in seine Obhut zu nehmen. Als Ottokar 1278 nochmals losschlug, rückte L. von seinen rheinischen Landen her Rudolf zu Hilfe; wenn er zur Zeit der Entscheidungsschlacht bei Dürnkrut erst an der Enns stand, so genügt der Hinweis auf die Schnelligkeit, mit der dieser Krieg ausbrach und entschieden war, zur [501] Erklärung der Verspätung, während die Annahme eines absichtlichen Fernbleibens durch nichts begründet wird. Rudolf hatte seinen Schwiegersohn ersucht, ihm 140 Panzerrosse voraus zuzusenden, damit er in Ruhe seine und anderer Freunde Ankunft abwarten könne (vgl. Busson, Der Krieg von 1278, S. 23), und wir haben keinen Grund zu glauben, daß diese Hilfe nicht abgegangen sei. Im Juni 1281 begrüßte L. mit seinem Bruder den König in Regensburg und von dort ging er nach Wien, um sich Rudolfs Heerfahrt gegen den Markgrafen Otto von Brandenburg anzuschließen. Sie endete damit, daß L. im November den Frieden mit diesem Fürsten vermittelte. So viel bedeutete Ludwigs Unterstützung für Habsburg, daß man die Frage wol aufwerfen darf, ob ohne sie der habsburgisch-österreichische Staat zustande gekommen wäre. Vornehmlich durch seinen gewichtigen Einfluß, wie es scheint, wurden die anfangs dem Plane nicht geneigten Kurfürsten bestimmt in die Belehnung von Rudolfs Söhnen mit den österreichischen Ländern zu willigen. Auf dem Augsburger Reichstage von 1282, wo diese Belehnung vollzogen wurde, war L. der einzige Vertreter der Kurfürsten. Keiner von allen Reichsfürsten hat überhaupt regelmäßiger als er Rudolfs Hof- und Reichstage besucht. 1287 half er dem Könige auf dem Kriegszuge, der die Demüthigung des Grafen Ulrich von Helfenstein bezweckte und erreichte. Sehr bezeichnend ist auch, daß 1286 Ludwigs Protonotar an die Curie reiste, um dort über Rudolfs Kaiserkrönung zu unterhandeln. Während der letzten Augenblicke Rudolfs (15. Juli 1291) stand L. in Speier an seinem Sterbebette. Das bairische Interesse war bei ihm wie durch die Landestheilung so auch durch seinen engen Bund mit dem habsburgischen Könige zurückgedrängt; zufrieden mit dem Besitze der pfälzischen Kur, ertrug er es ruhig, daß Rudolf zu Gunsten des Böhmenkönigs und gegen alle historische Berechtigung Baiern aus dem Kurfürstencollegium verdrängte. Rudolfs Sohn Albrecht hatte noch bei Lebzeiten des Vaters auf Zusammenkünften in Erfurt und Regensburg mit solchem Erfolge um Ludwigs Stimme geworben, daß dieser bereits den Herzog Albrecht von Sachsen bevollmächtigte den Habsburger in seinem Namen zum Könige zu wählen. Auch nachdem auf einer Fürstenversammlung zu Frankfurt die Mehrzahl der Kurfürsten gegen die von L. wahrscheinlich auch dort unterstützte Wahl Albrechts sich erklärt hatte, scheint der Wittelsbacher die Hoffnung auf deren Gelingen noch nicht aufgegeben zu haben. Nach Rudolfs Tode traten die Höfe von München und Wien in lebhaften Verkehr; zuerst kam Albrecht nach München, dann ward eine Zusammenkunft zwischen ihm und L. in Wels verabredet. Seines habsburgischen Schwagers Wahl hatte L. wol auch im Auge, als er im October bei einem Einsiedler zwischen Waldsassen und Eger eine Zusammenkunft mit seinem Schwager Wenzel von Böhmen veranstaltete. Zur Wahlhandlung in Frankfurt (5. Mai 1292) kam er, als ob er ein Hochzeitsfest besuchte, ohne alle kriegerische Rüstung, hiermit schon äußerlich kundgebend, daß es einem Werke des Friedens gelte, und von Friedensliebe war denn auch sein Verhalten bei der Wahl dictirt. Noch vor einigen Wochen hatte er Albrecht seine Stimme versprochen, aber er erhob keinen Widerspruch, als die Wahl nun auf Adolf von Nassau fiel, einen mittellosen Herrn, der vor fünf Jahren sein Burgmann zu Caub geworden war. Seine Stimmung gab sich jedoch darin zu erkennen, daß er die Verkündigung der Wahl an seiner Stelle dem Erzbischofe von Mainz überließ. Einige Tage später ließ er sich von Adolf 3000 Mark Wahlkosten ersetzen. Im Inneren wurden Ludwigs unermüdliche Bemühungen für Erhaltung und Ausbreitung des Landfriedens, für Abstellung der Räubereien und Fehden des niederen Adels durch seine eigenen Streitigkeiten mit dem Bruder, auch durch mancherlei Händel mit anderen Nachbarn gestört. In einem Zerwürfnisse mit Salzburg wegen des Zillerthals unterwarf er sich 1281 dem Schiedsspruche des Regensburger Bischofs. [502] Mit Augsburg bekam er nochmals Krieg um den Besitz der Vogtei, die er im Frieden vom 9. Februar 1292 nur für die nächsten fünf Vierteljahre preisgab. In seinem letzten Lebensjahre noch brauchte er Gewalt gegen die eigene Stadt Lauingen, die Reichsunmittelbarkeit beanspruchte, und zwang mit den Waffen den Grafen von Hirschberg das zu seinen Gunsten gemachte, dann aber zurückgenommene Vermächtniß zu erneuern und auszudehnen. L. starb zu Heidelberg, wie erzählt wird, in derselben Stube, wo er das Licht der Welt erblickt hatte. Sein Testament verordnete vornehmlich Spenden an Kirchen und Klöster und sein Begräbniß in Fürstenfeld. Aus diesem Kloster, Ludwigs Stiftung, ward ihm der wärmste Nachruf zu Theil; ganz Baiern, schrieb der Mönch, sollte jammern über den Tod dieses Fürsten, der alle anderen an sittlicher Zucht übertroffen und unter dem das Land Wohlstand und Fülle des Friedens genossen habe. In der That kündet die Thätigkeit des gereiften Mannes überwiegend von besonnener Selbstbeherrschung, treuer Pflichterfüllung und eifriger Fürsorge für das Gemeinwohl. Wie sein Urgroßvater Otto I. war L. ein jähzorniger Charakter, aber voll Kraft und Energie und ein glücklicher Feldherr. Als Staatsmann verstand er vor Allem die Kunst mit den Umständen zu rechnen und nur erreichbare Ziele anzustreben. Daß in den großen Fragen der Politik sein Interesse in der Regel auf derselben Seite lag wie das Recht und des Reiches Nutzen, diese Gunst dankte er zum Theil dem Geschicke, zum Theil doch auch der eigenen Klugheit. Ein dankbares Andenken schuldet ihm besonders die Stadt München, die er zur landesfürstlichen Residenz erhob und deren älteste Herzogsburg, der sogenannte Alte Hof, von ihm gegründet ist.

Böhmer, Wittelsbach. Regesten; Rechnungsbuch des oberen Vitzthumamtes von Oberbaiern v. d. J. 1291–94, herausgeg. von v. Oefele im Oberbair. Archiv XXVI; Söltl, Ludwig d. Strenge (1857); Lorenz, Deutsche Geschichte; Riezler, Geschichte Baierns II.