ADB:Müller, Marcus Joseph

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Artikel „Müller, Marcus Joseph“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 651–652, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BCller,_Marcus_Joseph&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 21:32 Uhr UTC)
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Müller: Marcus Joseph M. ward geboren am 3. Juni 1809 in Kempten, wo sein Vater Gynmasiallehrer war. Als dieser Schulrath zu Augsburg ward, besuchte M. das dortige Gymnasium, wo Fallmerayer bereits sein glänzendes Talent erkannte. 1826 bezog er die Universität München, wo der Orientalist Othmar Frank, außerdem Thiersch, Spengel und Schelling besonders auf ihn einwirkten. 1830 bestand er die Staatsprüfung für Gymnasiallehrer. 1833 machte er vom Kronprinzen Maximilian von Baiern unterstützt eine wissenschaftliche Reise nach Paris und Leyden. Er betrieb hier besonders Pehlvistudien, machte (jetzt in der Staatsbibliothek zu München aufbewahrte) Abschriften von sämmtlichen durch Anquétil gesammelten Pehlvihandschriften und veröffentlichte 1839 im Journal asiatique seinen „Essai sur la langue Pehlvie“, welcher diese Studien in die Wissenschaft einführte. Daneben hatte er die arabischen Geographen studirt und sich mit Durchforschung der Entwickelung des persischen Religionssystems beschäftigt. Seine Anstellung als Professor der morgenländischen Litteratur in München scheiterte damals infolge eines ablehnenden Votums der philosophischen Facultät, welches zwar Müller’s Persönlichkeit in allen Ehren beließ, aber das sachliche Bedürfniß verneinte. Es fiel zunächst nur eine dürftige Studienunterstützung für M. ab und 1839 eine Anstellung als außerordentlicher Professor für die nichtbiblische orientalische Litteratur. In die bairische Akademie der Wissenschaften ward er 1841 als ordentliches Mitglied aufgenommen. 1852–1870 ward er Secretär der philosophisch-philologischen Classe derselben. 1847 ward er zum ordentlichen Professor befördert, 1856 sandte ihn der treffliche König Maximilian von Baiern auf eine Forschungsreise nach Spanien, wo er 1857 und 1858 die arabischen Handschriften der Bibliothek des Escurial durchforschte, 1862 traf ihn ein Schlaganfall, seitdem nagte Krankheit an seinem Leben, bis er am 28. März 1874 erlag. – [Sitzungsberichte der philosophisch[WS 1]-philologischen Classe der kgl. bairischen Akademie der Wissenschaften. 1875. Bd. 1, Heft 3, S. 253–258, wo am Schluß eine schöne Charakteristik des trefflichen Gelehrten gegeben ist. Außerdem s. Augsburger Allgemeine Zeitung 1874, Beilage Nr. 99.] Von seinen Schriften, deren vollständiges Verzeichniß man im Almanach der königlich bairischen Akademie Jahrg. 1867, S. 145 finden kann, seien hier die folgenden hervorgehoben: „Ueber den Inhalt einer Pehlvihandschrift zu Copenhagen“ (Münchner gel. Anzeigen 1845, Nr. 67, 68). – Ferner: „Philosophie und Theologie des Averroes“ 1859: 3 Abhandlungen des großen Aristotelikers Ibn-Roshd über die Verbindung der Theologie und Philosophie enthaltend, nach der Handschrift des Escurial Nr. 632 mit philologischer Sorgfalt in den monumenta secularia der königlich bairischen Akademie herausgegeben. Der arabische Text umfaßt 131 Seiten 4°. Die 1. Abhandlung gibt eine Uebersicht über das Verhältniß der Philosophie zur Theologie, in welcher zuerst der starren Orthodoxie gegenüber die Möglichkeit und Nothwendigkeit der Anwendung jener heidnischen Wissenschaft auf die Religion nachgewiesen und dann im Allgemeinen dargethan wird, daß die philosophischen Lehrsätze keinen Widerspruch mit der richtig verstandenen Religion enthalten. Die 2. Abhandlung geht den Hauptinhalt der moslimischen Dogmatik durch, führt bei jedem Satz derselben die speculativen Constructionsversuche früherer moslimischer Philosophen an und kritisirt dieselben nach der aristotelischen Methode. Nachdem gezeigt worden wie diese Vermittlungen ebenso unzulänglich für die Philosophie als gefährlich für das Volk seien, wird dann eine neue Ausgleichung nach aristotelischen Grundsätzen versucht. Die 3. Abhandlung enthält einen kurzen Tractat über die Präscienz Gottes. – 1860 erschienen in den Sitzungsberichten der kgl. bairischen Akademie Bd. II, S. 201–253 Moriscogedichte, woran 1861 sich ebenda Bd. II, S. 95–115 eine Abhandlung anschloß: „Ueber die aus dem Arabischen in das Spanische [652] übergegangenen Wörter“, worin ein lexikalisch geordnetes Verzeichniß von c. 150 solchen Worten nebst Besprechung ihrer Etymologie gegeben war im Anschluß an des holländischen Philologen Engelmann: Glossaire des mots espagnols et portugais dérivés de l’arabe (vgl. hierüber Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellsch., Supplement zu Bd. 20, S. 248). Die Besprechung der Moriscogedichte enthielt zugleich sehr belehrende Anmerkungen über die Orthographie der ins Spanische übergegangenen arabischen Worte. – Der persischen Litteratur gehört seine Abhandlung „Ueber den Anfang des Bundehesh“ an (Abhandlungen der königlich bairischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 3, Heft 3); die darin aufgestellte Ansicht über Zervâna akarana ist von Brockhaus und Spiegel gebilligt und von letzterem vertheidigt worden in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellsch., Bd. 5, S. 221–230. 1866 erschienen die „Beiträge zur Geschichte der westlichen Araber, Heft 1“. Es waren arabische im Escurial abgeschriebene Texte, welche die Textausgabe von Dozy (Notices sur quelques manuscrits arabes) zum Theil verbesserten, zum Theil ergänzten. Inhaltlich waren diese Handschriften mit ihren zum Theil sehr albernen Geschichten freilich ohne allen Werth, aber sie waren für die arabische Lexikographie nicht unwichtig.

Ueber Müller’s Ausgabe s. Dozy in der genannten Ztschr. Bd. 20, S. 614–621. Ueber die wichtige Publication von Miklosich und Müller: acta patriarchatus Constantinopolitani 1315–1402 e codd. mscr. bibliothecae Palatinae Vindobonensis T. I u. II. Wien 1860–1862 s. liter. Ctrbl. 1862, Nr. 16. Edinburgh review 1865, April, p. 456–493.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: phiosophisch