ADB:Mezger, Georg

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Artikel „Mezger, Georg“ von Georg Mezger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 667–668, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mezger,_Georg&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 20:20 Uhr UTC)
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Mezger: Georg Caspar M., Schulrath und Rector des evang. Gymnasiums bei St. Anna in Augsburg, war aus ärmlichen Verhältnissen ganz durch eigene Kraft in die Höhe gekommen. Geb. am 23. Januar 1801 in dem mittelfränkischen, damals preußischen Städtchen Wassertrüdingen, wurde er von seinen unbemittelten Eltern zu dem Handwerke seines Vaters, der Maurermeister und Steinmetz war, bestimmt. Von dem Bau des Kirchthurms in einem benachbarten Dorfe weg ließ ihn der Rentamtmann seines Städtchens seiner schönen Handschrift wegen auf seine Canzlei holen, wo er nun mehrere Jahre als Schreiber zubrachte. Unbefriedigt durch diesen seinem lebhaften Bildungsdrange nicht zusagenden Beruf, suchte er durch seine eigene energische Arbeit, für die ihm nur die Nachtstunden zur Verfügung standen, den versagten Schulunterricht zu ersetzen, und ohne fremde Anleitung lernte er für sich selbst Lateinisch und Griechisch, so daß er 1819 in die oberste Classe des Gymnasiums zu Augsburg eintreten konnte, die er nach einem Jahre als der Erste unter einer großen Zahl von Mitschülern verließ. In Erlangen, wo er 1820–23 Philologie und Theologie studierte, war für ihn in wissenschaftlicher Hinsicht namentlich Döderlein von großem Einfluß, für seine ganze Geistesrichtung aber der anregende Kreis von Freunden, die er in der damaligen Burschenschaft fand. Nach kurzer Wirksamkeit als Pfarrvicar und Hofmeister trat er 1824 an dem Gymnasium bei St. Anna in Augsburg, dem er sein ganzes Leben angehörte, als Hilfslehrer ein, wurde 1827 Gymnasialprofessor, 1840 Rector und zugleich Vorstand der damit verbundenen Erziehungsanstalt, des Collegiums bei St. Anna; 1864 erhielt er den Titel eines Schulraths. Beide Anstalten haben durch ihn eine neue, scharf ausgeprägte Gestalt erhalten. An dem früher paritätischen Gymnasium hatte das katholische Element bei weitem überwogen. Dadurch war ihm der Blick geschärft worden für den grundsätzlichen Unterschied katholischer und evangelischer Erziehung. Als Rector suchte er nun eine Anstalt aus einem Gusse herzustellen, aufgebaut auf den guten Ueberlieferungen humanistischer Weltanschauung, in der die beiden Hauptfactoren wahrer, humaner Bildung, das Christenthum, und zwar nach seiner evangelischen Auffassung, und das classische Alterthum, auch wirklich die Grundpfeiler wären. Eine einheitliche Methode, welche durch alle Classen eingehalten wurde und den Hauptnachdruck auf die mündliche Reproduction legte, um mit möglichster Beseitigung alles mechanischen Lernens ein Sprachgefühl zu erwecken, bei der Lectüre der Classiker in den Geist derselben einzuführen, und für sie zu erwärmen, suchte auf Klarheit des Denkens und Bildung des Geschmackes hinzuwirken und hatte nicht sowohl die Ausrüstung mit Kenntnissen, als die Schulung des Geistes, die Erfüllung mit hohen Idealen und die Begeisterung für sie zum Ziel. Ein hervorstechender Zug seiner Pädagogik, der insbesondere auch dem Collegium bei St. Anna, einer einst in den Zeiten der Gegenreformation zur Abwehr der Jesuitenerziehung gestifteten Anstalt, seinen Charakter gab, war der Ernst der Disciplin. Auf das bairische Schulwesen hat M. als Mitglied der Commission, welche den Schulplan von 1854 ausarbeitete, dann durch die oft von ihm verlangten Gutachten in Sachen des Unterrichts, sowie durch seine Stellung in der Prüfungscommission für das Gymnasiallehramt (1854–65) Einfluß geübt. Große Verdienste hat er sich um die Kreis- und Stadtbibliothek erworben, deren Bibliothekar er seit 1835 war. Ein Zuwachs von mehr als 100 000 Bänden aus den Bibliotheken der aufgehobenen Klöster ist größtentheils von ihm geordnet und katalogisirt. [668] Auch der historische Verein von Schwaben und Neuburg hatte an ihm lange Jahre ein sehr thätiges Mitglied, wie denn überhaupt Geschichte unter seine Lieblingsbeschäftigungen gehörte, was auch bei seinem Unterricht hervortrat. Nicht ohne Bedeutung war er auch für die protestantische Landeskirche. Die bibelgläubige Richtung, welche er vertrat, welche aber den Schwerpunkt der Religion mehr im christlichen Leben, als in der confessionellen Form suchte, gab seinem Religionsunterricht, wie seiner Pädagogik ihre Farbe und bestimmte auch seine Stellung als Abgeordneter bei der Generalsynode (1840, 1853 und 1857) und als Mitglied der theologischen Prüfungscommission (1854, 55 und 56). Inmitten allgemeiner großer Aufregung gegen die oberste Kirchenbehörde hat er (1856) auch durch sein besonnenes Wort, das er, zur Meinungsäußerung aufgefordert, bei der entscheidenden Stelle sprach, wesentlich zur glücklichen Beendigung einer schweren Krisis beigetragen. Von seinen Schriften seien hier erwähnt seine „Geschichte des im Jahre 1530 zu Augsburg gehaltenen Reichstags“ (1830); „Augsburg’s älteste Druckdenkmale und Formschneidearbeiten“ (1840); „Geschichte der Kreis- und Stadtbibliothek in Augsburg“ (1842); „Memoria Hieronymi Wolfii (1862). Die zuletzt genannte Biographie seines ihm geistesverwandten Amtsvorgängers veröffentlichte er als Festschrift bei der Augsburger Philologenversammlung, deren Präsident er war. Abhandlungen geschichtlichen, philologischen und antiquarischen Inhalts aus seiner Feder enthalten die Publicationen des historischen Vereins von Schwaben und Neuburg und die Programme des Gymnasiums. Unter den Auszeichnungen, die er erhielt, war ihm die werthvollste die von der Universität Erlangen erhaltene, deren Jubiläum (1843) er als einer der damals promovirten Ehrendoctoren der Philosophie mitfeiern konnte. Fast 49 Jahre hat M. als Lehrer, 32 als Rector gewirkt. Seine Arbeitskraft war eine außergewöhnliche. Freistunden gab es für ihn nicht; eine Schonung seines oft sehr leidenden Körpers kannte er nie. Mußte ihn doch die Regierung selbst einmal (1853) durch ein Rescript auffordern, „in seinen Arbeiten Maß zu halten und zu seiner eigenen Erhaltung für seine Familie und den Staat sich die nöthige Erholung durch eine entsprechende Reise und den Gebrauch einer Badekur zu gönnen“; selbst noch als 71jährigen Greis hinderte ihn ein am Morgen erlittener Schlaganfall, der ihn theilweise lähmte, nicht, den ganzen Vormittag die Absolutorialprüfung zu leiten; so groß war die Gewalt, die sein eiserner Wille über den Körper besaß. Sein Alter verfloß ihm äußerlich ziemlich einsam, zumal da er seine Gattin (Amalie, geb. Steinhäußer aus Wassertrüdingen), mit der er 28 Jahre in glücklichster Ehe gelebt hatte, schon 1855 hatte in das Grab legen müssen. Auch fühlte er immer mehr den Gegensatz seiner eigenen Pädagogik zu der Strömung der Gegenwart, die ihn aber an der Richtigkeit dessen, was sich ihm in langer Lebenserfahrung erprobt hatte, nicht irre machen konnte. Sein Wunsch, daß ihn der Tod in seinem Berufe treffen sollte, ist ihm nicht erfüllt worden. Krankheit nöthigte ihn, im November 1872 selbst um den Ruhestand nachzusuchen. Körperlich immer mehr verfallend, aber in ungebrochener Geistesfrische labte er sich im Umgang mit seinen Lebensgefährten, den alten Classikern, fast bis zum Tag seines Todes, der am 19. April 1874 erfolgte.

Biographie von seinem Sohne: Schulrath Dr. Georg Caspar Mezger, weiland Rector bei St. Anna in Augsburg. Leben und Wirken eines evangelischen Schulmannes. Von Dr. Georg Mezger, Gymnasialprofessor. Nördlingen 1878.