ADB:Molart, Hanns Freiherr von

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Artikel „Molart, Hanns v.“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 90–91, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Molart,_Hanns_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:17 Uhr UTC)
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Molart: Hanns v. M., Freiherr zu Reineck und Drosendorf, kaiserlicher Feldmarschall, General-, Land- und Haus-Zeugmeister, Hofkriegsrathspräsident, geheimer Rath, Kämmerer und Obrister der Wiener Stadt-Guardia, unbekannt wann und wo geboren, starb im Juli 1619 zu Wien, allseits geehrt als gewissenhafter Staatsmann und erfolgreicher Berather auf dem Gebiete des Militärwesens. Dessen Ahnen, ursprünglich in Burgund ansässig, übersiedelten im J. 1490 nach Oesterreich, wo Molart’s Vater, der Ritter Peter v. M., auf Reineck und Drosendorf im J. 1571 in den Freiherrnstand erhoben wurde und im J. 1576 verschied. Sohin dürfte M., als drittgeborener einer zahlreichen Nachkommenschaft, etwa Mitte des 16. Jahrhunderts zur Welt gekommen sein; die ersten Nachrichten über ihn reichen jedoch nur bis 1589, in welchem Jahre er das letzte jährliche Ehrengeschenk des Kaisers an den Sultan im Betrage von 30 000 Ducaten nach Konstantinopel überbrachte. Eine andere kaiserliche Vertrauensmission ergab sich ihm am 30. Januar 1594 beim Einzuge des Erzherzogs Ernst zu Brüssel, denn hierbei führte er „Ihrer Durchlaucht Leib-Guardi“. Im J. 1599 wurde M. in den Hofkriegsrath berufen; als Mitglied desselben begab er sich im J. 1602 zur Hauptarmee nach Altenburg, besorgte im Auftrage des Oberbefehlshabers Erzherzogs Mathias die Kriegsausrüstung und Kampfesbereitschaft der Grenzfestungen Ujvár, Comorn und Raab, worauf er im J. 1606 als erster Bevollmächtigter des Kaisers an dem Abschlusse des am 11. November vereinbarten und am 9. December ratificirten Friedensvertrags von Zsitva-Dorog (Dorog am Flusse Zsitva bei Gran) nachdrücklichst mitwirkte. Als sein Hauptverdienst hierbei gilt das vom Sultan erlangte Zugeständniß, den Kaiser, im Hinblicke auf dessen Oberhoheit in einem Theile des nördlichen Ungarn, künftighin statt als König von Wien, als König von Ungarn anzuerkennen. Damals nannte sich M. gelegentlich der Unterfertigung des Friedensactes: „der Römisch Kayserlichen Mayestät Kriegs-Rath, Ober-Haubtmann zu Comorn und Obrister über die Artollerey auf den Gränitzen“, doch scheint seine Machtsphäre eine weiterreichende gewesen zu sein, da er auch die Besetzung der obersten Staatsämter zu beeinflussen suchte. Jedenfalls stand er im vollen Vertrauen des Kaisers, der ihn im J. 1609 beim Abgange nach Preßburg mit dem Oberbefehl von Wien beauftragte, im J. 1610 dessen Ernennung zum Hofkriegsrathspräsidenten vollzog und im J. 1611 durch M. jene Resolution an Erzherzog Mathias übergeben ließ, welche bezüglich des Letzteren Krönung und Eidesleistung als König von Böhmen die erforderlichen Verfügungen traf. Auch Cardinal Klesl, der Director des geheimen Rathes, schätzte Molart’s Pflichttreue und Hingebung für das Staatswohl, wenngleich er mit demselben hinsichtlich der anzuwendenden Mittel fast nie in Uebereinstimmung sich befand. Solch ein Fall von ernster Bedeutung waren die Verhandlungen im J. 1612 behufs Einführung deutscher Truppen in die ungarischen Festungen, welche Maßregel Klesl als eine Verletzung des gegebenen Wortes widerrieth. Da nun aber M. unter allen Umständen eine seltene Arbeitskraft bei umfassender Kenntniß der bestehenden politischen und militärischen Verhältnisse bethätigte, so wurde im Rathe der Krone auf Molart’s Mithilfe jederzeit ein besonderes Gewicht gelegt. Dies war auch der Grund, daß er im J. 1613 während der Abwesenheit des Kaisers in Regensburg zu einem der Assistenzräthe des in Ober- und Unterösterreich „gubernirenden“ Erzherzogs Ferdinand ernannt worden ist. Als solcher hatte er den wichtigsten Theil der Regierung, nämlich „die ungarischen, siebenbürgischen und türkischen Geschäfte“ zu leiten und haben ihm bei dieser Gelegenheit seine für den Kaiser bestimmten [91] Berichte, dann der mit Klesl drei Monate lang über den genannten Gegenstand geführte Briefwechsel die ehrendste Zufriedenheit verschafft. Diese betraf ganz besonders Molart’s scharfe Beobachtungen, sowie seine freimüthigen Urtheile, welch letztere weder den Palatinus noch die Ungarn schonten und die Einmischung der geheimen Räthe in den Wirkungskreis des Hofkriegsrathes als höchst schädlich bezeichneten. Trotz dieser befriedigenden Verwendung entwand ihm Klesl im J. 1614 die Führung der türkischen Geschäfte, woran sich bald eine heftige Gegnerschaft hinsichtlich der Erwerbung Siebenbürgens schloß. Nach den Ansichten beider Staatsmänner war die Besitznahme dieses Landes eine Nothwendigkeit; da jedoch M. das vorgesetzte Ziel mittelst sogleicher Eröffnung des Krieges zu erreichen strebte, während Klesl die fragliche Angelegenheit vorerst mit den Ständen berathen und von denselben das erforderliche Geld erlangen wollte, so scheiterte schließlich an dem nicht ausgleichbaren Gegensatze das ganze Vorhaben. Nun versuchte Klesl im J. 1615 M. die Betheiligung an den Unterhandlungen rücksichtlich Erneuerung des Friedens von Zsitva-Dorog zu entreißen, doch ist ihm dies nur zum Theile gelungen, denn M. unterzeichnete, „nachdem er mit den türkischen Gesandten fleißig tractiret“, den Friedensact. Auch überbrachte er denselben als kaiserlicher Botschafter unmittelbar nach der von ihm und mehreren anderen durchgesetzten Entfernung Klesl’s aus seiner Stellung nach Konstantinopel, wobei er gleichzeitig den Sultan Osman im Namen des Kaisers zur Thronbesteigung beglückwünschte. Kurz nach der Rückkunft von Konstantinopel im J. 1619 starb M. zu Wien. Er zählte nächst Klesl und Trautmannsdorf zu den bedeutendsten Staatsmännern der Kaiser Rudolf und Mathias und genoß allezeit das Vertrauen dieser Regenten. Selbst Klesl, sein politischer Gegner und durch seine Stellung zunächst der Person des Kaisers von mächtigerem Einflusse, würdigte wiederholt Molart’s hervorragende Treue zu Kaiser und Reich; er lobte ferner „dessen guten Verstand, Eifer, Resolution, Discretion, Arbeitsamkeit, sowie seine Höflichkeit und seinen Respect gegen die Geistlichkeit“. Daß M., dessen Privatverhältnisse der Unterstützung Klesl’s bedurften, dennoch in Fragen des Staatsrechts seine Meinung rückhaltlos vertrat, kennzeichnet seinen pflichtbewußten, streng rechtlichen Charakter. Als Hofkriegsrathspräsident, welches Amt M. als die geeignetste Persönlichkeit hierfür bis zu seinem Tode bekleidete, hat er mehrfache Besserungen in den Kriegseinrichtungen veranlaßt; unter ihm wurde auch der Fortbestand des Hofkriegsrathes bestätigt und dessen Organisirung insoferne neu geregelt, als derselbe künftig aus einem Präsidenten und sechs wohlqualificirten und kriegserfahrenen Räthen zu bestehen hatte, welche jedoch ohne Bestallung bei der Armee bleiben mußten.

Die Hofkriegsrathspräsidenten etc. d. österr. Armee, Wien 1874. Khevenhiller, Annales Ferdinandei etc., Leipzig 1721–1726. Hammer-Purgstall, Khlesl’s Leben, 2., 3. Bd., Wien 1847, 1850. Oesterreichische Geschichte für das Volk, 7. Bd., Wien 1879.