ADB:Mylius, Anton Ulrich Freiherr von

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Artikel „Mylius, Anton Ulrich Freiherr von“ von Adolf Schinzl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 136–138, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mylius,_Anton_Ulrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 20. April 2024, 16:23 Uhr UTC)
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Mylius: Anton Ulrich Freiherr v. M., k. k. Feldmarschalllieutenant, k. k. Kämmerer, Ritter des Militär-Maria-Theresien-Ordens, geb. im J. 1742 zu Köln, † am 2. Februar 1812 zu Prag, entstammte einem rheinischen Geschlechte, dessen Mitglieder sich anfänglich Myle nannten, später ihren Namen zeitgemäß latinisirten, im 14. Jahrhundert den Adelstitel erhielten und am 6. März 1698 für ihre als regierende Bürgermeister der freien Reichsstadt Köln bewiesene Anhänglichkeit an Kaiser und Reich in den Reichsritterstand erhoben wurden. Auch Mylius’ Vater, Johann Heinrich Arnold v. M., verehelicht mit Albertine Sylvia Freiin v. Lamberts-Cortenbach, war regierender Bürgermeister zu Köln; seine drei Söhne verließen jedoch den Heimathsort. M. wurde wahrscheinlich im J. 1759 vom k. k. Feldzeugmeister Freiherrn v. Vogelsang als Volontär mit Unterlieutenantsrang und als dessen Personaladjutant zur Armee mitgenommen. Schon im J. 1760 errang sich M. bei Glatz die angesehenste militärische Auszeichnung, das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens, indem er jenen hohen Grad von Thatenlust, Kühnheit, Ausdauer und lebhafter Auffassung bekundete, welcher zeitlebens all’ seine Thätigkeit gekennzeichnet hat. Als nämlich Loudon in den Laufgräben von Glatz die Anordnungen zum Sturme auf die Festung traf und hierbei bezüglich einer in der Flanke gelegenen Flesche Bedenken äußerte, da erbat sich und erhielt auch M. die Bewilligung zur Wegnahme des erwähnten Objectes. Er drang nun mit 50 Freiwilligen in die Flesche, nahm ferner aus eigenem freien Antriebe ein anderes zunächst gelegenes und mit sechs Geschützen vertheidigtes Werk, worauf er auch noch in den gedeckten Weg vorbrechen wollte. Hieran wurde er jedoch durch den als Parlamentär vorgeschickten Obersten Rouvroy gehindert. Beim Hauptsturme selbst erlitt M. eine zweifache Verwundung, doch ließ er sich trotz mehrfacher Mahnungen erst nach Schluß des Kampfes auf den Verbandsplatz bringen. Kaum genesen, rückte er wieder zum Heere ein und focht in dessen Reihen in den Feldzügen 1761 bis 1763. Im letztgenannten Jahre avancirte M. zum Hauptmann im Infanterieregimente Wenzel Wallis Nr. 11, stand später mehrere Jahre hindurch als Adjutant bei dem Feldmarschall und Hofkriegsrathspräsidenten Grafen Haddik in Verwendung, worauf er, seit 1775 zum Freiherrn erhoben, im J. 1777 zum Major, 1786 zum Oberstlieutenant, 1790 zum zweiten Obersten vorrückte. Im baierischen Erbfolgekriege hatte M. keine Gelegenheit sich hervorzuthun; während des Türkenkrieges mußte er mit seinem Bataillon in Kollin zurückbleiben. Da er aber inzwischen ein besonderes Verständniß für Organisirungsangelegenheiten dargethan und auch günstig auf die Truppe einzuwirken wußte, so wurde ihm im J. 1790 der Auftrag, im niederrheinischen Kreise das Grün-Laudon’sche Freicorps [137] zu errichten und dasselbe gegen die insurgirten Niederländer zu führen. Die Schnelligkeit und Entschiedenheit, mit welcher er hierbei vorging, als auch seine geschickte Leitung der Truppe bei Bekämpfung der Aufständischen trugen zu baldiger Vertreibung derselben aus der Provinz Limburg bei. In dankbarer Anerkennung dessen verehrten ihm die limburgischen Stände einen Degen mit der Inschrift „Provincia Limburgensis suo liberatori“; militärischerseits wurde aber M. im J. 1792 erneut für selbständige Verwendungen vertrauenswürdig befunden und dieserhalben mit der Deckung eines Theiles von Westflandern beauftragt. Dort hielt er bei Courtray am 18. Juni 1792 mit sechs Compagnien den über 2000 Mann starken Franzosen muthig Stand und retirirte erst, als seine Verbindung mit Brüssel, von wo er Verstärkungen erwartete, bedroht war. Unmittelbar jedoch, nachdem ihm dieselben zugekommen, wendete er sich wieder gegen den Feind, den er am 20. Juni mit allem Nachdrucke nach Courtray zurückwarf. Ueberhaupt bewies sein Verhalten während dieses Feldzuges eine sich immer mehr steigernde scharfe Erkenntniß und rasche Ausnützung aller Terrain- und Kampfesverhältnisse, welche Eigenschaften ihn im Feldzuge 1793 mehrere denkwürdige Thaten vollbringen ließen. Er streifte nämlich mit einer stärkeren, über 12 Geschütze verfügenden Heeresabtheilung in der rechten Flanke des Prinzen Coburg, besetzte Kermpt, hielt mit Herzog Braunschweig-Oels die Verbindung aufrecht, organisirte den Bauernaufstand zwischen Diest, Tirlemont und Löwen, zog mit Vorbedacht die Aufmerksamkeit des Gegners auf sich, nahm am 20. März Diest nach wiederholten Angriffen und heftigem Straßenkampfe. Hierauf überrumpelte er mit einigen Bataillonen das von 10 000 Mann vertheidigte Antwerpen, hatte nach Dumouriez’ Ausspruche die Kühnheit, dieselben zur Unterwerfung aufzufordern (eut l’audace de sommer Anvers) und auch gegen das Zugeständniß freien Abzuges zur Capitulation zu zwingen. Im weiteren Verlaufe des Feldzuges stritt er noch mit besonderer Auszeichnung bei Poperinghe am 11. August, leistete dann dem hannoveranischen Feldmarschall Freitag, dem er beigegeben worden, gute Dienste und nahm endlich am 6. September bei Rexpoede mit zwei kaiserlichen Bataillonen ehrenvollen Antheil an der Befreiung des Prinzen Adolf von England aus französischer Gefangenschaft. Mit Ende des Jahres 1793 trat M. als erster Oberst und Commandant an die Spitze des Infanterieregiments Ulrich Graf Kinsky Nr. 36, welches ihn als beispielgebenden, gerechten und sorgsamen Führer in treuer Erinnerung hält. Mit diesem Regimente stand M. im Monat April 1794 in den Laufgräben bei Landrecies, von welchen aus auf seinen Befehl und unter seiner Leitung des Feindes Artillerie demontirt, der Ort in Brand geschossen, die Besatzung zur Capitulation gezwungen wurde. M., der hierbei am Kopfe verwundet worden ist, trat vom Commando des Regiments jedoch erst dann zurück, nachdem die ausziehende Garnison in Gegenwart des Kaisers zu Kriegsgefangenen gemacht worden war. Auch 1795 befehligte M., von seiner schweren Verwundung genesen, das Regiment mit Zähigkeit und großem Geschick, so namentlich auf dem Schritt für Schritt kämpfend durchgeführten Rückzuge von Uckerath am 13. September, dann bei Bacherach am 17. December, wo er sich Nieder-Diebachs bemächtigte und die Kanterich-Anhöhe erstürmte. Bald nachher, d. i. am 1. April 1796, avancirte M. zum Generalmajor und Truppenbrigadier. Er verblieb auch als solcher bis 1799 bei der Armee in Deutschland, stets durch sichere Führung sowie durch muthvolles Eingreifen in entscheidenden Augenblicken sich auszeichnend. Ganz besondere Anerkennung fanden 1796 sein gewandtes Verhalten beim Vertreiben der Franzosen zwischen Herborn und Hachenburg am 16. Juni, seine Unerschütterlichkeit in dem hartnäckigen Gefechte bei Uckerath und Kircheip am 19. Juni, ferner 1799 sein bravourvolles Commando bei Mannheim am 18. September [138] und bei Wiesloch am 3. December. Hierauf erhielt M., seit dem 1. April 1800 Feldmarschalllieutenant, die Bestimmung als Truppendivisionär bei der Armee in Italien und commandirte 1800–1801 anfänglich zu Toscana, dann in der Romagna und endlich am unteren Po. In keiner dieser Verwendungen ergab sich für M. eine nennenswerthe Gelegenheit zu hervortretenden Thaten, dafür gelang es ihm aber die continuirlichen Marschbewegungen und kleinen Kriegsvorgänge mit gutem Erfolge zu leiten und bei den wiederholten Festsetzungen der Demarcationslinien etc. politische Klugheit zu bethätigen. Kurz nach Schluß des Friedens übernahm M. das Commando einer Truppendivision zu Prag, 1805 interimistisch das Generalcommando von Böhmen, Ende 1805 trat er in den Ruhestand. M., dessen Charakterbildung eine vorzügliche gewesen, hat sich zeitlebens als selbstthätiger, entschlossener Commandant, sowie als begeisterter Vertreter der österreichischen Waffenmacht erprobt. Ihn zierte überdies Humanität, Sorgfalt für seine Untergebenen und opferwillige Hingebung für seinen Monarchen.

Wurzbach, Biogr. Lex. d. Kaiserth. Oesterreich, 19. Thl., Wien 1868. Hirtenfeld, Der Milit.-Maria-Theresien-Orden etc., 1. Bd., Wien 1857. Ritter v. Rittersberg, Biogr. d. ausgezeichn. Feldh. d. österr. Armee, Prag 1828. Szöllösy, Tagebuch gefeyerter Helden etc., Fünfkirchen 1837. Schels, Oesterr. milit. Ztschft., 1. Bd., Wien 1843, 1844. Schweigerd, Oesterreichs Helden u. Heerführer etc., 3. Bd., Wien 1854. Thille, Gesch. d. Inft.-Rgts. Nr. 11 (Man). Witzleben, Prinz Friedr. Josias von Coburg-Saalfeld, 2. Bd., Berlin 1859. Geschichte des 36. Inft.-Rgts., Prag 1875.