ADB:Piper, Ferdinand Karl Wilhelm

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Artikel „Piper, Ferdinand Karl Wilhelm“ von Alexis Schwarze in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 64–69, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Piper,_Ferdinand_Karl_Wilhelm&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 11:34 Uhr UTC)
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Piper: Ferdinand Karl Wilhelm P., evangelischer Theologe, wurde am 17. Mai 1811 als ältester Sohn des Lehrers Dr. Joh. Heinrich Samuel Piper zu Stralsund geboren und starb als Doctor und Professor der Theologie zu Berlin am 28. November 1889.

Im elterlichen Hause herrschte ein ernster, gottesfürchtiger Sinn. Das Vorbild der Eltern, von welchen der Vater als streng und gewissenhaft, die Mutter als eine Verkörperung der himmlischen Liebe geschildert wird, hinterließ in dem empfänglichen Gemüth des Knaben, dessen gesundes Aussehen und geistige Regsamkeit schon früh die Blicke auch ferner Stehender auf ihn lenkten, einen bleibenden Eindruck. Ueber das Stralsunder Gymnasium, welches er vom 7. bis zum 18. Lebensjahre besuchte, spricht er sich selbst in anerkennender Weise, wie folgt, aus: „Diese Anstalt gelangte in jener Zeit zu einer früher nie gesehenen Blüthe durch eine Reihe tüchtiger Männer, vorzüglich durch die Verdienste des Directors Dr. Kirchner, späteren Directors der Schulpforta, eines durch Gelehrsamkeit und echte Humanität ausgezeichneten Mannes. In den beiden oberen Klassen war ich mit Vorliebe den mathematischen Studien ergeben, die unter der Leitung eines vorzüglichen Mathematikers, des Professors Nizze, späteren Directors des Stralsunder Gymnasiums, standen.“ Gerade diese mathematische Ausbildung sollte ihm später zu statten kommen. Neben den Arbeiten für die Schule, in welchen er großen Fleiß und Gewissenhaftigkeit entwickelte, also daß es ihm an Anerkennung und Auszeichnungen nicht fehlte, vertiefte er sich in die Werke der deutschen Dichter. Auch behielt er noch Zeit, sich in mannichfacher Weise der Ausbildung seiner musikalischen Anlagen zu widmen. Von Instrumenten spielte er die Orgel und die Flöte. Für erstere hatte er sich selbst, die Nacht zu Hülfe nehmend, ein umfangreiches Choralbuch abgeschrieben. Auch des Singens war er kundig und wirkte als Bassist in einem tüchtigen Männerquartett mit.

Als er die Schule im Jahre 1829 mit Nr. 1 verließ, erhielt er von seinem Director das „Zeugniß der unbedingten Reife“. Als Studium wählte er sich Theologie und Philologie und wandte sich zunächst nach Berlin, wo gerade damals ausgezeichnete Kräfte thätig waren. Bestimmend für seine theologische Entwicklung wie für seinen späteren Lebensgang wurde die enge [65] Beziehung, in welche er als Schüler, Famulus und Reisebegleiter zu dem Kirchenhistoriker Neander trat. Drei Jahre blieb P. in Berlin und war während dieser Zeit fast täglich in dem Hause des von ihm hochverehrten Lehrers, welchem er als Corrector bei der Herausgabe seiner Kirchengeschichte hülfreiche Dienste leistete und auch späterhin in dankbarer Freundschaft verbunden blieb. Auch dem Philologen Boeckh, an dessen Seminar er theilnahm, trat er näher.

Mit welchem Fleiß der Jünger der Wissenschaft sich dem Studium hingab, beweist ein Brief, in welchem Neander seinem Vater rieth, er möchte den Sohn noch auf eine kleinere Universität senden, damit er dort durch das Studentenleben mehr von der strengen Arbeit abgezogen werde.

P. hatte nun die Absicht, ein viertes Jahr in Bonn zu studiren, wurde aber auf der Reise nach dort in Göttingen festgehalten. Nicht nur die schöne Lage des Ortes und das eigenartige Studentenleben, welches er in Berlin kaum kennen gelernt hatte, thaten es ihm an, sondern auch die gut ausgestattete Bibliothek. Ganz besonders aber fühlte er sich durch Lücke, an welchen Neander ihn empfohlen hatte, angezogen. Außer dem Verkehr mit Lücke war auch der mit Ritter, den Gebrüdern Grimm u. A. anregend und fördernd für ihn. Hier schloß er auch Freundschaft mit edlen ihm zusagenden Altersgenossen. Sein Interesse für die Mathematik dehnte er in Göttingen auf die Astronomie aus, welche ihn mit Gauß in nahen Verkehr brachte, der ihn am liebsten ganz und gar bei dieser Wissenschaft festgehalten hätte. Große Verehrung brachte er auch Harding entgegen, an dessen Ephemeriden er mitarbeitete, und dem er nach seinem von ihm tief betrauerten Tode als Anhang zu den Ephemeriden[WS 1] einen ehrenden Nachruf widmete. Göttingen hatte ihn auch nach Beendigung seiner Studentenzeit festgehalten, indem ihm daselbst eine Repetentenstelle übertragen wurde. Am 20. Juni 1835 wurde er auf Grund seiner Dissertation über die Chronologie des Lebens Jesu zum Licentiaten der Theologie ernannt. Von seiner Beschäftigung mit der alten Kirchengeschichte legten die Arbeiten über den Hymnus des Clemens von Alexandrien (Göttingen 1835) und über Melito (Studien u. Krit. 1837) Zeugniß ab. So wurde die Göttinger Zeit eine Zeit ernster und fruchtbarer Arbeit, die nur einmal durch eine größere Reise in die Schweiz unterbrochen wurde, welche zur Bekanntschaft mit Uhland und Schelling führte.

Auf Neander’s Veranlassung kehrte P. im J. 1840 nach Berlin zurück, wo er sich für das Fach der Kirchengeschichte habilitirte und damit in eine Periode seines Lebens eintrat, in welcher er der theologischen Wissenschaft neue Wege eröffnen und selbst zu seiner eigenartigen Bedeutung gelangen sollte. Nach zwei Jahren wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt.

Sehr bald zeigte es sich, welchem besonderen Gebiete der neue Kirchenhistoriker seine Arbeitskraft zunächst zuwandte. Es war die Reform des Kalenderwesens, auf welche er schon in seiner „Kirchenrechnung“ hingewiesen hatte, und der einzelne vorbereitende Studien, wie die über die Geschichte des Osterfestes und die Kalendarien Karl’s des Großen und der Angelsachsen voraufgingen.

Der bisherige Zustand des deutschen Volkskalenders erschien P. unhaltbar. Sollte der Kalender ein wirkliches Volksbuch für die evangelische Bevölkerung werden, so mußte nicht nur die bisher fehlende Einheitlichkeit in der Benennung der einzelnen Tage hergestellt, sondern auch darauf Bedacht genommen werden, daß eine größere Anzahl Namen durch neue ersetzt wurden, welche auf das Interesse der evangelischen Kalenderleser rechnen durften. Dabei [66] mußten viele katholische Heilige, zumal die, welche nie als solche gegolten hatten, evangelischen Glaubenszeugen weichen. Auf Anordnung des Königs Friedrich Wilhelm IV., welcher diese Kalenderreform besonders begünstigte, wurden P. nun aus aller Herren Ländern, in denen überhaupt Kalender erschienen, Probeexemplare für seine mühselige vergleichende Arbeit zugesandt. Als Frucht derselben erschien ein „Verbesserter evangelischer Kalender“, der mit dem Jahre 1850 begann und mit dem Jahre 1870 abschloß. Durch Gewinnung einer großen Anzahl tüchtiger Mitarbeiter begann der Herausgeber seinen weiteren Plan, ein evangelisches Volksbuch zu schaffen, dadurch zu verwirklichen, daß er der neuen Namenreihe die entsprechenden Lebensbilder folgen ließ, von welchen er selbst mehrere verfaßte. Dieselben erschienen späterhin unter dem Titel „Zeugen der Wahrheit“ als Sonderausgabe und erlebten sogar eine amerikanische Ausgabe. Mit dem zweiten Jahrgang erhielt der Kalender eine Abtheilung „Vermischte Aufsätze“ im Sinne der „gemeinnützigen“ Belehrungen, welche die Kalender zu bringen pflegten. Gerade in dieser Abtheilung finden sich werthvolle Untersuchungen von der Hand des Herausgebers. Einige derselben, wie: Christus in der Herrlichkeit, dargestellt in Mosaiken der alten Peterskirche (II, 50–52), Christus der gute Hirte (III, 19–25), die Grabinschriften der alten Christen (VI, 28–58), die Abnahme Christi vom Kreuz am Externstein in Westfalen (VII, 59–64), die Himmelsleiter (VII, 65–77), Christi Geburt, Tod und Auferstehung nach den ältesten christlichen Kunstdenkmälern (VIII, 37–54) weisen bereits auf das Gebiet der christlichen Alterthumswissenschaft hin, welches die eigentliche Domäne des Piper’schen Forschungstriebes werden sollte. Fast gleichzeitig mit dem verbesserten evangelischen Kalender erschien die durch P. besorgte amtliche Ausgabe des „Vergleichenden Kalenders“ (1851–1880), welche bis 1872 den Zusatz führte: „aus dem königl. preuß. Staatskalender (Staats-Handbuch) besonders abgedruckt“. Wurde der „Verbesserte ev. Kalender“ auch nicht behördlicherseits eingeführt, weil die Eisenacher Kirchenkonferenz das ablehnte, so hat er doch eine große Verbreitung gefunden. Auch wurde er in die „Unveränderlichen Tafeln“ des astronomischen und chronologischen Theils des preußischen Normalkalenders aufgenommen, welche im J. 1873 herausgegeben wurden. In etwas veränderter Form erschien die durch vorgenommene Vergleichungen verbesserte Piper’sche Namenreihe dann in dem „Normalkalender für das deutsche evangelische Volk“, welchen der Ev. Oberkirchenrath im J. 1876 herausgab. Das letzte Wort sprach der Verfasser in Angelegenheit seines Kalenders in zwei Artikeln, welche in der Neuen evangel. Kirchenzeitung 1871, Nr. 24 f. und in der Kreuzzeitung vom 22. Februar 1876 erschienen. Durch die Vorlesungen, welche P. über die christliche Alterthumswissenschaft vorbereitete, erkannte er, wieviel andere Nationen, zumal Italiener und Franzosen, den Deutschen hierin voraus waren, und daß gerade in den christlichen Bildwerken und Denkmälern ein bisher wenigstens von den deutschen Kirchenhistorikern noch fast ganz vernachlässigter Quellenschatz zu heben war. Gerade für die Auffassung, welche die Künstler und ihre Zeitgenossen selbst hatten, insofern die sittliche Erregung wie der sittliche Charakter jedes Zeitalters in ihnen sich darstelle, waren diese Monumente, besonders in Zeiträumen, für welche die schriftlichen Quellen nur spärlich flossen, vielfach geradezu Quellen ersten Ranges. So wurde P. der Schöpfer einer ganz neuen Disciplin, welche er „Monumentale Theologie“ nannte. Die erste Frucht dieser Arbeiten war seine Mythologie und Symbolik der Christlichen Kunst, welche aber leider auf die beiden Abtheilungen des ersten Bandes (1847 u. 1851) und auf die Mythologie beschränkt blieb. In derselben ist der Nachweis [67] geführt worden, daß zahlreiche mythologische Stoffe von der alten christlichen Kunst aus dem Heidenthum übernommen wurden und auf die christlichen Darstellungen Einfluß gewannen. Diese Arbeiten erforderten nicht nur ein Studium der Monumente an Ort und Stelle, wofür namentlich die Gräber der alten Christen reiche Ausbeute lieferten, sondern auch ein Sammeln derselben, soweit sie durch Abdrücke und Bildwerke sich beschaffen ließen. Das gab Anlaß zu wiederholten Forschungsreisen nach Italien (das erste Mal 1853–54), Frankreich und England (1857). In Italien, wo P. fünf Mal weilte, zogen besonders Ravenna und Rom ihn an. Mehrfach mußte er darüber nach seiner Rückkehr dem König Friedrich Wilhelm IV. und der Königin Vortrag halten. Ebenso hielt er in dem wissenschaftlichen Kunstverein, dessen Vorsitzender er war, über seine Reisen und Studien verschiedene dankbar aufgenommene Vorträge.

Schon im J. 1849 legte P., um für seine Zuhörer das nötige Anschauungsmaterial zu schaffen, in dem christl. Museum den Grund zu einer Schöpfung, die ihm selbst die liebste Arbeitsstätte werden sollte, und wo er auch die archäologischen und epigraphischen Uebungen abhielt, bei welchen er immer einen Kreis interessirter Schüler um sich zu sammeln und zu fesseln wußte. Durch einen staatlichen Zuschuß von jährlich 1500 Mark, sowie durch geschenkweise Zuwendungen und die treue, unermüdliche Sammlerthätigkeit seines Gründers und Directors gelangte das christliche Museum bald zu einem ansehnlichen Bestande, dessen werthvollstes Stück neben den großen litterarischen Werken ein Gypsabguß vom Sarkophag des Junius Bassus, eines römischen Stadtpräfekten aus dem 4. Jahrhundert, war. P. hatte sich, um die Abformung dieses in der Krypta der Peterskirche befindlichen Sarkophags, welcher reich mit altchristlichen Skulpturen ausgestattet ist, zu erlangen, erst die directe Erlaubniß des Papstes erwirken müssen. Von seiner letzten Reise, welche ihn 1869–70 über Italien bis nach Griechenland, Constantinopel und Smyrna führte, brachte er ein anschauliches Modell von einem Theile des Cömeteriums von St. Agnese zu Rom in 1/20 der natürlichen Größe mit. Ein besonders reges Interesse wandte seinen Bestrebungen der damalige Kronprinz, nachherige Kaiser Friedrich, zu, welcher mit P. auf seinen Reisen wiederholt zusammentraf und ihn auch in seinem Museum besuchte. Letzteres befand sich anfangs in ziemlich beschränkten Räumen des Universitätsgebäudes, wovon nur zwei freundliche, nebeneinander gelegene Zimmer, deren größeres zugleich als Hörsaal diente, eine Ausnahme machten. Das jetzt würdiger untergebrachte Museum schmückt seit dem Tode seines Begründers ein schönes Oelbild desselben, welches schon vorher ungenannte Freunde zu diesem Zweck gestiftet hatten.

Mit dem Ausbau der im Museum vereinten Sammlungen gingen Hand in Hand die Vorarbeiten für das zweite größere wissenschaftliche Werk, welches P. veröffentlichte. Schon im 15. Bande der 1. Auflage der Herzog’schen Realencyklopädie (1862) war ein Artikel aus seiner Feder über die monumentale Theologie erschienen, welchem 5 Jahre später das umfangreiche Werk über die „Einleitung in die monumentale Theologie“ nachfolgte. Es sollte in eine theologische Wissenschaft einführen, welche sich über den Monumenten aufbaut, die nicht bloß zur gelegentlichen Verwendung ihres Quellenwerthes beachtenswerth erscheinen. Ein großer Fleiß ist dabei auf den Nachweis verwandt worden, inwiefern die kirchlichen und weltlichen Geschichtswerke von der patristischen Zeit bis zum 16. Jahrhundert auf die Monumente eingehen. Was P. bei seinen Bestrebungen für die Monumentale Theologie vorschwebte, und wie er sich den Ausbau seiner Wissenschaft dachte, darüber hat er sich [68] selbst noch am Ende seines Lebens, wie folgt, ausgelassen: „Auf dem Wege, die ganz versäumte christliche Archäologie dem theologischen Studium zu vindiciren, lag mir ob die stets sich erneuernde Ausarbeitung der Vorlesungen, welche, ihrer sechs an der Zahl, zu einem Cursus von 3 Semestern sich gestalteten über Disciplinen, die sämmtlich erst geschaffen werden mußten: Archäologie der biblischen Urgeschichte und des Lebens Jesu, Monumentale Kirchengeschichte, Monumentale Dogmatik, Archäologische Kritik und Hermeneutik, Epigraphik des christlichen Alterthums, Quellenkunde der Kirchengeschichte. Die Herstellung von Lehrbüchern, auf die es zugleich abgesehen ist, hat noch nicht zum Abschluß gebracht werden können. Aber die Manuskripte sind vollständig und weit über die direkte Erforderniß der Vorlesungen ausgearbeitet.“

Daß diese Art, die Monumente nur nach ihrem verschiedenartigen Inhalt zu behandeln, ohne auf ihr Verhältniß zur Entwicklung der Kunst selbst näher einzugehen, trotz der geistvollen Behandlungsweise doch den Monumenten nicht ganz gerecht wurde, ist zwar längst erkannt worden, kann aber dem Verdienste Piper’s um die christliche Alterthumskunde keinen Abbruch tun.

Ein Ehrentag war für den unermüdlichen Forscher der 20. Juni 1885, an welchem er sein 50jähriges Licentiatenjubiläum feiern konnte, wozu ihm der Kaiser am Abend vorher das Ritterkreuz vom Hausorden der Hohenzollern überreichen ließ, während der Kronprinz in einem gnädigen und herzlichen Schreiben gratulirte. Ebenso wurden dem Jubilar seitens des Ministers, sowie der akademischen Behörden und Schüler Glückwünsche dargebracht.

P. war unverheirathet, aber zum Bewußtsein, daß er das Leben eines Junggesellen führe, ist er deshalb doch nicht gekommen. Denn seine ihm congeniale Schwester Luise, deren Andenken mit dem des Bruders für alle Näherstehenden unzertrennbar verbunden ist, wußte ihm sein häusliches Leben so behaglich zu gestalten und ging in seinen Bestrebungen und Arbeiten so auf, daß hier wohl von dem schönen Anblick einer geistigen Geschwisterehe gesprochen werden konnte.

War P. in seinen Vorlesungen ein Lehrer, welcher seine Zuhörer allezeit anzuregen verstand, so machte er zu Hause neben seiner Schwester in liebenswürdigster Weise den Wirth und hatte seine besondere Freude daran, wenn er akademische Bürger aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands und dem Auslande – waren doch mehrfach auch Griechen bei ihm zu treffen – um sich versammeln konnte. Neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten behielt er noch Zeit, auch den großen Tagesereignissen des In- und Auslandes sein Interesse zuzuwenden. Ein Gedenkbuch, welches seine Schwester ihm mehrere Jahre nach seinem Tode geweiht und seinen Freunden gewidmet hat, enthält nicht nur Proben seiner dichterischen Begabung, sondern auch seiner vaterländischen Gesinnung, wovon besonders das „Deutsches Lied“ überschriebene letzte Gedicht der Sammlung Zeugniß ablegt.

Im Sommer 1889 hatte P. auf einer Reise nach Rügen sich schon nicht mehr ganz wohl gefühlt, ohne weiter etwas darauf zu geben, da er sonst immer gesund gewesen war. Im November kam dann aber die Krankheit zum Ausbruch. Es fing mit Congestionen nach dem Gehirn an. Bis zum 22. November konnte er noch seine Vorlesungen halten, dann entwickelte sich eine entzündliche Krankheit, welche seinem Leben am 28. November ein sanftes Ende bereitete.

F. Piper: „De externa vitae Jesu chronologia recte constituenda (Dissertatio inaug.)“, Göttingen 1835; „Kirchenrechnung“, Berlin 1841; „Geschichte des Osterfestes seit der Kalenderreformation“, Berlin 1845; „Mythologie und Symbolik der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis ins [69] 16. Jahrhundert“, Bd. I, Abth. 1, Weimar 1847, Abth. 2, 1851; „Ueber die Gründung der christlich-archäologischen Kunstsammlung bei der Universität zu Berlin und das Verhältniß der christlichen zu den klassischen Alterthümern“ (Vortrag), Berlin 1851; „Das christliche Museum der Universität zu Berlin und die Errichtung christlicher Volksmuseen“, Berlin 1856; „Karl’s des Großen Kalendarium und Ostertafel (nebst Anhang über die lateinischen und griechischen Ostercyklen des Mittelalters)“, Berlin 1858; „Die Kalendarien und Martyrologien der Angelsachsen sowie das Martyrologium und der Komputus der Herrad von Landsperg“, Berlin 1862; „Ueber die Einführung der monumentalen, insbesondere der christlich-monumentalen Studien in den Gymnasial-Unterricht“, Berlin 1867; „Monumentale Theologie“, in Herzog’s Realencyklopädie 1862 (1. Aufl.) und 1885 (2. Aufl.); „Einleitung in die monumentale Theologie“, Gotha 1867; „Das christlich-archäologische Museum an der Universität Berlin“, Gotha 1874; „Die Zeugen der Wahrheit, Lebensbilder zum evangelischen Kalender auf alle Tage des Jahres“, 4 Bde., Leipzig 1874–75; „Ueber den Gewinn aus Inschriften für Kirchen- und Dogmengeschichte“ (in den Jahrbüch. f. deutsche Theologie) 1876; „Zur Geschichte der Kirchenväter aus epigraphischen Quellen“ (in Zeitschr. f. Kirchengesch.), 1876; Artikel „Kalender“ in Realencyklopädie f. Th. u. K. 1880 (2. Aufl.); „Die monumentale Ausschmückung der Schloßkirche in Wittenberg. Bedenken und Wünsche“, Berlin 1886.

Luise Piper, Lied und Leben, Erinnerungen an Ferdinand Piper. Berlin 1897. – Zoeckler, Artikel „Kalender“ in R.-E. 3. Aufl. – Hauck, Artikel „Piper“ in R.-E. 3. Aufl.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Epheremiden