ADB:Plato, Georg Gottlieb

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Artikel „Plato, Georg Gottlieb“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 74–75, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Plato,_Georg_Gottlieb&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 10:40 Uhr UTC)
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Plato: Georg Gottlieb P., sonst Wild genannt, Syndikus zu Regensburg, Numismatiker und Historiker, geboren zu Regensburg am 22. Mai 1710 als zweiter Sohn des Johann Christoph Wild, Mitglied des inneren und geheimen Rathes von Regensburg, Praeses consistorii und Proto-Scholarchen, Directors des Steueramtes und ersten Deputirten des reichsstädtischen Regensburgischen Directoriums, † zu Regensburg am 8. September 1777. Ein alter Freund seines Vaters, der unverheirathete Joh. Heinrich Plato, ebenfalls Regensburger Rathsherr, Assessor des Consistoriums daselbst, Pfalzgraf, Advocat des kais. Kammergerichts u. s. w. († 1726) adoptirte Georg Gottlieb unter dem 29. Juni 1724 und bestimmte, daß dieser den Namen Plato, sonst Wild führen solle. Der junge Plato-Wild widmete sich, nachdem er das protestantische Gymnasium seiner Vaterstadt absolvirt hatte, anfangs in Straßburg 21/2 Jahre dem Studium der Arzneiwissenschaft. In Leipzig setzte er seine Studien fort, vertauschte aber nun die Medicin mit der Rechtswissenschaft. Nach lehrreichen Reisen durch verschiedene Theile Deutschlands kehrte er 1737 in seine Vaterstadt zurück, wurde dort alsbald Stadtgerichtsbeisitzer, 1742 Syndikus (dem auch die geheime Registratur der Stadt übertragen war) und 1743 zugleich Stadtschreiber. 1760 wurde er von der jungen Akademie der Wissenschaften zu München zu ihrem Mitgliede gewählt. In seinen Mußestunden widmete er sich mit Erfolg historischen und besonders numismatischen Studien. Als Früchte der ersteren sind zu nennen: „Ursprung des Regensburgischen Hansgrafenamtes“ (1762), und: „Muthmaßungen, daß die Bajoarii nicht von den Gallischen Bojis, sondern von den Longobardis abstammen und ein Zweig dieser Nation seien“ (Regensburg 1777). Das Verdienst der letzteren Schrift liegt darin, daß Plato als der erste im Widerspruch mit der communis opinio seiner Zeit der seit Enea Silvio, Veit Arnpeck und Aventin aufgekommenen, ganz verfehlten Ansicht von der bojischen, keltischen Abstammung der Baiern entgegentritt und diese „als einen Zweig der angesehenen Teutschen Nation betrachtet“. Vor ihm hatte Joh. Heinr. v. Falckenstein in seiner Geschichte Bayerns (1763) die Baiern zwar von den Bojern abgeleitet, diese aber als Stammväter der Sueven (!) und ein germanisches Volk beansprucht. P. führte aus, die keltischen Bojer seien theils vernichtet worden, theils nach Gallien gezogen. Dagegen werde durch manche Aehnlichkeiten, welche zwischen den Bajoariern und Longobarden bestehen (sprachliche Gründe werden gestreift, aber nicht in gebührendem Maße betont), die Vermuthung geweckt, daß diese Völker gleichen Ursprungs oder daß die Baiern vielleicht ein Zweig der langobardischen „Nation“ seien. P. war insofern auf der richtigen Fährte, als die [75] Baiern gleich den Langobarden (und Schwaben) der suevischen Völkergruppe der Germanen zugehören.

Wie in diesem Gedanken, war P. in mannichfacher Richtung seiner Zeit voraus. Von einem numismatischen Forscher wird die Einfachheit seines Stils, die Klarheit seiner Gedanken, die Vorsicht seiner immer gediegen begründeten Behauptungen gerühmt. Er war der erste Regensburger Specialnumismatiker und ist auf lange der einzige geblieben. Als sein numismatisches Hauptwerk darf man hervorheben: „Regensburgisches Münzcabinet oder Verzeichniß der des hl. röm. Reiches freien Stadt Kurrent- und Schaumünzen, nebst einem Anhange von den bischöflich regensburgischen Münzen“. 1769 erschienen, erlebte das verdienstliche Werk noch zwei Auflagen, 1779 und 1799. Neben seinen Druckschriften zeugt ein ungemein ausgedehnter und theilweise noch heute beachtenswerther handschriftlicher Nachlaß Plato’s von dem unermüdlichen Eifer, mit dem der tüchtige Gelehrte die Geschichte, Rechtsgeschichte, Münz- und Wappenkunde seines bairischen Heimathlandes und vor allem die seiner altberühmten Vaterstadt zu fördern suchte. Eine Reihe von Handschriften aus seinem Nachlasse befindet sich jetzt in der Münchener Hof- und Staatsbibliothek (cgm. 5549–5555; 5670; 5671; clm. 27 075). Diese beziehen sich auf die Geschichte der Stadt Regensburg und des Regensburger Rechtes (de statutis et ordinantionibus reipublicae Ratisbonens. ante finem saec. 14 emanatis … juncta brevis juris Ratisb. historia), auf das Regensburger Münzwesen, auf die Münzen und Siegel der deutschen Kaiser und Könige und auf die Wappen der Fürsten von Baiern von Heinrich dem Stolzen bis auf Max Emanuel. Andere Theile seines handschriftlichen Nachlasses bewahren die Regensburger Kreisbibliothek, die Sammlungen des historischen Vereins in Regensburg, die des Grafen v. Walderdorff und des Herrn Hauptmanns Neumann.

Westenrieder, Gesch. d. Ak. d. Wiss, in München I, 50, 71, 109, 128, 443. – Hirsching, Histor.-litterar. Handbuch VIII, 46. – Meusel, Lexikon der von 1750–1800 verstorbenen Teutschen Schriftsteller X, 452. – Cl. Al. Baader, Lexikon verstorbener bair. Schriftsteller I b, 146 flgd. – Schratz, Ueber Plato-Wild und die regensburgische Münzkunde (Numismat. Zeitschr. XIII, 1881, S. 330 flgd.). Hier überall auch Schriftenverzeichnisse, bei Schratz, S. 335 flgd. auch nähere Angaben über den handschriftl. Nachlaß und S. 337 Nachrichten über ältere Regensburger Wild (1395 Jörg W. im Rathe der Stadt; 1481 Leonhard W. aus Regensburg, Buchdrucker in Venedig). – Ferner vgl. Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg, Bd. 33, S. 169.