ADB:Reissenberger, Ludwig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Reissenberger, Ludwig“ von Fritz Reissenberger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 295–296, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Reissenberger,_Ludwig&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 11:21 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Reischl, Thomas Alois
Nächster>>>
Reitzel, Robert
Band 53 (1907), S. 295–296 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ludwig Reissenberger in der Wikipedia
Ludwig Reissenberger in Wikidata
GND-Nummer 101997671
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|53|295|296|Reissenberger, Ludwig|Fritz Reissenberger|ADB:Reissenberger, Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=101997671}}    

Reissenberger: Ludwig R., † am 27. November 1895 als Gymnasialprofessor d. R. in Hermannstadt (Siebenbürgen). Am 23. Januar 1819 in einer 1752 nach Hermannstadt eingewanderten österreichisch-evangelischen Transmigrantenfamilie geboren, zog er nach Absolvirung des Gymnasiums nach Berlin. Dove, der Physiker und Mineralog, und Ritter, der Geograph, sind für ihn von besonderem Interesse und Einfluß gewesen. Auf der Heimkehr 1839 machte er eine große Fußreise durch Deutschland und die Schweiz bis in das Oberitalienische. 1848–49 war er in der Freiwilligenschar der sächsischen Nationalgarde. Sein weiteres Leben verlief ruhig. Mit Ausnahme wissenschaftlicher Ausflüge und Reisen in Siebenbürgen blieb er immer in Hermannstadt. Die österreichische Regierung bezog in den 50er Jahren Siebenbürgen in den Kreis auch ihrer wissenschaftlichen Thätigkeit. Die k. k. Commission für Meteorologie ernannte R. zu ihrem Correspondenten, ebenso die Centralcommission für Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale zu ihrem Conservator. Er fand dadurch vielfache Anregung und Förderung. 1863–82 war R. Custos des Baron Brukenthal’schen Museums (Bibliothek, Gemäldesammlung u. s. w.). 1880 legte er die Lehrerstelle am evang. Gymnasium nieder, an dem er, seinem polyhistorischen Wissen und dem Charakter seiner ersten Lehrerzeit entsprechend, in fast allen Gegenständen unterrichtet hat.

Seine wissenschaftliche Thätigkeit bewegte sich in zwei Richtungen: der Meteorologie und der siebenbürgischen Kunstgeschichte, und war ausgezeichnet durch die Ausdauer, mit der er das Begonnene fortsetzte und zu Ende führte. Im Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde (XXII ff.) veröffentlichte R. 1890 ff. sein 30jähriges meteorologisches Beobachtungsmaterial (1851–1880): „Die meteorologischen Elemente und die daraus resultirenden klimatischen Verhältnisse von Hermannstadt“. Daß dieser großangelegten Arbeit Veröffentlichungen kleinerer Vorarbeiten vorausgingen, ist selbstverständlich. 1845–69 hat R. barometrische Höhenmessungen in Siebenbürgen vorgenommen, infolge dessen häufig als erster Gelehrter die Höhen des siebenbürgischen Karpathenwalles kennen gelernt und wesentlich zu ihrer Erforschung beigetragen. „Zur Höhenkunde von Siebenbürgen“ (in Verhandlungen und [296] Mittheilungen des siebenb. Vereins f. Naturwissenschaften XX, 1869, und Hermannstädter Gymn.-Programm 1869) faßt die Resultate zusammen.

Zeitlich parallel, auch schon durch die Forschungsreisen im Lande, die beiden Zwecken dienten, laufen seine Studien zur Kunstgeschichte des Landes, d. i. des sächsischen Volkes. 1857 veröffentlichte R. in den Publikationen der Centralcommission (Wien) eine Beschreibung der (romanischen) Michelsberger Burg (Bauzeit Anfang des 13. Jahrh.), 1860 im Auftrag der Commission die der Klosterkirche in Curtea d’Argis (Romänien; damaliges österr. Occupationsgebiet, Bauzeit Ende des 15. Jahrh.). Anschließend erhielt er den Auftrag, die evangelische Pfarrkirche in Hermannstadt kunstgeschichtlich zu untersuchen und zu bearbeiten (Bauzeit 2. Hälfte des 15. Jahrh. u. flg.). Das Jahr 1867 unterbrach diese Beziehungen und die Arbeit erschien erst 1884. Als größere Arbeiten sind noch zu erwähnen: „Ueberreste der Gothik und Renaissance an Profanbauten in Hermannstadt“ (1888) und „Die Kerzer Abtei“ (1894). Im Hermannstädter Gymnasial-Programm (1878–82) veröffentlichte er die siebenbürgischen Münzen des Baron Brukenthal’schen Museums.

Eine Arbeit über siebenbürgisch-sächsische Goldschmiede hat R. viele Jahre beschäftigt. Er bearbeitete „Kirchliche Kunstdenkmäler aus Siebenbürgen“, 2 Hefte, 1878 u. 1895, ebenso 1884 die Arbeiten des Hermannstädter Goldschmiedes S. Hann, beides herausgegeben vom Verein f. siebenb. Landeskunde. Reiches Material, auch an Photographien, und einige Druckbogen hat R. hinterlassen.

Das wissenschaftliche Leben, das in den 1840er Jahren bei den Siebenbürger Sachsen sich neu entfaltete, wurde auf den angeführten Gebieten durch fast zwei Menschenalter von R. getragen, in Meteorologie von ihm auch eingeleitet. Was D. Teutsch inbezug auf die Erforschung der Baudenkmäler und Kunstärchäologie von R. sagt: „So hatte er sich durch nie ruhenden Fleiß auf diesem Gebiete zu einer Autorität unter uns heraufgearbeitet“, das kann auch von Reissenberger’s Arbeit und Wissen inbezug auf siebenbürgische Meteorologie und naturwissenschaftliche Landeskunde überhaupt gelten. Der Geologe Schur rühmte schon 1849 Reissenberger’s Eifer und klare Beobachtungsgabe, seine strenge Wahrheitsliebe, Pünktlichkeit und Ausdauer, Eigenschaften, die er durch ein langes Gelehrtenleben geübt und bewährt hat.

Schriftsteller-Lexikon der Siebenbürger Deutschen, IV. Bd., von Dr. Fr. Schuller (Hermannstadt 1902), mit vollständigem Verzeichniß der Arbeiten. – Siebenb. Volksfreund (Hermannstadt 1895), Nr. 50 enthält eine Biographie.