ADB:Schroeder, Carl

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Artikel „Schroeder, Karl“ von Franz von Winckel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 523–524, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schroeder,_Carl&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 07:54 Uhr UTC)
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Schroeder: Karl Ludwig Ernst S., geboren zu Neustrelitz am 11. September 1838, † am 7. Februar 1887. Als Sohn des Rectors der dortigen Mädchenschule, besuchte er das Gymnasium seiner Vaterstadt bis zum Herbst 1858, ging dann auf die Universität Würzburg und von da nach Rostock, wo er am 15. Januar 1864 auf Grund seiner Dissertation, welche sich auf Untersuchungen über den Gehalt der exspirirten Luft an Kohlensäure bei Tuberculose und Emphysem bezog, nach bestandenem Staatsexamen promovirt wurde. Er war dann Assistent des inneren Klinikers Theodor Thierfelder, bis er einer Aufforderung des damals nach Bonn übersiedelnden Gynaekologen Gustav Veit folgend, mit diesem Ende März 1864 als Assistenzarzt nach Bonn ging. Bis dahin der Geburtshülfe und den Frauenkrankheiten durchaus nicht näher getreten, widmete er sich nun mit Feuereifer diesen neuen Fächern, schrieb schon nach kurzer Zeit über die Temperaturverhältnisse der Wöchnerinnen, besonders aber die Aufsehen erregenden kritischen Untersuchungen über die Diagnose der Haematocele retrouterina, dann Beiträge zur Beckenmessung an der Lebenden, zur Behandlung der Inversio uteri und eine kleine Monographie, „Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“ betitelt. Im Sommersemester 1866 habilitirte er sich für Gynaekologie in Bonn. 1868 wurde er als außerordentlicher Professor zur Unterstützung Roßhirt’s nach Erlangen berufen, und schon ein Jahr später Ordinarius daselbst und Director der Universitätsfrauenklinik. 1870 erschien sein „Lehrbuch der Geburtshülfe“, welchem er schon 1874 – in dem großen Handbuch der Pathologie und Therapie von Ziemssen – ein „Lehrbuch der Frauenkrankheiten“ folgen ließ. Beide Werke haben sowohl wegen ihrer knappen, fließenden, klaren Darstellung, als wegen der gründlichen Verwerthung der Physiologie und pathologischen Anatomie, und der gewissenhaften Berücksichtigung der Geschichte und Litteratur dieser Fächer ganz außerordentlichen Erfolg bei Studirenden und Aerzten gefunden und sind bis zu seinem Tode in 8 und 9 Auflagen erschienen. Als daher am 5. December 1875 der Leiter der Berliner Universitäts-Frauenklinik, Eduard Martin, gestorben war, folgte Karl S., damals mit Recht schon als der erste Gynaekologe Deutschlands anerkannt, ihm auf diesem Lehrstuhl im Frühjahr 1876. Er kam nach Berlin als eben die von Lister begründeten Lehren über Wundbehandlung überall in Deutschland siegreich durchgedrungen waren. Und S., der ein eminent operatives Talent hatte, hat die Verwerthung jener Lehren bei der Exstirpation des carcinomatösen Uterus, ferner großer Geschwülste der Eierstöcke und Gebärmutter sich in jeder Beziehung zu Nutzen gemacht, so daß er bald die besten englischen Operateure durch seine Erfolge in operativer Beziehung weit überflügelte. Zur Entwicklung und Förderung der Gynaekologie begründete er ferner mit Faßbender, Louis Mayer u. A. die bei F. Enke (Stuttgart) herausgegebene Zeitschrift für Gynaekologie, von welcher bis zu seinem Tode noch 13 Bände erschienen sind und in welcher die meisten seiner weiteren Arbeiten erschienen. S. hat eine Reihe von Operationen, so die supravaginale amputatio uteri, namentlich aber die Myomotomie mit intraperitonaealer Stielbehandlung, ferner die Enucleation der Myome in die operative Gynaekologie dauernd eingebürgert und durch Vereinfachung des Instrumentariums und der Assistenz wohlthätig gewirkt. Eine seiner Hauptaufgaben, die Erbauung einer neuen, allen hygienischen und sanitären Anforderungen entsprechenden Frauenklinik in Berlin hat er endlich in so glänzender Weise gelöst, daß ihm von der Hygiene-Ausstellungs-Jury in Berlin im Jahre 1883 ein Ehrendiplom deshalb ertheilt wurde. Leider sollte er sich dieser großartigen neuen Klinik, welche 1881 eingeweiht wurde, nicht mehr lange erfreuen. Schon im J. 1881 hatte er eine schwere Pneumonie zu überstehen, von der er sich nur langsam erholte; 1885 im Sommer traten Anfälle [524] von Herzschwäche ein, welche sich Februar und März 1886 wiederholten und endlich am 7. Februar 1887 unterlag er, nach nur 16tägigem Krankenlager einem schon längere Zeit bestandenen Gehirnabsceß, der in den rechten Seitenventrikel durchgebrochen war und dessen Entstehung räthselhaft geblieben ist. Als Mensch und Arzt, als Lehrer und Gelehrter, als Vater und Freund allseitig geliebt und verehrt, erregte sein so jäher Tod überall die tiefste Trauer. Seit 1866 mit Fräulein Anna Busch verheirathet, hinterließ er sechs Mädchen und drei Knaben. Die Zahl seiner Schüler und Assistenten ist eine sehr große; unter letzteren sind besonders R. Frommel, M. Hofmeier, H. Löhlein, C. Ruge, J. Veit als die hervorragendsten zu nennen.