ADB:Stirnbrand, Franz Seraph

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Artikel „Stirnbrand, Franz Seraph“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 256–258, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stirnbrand,_Franz_Seraph&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 05:16 Uhr UTC)
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Stirnbrand: Franz Seraph St., Porträtmaler, geboren um 1788 (nicht um 1794, wie Wurzbach sagt), unbekannt wo, † am 2. August 1882 zu Stuttgart, ein kroatisches Soldatenkind (?), erhielt seinen Namen von einer Brandwunde auf der Stirne, die er sich als Knabe im Hause seines Pflegevaters, des Rentamtmanns Joh. Bapt. Röser in Zellhof bei Linz, zuzog. Den ersten Unterricht gab dem zeichenlustigen Jungen in Enns, wohin ihn eine Schwester seines Pflegevaters nahm, deren Tochter, und vorübergehend der württembergische Maler Phil. Friedr. Hetsch, der sich auf der Rückreise von Rom krankheitshalber einige Zeit im Hause ihrer Mutter aufhielt. Aber mittellos, wie St. war, mußte er im J. 1805 Lehrling bei einem Zimmermaler in Linz werden; doch konnte er daneben wenigstens eine Sonntagszeichenschule besuchen. Eine ihm von dem durchreisenden Kaiser Franz angebotene Freistelle auf der Wiener Akademie [257] konnte er aus Mangel an Unterhalt nicht annehmen und blieb als Geselle in dem Hause seines Lehrherrn. Nachdem er einige Zeit noch Kunstunterricht bei dem Maler Anton Hitzenthaler genossen, kam er auf der Flucht vor militärischer Aushebung in Frankfurt a. M. zu einem Blechwaarenfabrikanten, dessen Geschäft er durch Bemalung von Dosen, Tassen etc. mit den Bildnissen Napoleon’s, der Kaiserin Marie Luise, Hofer’s, Schill’s u. a. emporbrachte. In einer vom Fürstprimas v. Dalberg im Englischen Hof errichteten Ausstellung fand der bald mit dem doppelten Wochenlohn bezahlte Geselle, der nun zu Hause arbeiten durfte und sich bei dem bekannten Sprachlehrer Meidinger einmiethete, Gelegenheit zum Sehen und Copiren von alten Gemälden und Kupferstichen. Dort lernte er auch den kunstfreundlichen französischen Gesandten, Graf Hetteauville, kennen, der sich von ihm malen ließ. Das gelungene Bildniß verschaffte ihm Kundschaft bei den französischen Officieren; aber durch den russischen Feldzug gingen die Geschäfte flauer und sein Fabrikherr mußte ihn entlassen. Er ging nach Stuttgart, faßte dort als Porträtmaler Boden und erwarb so viel, daß er im J. 1816 eine Reise nach seiner österreichischen Heimath machen konnte. Unterwegs überall Bildnisse malend, blieb er den Winter über in Linz, und ließ sich dann, nach vorübergehendem Aufenthalte zu Karlsruhe, wieder in Stuttgart nieder. Hier fand er jetzt an der Gemahlin des Herzogs Wilhelm von Württemberg eine treue Gönnerin. Auch deren Söhne, Graf Alexander, der Dichter, und Graf Wilhelm, der nachherige Herzog von Urach, und ihr Schwiegersohn, Graf v. Taubenheim, beehrten ihn später zeitlebens mit ihrer Freundschaft und mit Aufträgen. Ein gelungenes, von ihm 21 Mal copirtes Bildniß der im J. 1819 verstorbenen Königin Katharina von Württemberg, wozu ihm Dannecker seinen Rath lieh, brach ihm vollends Bahn in den Stuttgarter Kreisen. Von hier aus gut empfohlen, machte er im J. 1820, überall wieder viel porträtirend, eine Reise nach Belgien und Paris, und von da über Luxemburg und Trier nach Karlsruhe, wo er, mit mannigfachen Aufträgen von der großherzoglichen Familie betraut, vier Jahre verweilte. Im J. 1824 ging er nach Rom, malte Leo XII. für das Stift St. Florian bei Linz und fand im Umgange mit dem alten „Schwabenvater“ Jos. Ant. Koch und einigen Württembergern, dem kunstsinnigen Diplomaten Kölle, dem Kunstforscher Grüneisen, dem Maler Gegenbaur und dem Architekten Knapp u. a. mancherlei Genuß und Förderung. Nachdem er im Frühjahr noch Neapel und Sicilien besucht hatte, kehrte er über Venedig und Wien nach Karlsruhe zurück. Aber Mathilde, die Wittwe König Friedrich’s, berief ihn bald nach Ludwigsburg, von wo er erst im J. 1830 nach Stuttgart übersiedelte. Er baute sich dort ein eigenes Haus, in dem er Dichtern, wie Lenau, Geibel, Dingelstedt, Hackländer, Malern, Musikern, Schauspielern und Kunstfreunden aus allen Ständen eine edle Geselligkeit bot, unterstützt seit 1838 durch seine liebenswürdige Gattin, eine Tochter des Arztes und Naturforschers Dr. Hartmann in Göppingen, welche als Wittwe des Triester Kaufmanns und Consuls Guther in Stuttgart lebte. Seine echt österreichische Gemüthlichkeit, sein prächtiger Humor und seine zuverlässige Gesinnung gewannen ihm Freunde unter den Schwaben in einem Umfange, wie dies sonst selten einem Fremden gelungen ist.

Als Porträtist entfaltete St. eine sehr ausgedehnte Thätigkeit im königlichen Hause, dessen Haupt, König Wilhelm, er unzählige Male verewigte, in den Familien des Adels, in den Kreisen des Theaters und der höheren Beamtenschaft, stets sicher im Treffen, warmherzig in der Auffassung und von naiver Frische in den Farben. Der Mängel seiner autodidaktischen Kunstbildung blieb er sich wohl bewußt und wagte sich deshalb nur selten an Compositionen. Durch [258] gute Lithographien von Edinger waren einst viel verbreitet seine „Jahreszeiten“, dargestellt als vier schwäbische Landmädchen. Zwei Schlachtenbilder aus dem Jahre 1848: „Hauptmann Heintzmann im Gefecht bei Gernsbach“, und „Hauptmann Lipp im Gefecht bei Dossenbach“ erwarb König Wilhelm. Der neu eingerichteten katholischen Kirche in Cannstatt schenkte er einen h. Martin und eine Madonna als Altarbilder. Ein gutes Selbstporträt von ihm ist im Besitze von Stuttgarter Verwandten.

Vgl. die Nekrologe von J. H.(artmann) in der Schwäb. Chronik, Jahrg. 1882, S. 1299 (mit Erweiterungen abgedr. in dessen Mayer-Hartmannschen Erinnerungen S. 6 ff.) und von M. Blanckarts im (Stuttgarter) Neuen Tagblatt, Jahrg. 1882, Nr. 188 ff. – L. Schorn im Kunstblatt, Jahrg. 1821, S. 135. – Hackländer, Der Roman meines Lebens I, 284 ff. – Wurzbach, Biogr. Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Theil 39, S. 57 ff.