ADB:Thüngen, Johann Karl Graf von

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Artikel „Thüngen, Johann Karl Reichsfreiherr von“ von Carl von Duncker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 218–220, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Th%C3%BCngen,_Johann_Karl_Graf_von&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 10:56 Uhr UTC)
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Thüngen: Johann Karl Reichsfreiherr (später Graf) v. Th., kaiserlicher Generalfeldmarschall, Inhaber eines Infanterieregiments, geboren am 5. Februar 1648, † am 8. October 1709, der Sohn des Wolfgang Albertus v. Th. Nachdem Hans Karl v. Th. zu Schweinfurt, Gotha und Coburg den Studien obgelegen, trat er in herzoglich lothringische Kriegsdienste, und ward unter dem der Krone Spanien überlassenen Regiment des Obersten Maras anfangs Fourier, bald darauf Fähndrich und nach drei Jahren Oberstwachtmeister. Im J. 1673 erhielt er das Commando über eine Truppenabtheilung, mit welcher er einen in Burgund ausgebrochenen Aufstand niederschlug, nachdem er dessen Anstifter, den Marquis v. Listenois, geschlagen und einige feste Schlösser gebrochen. Bald [219] darauf ward er Oberstlieutenant und Commandant zu Besançon, mußte aber diesen Ort im Mai 1674 an die Franzosen übergeben. Als Adjutant des Prinzen von Vaudemont kämpfte er in der Schlacht bei Senef, verließ jedoch kurz darauf den Waffendienst und begab sich auf seine Güter. Er trat aber schon nach einigen Jahren bei den fränkischen Kreistruppen als Oberstlieutenant wieder ein, und im J. 1676 wurde ihm das Commando in Würzburg überantwortet. Im selben Jahre erhielt er das Commando über ein Regiment und führte dasselbe in zwei Feldzügen gegen Frankreich, 1683 commandirte er als Generalfeldwachtmeister die Truppen des fränkischen Kreises und machte mit denselben die Belagerung und Erstürmung von Neuhäusel (7. Juli bis 19. August 1685) mit. Mit Bestallung vom 14. October 1684 war er auch zum kaiserlichen Generalfeldwachtmeister ernannt worden. Als solcher erhielt er im Herbst 1685 (14. November) ein kaiserliches Werbpatent, das von Bamberg und Würzburg überlassene Regiment im Reich auf 2500 Mann zu verstärken und wohnte 1686 der Belagerung von Ofen bei. Generalfeldmarschalllieutenant wurde er am 4. October 1688 „in gnädigster Ansehung seiner hiezu tauglichen Capacität, bei jetzigem türkischen Krieg insonderheit Attakir- und glücklicher Eroberung Neuhäusel und Ofen, und sodann bei heutiger Campagna unter der Direction und Commando Unseres Markgrafen zu Baden Liebden gegen den Feind in Bosnien praestirten guten Kriegsdiensten erwiesenen tapfern Valors und in Kriegswesen erlangten Erfahrenheit“. 1689 stand er vor Bonn und Mainz. 1690 ernannte ihn der Kurfürst von Mainz zum Generalfeldzeugmeister und Obercommandanten über die Truppen und Festungen. 1692 befehligte er die Infanterie der Reichsarmee und wurde mit Patent dd. Laxenburg, 23. Mai, auch zum kaiserlichen Feldzeugmeister ernannt. Im J. 1696 beförderte ihn Kur-Mainz, und kurz darauf der Kaiser zum Generalfeldmarschall (Laxenburg, 9. Juni). In diesem Jahre fiel er einer französischen Partei aus Philippsburg in die Hände, als er in dem Lager des Markgrafen Ludwig von Baden gewesen, wurde aber nach vier Wochen gegen Erlegung von 5000 fl. freigelassen. Nach dem Frieden von Ryswik war Th. Commandant in Philippsburg (1698), und als der spanische Successionskrieg in Deutschland begann, stand er 1702 vor Landau und leitete den Angriff auf die Festung von der Nordwestseite. Im folgenden Jahre commandirte er in Philippsburg, rückte dann in die Stollhofner Linien und übernahm das Commando am Oberrhein. Er fungirte dann als Präses der Untersuchungscommission über FML. Graf Philipp Arco und GFW. Marsigli, wegen der am 8. September von diesen zu Alt-Breisach begonnenen Capitulationsverhandlungen, bevor noch alle Mittel der Gegenwehr erschöpft waren. Diese Commission begann anfangs December ihre Thätigkeit in Bregenz, ließ die vorgebrachte Rechtfertigung nicht gelten und über den Grafen Arco, wie über die Mitschuldigen, die volle Strenge der Kriegsgesetze walten. Arco wurde zum Tode verurtheilt und am 6. Juli 1704 zu Bregenz hingerichtet, Marsigli aller Ehren und Würden verlustig erklärt. 1704 befehligte Th. die Truppen am Oberrhein und in Schwaben; war dann als Bevollmächtigter bei den Verhandlungen wegen Auswechselung der in der Schlacht von Hochstädt am 15. September 1703 in Gefangenschaft gerathenen und in Ulm internirten 800 Preußen. Jedoch führten diese mit GL. Marquis d’Usson geführten Besprechungen zu keinem Ergebniß.

Am 2. Juli 1704 führte Th. zu Fuß im Treffen bei Donauwörth (Schellenberg) die kaiserlichen Grenadiere zum Angriff auf den Schellenberg und wurde bei dieser Attake verwundet. Als Ende August die alliirte Armee von Ulm abzog, übernahm das Corps Th. die Belagerung bis zu der am 11. September erfolgenden Capitulation. Nach der Einnahme von Landau, Trier und Trarbach erhielt er das Commando über die Postirungen am Rhein und am Neckar. [220] König Friedrich I. von Preußen verlieh ihm zu dieser Zeit den schwarzen Adler-Orden. 1705 sammelte Th. die Reichsarmee bei Lauterburg, leitete dann Ende September die Belagerung von Hagenau; 1707 befand er sich als Commandant in Philippsburg und übernahm trotz seiner Kränklichkeit das Armeecommando vom Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover. Th. starb am 8. October 1709 im Lager bei Speyer. Kaiser Joseph I. hatte ihn 1708 in den Reichsgrafenstand erhoben.

Th. gehörte zu den besseren Generalen seiner Epoche. Er war ein verständiger, ruhiger Truppenführer, der stets zielbewußt handelte und praktischen Blick bethätigte. Persönlich außerordentlich tapfer, haßte er die Franzosen mit deutscher Gründlichkeit.

In der letzten Zeit seiner militärischen Laufbahn wurde er ungemein von gichtischen Schmerzen geplagt, die ihn zeitweilig sogar an der Unterfertigung seines Namens hinderten und ihn oft wochenlang vom Dienste fern hielten.

Acten des k. u. k. Kriegsarchivs. – Feldzüge des Pr. Eugen v. Savoyen, herausgegeb. v. d. kriegsgeschichtl. Abthlg. d. k. u. k. Kriegsarchivs. – Gauhen, Genealogisch-historisches Adelslexikon. II. Bd. 1747.