ADB:Wilhelm II. (Graf von Jülich)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wilhelm (II.), Graf von Jülich“ von Woldemar Harleß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 92–94, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilhelm_II._(Graf_von_J%C3%BClich)&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 05:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 43 (1898), S. 92–94 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm II. (Jülich, Graf) in der Wikipedia
Wilhelm II. in Wikidata
GND-Nummer 108030472X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|43|92|94|Wilhelm (II.), Graf von Jülich|Woldemar Harleß|ADB:Wilhelm II. (Graf von Jülich)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=108030472X}}    

Wilhelm (II.), genannt der Große, Graf von Jülich aus dem von den alten Grafen im Jülichgaue (Gerhard um 1103) abzuleitenden Geschlechte, Sohn des Grafen Wilhelm I. und urkundlich mit diesem seit 1168 auftretend, jedoch anscheinend erst um 1183 Nachfolger des Vaters, gewann seinem Hause durch Verheirathung mit Alveradis, der Erbtochter des Edelherrn Albrecht von Molbach, die Grafschaft dieses Namens (mit dem jetzigen Dorfe und Rittergut Maubach im Kreise Düren als Mittelpunkt) nebst der Waldgrafschaft (dem comitatus nemoris), aus der sich später das Jülich’sche Amt Wehrmeisterei entwickelte. Zwischen 1185 und 1207 als Zeuge in Urkunden Kaiser Heinrich’s VI., der Könige Otto IV. und Philipp, der Kölner Erzbischöfe Philipp und Adolf erscheinend, ein thatkräftiger, aber auch zu Gewaltsamkeiten neigender Charakter, zählte W. gleich seinem Vater zu den angesehensten der aus Vasallen des Kölner Erzbischofs sich entwickelnden Territorialherren des Niederrheins. Auf dem Reichstage zu Mainz (1188) nahm W. mit vielen anderen Großen das Kreuz und folgte Kaiser Friedrich I. nach dem heiligen Lande. Er soll auch Heinrich VI. nach Italien begleitet und dessen Krönung durch Papst Cölestin III. (14. April 1191) beigewohnt haben. Nach Heinrich’s VI. Tode aber dem Erzbischofe Adolf von Köln zunächst in der Parteinahme für den von diesem am 9. Juni [93] 1198 in Köln zum Könige erhobenen Welfen Otto folgend, nahm W. an der Belagerung und Einnahme Aachens (10. Juli 1198) Theil, ebenso zwei Tage darauf an der Krönung Otto’s IV. durch den Kölner Erzbischof. Als sich dann 1204 in dem Kampfe zwischen Otto IV. und Philipp von Hohenstaufen die Dinge zu Ungunsten des Ersteren gewendet hatten und mit den meisten Reichsfürsten auch Adolf von Köln seinen früheren Schützling verließ, leitete W. im Auftrage des Erzbischofs geheime Unterhandlungen mit König Philipp ein, deren Ergebniß der förmliche Uebertritt Adolf’s zu Philipp auf einer Conferenz mit den Bischöfen von Trier, Speyer und Constanz zu Andernach (1. Nov. 1204) war. Ja nach Arnold von Lübeck soll sogar W. es gewesen sein, der die Verhandlungen mit Philipp begann und Adolf umzustimmen wußte. Als nun aber auf die Beschwerden König Qtto’s und anderer hin Papst Innocenz III. die Excommunication Adolf’s von Köln veranlaßt hatte und dieser am 19. Juni 1205 abgesetzt worden, um dem Propst Bruno von Bonn, Bruder des Grafen Heinrich von Sayn, Platz zu machen, entbrannten bald blutige Kämpfe im Erzstift. Und zur Vergeltung dafür, daß König Otto mit Herzog Heinrich von Limburg und den Kölnern das Schloß Hostaden, unweit Neuß, belagert und eingenommen, fielen Erzbischof Adolf, W. und der Graf von Hostaden in das Limburgische ein, alles mit Feuer und Schwert verwüstend. Des Herzogs Feste Roda (Herzogenrath) wurde bis auf den Grund zerstört und dabei auch die alte Linde, welche mit ihren riesigen Aesten der Burg Schutz und Zierde verlieh, zusammengehauen. Mittlerweile durchzog der Elect Bruno mit Heeresmacht verheerend die Gebiete des Grafen von Hostaden und das Jülicher Land, daselbst unter anderem die von W. mühsam gepflegte Weincultur vernichtend. W. wird nicht gefehlt haben, als am 27. Juli 1206 Otto’s IV. Niederlage bei Wassenberg dessen Stützen am Niederrhein brach und ihn veranlaßte, sich in das Stammland Braunschweig zurückzuziehen. Der definitive Umschwung zu Gunsten König Philipp’s und dessen feierlicher Einzug in Köln (15. April 1207) bewirkten im Zusammenhange mit der Fürsprache Philipp’s, daß W., der Graf Adolf von Berg u. a. m. von dem über sie verhängt gewesenen Kirchenbanne absolvirt wurden. Im nämlichen Jahre 1207 starb W. und zwar ist er während der Rückreise von Köln, wohin er sich wegen eines ihm widerfahrenen Unglimpfes begeben, auf offener Straße eines plötzlichen Todes verblichen. Das Zeugniß des Cäsarius von Heisterbach, der um dieselbe Zeit lebte und den Grafen als Kirchenschänder und Wüstling in den schwärzesten Farben schildert (s. Dialog. miracul. XII, 5), läßt an der Geschichtlichkeit dieses Vorgangs kaum zweifeln. W., der mit Vorliebe auf der wahrscheinlich von ihm ausgebauten Burg Nideggen im Roerthale residirte, hatte aus seiner Ehe mit Alveradis von Molbach nur einen Sohn Wilhelm, der aber schon in sehr jungen Jahren starb. Die Grafschaft vererbte auf Eberhard, aus der Jülich’schen Nebenlinie der Herren von Hengebach (Heimbach), Gemahl von Wilhelm’s Schwester Jutta, und da dieser seines Alters wegen die Regierung nicht antrat, auf dessen ältesten Sohn Wilhelm (III.). Derselbe empfing im Jahre 1209 vom Pfalzgrafen Heinrich die Belehnung mit Molbach und dem dazu gehörigen Walde als pfälzischen Lehnsstücken. Er war vermählt mit Mathilde, Tochter Herzogs Walram III. von Limburg und hatte von ihr zwei Söhne, Wilhelm (IV.) und Walram, Herrn von Bergheim. W. starb auf dem Kreuzzuge nach Aegypten 1219, nachdem er im nämlichen Jahre dem deutschen Orden das Reichslehen Bergstein und die Kirchen zu Nideggen und Siersdorf geschenkt hatte, hierdurch den Grund legend zu der spätern Commende Siersdorf der Deutsch-Ordens-Balley Altenbiesen.

Lacomblet, Urkundenb. I, II. – O. Abel, König Philipp der Hohenstaufe [94] (1852), bes. S. 182–184. – H. Leo, Die Territorien des deutschen Reiches im 13. Jahrh. I, S. 986 ff. – Chronica regia Coloniensis (Hannov. 1880) p. 175 ff. – A. v. Haeften, Ueberblick über die niederrh.-westfäl. Territorialgeschichte in der Ztschr. d. Berg. Geschichtsvereins II, S. 15 ff. – M. Aschenbroich, Beiträge zur Gesch. des Herzogth. Jülich I, S. 18 ff.