ADB:Wolfgang (Bischof von Regensburg)

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Artikel „Wolfgang, Bischof von Regensburg“ von Karl Uhlirz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 118–123, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wolfgang_(Bischof_von_Regensburg)&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 18:36 Uhr UTC)
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Wolfgang, Bischof von Regensburg (Weihnachten 972 bis zu seinem Tode am 31. October 994). Es fehlt an jedem Anhaltspunkt, um die Zeit seiner Geburt näher zu bestimmen, verbürgt aber ist, daß er ein Schwabe war, und eine spätere Ueberlieferung nennt Pfullingen als seinen Geburtsort. Auch die Namen seiner Eltern sind nicht bekannt, nur von einer Schwester seines Vaters, Namens Atta, erfahren wir, daß sie, als W. schon Bischof war, Zehnten in Rohrbach (Niederbaiern, bei Reisbach) zur Dotirung des Gotteshauses in Haberskirchen verwendete. Die Familie war freien, aber nicht adeligen Standes und hinreichend begütert, um dem Knaben eine gute Erziehung zu verschaffen. Ein Geistlicher führte den siebenjährigen in die Anfangsgründe des Wissens ein und der begabte Schüler machte bald solche Fortschritte, daß ihm der häusliche Unterricht nicht mehr genügte, weshalb ihn der Vater nach Reichenau brachte, dessen Klosterschule damals besonderen Rufes genoß. Auch hier benützte W. die Gelegenheit, sich die gelehrte Bildung dieser Zeit anzueignen, aufs beste, von nicht geringer Bedeutung für ihn war es aber, daß er in der Schule mit gut veranlagten und vornehmen Jünglingen zusammenlebte, von denen namentlich Heinrich, der Bruder des Bischofs Poppo I. von Würzburg, sich ihm in aufrichtiger Freundschaft verband. Dieser veranlaßte ihn auch, nach Würzburg zu kommen, wo der aus Italien berufene Grammatiker Stephan als Lehrer wirkte. Mit diesem aber hatte W. kein Glück; der scharfe, auf das Wesentliche gerichtete Verstand des aufgeweckten jungen Schwaben erregte die Eifersucht und den Zorn des dünkelhaften, in den formalen Gedankengängen der Berufsgelehrten jener Zeit befangenen Italieners, der den besserwissenden Schüler von seinem Unterrichte ausschloß, damit aber nur dessen Neigung zu selbständigem Innenleben verstärkte. Schon damals faßte dieser den Entschluß, in ein Kloster zu gehen, doch hielt ihn Heinrich zurück, der im J. 956 Erzbischof von Trier geworden war und den Freund mit sich nahm. In selbstloser Bescheidenheit lehnte W. eine ihm angebotene hohe Stellung ab und begnügte sich mit der Aufsicht über die Schule, wobei er nicht geringes Geschick und lebhaften Lehreifer bekundete. Wenn wir eine Urkunde Erzbischof Heinrich’s vom Jahre 963, die von Uultgangus cancellarius ausgefertigt worden ist, auf W. beziehen dürfen (Beyer, Mittelrhein. UB. 1, 276 nr. 217, Görz, Mittelrhein. Regesten 1, 282 nr. 993), so war W. außerdem in besonderer Vertrauensstellung als Kanzler thätig. In Trier hatte W. auch Gelegenheit, seine ideale Auffassung von strenger Beobachtung der Regel des hl. Benedict in die That umsetzen zu können, da der Erzbischof am Dome gemeinsames, geregeltes Leben der Geistlichen einführte, wobei er jedenfalls in dem Freunde, der endlich die Würde eines Decans annahm, den berufensten eifervollsten Mitarbeiter fand. Noch bevor diese Bemühungen rechten und dauernden Erfolg zeitigen konnten, starb Heinrich am 3. Juli 964 in Italien, nicht ohne vorher den Freund dem Kaiser empfohlen zu haben. So tief auch W. das Ableben des Erzbischofs betrauerte, so war es für ihn doch eine Befreiung von Verpflichtungen, die mit seinem innersten Wesen nicht zusammenhingen, es war daher für ihn auch in Trier keines Bleibens mehr. Mochte er hier manchen gleichgesinnten Genossen gefunden haben, so namentlich den Abt Wigger von S. Maximin, den Decan Ramuold, den Maximiner Mönch Adalbert, der dann Erzbischof von Magdeburg wurde, so waren doch gerade jene Absichten, auf die er das größte Gewicht legte, auf Widerstand gestoßen, den nur des Erzbischofs Machtgebot zurückgehalten hatte. So verließ er die Moselstadt mit dem festen Entschlusse, Mönch zu werden, und darin konnte ihn auch Erzbischof Bruno von Köln nicht beirren, zu dem er sich vorerst begab, obwol Wolfgang von der Persönlichkeit des Kölner Metropoliten, der wiederum seinerseits den vollen Werth des Gastes erkannte, den nachhaltigsten Eindruck mit sich nahm. [119] In der Heimath sollte W. noch den schwersten Kampf bestehen. Eltern und Verwandte hätten wol gerne gesehen, daß der Sohn, für dessen Ausbildung sie so viel gethan hatten, zu hoher geistlicher Würde emporsteige, und waren darüber enttäuscht, daß er die unter so günstigen Anzeichen eröffnete Laufbahn aufgeben wollte, sie machten daher alle Anstrengungen und waren zu allen Opfern bereit, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen, doch mußten sie dem festen Willen des gottergebenen, für seine Idee begeisterten Mannes weichen. Er suchte nunmehr das Kloster Einsiedeln auf, das sich durch die Strenge seiner Gewohnheiten großen Ruhm erworben hatte; hier begann er, nachdem die Probezeit unter Leitung des Abtes Gregor überstanden war, als Lehrer mit großem Erfolg zu wirken. Während seines Aufenthaltes in Einsiedeln kam er auch in persönliche Berührung mit dem Bischofe Ulrich von Augsburg (s. A. D. B. XXXIX, 215), der ihn zum Priester weihte und vielleicht auch seine Gedanken auf eine neue Thätigkeit lenkte, indem er ihn auf die Bekehrung der Ungarn wies, deren Fürst Geisa sich eben damals bei seinen Bestrebungen für die Einigung seines Volkes dem Christenthum und den Deutschen günstig zeigte. Später erzählte man, daß ein Traumgesicht, in dem einer der Helden der Askese und der Wohlthätigkeit, der h. Othmar, dem Einsiedler Mönche sein Schicksal voraus verkündete, den Ausschlag gegeben habe, eine fromme Sage, zu der vermuthlich der Umstand, daß W. in einer diesem Heiligen geweihten Kirche starb, den Anlaß gegeben hat. Vielleicht schon im Herbste 971, wahrscheinlicher aber im Frühjahr 972, brach W. mit geringem Gefolge auf, predigte eine Zeitlang in der Ostmark und begab sich dann in das ungarische Grenzland, um auch hier das Wort Gottes zu verkünden.

War die Mission mit unzureichenden Mitteln unternommen und entbehrte sie der nothwendigen hierarchischen Autorität, so konnte sie um so weniger Erfolg haben, als dem Einsiedler Mönch nicht Zeit gelassen wurde, diese Mängel etwa durch den Eindruck seiner Persönlichkeit auszugleichen, denn Bischof Piligrim von Passau (s. A. D. B. XXVI, 131), der jedenfalls besseren Einblick in die Sachlage hatte und wie andere deutsche Bischöfe seiner Zeit auf strenge Beachtung der episkopalen Rechte hielt, berief den wandernden Mönch, von dem er Kunde erhalten hatte, zu sich. Auch er erkannte in näherem Verkehr bald die ausgezeichneten Eigenschaften Wolfgang’s und bemühte sich, für ihn den rechten Platz ausfindig zu machen, wozu sich in nächster Nähe die beste Gelegenheit bot, da am 23. September 972 Bischof Michael von Regensburg gestorben war. Piligrim setzte alle Bedenken, welche der Erhebung eines fremden, armen und wenig angesehenen Geistlichen auf einen bairischen Bischofsstuhl entgegenstanden, bei Seite und erreichte es durch die Vermittelung des Grafen Berthold, daß der Kaiser seine Absichten billigte. Als die Zustimmung des Hofes in Passau eintraf, gelang es auch, den Widerstand des Auserwählten selbst zu überwinden. Die kaiserliche Abordnung geleitete ihn nach Regensburg, wo die Wahl durch Klerus und Volk stattfand, und darnach ging W. nach Frankfurt, um hier zu Weihnachten 972 aus den Händen des Kaisers, und zwar wenn nicht beide Biographen sich geirrt haben, Otto’s II., den Bischofsstab zu empfangen. Bald darauf wurde er in Regensburg von dem Erzbischofe Friedrich von Salzburg geweiht. Schon nach wenigen Monaten mußte er seinen Bischofssitz wieder verlassen, um sich in der zweiten Hälfte des Juni auf dem Hoftage in Worms einzufinden, wo Otto II. zum ersten Male nach dem Tode des Vaters die Großen des Reiches um sich versammelte. Mit Wolfgang’s Anwesenheit wird es zusammenhängen, daß damals die Urkunden für das von der Herzogin Judith besonders begünstigte Regensburger Nonnenkloster Niedermünster vom Kaiser bestätigt wurden. Auf der Rückkehr fand W. in Nördlingen eine Gesandtschaft aus Augsburg, [120] welche ihm den Tod des Bischofs Ulrich meldete und ihm die Bitte vorlegte, anstatt des erkrankten Erzbischofs Friedrich die Exequien zu leiten. W. entsprach dem und brachte am 7. Juli die Leichenfeier zu Ende, wofür er einen Ornat seines verstorbenen Gönners zum Andenken erhielt.

In seine Stadt zurückgekehrt, machte sich W. sofort daran, die Grundlage für sein ferneres Wirken zu schaffen. Er hatte erkannt, daß der Hebung des religiösen Lebens die Reform der Geistlichkeit vorangehen müsse und daß diese am besten durch Errichtung eines Musterklosters, welches als Vorbild und Pflanzschule dienen sollte, bewirkt werden konnte. Zu diesem Behufe trennte er das Kloster S. Emmeram von dem Domcapitel und bestellte den aus Trier berufenen Ramuold (s. A. D. B. XXVII, 222) zum Propste und im J. 975 zum Abte, wobei er sich aber einen bestimmten Einfluß auf die Oberleitung und die Oberaufsicht über das Kloster vorbehielt. Selbstverständlich wurde auch bei den Kanonikern des Domes strengere Zucht eingeführt. Eine zweite kirchliche Angelegenheit von größter Bedeutung, welche ihn gleich anfangs beschäftigte, war die Errichtung des Bisthums Prag. Die erste Anregung hierzu war bereits von Herzog Heinrich II. ausgegangen, die Ausführung erfolgte aber erst im J. 975 durch den Kaiser, wobei W. einen neuen schönen Beweis seiner Selbstlosigkeit gab, indem er auf seine bischöflichen Rechte über Böhmen verzichtete und dadurch die von ihm mit klarer Voraussicht als nothwendig erkannte Selbständigkeit des böhmischen Kirchenwesens ermöglichte. Auch der Colonisation der Besitzungen seines Hochstifts in der Ostmark widmete er rege Aufmerksamkeit und wählte mit großem Geschick als ersten Ausgangspunkt derselben Steinakirchen, an der Stelle gelegen, wo die von der Donau abzweigende Straße in das Erlafthal einmündet. Zunächst sollte allerdings sein umsichtiges Wirken eine Unterbrechung durch den Gegensatz der bairischen Liudolfinger gegen den Kaiser erfahren, welcher in den Jahren 974, 976 und 977 Baiern zum Schauplatze heftiger und verheerender Kämpfe machte. Da uns überliefert wird, diesem Streit sei Ramuold ausgewichen, indem er sich wieder nach Trier begab, so hat man seit Aventin’s Zeiten ähnliches auch für W. angenommen und man brachte damit die Erzählung von dem Aufenthalte des Heiligen an dem Abersee, welchen fromme Sage seit dem 14. Jahrhundert mit Wundergeschichten aller Art reichlich geschmückt hatte, in Verbindung. Es mag zugegeben werden, daß diese Geschichten einen Kern richtiger Ueberlieferung einschließen, da das Kloster Mondsee dem Regensburger Bischofe unterstand, W. jedenfalls öfters hier weilte, sicher in wirthschaftlichen Angelegenheiten, vielleicht aber auch, ebenso wie sich der hl. Ulrich nach Staffelsee zurückzog, hierher kam, um in der Einsamkeit des Alpenlandes sich frommen Uebungen und Betrachtungen hinzugeben, wobei er auch den zum Kloster gehörigen Abersee besucht haben kann. Gerne entfloh er der Stadt und erfreute sich, ebenso wie Ulrich, an den Schönheiten der Natur, verweilte in einsamem Gespräch mit einem vertrauten Geistlichen, wie Tagino, in dem schön gelegenen Weltenburg. Aber von einer mehrjährigen Weltflucht des thätigen und pflichtgetreuen Mannes kann im Ernste nicht die Rede sein, vollends nicht in den schweren Kriegsjahren, denn wir haben in zwei Urkunden Kaiser Otto II. (Mon. Germ. DDO. II, 204, 205) Belege dafür, daß W. gerade im Juli 976 in Regensburg war und sowol für sein Hochstift als auch für den Bischof Albuin von Saeben-Brixen vom Kaiser werthvolle Schenkungen erwirkte. Fraglich ist, ob die ante Ratisponam vorgenommene Excommunication des Herzogs Heinrich II. (Mon. Germ. LL. 3, 485) unter seiner Mitwirkung erfolgt oder nur von der im Gefolge des Kaisers befindlichen Geistlichkeit vorgenommen worden ist, jedenfalls aber dürfen wir annehmen, daß W. dem Kaiser Treue gehalten und dadurch sein Bisthum vor größerem Schaden bewahrt hat.

[121] Schon im J. 978 finden wir ihn im Dienste des Reiches auf dem denkwürdigen Zuge nach Frankreich und als Anfangs December das deutsche Heer auf dem Rückzuge an der Aisne von den Franzosen angegriffen wurde, gelang es seiner Umsicht und seinem Muthe, die bairischen Scharen unversehrt über den hochgehenden Fluß zu bringen. Nunmehr sollte er sich ruhigerer Zeiten erfreuen. Anfangs 979 wurde die Reform des Klosters Tegernsee abgeschlossen, an der er vermuthlich Theil hatte, im October begab er sich zum Kaiser nach Saalfeld, wo er die Beurkundung einer schon im J. 976 bewilligten Schenkung erhielt, durch welche seinem Hochstifte ein Gebiet in der Ostmark zur Anlage eines Castells, des heutigen Wieselburg zugewiesen wurde, welches, an der Vereinigung der beiden Erlafflüsse gelegen, wol geeignet war, die beiden Thäler und namentlich die junge Kolonie von Steinakirchen gegen unvorhergesehene Ueberfälle ungarischer Reiter zu schützen. Im nächsten Jahre erwirkte er eine Schenkung für S. Emmeram und weihte die neue Krypta dieses Klosters, in welcher die von Ramuold aus Trier mitgebrachten Reliquien ihren Platz fanden. Ein anderer kaiserlicher Gunstbrief für S. Emmeram wurde am 2. April 981 in Rom ausgefertigt (DO. II, 247), doch darf daraus nicht geschlossen werden, daß W. und Ramuold damals in Rom verweilten. Dagegen ist als sicher anzunehmen, daß W. im Juni 983 an dem großen Reichstage zu Verona Theil nahm. Welche Haltung er in dem Streite über die Reichsregierung nach dem Tode Otto’s II. einnahm, wissen wir nicht, jedenfalls stand er, als Heinrich II. im J. 984 wieder die Herrschaft in Baiern übernahm, im besten Einvernehmen mit demselben. Der Herzog übergab ihm seinen Sohn, den nachmaligen Kaiser Heinrich II., zur Erziehung und auch die andern Kinder ehrten in dem Bischofe ihren Freund und Lehrer. Jetzt konnte W. mit Unterstützung Heinrich’s die Reform der Regensburger Frauenklöster, welche Judith dem Sohne als letzten Wunsch aufgetragen hatte, durchführen. Schon früher hatte er zu diesem Behufe bei der Paulskirche ein ihm unmittelbar unterstehendes Nonnenkloster (Mittelmünster) errichtet, welches unter seiner Leitung sich zu einer Musteranstalt entwickelte. W. sollte nicht allein den gewünschten Erfolg seiner Bemühungen in den Klöstern seiner Stadt, sondern auch die Ausdehnung der von ihm hier verwirklichten Ideen erleben. Nach seinem Beispiele hatte Erzbischof Friedrich von Salzburg dem Kloster St. Peter die Selbstständigkeit wiedergegeben und den ersten Abt Tito aus St. Emmeram berufen, aus diesem Kloster war auch der zweite Abt von Tegernsee, Gozbert, hervorgegangen, im J. 990 erfolgte die Reform des Klosters Nieder-Altaich unter Wolfgang’s Mitwirkung und im nächsten Jahre ertheilte er dem Mönche Gotthard die Priesterweihe, der nachmals seine Ideen mit größtem Erfolge weiter verbreiten sollte; auch mit dem Grafen Aribo, dem Stifter von Seeon, stand W. im besten Einvernehmen. Daß er dem am 25. October 992 ordinirten Bischofe Otbert von Verona ein kostbar ausgestattetes Sacramentar schenkte, beweist uns, daß er auch jenseits der Alpen Verbindungen mit hochgestellten gleichgesinnten Geistlichen hatte. Wenig später sollte sein Leben, wie es scheint, noch bevor er das Greisenalter erreicht hatte, zu Ende kommen. Auf einer Fahrt in die Ostmark wurde er vom Fieber ergriffen, setzte aber doch die Reise zu Schiffe fort, bis er in Pupping (zwischen Aschach und Efferding) anhalten mußte. Hier starb er in der Nacht des letzten Octobertages 994 in einem Kirchlein des hl. Othmar. Am nächsten Morgen trafen Erzbischof Hartwig von Salzburg und Graf Aribo ein, welche den Leichnam nach Regensburg brachten, wo er in der Krypta von S. Emmeram beigesetzt wurde.

Erscheint W. als einer der Hauptförderer strengen regularen Lebens der Geistlichkeit und als ein Mittelpunkt der darauf gerichteten Bestrebungen, so kann doch von der Ausbildung eines bestimmten Systems in dieser Hinsicht bei [122] ihm nicht die Rede sein, es ist daher auch kaum zulässig, seine Thätigkeit mit der cluniacensischen Richtung zu vergleichen, die von ganz andern kirchlichen und nationalen Bedingungen gestützt und gefördert wurde. Man kann nur sagen, daß er die Reform des Clerus mit strenger Unterordnung unter die bischöfliche Gewalt vereinigen wollte und dies auch in seinem Machtbereiche durchgeführt hat. Es war dies ein Verhältniß, das nur bei der wohlwollenden, ernsten und selbstlosen Natur Wolfgang’s gedeihen konnte, aber da es wesentlich auf die Persönlichkeit gestellt war, sofort zu Streitigkeiten und zur Unterdrückung der Klöster führen mußte, wenn diese Voraussetzungen nicht zutrafen. Man wird in diesem Punkte, in dem er als ein Gesinnungsgenosse Ulrich’s, Piligrim’s und des Mainzer Erzbischofs Willigis erscheint, einen wesentlichen äußern Unterschied dieser Richtung vor der cluniacensischen erblicken dürfen. Beschränkte sich W. zudem auf das nächste, seine Stadt und seine Diöcese, so war für ihn auch gar kein Anlaß, jene allgemein wichtigen Fragen, welche die Cluniacenser bewegten, wie etwa das Verhältniß zu Rom, zu berühren. Man wird überhaupt sagen dürfen, daß die Thätigkeit Wolfgang’s nicht so organisirt war und so sehr auf Reflexion beruhte, wie die der Cluniacenser, sondern aus dem Innersten seines Wesens mit natürlicher Gewalt entsprang. Das zeigt sich auch in seinem Einfluß auf die Laienwelt hohen und niederen Standes, wobei er durch seine Predigt und mehr noch durch das leuchtende Beispiel seiner Persönlichkeit große Erfolge erzielte, so daß er in gewissem Sinne als ein Vorläufer der Hirschauer Mönche erscheint, wenn auch der Ueberlieferung, daß er zuerst die Regensburger in Brüderschaften vereinigt habe, nicht jene Glaubwürdigkeit zukommt, die man ihr neuestens wieder beizulegen geneigt ist. Sehr beachtenswerth sind in diesem Zusammenhang auch die strengen sittlichen Anforderungen, die er an die Geistlichen stellte. Durch diese Thätigkeit nicht minder als durch das unausgesetzte Interesse, das er dem Schulwesen entgegenbrachte, hat er sich auch einen ehrenvollen Platz in der deutschen Erziehungsgeschichte gesichert. Unablässig war er bemüht, die geistige Arbeit in den Klöstern zu heben und anzuregen, zahlreiche Bücher wurden geschrieben und gekauft, über seine Veranlassung wurde in S. Emmeram ein stattlicher Büchersaal gebaut. Von Ueberbleibseln seiner eigenen litterarischen Thätigkeit, die ihm mit Sicherheit zugeschrieben werden können, besitzen wir nur einen Vers, mit dem er die Pforte dieses Saales schmückte, wir müssen uns damit begnügen, das Lob, welches seine Biographen ihm auch in dieser Hinsicht spenden, hinzunehmen und den Spuren seines Geistes in den gelegentlichen Aeußerungen, die sie von ihm berichten, und unter denen namentlich eine Disputation, die er am kaiserlichen Hofe mit einem Haeretiker siegreich bestand, zu erwähnen ist, nachzugehen. Es kann hier auch nur in Kürze hervorgehoben werden, daß er durch stets bereite und verständige Wohlthätigkeit schwere Mängel der damaligen Gesellschaftsordnung erträglich zu machen suchte, daß er mit rühriger Umsicht für den Besitzstand seines Hochstifts und der ihm unterstehenden Klöster sorgte, daß der alte Regensburger Handel unter günstigen Verhältnissen blühte, was die begüterten Kaufleute dem hl. Emmeram durch freigebige Zuwendungen dankten.

Der beste Beweis für den Werth dieses reichen Lebens liegt in der weitausgedehnten Verehrung, welche dem Bischofe auch nach seinem Tode gezollt wurde. Schon König Heinrich II. besuchte in andachtsvoller Stimmung das Grab seines Lehrers und dem Beispiele des Fürsten folgten viele Fromme. Am 7. October 1052 wurden die Gebeine Wolfgang’s von dem Papste Leo IX. in überaus feierlicher Weise erhoben und in die neue Krypta übertragen. Damit beginnt der eigentliche Cult des Heiligen, der namentlich im 14. und 15. Jahrhunderte [123] besonderen Aufschwung nahm und in unseren Tagen anläßlich der neunhundertjährigen Wiederkehr seines Todestages neu belebt wurde.

Noch im 11. Jahrhundert hat W. drei Biographen gefunden, die erste Lebensbeschreibung ist verloren, nur einzelnes aus ihr bei Othloh erhalten. Sie dürfte zwischen den Jahren 1007 und 1014 abgefaßt worden sein und wurde, wie Othloh sagt, e Francis gebracht, was man allgemein auf Franken bezogen hat. Man könnte aber nach Othloh’s Sprachgebrauch auch an lothringische Kreise, ja vielleicht an die Cluniacenser denken, denen es wol entsprechen würde, den Reformator der bairischen Geistlichkeit zum Helden einer Lebensbeschreibung gemacht zu haben. Zwischen 1035 und 1037 hat dann der S. Emmeramer Mönch Arnold in seinem Buche über den hl. Emmeram auch Wolfgang’s gedacht. Diese Nachrichten hat vor 1052 ein anderer Conventuale Othloh mit denen der älteren Biographie vereinigt und aus mündlicher Ueberlieferung ergänzt. Sein Werk ist die Grundlage aller folgenden Lebensbeschreibungen des Heiligen geworden.

Arnoldi Liber de S. Emmeramo, Mon. Germ. SS. 4, 556 ff. – Othlohi Vita SS. 4, 527 ff.; beide auch in den Acta S. Wolfkangi, bearbeitet von Hippolyt Delehaye in Acta SS. Novembris tomi II. pars prior, S. 527 ff. – Gerhardi Vita Udalrici cap. 27, SS. 4, 414. – Mon. Germ. DD. 2. Bd. – Pez, Thesaurus 1c, 88 ff. – Wittmann, in Quellen und Erörterungen zur bayr. Gesch. 1, 7 ff. – Ried, CD. Ratisbon. 1. Bd. – Bretholz in Mittheil. des Instituts für oest. Geschichtsforschung 12, 33 ff. – Gerdes, Bischofswahlen, p. 33. – Dümmler, Jahrb. Otto’s I., 366, 495, 503. – Hirsch, Jahrb. Heinrich’s II., 1, 112 ff. – Steindorff, Jahrb. Heinrich’s III., 2, 183, 335. – Riezler, Gesch. Bayerns 1, 377 ff. – Hauck, Kirchengesch. Deutschlands, 3. Bd. – Kaindl, Beiträge zur ältern ungar. Geschichte, 13 und 54. – Specht, Gesch. des Unterrichtswesens, S. 381. – Kolbe, Die Verdienste des Bischofs Wolfgang von Regensburg um das Bildungswesen Süddeutschlands, Breslau 1894. – Dümmler, Ueber den Mönch Othloh von S. Emmeram, in SB. der Berliner Akademie 48 (1895), 1095. – Janner, Gesch. der Bischöfe von Regensburg 1, 350 ff. – Schindler, Der h. Wolfgang, Prag 1885. – Der h. Wolfgang, hist. Festschrift hrsgg. von J. B. Mehler, Regensburg 1894.