Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H16

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Heft 15 des Lausitzer Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen (1856) von Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.), Moritz Grimmel
Heft 16 der Section Markgrafenthum Oberlausitz
Heft 17 des Lausitzer Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Pottschapplitz
  2. Thumitz
  3. Pohla
  4. Schmölln


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Pottschapplitz.


Pottschapplitz, auch Potschapplitz, liegt 2 Stunden nördlich von Bischofswerda entfernt, an der Bautzen-Dresdner Strasse.

Pottschapplitz gehörte früher unter das Amt Stolpen zur wendischen Pflege. Letzteres ist aus denjenigen Orten von Kurfürst August gebildet worden, welche in der Stolpener, Bischofswerdaer, Budissiner, Löbauer und Liebethaler Pflege bis 1559 dem Meissner Bischof und dessen Vasallen gehört hatten, die aber damals Bischof Johann IX. von Haugwitz, aus dem Hause Putzkau, gegen Mühlberg an den Kurfürsten vertauschte, wozu die Veranlassung folgende war:

Nach dem Tode Bischof Niclas II. von Carlowitz übergab sein Nachfolger, Johann IX. von Haugwitz, dem Geschlechte derer von Carlowitz nur einen geringen Kasten voll Geldes, und da sich Niclas im Testamente nur als Domherr unterschrieben hatte, so glaubten seine Verwandten, es müsse noch ein späteres Testament und weit mehr Nachlass vorhanden sein. Es wurden Vergleichsunterhandlungen mit Johann einzuleiten gesucht. Letzterer ging aber auf keinen Vorschlag ein, deshalb nun eröffnete Hans von Carlowitz auf Zuschendorf bei Pirna, kurfürstlicher Stallmeister, eine Fehde, welche den 14. September 1558 den Bischof zur Flucht nach Prag zwang. Von seinen Unterthanen erhielt Johann IX. keine Hülfe und so wurde zwar durch die Besatzung die Burg Stolpen erhalten, aber die ganze Pflege, sowie die von Wurzen und Mügeln, hart mitgenommen. Der Bischof, an der Erhaltung Stolpens zweifelnd, befahl seinen Räthen es dem Kurfürsten einzuräumen, der es auch den 24. December 1558 durch ein Commando Bürger von Alt-Dresden und Radeberg unter Georg von Carlowitz besetzen liess und es im Jahre darauf dem Bischof gegen Mühlberg abtauschte. Diese Fehde heisst auch der Saukrieg, weil bei Wurzen allein siebenhundert Schweine weggenommen worden waren.

Die gesammte Pflege Stolpen reichte noch etwas weiter, als das frühere Amt, und es wurden dazu selbst die Zinsen und Lehen gerechnet, welche dem Bischof in und um Görlitz zustanden, aber in der Folge zur Oberlausitz geschlagen wurden.

Pottschapplitz, der Name, giebt schon hinlänglich an die Hand, dass es rein wendischen Ursprungs ist. Die Erklärung des Namens „bei der Kapelle“ rührt von Unkundigen her, welche sagen: Pod bedeute so viel wie „bei“ und „koplitz“ die Kapelle. Dass es nicht also ist, zeigt schon die Schreibart des Ortsnamens bei den heutigen Wenden. Der Name entstand ganz anders.

Die so geheissenen Orte, deren wir noch mehrere haben, sind von den Slaven angebaute Stellen, die beim Hereinbrechen des Deutschthums bis auf wenige Ueberreste „pocapi“, sprich Potschapi, verwüstet wurden. Als [122] man sich dort wieder anbaute behielten sie die Namen der Ueberbleibsel, Trümmer oder Ruinen. Auf andere Weise ist der Ortsname nicht zu erklären.

Die wendische Sprache ist in Pottschapplitz noch heimisch. Mit der Sprache haben sich aber auch die alten Sitten der Vorfahren erhalten. Die Gastfreiheit ist noch überall zu Hause; da liegt das Brod für Jeden stets auf dem Tische, kein Bettler wird abgewiesen und jeder einsprechende Fremde findet hier gute Aufnahme.

Das Schloss oder die herrschaftliche Wohnung ist ein nett eingerichtetes, freundliches Gebäude, wie dies schon aus der Abbildung in diesem Album deutlich zu ersehen ist. Die nähern Nachrichten über den Erbauer der herrschaftlichen Wohnung fehlen gänzlich, sowie auch die ersten Besitzer dieses Gutes nicht mit Bestimmtheit wegen Mangelhaftigkeit des Archivs aufzuzählen sind.

Der jetzige Besitzer des Gutes ist Herr F. Schuhmann, welcher dasselbe erst 11/4 Jahr besitzt. Als guter rationeller Landwirth hat derselbe seine Besitzung so weit möglich schon nach allen Seiten hin meliorirt. In den frühesten Zeiten gehörte Pottschapplitz zu Bischofswerda.

Zu Pottschapplitz ist noch das sogenannte Höcker’sche Allodialgut zu Wölkau geschlagen, welches 11/4 Stunde von Bischofswerda nordöstlich in einem flachen, fruchtbaren Thalgrunde, zwischen 900 und 1000 pariser Fuss über der Meeresfläche, am Zusammenflusse des Schönborner und des Pohlaer Wassers, woraus sich der bei Spittwitz das Schwarzwasser erreichende Cunnewitzer Bach bildet, gelegen ist. Das Schönborner Wasser entspringt im Taucher Walde und nimmt kurz vor Wölkau auch den aus der Bischofswerdaer Gegend kommenden Waldbach auf, der fünf Teiche durchfliesst. Oestlich steht auf der flachen Höhe an der Chaussee der in diesem Album schon erwähnte Gasthof „zum Sächsischen Reiter“. In den früheren Zeiten war ganz Wölkau ein Zubehör des Gutes Koitzsch oder Kessel, nebst dem Laupe-Wald. Südwestlich bei Wölkau beginnt der Bischofswerdaer Wald.

Pottschapplitz und Wölkau liegen links ab von der Chaussee, welche von Dresden nach Bautzen führt, die hier eigentlich die Grenze der Oberlausitz abgiebt. Pottschapplitz ist ein sehr kleiner Ort, obschon noch ein neuer Anbau dazu gekommen ist, welcher Neupottschapplitz genannt wird. Im Ganzen hat Pottschapplitz mit Neupottschapplitz blos 19 bewohnte Gebäude, 19 Familienhaushaltungen und 90 Bewohner; Wölkau hat 7 bewohnte Gebäude mit 7 Familienhaushaltungen und 21 Einwohner.

Pottschapplitz mit Neupottschapplitz und Wölkau gehören jetzt zum Gerichtsamt Bischofswerda, zum Bezirksgericht Bautzen, zur Amtshauptmannschaft und zum Regierungsbezirk Bautzen.

Pottschapplitz ist eigentlich mit Wölkau nach Göda oder Gödau eingepfarrt, ein Ort, welcher unter dem ehemaligen Stifte Meissen als Burgwart unter dem Namen Godiwo oder Gödibo schon im elften Jahrhundert vorkommt. Merkwürdig ist dieser Ort wegen seiner frühern Gerichtsbarkeit und seiner noch grossen Kirchfahrt. In alten Zeiten bestand dieses Kirchspiel aus mehr als 70 Ortschaften. Aus Urkunden ergiebt sich, dass noch lange nach der Reformation das hiesige Kirchspiel allein 5000 Wenden zählte. In den Unordnungen des dreissigjährigen Krieges verlor Gödau 30 Dörfer, die theils zu nähern Kirchen sich schlugen, theils zum Katholicismus zurückgingen. Jetzt gehören zu diesem Kirchspiele noch 14 Meissnische und 26 Oberlausitzische Dörfer. Nach Andern sollen sogar 58 Oberlausitzer Ortschaften dazu gehören, allein diese Angabe lässt sich bloss daher erklären, dass die einzelnen Häuser von einzelnen Ortschaften mitgezählt worden sind.

Dass die Einwohner dieser Ortschaften die ihnen näher gelegenen Kirchen öfter als die zu Gödau besuchen, lässt sich leicht denken, und daher mag es auch kommen, dass falsche Angaben über die einzelnen Orte und ihre Einpfarrungen hier und da gefunden werden.

Auch Pottschapplitz und Wölkau gehen nicht in ihre eigentliche Pfarrkirche, sondern halten sich mehr zur Kirche von Pohla, wendisch Palow, welches früher der berühmte Appellations- und Ober-Consistorial-Präsident, Johann Georg von Ponickau, nebst Schönbrunn, Taschendorf und Stache mit besessen hat.

Die von Ponikauische Familie besitzt heute noch Pohla, wie dieses bei der Beschreibung von Pohla näher zu finden ist.

Die Achtung und Liebe für dieses Geschlecht hat sich in folgendem Wunsch in der Lausitz bis auf die neuesten Zeiten erhalten:

Soll ferner Licht und Recht in Sachsen feste stehn,
So wird zu beider Schutz man dies Geschlechte wählen;
Und soll in Lausitz nicht der Glücksstern untergehn,
So muss es gleichfalls nie an Ponikauern fehlen.



[123]
Thumitz.


Thumitz liegt im Markgrafenthum Oberlausitz, 3/4 Stunden nordöstlich von Bischofswerda entfernt, an der Strasse von Bautzen nach Dresden und in unmittelbarer Nähe des Anhaltepunktes Demitz der S. Eisenbahn von Dresden aus gerechnet, nördlich von gedachter Eisenbahn.

Thumitz wurde bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts auch zuweilen Duhmitz genannt, im Wendischen heisst es Thumitzy.

Das massiv gebaute, mit einem kleinen Thurme versehene Wohnhaus stammt ohne Zweifel aus sehr alter Zeit her, ist aber in den Jahren 1709 und 1724 erweitert worden, wie namentlich aus den an der vordern Façade angebrachten in Stein gehauenen Wappenschildern der Familie von Polenz und von Kralst mit der Jahreszahl 1709, sowie der Familien von Criegern und von Thaler mit der Jahreszahl 1724 zu schliessen ist. Bei sehr bedeutenden Feuersbrünsten im Jahre 1796 und im Jahre 1853, wodurch ein grosser Theil der Wirthschaftsgebäude, die nach diesen Bränden und ausserdem nach und nach ganz neu erbaut wurden, in Asche gelegt worden waren, blieb das Wohnhaus verschont und auch die Kriegsereignisse des Jahres 1813, bei denen Thumitz, seiner Lage nach, ganz besonders gelitten hatte, führten wenigstens keine Zerstörung der Gebäude herbei. Mehrere sehr alte Bäume, darunter eine Eiche von bedeutendem Umfange, dienen dem Hofe zur Zierde und der in der Nähe des Hauses terassenförmig angelegte Garten erinnert durch einige noch gut erhaltene Hecken und Piramiden von Taxus an die entferntere Vorzeit.

In den vorigen Jahrhunderten ist das Gut ziemlich oft verkauft worden und hat sich unter andern auch in den Händen der Familie von Rausendorf und von Schack befunden. Im Jahre 1712 verkaufte Wolfgang Haubold von Polenz dasselbe an Friedrich Joachim von Criegern, welcher das Gut unterm 10ten Juni 1733 zu einem Familienfideicommisse widmete und auf diese Weise die Familie von Criegern nach Sachsen verpflanzte. Nach den von dem ernannten Stifter der Sächsischen Linie gesammelten Nachrichten stammt diese Familie aus Pohlen ab, wo noch im vorigen Jahrhunderte Innhaber desselben Wappens den Namen Croyern geführt haben.

Die Vorältern Friedrich Joachims haben sich im Anfange des sechszehnten Jahrhunderts zuerst nach Ostpreussen und dann nach der Mark Brandenburg gewendet und haben in der Mittelmark, sowie in der Altmark-Brandenburg Güter besessen. Nach dem Tode seines Vaters Caspar Dietrich, Kurfürstl. Commissar des Ruppinschen Kreises war Friedrich Joachim in sächsische Militairdienste getreten und hatte besondere Beförderung gefunden. Namentlich ist er in den Jahren 1709 und 1724 mit Sendungen an den Czaar Peter den Grossen betraut worden. Er starb im October 1737 als Generalmajor und Inhaber eines Kürassierregiments bei dem sächs. Auxiliarkorps in Ungarn. Da er keine Kinder hinterliess, gelangte das Gut zunächst an seine Wittwe Charlotte Margaretha geb. von Thaler aus dem Hause Solschwitz und nach deren Tode, wo die Fideicommisssuccession in Wirksamkeit trat, an einen Neffen des Stifters Dietrich Heinrich von Criegern auf Nickern, Präpositus mehrerer Stifter zu Dammin. Letzterer starb am 25. Dec. 1757 in Dammin. Sein einziger Sohn, Friedrich Carl von Criegern, Lieutenant in Königl. Dänischen Diensten, beim Oldenburgischen Regimente, wendete sich, nachdem ihm das Gut zugefallen war, nach Sachsen und starb 1807 in Thumitz. Sein ältester Sohn, Friedrich Christian von Criegern, ward im Jahre 1811 als Gegenhändler im Markgrafthume Oberlausitz und 1821 bei Errichtung der Oberamtsregierung zu Budissin als Rath angestellt. Er besass Thumitz [124] vom 26. October 1807 bis zu seinem im December 1831 erfolgten Ableben. Sein ältester Sohn, Friedrich Theodor von Criegern ward am 5. März 1832 mit Thumitz beliehen und besitzt das Gut noch gegenwärtig. Derselbe ist seit 1851 Präsident des Appellationsgerichts zu Bautzen und als solcher in engern und weitern Kreisen wegen seines vortrefflichen Charakters als Mensch und als hoher Beamter bekannt und gerne genannt.

Thumitz hat ausser dem Schlosse andere namhafte Gebäude nicht aufzuzeigen. Nur die Mühle verdient noch genannt zu werden.

Wohl aber wird der von Bischofswerda aus zum Vergnügen und zur Lust stark besuchte wohl eingerichtete „Gasthof zum Sächsischen Reiter“ an der Dresdner Strasse zu Thumitz gerechnet.

Geschichtlich merkwürdig ist dieser Gasthof durch den 19. Mai 1813, an welchem Tage Kosacken vor der Bautzner Schlacht einen französischen Pulvertransport von 70 Wagen in die Luft sprengten.

Thumitz, wie der Name schon beweiset, ist ein von Wenden bewohnter Ort.

Thumitz hat keine eigne Kirche und Schule, sondern ist (wie bei der Beschreibung von Schmölln erwähnt ist) nach Schmölln eingepfarrt und eingeschult, nicht, wie Andere irrthümlich geschrieben haben, nach Göda oder Gaussig.

Die beiden letzteren Orte werden häufig auch mit einander verwechselt, was noch aus der Zeit herrühren mag, wo der Pfarrer zu Göda oder Gödau die Stelle in Gaussig besetzte.

Der eigentliche Erbauer vom Schlosse Thumitz ist, wegen der mangelnden Nachrichten darüber, nicht zu ermitteln. Auf alle Fälle gehörte Thumitz in der frühesten Zeit zu der grösseren Besitzung von Bischofswerda.

Thumitz mit seinen 30 bewohnten Gebäuden, mit seinen 32 Familienhaushaltungen und 173 Einwohnern, gehört jetzt zum Gerichtsamt Bischofswerda, zum Bezirksgerichte Bautzen, zur Amtshauptmannschaft Bautzen und zum Regierungsbezirk Bautzen.

†     




[125]
Pohla.


Pohla, wendisch Palow, liegt am Taucherwalde auf einer Anhöhe, zwischen Bautzen und Bischofswerda mit Uhist und Burkau grenzend, 1 Stunde nördlich von Bischofswerda.

Die Gründung des Ortes mag sehr alt sein und derselbe seinen Ursprung den ehemaligen heidnischen Wenden zu verdanken haben.

Die Herrschaft besteht aus den Gütern Pohla, Schönborn und Taschendorf mit dem dazu gehörigen Dorfe Stacha und ist ein Fideicommissgut, welches seit undenklichen Zeiten im Besitze des von Ponickauschen Geschlechts sich befindet.

Dieses Geschlecht war in der Lausitz von den frühesten Zeiten weit verzweigt, sowohl durch Blutsverwandtschaft, als auch Schwägerschaft. Es hatte hier die grössten Besitzungen. Ein Vorbesitzer von Pohla und Taschendorf war Hans Fabian von Ponickau, welcher auch Elstra, Kindisch, Bocka, Printitz mit Mahrsdorf, Rehnsdorf mit Gersdorf, Wohla mit Welka, Boderitz, Ossel, Talpenberg, Dobrig und Bischheim besass.

Als Landesältester des Bautzner Kreises erwarb er sich durch die geschickte und treue Verwaltung dieses Amts in sehr unruhigen Zeiten um die Oberlausitz grosse Verdienste. Die vaterländische Geschichte nennt von 1602 bis 1620 wenigstens 11 Deputationen, zu denen ihn die Stände der Oberlausitz gewählt hatten. Er half in Prag an Ferdinands Stelle den Protestantischen Churfürsten von der Pfalz Friedrich V. zum Könige von Böhmen erwählen; im April 1620 befand er sich wieder unter den Abgeordneten, die den König Friedrich auf dem Landtage zu Prag ersuchten, zur Huldigung persönlich nach Bautzen zu kommen. Dieser aber war der letzte ehrenvolle Auftrag, der ihm zu Teil wurde; denn bald traf ihn ein herbes Geschick. Der Churfürst von Sachsen, Johann Georg I., der ein Bündniss mit dem Kaiser Ferdinand eingegangen war, besetzte noch in demselben Jahre die Lausitz und nahm unter andern auch von Elstra Besitz. Hans Fabian von Ponickau mit 10 andern Ständen der Provinz vom General-Pardon ausgeschlossen, musste nach Cottbus flüchten und seinen Glaubenseifer mit 20000 Fl. büssen, seine Güter wurden auch zwei Jahre lang durch Carl von Crahe sequestrirt. Nur mit grosser Mühe gelang es seinen einflussreichen Freunden, dem Hofmarschall und dem Geheimen Rath Gebrüder von Schönberg Begnadigung für ihn auszuwirken. Das letzte Decennium seines Lebens verlebte er im Familienkreise zu Elstra und Prietitz. Da er zweimal vermählt, und jede Gattin ihm 15 Kinder geboren hatte, so war die Zahl der letzteren nicht klein, obwohl die meisten namentlich aus zweiter Ehe frühzeitig wieder gestorben waren. Nach seinem Tode theilten sich seine Söhne in die Güter und Valentin und Nicol erhielten Taschendorf und Pohla. Ein Nachkomme war der Sächs. geh. Rath Conferenzminister und Reichstagsgesandter, Johann Georg IV. von Ponickau.

Der gegenwärtige Besitzer ist der Stifts-Naumburg-Zeitzische Kammerrath, Heinrich von Ponickau.

Die hiesigen Rittergutsgebäude kann man nicht zu den grossen zählen, aber sie bieten eine liebliche Landschaft, wie diess aus der Abbildung zu ersehen ist. Dieselben stehen erst seit 1722, wo die frühern ganz abgebrannt sind. —

Man hat vom Gute aus nur einige Minuten zu gehen, um zu dem höchsten Punkte des sogenannten Pohlaer Berges zu gelangen, wo sich dem Auge der imposanteste Umblick nach Norden, Osten und Süden eröffnet, wo man das 2 Meilen weite Bautzen zum grössten Theile übersehen und selbst die 8 Meilen weite Landeskrone, mit ihren beiden Hügeln durch ein mässiges Fernrohr beschauen kann. Damit lassen sich auch in dem Umkreise von Süden, Osten und Norden, einige 30 Kirchen zählen, darunter die schöne Kirche im Kloster Marienstern. Wer zum ersten Male diesen höchsten Punct betritt, wird unwillkührlich gefesselt.

Pohla selbst ist nicht gross. Der Ort hat nur 31 bewohnte Gebäude mit 44 Familienhaushaltungen und 182 Einwohnern.

Pohla gehört jetzt zum Gerichtsamte Bischofswerda, zum Bezirksgericht, zur Amtshauptmannschaft und zum Regierungsbezirk Bautzen.

Die Einwohner leben fast alle von Feldbau; sind aber zum Theil Leinweber.

Einer Sage nach soll dies Dorf zu einer Pestzeit bis auf einen einzigen Mann ausgestorben sein. Während dieser Pestzeit habe eine Frau von Ponickau aus dem Crosswitzschen Kirchspiele geistlichen Zuspruch verlangt, welcher ihr in ihrer Nähe sei versagt worden; erst nach dem sie [126] bis Pohla geschickt, habe es der damalige Geistliche von hier gewagt, den Weg zur Frau von Ponickau zu unternehmen und dafür habe sie ihm und allen seinen Nachfolgern in Pohla, auf ewige Zeiten von einem ihr zugehörigen Vorwerke in Nucknitz 11/2 Malter Korn und Hafer, als Decem vermacht, welcher bis auf die neusten Zeiten von dem Geistlichen zu Pohla von 2 Bauergütern, in welche das Vorwerk getheilt worden, erhoben wurde.

Die Reformation hat hier bald nach 1550 ihren Anfang genommen; denn 1554 ist ein gewisser Georg Stuhlschreiber von der Universität Wittenberg aus zum ersten Prediger in der lutherischen Kirche berufen und vom Dr. Pomerano ordinirt worden. Ueber die Erbauung der Kirche fehlen die Nachrichten. Ihre Bauart lassen ein graues Alterthum mit Gewissheit annehmen. Sie soll früher als eine Filia nach Crosswitz gehört haben, einem noch bestehenden katholischen[WS 1] grossen Kirchspiele. Im Jahre 1346 bei Errichtung des Meissner Episcopats war Pohla schon eine Mutterkirche und gehörte zum sede von Bischofswerda.

Was das Innere der Kirche anlangt, so ist sie zwar durch angebrachte Scheibenfenster und gänzliches Ausweissen lichtvoller geworden, allein sie ist zu klein für die Gemeinde.

Von Monumenten oder Epitaphien sind 2 vorhanden; eines zum Ehrengedächtniss einer Frau, Anna Helene von Ponickau, geborne von Bomsdorf, welche 1633 verstorben ist und das andere für Johann Georg von Ponickau, welcher im Jahre 1664 mit Tode abging.

Neben diesem letzteren ist rechts noch ein Degen befestigt; auf der linken Seite war eine Fahne und darunter ein Paar Sporen angebracht, welche aber seit 1813 verloren gegangen sind. Das Altarblatt scheint noch aus den Zeiten vor der Reformation herzustammen und hat 11 aus Holz geschnitzte mässig grosse Heiligenbilder.

Uebrigens ist jeden Sonn- und Festtag deutscher und wendischer Gottesdienst nach einander. Die deutsche Gemeinde ist die Stärkere.

Das eingepfarrte Dorf Schönborn liegt kaum 1/4 Stunde hinter Pohla an einem Berge, welcher gewöhnlich der Butterberg genannt wird, weil, der Sage nach, einst in der Pest daselbst der Bischofswerdaische Wochen- und besonders Buttermarkt soll gehalten worden sein.

Seinen Namen mag der Ort nur von seinen vielen schönen und vortrefflichen Quellen und Brunnen erhalten haben. In Schönborn ist kein herrschaftliches Schloss, noch sonst ein ausgezeichnetes Gebäude. Die Einwohner nähren sich vom Feldbau, viele auch treiben Leinweberei. Das kaum 5 Minuten von Pohla entfernte Dorf Stacha gehörte sonst in die Kirche zu Göda, ist aber seit dem Jahre 1817 nach Pohla eingepfarrt. Es war ehedem ein Pertinenzstück von Pohla und ist später als Ausgedünge erb- und eigenthümlich 2 Fräuleins von Ponickau überlassen worden, welche es ums Ende des vorigen Jahrhunderts an einen von König auf Pietzschwitz verkauften. Dieser schlug einen dazu gehörigen ansehnlichen Busch zu Pietzschwitz dazu, verkaufte frei die Stachaer Unterthanen, und behielt sich nur die Gerichtsbarkeit, die Schenke und die Schmiede vor. Endlich verkaufte er auch die beiden letzteren und behielt sich in der Schenke nur eine Oberstube zur Gerichtsstube vor. Zuletzt verkaufte er auch die Gerichtsbarkeit über das Dorf und zwar an einen Baron Prenzel von Pentzig, welcher in Dresden lebte und bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation die Gerichtsbarkeit durch einen Gerichtsdirector verwalten liess.

Das Rittergut Pohla hat die Collatur über Kirche und Schule von Pohla.

Am Ausgange der an Pohla anstossenden Taucherwaldung war früher eine Capelle, in welcher ein Gnadenbild sich befand, zu welchem häufige Wallfahrten stattfanden.

M. G.     




[127]
Schmölln.


Schmölln liegt 31/2 Stunde von Bautzen und 3/4 Stunde von Bischofswerda entfernt.

Schmölln hat seine ursprüngliche Bedeutung von dem wendischen Worte: Smollena, eine Pechhütte, erhalten.

Schmölln, mit den Rittergütern Ober-, Nieder- und Neu-Schmölln, besitzt ein schönes Schloss mit vortrefflichen in den Jahren 1825 und 1829 neuerbauten Wirthschaftsgebäuden. Diese Güter haben auch herrliche Schäferei, vortrefflichen Feld- und Wiesenbau, schöne Viehzucht und sehr starke Bierbrauerei.

Ausserdem giebt es hier eine Mühle und zwei Gasthöfe. Die Beschäftigung der Ortsbewohner ist Ackerbau, nebenbei giebt es hier auch viele Weber. Unter den Professionisten sind vorzüglich die Steinmetzger hier zu beachten, die in den berühmten Granit-Steinbrüchen schöne Steinarbeiten liefern.

Die frühesten Besitzer von Schmölln waren wegen der mangelnden Nachrichten nicht zu ermitteln.

Die Besitzer haben hier seit Mitte des siebzehnten Jahrhunderts schnell auf einander gewechselt.

Das Geschlecht derer von Zeschwitz war einige Zeit damit beliehen. Siegismund von Zeschwitz starb hier 1651, von welchem es an Hans von Thümmel kam, der schon am 7. Mai 1657 hier mit Tode abging. Dann wurde Besitzer Hans Friedrich von Lubitz im Jahre 1666, dem die Familie von Staupitz folgte. Später erhielt das Gut der Rittmeister Christian von Haugewitz, welcher im Jahre 1681 hier begraben wurde. Ihm folgte Wolf Siegmund von Baudiss und dann dessen Ehegattin, Frau Veronika von Baudissin, geborene von Gersdorf aus dem Hause Holschau. Dann wurde wieder ein Caspar Siegismund von Thümmel damit beliehen, von dem es Wolf Abraham von Thümmel übernahm. Im Jahre 1701 wurde Frau Elisabeth von Lembogin, geborene von Kirchenberg damit beliehen, welche im Jahre 1701 mit Tode abging, worauf es wieder in den Besitz Wolfs von Thümmel überging. Dann theilte sich der Besitz, Christoph Siegismund von Rausendorf erhielt Mittel-Schmölln und Wolf Conrad von Rausendorf Ober- und Nieder-Schmölln. Vereinigt besass dann Friedrich Adolph von Gersdorf auf Ober-Schmölln bis zum Jahre 1717 die Güter, von welchem sie an die Geheimräthin und Landeshauptmännin Frau Sophie Helena von Ponickau, geborene von Dieskau kamen. Im Jahre 1732 wurde der Churfürstl. Sächs. Hofrath Mätthäi damit beliehen und nach dessen im Jahre 1768 erfolgtem Ableben die Wittwe Dorothea Matthäi geborene Brandt. Von dieser kaufte es Herr Heinrich Ludwig von Zehmen, asessor judicii ordinarii zu Bautzen, welcher auf dem Rittergute Stauchitz in einem hohen Alter 1832 verstorben ist. Der Domherr Moritz August Wilhelm von Zehmen folgte im Besitze und nach dessen Tode im Jahre 1837 übernahm dessen Wittwe Frau Friederike Caroline von Zehmen geborene von Plötz aus dem Hause Hoyerswerda die Güter, von welcher es im vorigen Jahre der in engern und weitern Kreisen berühmt genug gewordene Hofschauspieler Emil Devrient erkaufte.

Emil Devrient ist der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns in Berlin, welcher seine Abkunft nicht französischen, sondern flandrischen Bluts verdankt (de Vrient war der Name hugenottischer Einwandrer). Der in der Bühnenwelt gefeierte Name Ludwig Devrient ist der Onkel von Emil Devrient. Emil Devrient war für den Kaufmannsstand bestimmt. Der Wunsch des Vaters war dem folgsamen Sohne Befehl. Nach überstandener Lehrzeit ging Emil zur Ausbildung nach Zwickau in die chemische Fabrik seines Anverwandten. Hier war derselbe ein Jahr. Emil warf sich mit der ihm eigenen Gewissenhaftigkeit auf den gewählten Beruf, vervollkommnete sich mit gleichem Eifer in Waaren- wie Comptoirgeschäften und wandte die geistigen Genüsse, die er sich in den Freistunden durch Lecture der grossen Meister, das Auswendiglernen und laute Recitiren classischer Gedichte und dramatischer Glanzstellen verschaffte, nur zur Befestigung seiner allgemeinen Bildung an.

Eines Tages zur Weihnachtszeit verweilte er in Leipzig, dem Wohnorte seines Principals. Hier traf er seinen durchreisenden Bruder Carl und die lebensfrohen Unterhaltungen dieses herrlichen Naturells über Kunst und deren Genüsse wiegelten sein Innres auf. Er beschloss seinem Vater zu schreiben und um die Erlaubniss zur Aenderung seines Lebenslaufes zu bitten. Der Vater, liebevoll und nachgiebig, willigt mit schwerem Herzen ein. Er rief den Sohn nach Berlin und der erlösste Jünger Merkurs zog glücklich in die Vaterstadt ein. Dass Vater und Sohn die [128] Aenderung dieses Lebensberufs nicht zu bereuen haben, davon liefern ein lautes Zeugniss die Triumphe, die Emil Devrient seit 26 Jahren auf den verschiedenen Bühnen des In- und Auslandes gefeiert hat.

Vorzüglich ist es aber seine reichbegabte Individualität als Schauspieler, die ihm einen Namen und Ruf für immerwährende Zeiten sichern wird. Ebenso bleibt Emil Devrient als Mensch gross und achtungswürdig. In den Worten Marquis Posas:

„Ich liebe die Menschheit“ u. s. w.

liegt der Hauptzug seines Charakters.

Schmölln ist geschichtlich denkwürdig geworden durch Carl Heinrich von Grunau.

Carl Heinrich von Grunau, ein Page Johann Georg III. kroch nämlich am 12. August 1675 während eines Hoffestes auf den Königstein, von Lust und Wein benebelt, zu einer Schiessscharte der Burg hinaus auf den kaum eine Elle breiten, abschüssigen Vorsprung des Felsens unter der sogenannten Friedrichsburg, um da den Rausch zu verschlafen. Nur der geringsten Wendung bedurfte es und er stürzte in den Abgrund hinunter. Glücklicherweise wurde er zeitig entdeckt und als man dem Churfürsten dies halsbrechende Ruheplätzchen zeigte, liess er den Schlummernden erst anbinden und dann mit Trompeten und Pauken wecken. Noch ein anderes Abentheuer hat dieser von Grunau bestanden: Derselbe ritt eines Tages unbesorgt über die Dresdner Brücke, sein Pferd ward scheu und setzte mit ihm über die Brücke in die Elbe, ohne dass ihm dieser Sprung den geringsten Schaden zugefügt hat. Er erreichte ein sehr hohes Alter von 107 Jahren und starb im Jahre 1744 in Schmölln, wo derselbe anfangs bei seiner Schwester, einer verehelichten Staupitz, später aber nach deren Tode in grosser Dürftigkeit bei einem Bauer Dressler lebte: denn er hatte jährlich nur 16 Thlr. Pension. Dessenungeachtet behielt von Grunau seine heitere Laune und erzählte den Bauern Schwänke und Mirakel. Als August II. im Jahre 1740 nach Polen reiste, machte ihn dieser Grunau als Greis von 102 Jahren in Bischofswerda die Aufwartung.

Die Stelle auf dem Königstein, wo von Grunau an dem Abhange des Felsen lag heisst heute noch „das Pagenbette“.

Auf Schmöllner Gebiet entspringt der krebs- und forellenreiche Bach, das Schwarz- oder Klosterwasser.

Der Klosterberg und der Silberberg liegen unfern des Orts. Ersterer gewährt eine treffliche Aussicht, Letzt[e]rer zeigt Spuren alten Bergbaues.

Die hiesige, an der Abendseite auf einer romantischen Anhöhe, mit einem Thurme versehene massiv gebaute Kirche ist schon im Jahre 1300 begründet worden. Bei dieser Begründung soll vor dem dreissigjährigen Kriege ein Fundations-Brief mit dem Siegel des damaligen Papstes und der zehn Cardinäle vorhanden gewesen sein, der aber nach diesem Kriege verloren gegangen ist.

Im Jahre 1693 ist der östliche Theil der Kirche erweitert worden.

Im Jahre 1832 wurde an der Mittagsseite der Kirche eine neue Kirchensacristei gebaut.

Unmittelbar an der Kirche befindet sich an der Südseite der deutsche und an der Nordseite der wendische Gottesacker.

Unter den hier Beerdigten wird die Grabstätte des Kammerjunkers Carl Heinrich von Grunau gezeigt. Auch ist nicht unerwähnt zu lassen, dass im Jahre 1828 mit der weissen Taube an der herrschaftlichen Gruft gesetzte Denkmal des Fräulein Bertha von Zehmen. Die Inschrift lautet:

Bertha von Zehmen ging zu Gott an Geistes- und Körperschöne ausgezeichnet als ein vollendeter Engel am 14. Juni 1828 geb. den 24. Sept. 1808. Diess ihrem heiligen Andenken die tiefgebeugten Eltern Moritz von Zehmen und Caroline von Zehmen geb. von Plötz.

Zum Andenken an ihren Todestag wird nach der im Jahre 1828 geschehenen und von der Königl. hohen Amtsregierung confirmirten Stiftungs-Urkunde alljährlich eine Gedächtnissfeier gehalten.

Die hiesige Pfarrwohnung ist nicht schlecht, und die Lage derselben durch den nahen Küchen- und Obstgarten und durch die Umgebungen freundlich zu nennen.

Eingepfarrt nach Schmölln sind Tröbigau mit einem herrschaftlichen Vorwerke und Neuschmölln, welches jetzt mit zum Rittergute Schmölln gehört.

Ausser diesen beiden deutschen Ortschaften sind noch wendische Dorfschaften eingepfarrt und eingeschult und zwar: Demitz im Wendischen Semize. Semja heisst die Erde. Dieser Ort liegt am Fusse des Klosterberges, die Herrschaft ist die Kloster-Herrschaft zu Marienstern. Endlich gehört auch noch Thumitz, im Wendischen Thumize, in die Kirche und Schule von Schmölln.

Schmölln mit seinen 118 bewohnten Gebäuden, seinen 156 Familienhaushaltungen und seinen 678 Einwohnern gehört jetzt zum Gerichtsamte Bischofswerda, zum Bezirksgericht Bautzen, zur Amtshauptmannschaft und zum Regierungsbezirk Bautzen.

Bemerkenswerth ist übrigens noch, dass die hier gefertigten Steinmetzenwaaren, besonders Gestelle oder Ginsplatten zu Hochöfen, die das stärkste Feuer aushalten, bis nach Schweden gehen.

M. G.     





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Pottschapplitz
Pottschapplitz
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Thumitz
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Pohla
Pohla
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Schmölln
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Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: kotholischen
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