An meinen Sohn (Tucholsky)

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Textdaten
Autor: Kurt Tucholsky
unter dem Pseudonym
Theobald Tiger
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Titel: An meinen Sohn
Untertitel:
aus: Die Weltbühne. Jahrgang 22, Nummer 37, Seite 409
Herausgeber: Siegfried Jacobsohn
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 14. September 1926
Verlag: Verlag der Weltbühne
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Die Weltbühne. Vollständiger Nachdruck der Jahrgänge 1918–1933. Athenäum Verlag, Königstein/Ts. 1978. Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
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An meinen Sohn von Theobald Tiger

Wenn du mal groß bist, Leopold,
dann sieh dich um in Deutschland-Preußen,
wo eure Flagge Schwarz-Rot-Gold
im Wind weht über lauter Preußen.

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     Stell dich auf einen Aussichtsstand,

     und vor dir liegt dein Vaterland:

Ganz oben tront die Schicht mit Geld,
die hat die Kohlen, Stahl und Rüben;
die lenkt den Lauf der deutschen Welt,

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die läßt die Reichswehr kräftig üben.

     Augen gradeaus!

Gehorsam harret ihres Winks
das Corps der Rache in Talaren:
die segnen rechts und wüten links,

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so lernten sies auf Seminaren.

     Im Namen des Volkes –!

Da schwätzt der Reichstag, lieber Gott!
Hörst du den alten Breitscheid reden?
Er ist voll Ironie und Spott –

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zum Schluß bewilligen sie dann jeden

     Etat.

Und unter allen den Gewalten
da kannst du, Leopold mein Sohn,
dein Leben lang die Schnauze halten –

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von wegen Subordination.

     Aber lauter Republikaner,
          lauter Republikaner!

Und willst du wissen, wem du das
verdankst, dies Reich von kleinen Strebern:

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dann wein dir nicht die Äuglein naß –

dann wandle du zu deutschen Gräbern.
     Auf jedem ein Gedenkstein:

Da liegen, die zu meiner Zeit
aus Angst vorm Volk die eignen Ziele

35
verrieten – taktisch so gescheit!

und klug! und überhaupt Schlemihle.

Sie machten schon im Umsturz schlapp
und saßen ängstlich auf der Banke.
Charakter war bei denen knapp …

40
Leg einen Kranz auf jedes Grab

und dann sag leise, leise:
     Danke.