BLKÖ:Bem, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Bemb, Franz Johann
Band: 1 (1856), ab Seite: 254. (Quelle)
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Bem, Joseph (General, geb. zu Tarnow in Galizien 1795, gest. zu Aleppo 10. Dec. 1850). Die Familie der Bem ist eine galizische. Zwei Brüder Jacob Johann und Andreas wurden im J. 1803 in den galizischen Adelsstand, der Lemberger Domherr Jacob v. Bem in den Ritterstand erhoben (vergl. J. Ch. v. Hellbach, Adels-Lexikon [Ilmenau 1825, Voigt] I. Bd. S. 120). Nachdem er an der Universität zu Krakau seine Studien gemacht und sich besonders mit der Mathematik beschäftigt hatte, trat er im J. 1809 in die zu Warschau errichtete Militärschule, worauf er seine Militärdienste in der reitenden Artillerie begann. Dem Feldzuge von 1812 wohnte er als Lieutenant unter Davoust, dann unter Macdonald bei, mit dem er sich in die Festung Danzig warf. Als die Festung übergeben ward, mußte er nach Polen in’s elterliche Haus zurückkehren, aus dem ihn die Reorganisirung der polnischen Armee unter dem Großfürsten Constantin (1815) wieder auf den militärischen Schauplatz rief. Er ward Hauptmann und Lehrer an der Warschauer Militärschule, in welcher Stellung er seine mathematischen Kenntnisse und sein sonstiges Wissen erfolgreich verwendete. Er schrieb in dieser Zeit ein Buch über die Einführung der congrevischen Raketen. Da aber B. bei nach und nach erfolgender Gestaltung der Dinge sich nichts weniger als behaglich fühlte und mehrmals seinem Unbehagen in Worten Luft machte, sah er sich bald Verfolgungen aller Art ausgesetzt, die endlich Ungnade und Außerdienstsetzung herbeiführten. Bem kam nun um seinen Abschied ein, um im Auslande seine militärische Laufbahn zu verfolgen. Da man sah, daß es ihm Ernst damit war, so suchte man ihn aus Furcht, an ihm einen tüchtigen Officier zu verlieren, zurückzuhalten. So entschloß sich Bem, 1819 eine Capitänsstelle mit den Functionen eines Adjutanten bei General Bontemps und zugleich den Titel eines Professors der neuorganisirten Militärschule anzunehmen. Er beschäftigte sich nun vorzugsweise mit der Einführung der Brandraketen bei der polnischen Armee, schrieb eine Abhandlung [255] darüber und wurde nach Jahresfrist zum ersten Hauptmann befördert. Da begannen von Seite des Großfürsten neue Verfolgungen Bems. Umsonst machte Bontemps allen seinen Einfluß bei dem Bruder des Czaren geltend, um seinem Adjutanten Ruhe zu verschaffen. In den Jahren 1820–26 wurde Bem unter mancherlei Vorwand zwei Mal verabschiedet, drei Mal vor ein Militärgericht gestellt und dann immer wieder in einen scheußlichen Kerker geworfen, wo er des Lichts und der Luft beraubt, mancherlei Qualen zu erleiden hatte. Da das Kriegsgericht Bem in Betreff mehrerer ihm zur Last gelegten Staatsverbrechen schuldlos gesprochen hatte, berief der Großfürst ein anderes, fügsameres, das Bem schuldig fand und ihn zu zwei Monaten Gefängniß verurtheilte, das er mit aller Strenge zu überstehen hatte. Schwere Krankheit war die Folge aller dieser moralischen und physischen Unbilden. Kaum genesen, wurde er nach einer kleinen Stadt verbannt und unter Polizeiaufsicht gestellt. Nach dem Tode Alexanders bat Bem den neuen Czar um seine Entlassung. Sie wurde ihm von Nikolaus gewährt und B. begab sich hierauf nach Lemberg, wo er wissenschaftlichen Forschungen lebte, sich viel mit Mechanik beschäftigte und ein Werk über Dampfmaschinen in polnischer Sprache schrieb. Die Erhebung Polens am 29. Nov. 1830 führte ihn nach Warschau und er übernahm als Major das Commando einer Batterie reitender Artillerie. Nach einigen glücklichen Affairen avancirte er nach einander zum Oberstlieut., Oberst und endlich zum Commandanten der polnischen Armee. Der Tag von Ostrolenka war einer der glänzendsten seiner militärischen Laufbahn, denn er war es, der das Schlachtfeld gegen einen überlegenen Feind behauptete. Nach der Bewältigung der poln. Revolution ging B. nach Preußen, später nach Paris, von wo aus er mit Don Pedro von Portugal wegen Errichtung einer poln. Legion – jedoch fruchtlos – unterhandelte. Wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere die Ausbildung u. Systemisirung der mnemotechnischen Methode und Reisen füllten jetzt die Zeit bis zu seinem letzten Auftreten in den Jahren 1848 u. 1849 aus. Schon in den Märztagen 1848 war B. von Frankreich nach Lemberg geladen. Im Oct. dieses J. bot Bem dem insurgirten Wien seine Dienste an. Nach der Einnahme der Stadt durch die kaiserl. Truppen am 1. Nov. dess. J. entkam er nach Ungarn. Auf seinen Kopf war ein Preis gesetzt. Sein Entkommen ist noch heute ein Räthsel; noch hat am meisten die Ansicht für sich: daß er sich dadurch rettete, indem er als Lohnkutscher eine östr. Officierfamilie, die ihn selbst nicht kannte, durch die Linien fuhr. Durch die Flucht gerettet, übernahm er das Commando der Revolutions-Armee in Siebenbürgen. Die rasche Einnahme von Hermannstadt machte ihn auf einige Zeit zum Herrn des Landes und er suchte, von Kossuth darin vielfältig beirrt, möglichst zu pacificiren. Der Einmarsch der Russen in Siebenbürgen machte aber seiner Herrschaft in diesem Lande ein Ende und von nun an, bis zur Schlacht von Temesvár und der Katastrophe von Lugos, wo die ungar. Insurrection ihren letzten Act spielte, konnte er sich nirgend mehr festsetzen. Bem flüchtete auf türkisches Gebiet, trat zum Islam über und nahm unter dem Titel Amurat Pascha türkische Dienste. Im Febr. 1850 ward ihm Aleppo zum Aufenthaltsorte angewiesen, wo er noch an der Unterdrückung des Aufstandes der arabischen Bevölkerung gegen die Christen Theil nahm. Hier endlich unterlag sein von Strapatzen zerrütteter, stets unansehnlicher und schwächlicher Körper. Er ward [256] von Seiten der Türken mit allen militärischen Ehren bestattet, obwohl deren in der Türkei bisher nicht gekannt waren. Ueber Bems Feldherrntalent sind selbst seine Gegner einig. So schwächlich auch sein Körper aussah, besaß er doch seltene Kraft und eine eiserne Ausdauer. Bei seinen Soldaten war er sehr beliebt und alle nannten ihn den Vater Bem. Als Charakterzug B.’s diene das folgende authentische Factum. Als er in Siebenbürgen ankam und das Commando übernahm, wurden ihm sämmtliche Officiere und Commandanten vorgestellt. Bems historische Worte bei dieser Vorstellung waren: „Meine Herren, jeden, der meinen Befehlen nicht unbedingt gehorcht, lasse ich sofort erschiessen.“ Seine eigenen Landsleute liebte er im ungarischen Kriege nicht. Die von ihm organisirten polnischen Lanciers und die Infanterie verwendete er so selten als möglich. Er haßte ihren ewigen Disputationsgeist. Bem besaß solche Talente und solchen Charakter, daß ihre Abnützung für aufgegebene Zwecke, während er höheren dienen konnte, zu bedauern ist.

Pataky (K. M.), Bem in Siebenbürgen. Zur Geschichte des ungarischen Krieges (1848 und 1849), (Leipzig 1850, O. Wigand mit B.’s Porträt und 1 Kart.). – Czetz (Johann), Bems Feldzug in Siebenbürgen in den JJ. 1848 u. 1849 (Hamburg 1850, Hoffmann u. Campe, mit B.’s Facsimile) [S. 363 insbesondere B.’s Charakteristik]. – Bem in Wien. Historisches Gemälde von einem Officiere aus dem Generalstabe Bems (St. Gallen 1851, 8°.). – Lajos (N. N.), Le général Bem (Paris, 8°.) 1851. – Ostdeutsche Post (Wien, Fol.) 1848, Nr. 180 u. 182: „Correspondenz von Kossuth an Bem.“ – Dieselbe 1851, Nr. 6 u. 12: „Nachricht vom Tode Bems.“ – Dieselbe 1852, Nr. 11: „Gerüchte von dessen fingirtem Tode u. dem Auftreten im Kaukasus.“ – Bohemia (Prag, 4°.) XXII. Jahrg. 1849, Nr. 75: „B.’s Biographie aus der Tribune de peuples.“ – Hermannstädter Zeitung 1849, u. dann abgedruckt in der Europa (Leipzig, G. Wigand) 1850: „Bems Besuch beim Pascha von Orsova.“ – Wochenschr. f. Kunst u. Liter., herausgeg. von Aimé von Wouwermans (Graz, 8°.) 1850, S. 37, 46, 55, 61: „General Bem im Belvedere.“ – Znaimer Wochenblatt, Nov. 1850: „Anekdoten u. Charakterzüge vom General Bem.“ – Ujabb kori ismeretek tára, d. i. ungar. Conversations Lexikon der neueren Zeit (Pesth 1850, G. Heckenast) I. Bd. S. 486. – Die Gegenwart. Eine encykl. Darst. der neuesten Zeitgeschichte für alle Stände (Leipzig 1848, Brockhaus, 8°.) III. Bd. S. 343. – Ergänzungs-Conversat. Lexikon, herausgeg. von Dr. Fr. Steger (Leipzig u. Meißen) IV. Bd. S. 330. – Dann Zerstreutes in den über die Revolution Ungarns erschienenen Flugschriften und größeren Werken, als: Memoirs of a Hungarian Lady by Therese Pulszky, und in anderen.[BN 1]Porträte: Unterschrift: Bem, comm. General der Ungarn in Siebenbürgen und dem Banat; gest. von Nordheim (Zeitgenossen. Neue Folge. Verlag des bibl. Institutes Nr. 47). – Holzschnitt in The London Illustrated News, Nov. 1849. – In Les Polonais et les Polonaises de la Revolution du 29. nov. 1830 … par Joseph Straszewicz (Paris 1832, Pinard, Lex.-8°.), lith. Porträt mit Facsimile von de Villain, nebst biogr. Skizze. – Ein Miniatur-Bild in Stahl gest. ohne Namen des Zeichners und Stechers, ohne Angabe des Orts und Jahres, blos mit der unter der Einrahmung knapp angebrachten Unterschrift: J. Bem [Bem steht in halber Figur mitten in einer von Pulverdampf wolkigen Gegend; beide Hände einen Säbel haltend, mit dem rechten Arm auf ein Kanonenrohr gestützt. Wohl das ähnlichste Bild.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Bem, Joseph [Bd. I, S. 254].
    Zbrožek (Piotr.), O Jenerale Józefie Bemie napisal ..., d. i. Von dem General Joseph Bem (Lemberg 1871, J. Dobrzánski u. K. Groman, 12°., 46 S.). [Band 24, S. 377]