BLKÖ:Helfert, Joseph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 8 (1862), ab Seite: 250. (Quelle)
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Helfert, Joseph (Rechtsgelehrter und Universitäts-Professor zu Prag, geb. zu Plan in Böhmen 28. October 1791, gest. zu Jungbunzlau 9. September 1847). Sein Vater, ein nicht unbemittelter Bürger zu Plan, Weißgärber von Gewerbe, gab, durch die Talente des Knaben bewogen, seinen ursprünglichen Plan, ihn dem Gewerbestande zu widmen, auf, und ließ denselben studiren; so begann 1801 der lateinische Unterricht in Plan, worauf er später das Gymnasium in Eger bezog. 1807 kam er nach Prag, wo er die philosophischen Studien hörte und sich von seinem Vater, der eine nicht unansehnliche Familie zu erhalten hatte, mäßig unterstützt, durch Ertheilen von Unterricht mühsam fortbrachte. Anfänglich gewillt, die Theologie zu studiren, ließ er sich durch Freunde zum Studium der Rechtswissenschaft bereden, in welcher er später als Canonist einen berühmten Namen erwarb. Schon als Studiosus unternahm H. in den Ferien kleine Reisen; so besuchte er 1809 Leipzig und war am 20. und 21. Mai 1812 unfreiwilliger Zuschauer der Schlacht bei Bautzen. 1814 im September trat er nach beendeten Studien beim Criminalgerichte in Ludiz als Prakticant ein, wurde am 20. December d. J. Rechtsaccessist beim Prager Magistrate, welchen Posten er aber schon am 23. Juni 1815 wieder aufgab. Er bereitete sich nun zur Erlangung der juridischen Doctorwürde vor, machte die ersten zwei Rigorosen zu Prag, die letzten zwei zu Wien und wurde am 20. Juli 1817 zum Doctor promovirt. In Wien gewann er die Gunst des berühmten Canonisten Thomas Dolliner [Bd. III, S. 350], der ihn zu seinem Substituten für die Lehrkanzel des römischen und Kirchenrechtes erwählte, in Folge dessen H. seine Anfangs [251] November 1816 erhaltene Justiziärstelle zu Troja in Böhmen aufgab und mehrere eingegangene Verbindlichkeiten löste, darunter jene der Fortsetzung einer neuen Bearbeitung der Roth’schen Gesetzsammlung, deren erste sechs Bände er fast allein zusammengestellt hatte. In Wien nun war H. als Dolliner’s Substitut und als Privatcorrepetitor unermüdet thätig; war zu gleicher Zeit Supplent des Lehen-, Handels- und Wechselrechtes an der Wiener Hochschule und schrieb mehrere Concurse für erledigte Lehrkanzeln. Mit Allerhöchster Entschließung vom 31. October 1818 erhielt er jene des österreichischen Privatrechtes zu Olmütz. 1819 trat er zuerst als selbstständiger Schriftsteller mit seinem sehr günstig aufgenommenen „Versuch einer systematischen Darstellung der Jurisdictionsnorm“ auf. Am 15. Mai 1820 erhielt er die Lehrkanzel des römischen und Kirchenrechtes an der Prager Universität, welche Stelle H. bis an seinen Tod bekleidete. Am 16. October 1827 wurde er wirklicher Rath im Prager fürsterzbischöflichen Consistorium, 1824 übernahm er die Geschäftsführung des Institutes für Witwen und Waisen der Schullehrer der Prager Diöcese und kam durch seine Gebahrung die Institutscasse in so blühenden Zustand, daß bereits in sechs Jahren, 1827–1833, der Vermögensstand des Institutes von 24.500 fl. W. W. auf 92.000 fl. W. W. gestiegen war und von da ab bis 1846 sich von 92.500 fl. Wiener Währung auf 99.700 fl. Conventionsmünze gehoben hatte. Im Jahre 1828 trug er zur Begründung des „Časopis pro katolické duchovenstvo“, einer vom Prager fürsterzbischöflichen Consistorium herausgegebenen böhmischen Zeitschrift für den katholischen Clerus, wesentlich bei und war für das Journal auch sonst thätig, indem er viele Aufsätze, Besprechungen, praktische Fälle u. dgl. m. für dasselbe schrieb, welche jedoch von Anderen, wie Winařicky, Sedlacek, weil er der čechischen Sprache nicht soweit mächtig war, um in derselben schreiben zu können, übersetzt wurden. Dieses sind die einfachen Umrisse seines Lebens, welches sich in die Erfüllung der Pflichten seines Berufes als Professor und Schriftsteller und in die schlichten Freuden und nicht geringen Heimsuchungen seines Familienlebens theilte. Helfert selbst war sein Leben über viel kränklich und schwebte durch Krankheit öfter in Todesgefahr. Seit 21. September 1819 mit Anna Schreiner, Schwester des Statistikers Dr. Franz Schreiner, verheirathet, verlor er von fünf Kindern drei, darunter einen Sohn, Emanuel, nach bereits vollendeten Studien, und am 5. Mai 1837 seine Gattin nach fast 18jähriger Ehe. Eine Reise in den folgenden Herbstferien, welche er mit seinen beiden Söhnen – Emanuel starb sechs Jahre später als die Mutter – durch das nordöstliche Deutschland, England, einen Theil Frankreichs, durch Belgien, Holland, die Rheingegenden und Bayern unternahm, half ihm über die schwerste Zeit der Trauer hinweg. Als Lehrer – in früheren Jahren streng und gefürchtet, in späteren milder – war er immer geachtet, und als im vorgerückteren Alter die angeborne Güte eines weichen Herzens durchbrach, von seinen Schülern väterlich geliebt. Schon seit mehreren Jahren auf den Gebrauch der Marienbader Heilquellen angewiesen, besuchte er auch im Sommer 1847 Marienbad. Anfang September vollendete er seine Cur und war eben im Begriffe, mit seiner Tochter noch einige Wochen in Cellakowic [252] bei dem ihm befreundeten Dechant zuzubringen. Als Vater und Tochter am 9. September um Mittag in Jungbunzlau ankamen, um von dort nach Cellakowic weiter zu fahren, überfiel H. auf offener Straße ein plötzlicher Schwindel, so, daß er schnell in ein Haus gebracht werden mußte, in welchem er eine Stunde später seinen Geist aufgab. Sein Sohn brachte die Leiche des Vaters nach Prag. Der eigentliche Schwerpunct der Thätigkeit Helfert’s fällt in seine Leistungen als Canonist und kirchenrechtlicher Schriftsteller. als welcher sein Name noch heute weit über die Grenzen seines engeren und weiteren Vaterlandes mit Achtung genannt wird. H. hat eine reiche schriftstellerische Thätigkeit entfaltet. Seine selbstständigen Werke und in Fachzeitschriften erschienenen größeren Abhandlungen sind folgende; erstere in chronologischer Folge: „Versuch einer systematischen Darstellung der Jurisdictions-Norm f. d. deutschen Provinzen des österreichischen Kaiserstaates“ (Wien 1819, 2. verm. u. verb. Aufl. 1828, Mösle’s Witwe); – „Von der Erbauung, Erhaltung und Herstellung kirchlicher Gebäude“ (Wien 1823, Mösle, 8°., 2. Aufl. Prag 1833, Sommer); – „Von dem Kirchenvermögen. I. Theil. Von dem Kirchenvermögen und dem Religionsfonde. II. Theil. Von den Einkünften, Abgaben und Verlassenschaften geistlicher Personen“ (Prag 1824 und 1825, 3. Aufl. beider Theile 1833, Haase, 8°.); – „Darstellung der Rechte, welche in Ansehung der heiligen Handlungen, dann der heil. und relig. Sachen, sowohl nach kirchlichen als nach österr. bürg. Gesetzen stattfinden“ (Prag 1826, 2. Aufl. 1843, Gerzabek) [vergl. darüber: Tübinger theologische Quartalschrift 1827, S. 290–315]; – „Die Rechte und Verfassung der Akatholiken in Oesterreich. Nach den k. k. Verordnungen zusammengestellt“ (Wien 1827, 3. verb. u. verm. Aufl. 1843, Mösle); – „Von der Besetzung. Erledigung und dem Ledigstehen der Benefizien nach dem gemeinen und dem besonderen österr. Kirchenrechte“ (Prag 1828, Gerzabek) [vergl. darüber das Decemberheft des „Katholiken“ von Dr. Weiß[WS 1] 1829, S. 326 u. f.; die „Heidelberger Jahrbücher“ 1829, S. 537, und Schunk’s „Jahrbücher der gesammten deutschen juridischen Literatur“ 1829, S. 215]; – „Von den Rechten und Pflichten der Bischöfe und Pfarrer, dann deren beiderseitigen Gehilfen und Stellvertretern. Nach dem gem. und besond. österr. Kirchenrechte“. 2 Thle. (Prag 1832, Sommer); – „Anleitung zum geistlichen Geschäftsstyle nach dem gem. und österr. Kirchenrechte“ (Prag 1837, Sommer, 8. Aufl. ebd. 1858, Tempsky, 8°.); – Handbuch des Kirchenrechtes, aus den gemeinen und österreichischen Quellen zusammengestellt“. 2 Thle. (Prag 1845, 4. Aufl. 1849), die 3. hatte Helfert’s Sohn Joseph Alexander [s. d. Folg.], aber bei des Vaters Lebzeiten, besorgt. Helfert hatte sich der Bearbeitung des österreichischen Kirchenrechtes unterzogen, weil das Rechberger’sche Buch schon veraltet und selbst in den Grundsätzen, auf denen es fußte, eine Aenderung eingetreten war. Schon 1840 hatte er das Manuscript, das den Titel „Lehrbuch“ führte, bei der Censur eingereicht, aber erst 1845, und auch dann nur durch persönliche Verwendung Sr. kais. Hoheit des Erzherzogs Stephan, erhielt er es aus der Censur zurück, jedoch mit Beanstandung des Titels, so daß das Lehr- in ein Hand-Buch umgeändert werden mußte, weil, wenn der erste Titel geblieben wäre, die Censur, so zu sagen, die Mitbürgschaft und Verantwortlichkeit alles dessen, was in dem Buche stand, hätte übernehmen müssen und es zu einem officiellen gestempelt hätte, was sie nicht konnte und wollte. Die in wissenschaftlichen Fachblättern erschienenen Aufsätze [253] und Abhandlungen Helfert’s sind, u. z. in der Wagner’schenZeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit“: „Ueber die Verbindlichkeit zur Gewährleistung bei Schenkungen und Vermächtnissen“ (1825, I, 111); – „Ueber das Ehehinderniss des Ehebruchs“ (1825, II, 337); – „Erläuterung des zweiten Absatzes des §. 858 des allg. bürg. Gesetzbuches“ (1826, I, 229); – „Ueber die Erwerbung gefundener Suchen durch Verjährung“ (1827, I, 299); – „Welchem Gerichte unterstehen jene Militäristen und jene Gemalinen derselben, welche hierländige Landstände und in mehreren hierländigen Provinzen begütert sind, wenn sie sich bei einem Regimente in Ungarn, Siebenbürgen oder an der Militärgrenze befinden?“ (1828, I, 81); – „Ueber das Ehehinderniss der Verwandtschaft und Schwägerschaft aus unehlicher Zeugung und Geburt“ (1829, I, 168); – „Ueber die Stellvertretung und Delegation bei Abschliessung der Ehe“ (1830, II, 260); – „Ueber die Zeit der Vornahme des Aufgebots bei noch nicht vollendetem sechswöchentlichen Aufenthalte an dem Orte der zu schliessenden Ehe“ (1833, I, 1); – in Frint’sTheologischer Zeitschrift“: „Ueber die Simonie“ (Jahrgang XII, Heft 1, S. 3); – in der „Theologischen Zeitschrift“ von Pletz: „Welche sind die Rechte eines Capitular-Vicars sede vacante und kann derselbe in seinem Wirkungskreise dergestalt beschränkt werden, dass das Capitel einige Rechte sich selbst vorbehält?“ (Jahrg. V, Heft 5, S. 129); – im „Časopis pro katolick. duchovenstvo“: „O svatokupectvi“ (Jahrgang I, Heft 1, S. 75; Heft 2, S. 207); – „Připady z církevn. prava“ (Jahrg. II, Heft 2, S. 196; Heft 3, S. 389; Jahrg. IV, Heft 1, S. 72; u. Jahrg. V, Heft 4, S. 515); – „O překázce v munželství, příbuzenstvím a švagrostvím z nemanželského polozplození azrození“ (Jahrg. V, Heft 2, S. 163); – „Čeho pozorovati sluši při obláskách a oddovkách oněch osob, kteréz dvoji domov maji?“ (Jahrg. V, Heft 4, S. 523); – „O pusobení domova na církevní pravomocnost“ (Jahrg. XI, Heft 3, S. 443 u. 615). Helfert zählte, ja zählt noch zu den ersten Canonisten Oesterreichs; völlige Durchdringung des Stoffes, gründliches Wissen und Scharfsinn verband sich bei ihm mit klarer lichtvoller Darstellung. Theorie und Praxis gingen bei ihm stets Hand in Hand; das, worauf ihn seine Studien führten, trug er in das wirkliche Leben über, und was ihm dieses brachte, benützte er um jene zu beleben. Durch seine Schriften wie durch seine amtliche Thätigkeit gewann mancher Zweig der Geschäftsbehandlung einfachere Formen oder festere Grundlagen, die unmerklich in der Praxis zur allgemeinen Richtschnur wurden. Die zahlreichen, aber charakteristischen Züge, welche sein pietätvoller Biograph aus Helfert’s Leben erzählt, sind ganz darnach angethan, um den Vergleich Helfert’s mit dem „alten Rath“ in Möser’s „patriotischen Phantasien“ treffend zu finden und zu Recht bestehen zu lassen.

Joseph Helfert, biographisches Denkmal (Leipzig 1856, kl. 8°.). [Separatabdruck aus dem Jahrg. 1856 der „Libussa“. Verfasser dieser mit Benützung der Tagebücher des berühmten Canonisten gearbeiteten Biographie ist der Sohn desselben, Joseph Alexander Freiherr von Helfert. Siehe den Folgenden.] – Libussa, Jahrbuch. Herausg. von Paul Alois Klar (Prag), Jahrg. 1851, S. 466 [nach diesem geboren 1780 und gestorben 1848, was beides irrig ist]; Jahrg. 1856, S. 337–386. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar 1849, B. F. Voigt, 8°.) XXV. Jahrg. (1847), 2. Theil, S. 952, Nr. 1438 [nach diesem und nach Meyer’s Lexikon geb. am 26. October 1791 und gest. zu Prag, was beides irrig ist]. – Wiener Kirchenzeitung 1856, Nr. 60, S. 476. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835 u. f.) Bd. II, S. 543 [nach dieser [254] geb. 1790]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) III. Supplementband, S. 1365. – Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namens Dr. Jos. Helfert. Unter dem Facsimile in zwei Zeilen mit stehender lateinischer Schrift: geb. zu Plan am 28. October 1791, gest. zu Jungbunzlau am 9. September 1847. J. Manes gez., Stahlstich von Karl Mayer’s K. A. in Nürnberg, 4°.; auch in der „Libussa 1856“ und im Separatabdrucke derselben. – Grabdenkmal. Helfert liegt neben seiner Gattin und den ihm vorangegangenen drei Kindern: Friderike, Auguste und Emanuel auf dem Wolschaner Friedhofe in Prag begraben. Die Inschrift seines Denksteins lautet: „Joseph Helfert, Dr. der Rechte, k. k. o. ö. Professor des röm. Civil- u. Kirchenrechts an der Karl-Ferdinandeischen Universität, fürsterzb. Consistorialrath zu Prag, geb. zu Plan den 28. Oct. 1791, gest. zu Jungbunzlau am 9. Sept. 1847. Tief im Wissen, klar in Einsicht; fest im Willen, rastlos im Thun; stark im Glauben, aufopfernd in der Liebe. Dem besten Vater die dankbaren Kinder: Joseph Alexander und Maria Anna.“

Anmerkungen (Wikisource)