BLKÖ:Hurter, Friedrich Emanuel

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 9 (1863), ab Seite: 442. (Quelle)
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Hurter, Friedrich Emanuel (Geschichtsforscher und kais. österreichischer Historiograph, geb. zu Schaffhausen 19. März 1787).[BN 1] Entstammt einer alten Patrizierfamilie Schaffhausens, welche seit der Mitte des 17. Jahrhunderts bis auf die Gegenwart in ihrer Mitte ansehnliche Mitglieder der Magistratur, Kirchenvorsteher, Rectoren, Professoren, Aerzte und Gelehrte zählt. Der Sohn erhielt im Elternhause eine sorgfältige Erziehung, welche insbesondere auf eine selbstständige Entwicklung des Charakters abzuzielen schien. Seine Knabenzeit fiel in die Stürme der französischen Revolution, welche auch auf die Verhältnisse seiner Vaterstadt zurückwirkte und deren Gräuel nicht geringen Einfluß auf die spätere politische Richtung des Geschichtsforschers geübt haben mögen. Auch lernte er als zwölfjähriger Knabe den ehemaligen Berner Staatsschreiber, Karl Ludwig von Haller, kennen, welche damals nur vorübergehende Verbindung sich später, als Hurter sich mit dem Geiste der Haller’schen Ansichten von Staat und Regierung [443] vertraut gemacht, in eine förmliche geistige Einigung verwandelte. Im Jahre 1804, 17 Jahre alt, begab sich H. zum Beginne seiner Berufsstudien nach Göttingen; dort hörte er exegetische Collegien bei Eichhorn, kirchenhistorische bei Plank, Dogmatik bei Stäudlin, und griechische Alterthümer bei Heyne, besuchte sehr fleißig die Bibliothek und blieb daselbst bis 1808. In die Zwischenzeit fallen ein Ferienausflug nach Holland und ein Besuch der berühmten Abtei St. Blasien im Schwarzwald, welch’ letzterer einen bleibenden Eindruck auf den Jüngling machte, der eben daran ging, sich dem Predigeramte zu widmen und schon in jener Zeit – denn H. war von evangelischen Eltern – zum katholischen Glauben sich hingezogen fühlte. Nach abgelegtem Examen trat H. das Predigeramt an und zugleich erschien sein erstes Werk, die „Geschichte Theodorich’s“ im Drucke. Mit dem Eintritte in sein neues Amt wurden seine Bedenken, ob der Protestantismus jene höhere Mission, die ein positives Glaubenssystem zu erfüllen habe, überhaupt zu erfüllen im Stande sei, immer nachhaltiger und gewichtiger. Bald darauf wurde H. auf eine Landpfarrei versetzt, welche er 1810 mit einer neuen, näher bei Schaffhausen gelegenen, vertauschte. Bei seinen wissenschaftlichen Vertiefungen in die alte Geschichte, in die Einfachheit ihrer Sitten und Bräuche, wurde ihm der alles verflachende Geist seiner Zeitgenossen immer widerwärtiger und aus jener Zeit datiren seine Vorbereitungen zu einem Angriffsplane gegen das sich immer mehr verbreitende Schlagwort: „Es paßt nicht mehr für unsere Zeit“, und Hurter’s ganzes künftiges Leben ist ein Feldzug gegen diese Phrase. Die politischen Ereignisse des Jahres 1813 drängten H. auch auf das Gebiet der Publicistik, er arbeitete an dem 1814 begründeten „Schweizerischen Correspondenten“, an dessen Herausgabe er durch 20 Jahre hindurch den größten Antheil hatte, und in welchem sich sein glühender Haß gegen Napoleon den „Weltverwüster“ kund gibt. Inzwischen war H. in seinem Amte erfolgreich thätig, nahm die Geistlichkeit gegen das sie bedrückende Steuergesetz des Cantons in einer mit aller Gründlichkeit gearbeiteten Denkschrift in Schutz, wodurch er viele Freunde unter seinen Collegen gewann, nahm nicht unwesentlichen Antheil an den Schulreformen des Cantons, hintertrieb die Beseitigung des Heidelberger Katechismus und begann die Vorstudien zu seinem „Innocenz III.“ Auch fällt in diese Zeit sein offenes und heimliches Auftreten gegen die religiösen Spiegelfechtereien der Frau von Krudener,[WS 1] die im Frühjahr 1817 die Schweiz zum Schauplatz ihrer wandernden Predigten gemacht, vielen Anhang gefunden hatte, bis sie des Landes verwiesen wurde, worauf sie in dem benachbarten Baden ihren Unfug von vorne begann. Am 5. September 1824 wurde H. zum zweiten Vorsteher der Geistlichkeit in Schaffhausen erwählt und vertauschte nun seinen bisherigen Landaufenthalt mit dem in der Stadt. In seiner neuen Stellung nahm H. auch Antheil an den politischen Bewegungen des Cantons und war ein energischer Vertreter der Partei, welche den nöthigen Reformen das geschichtlich und rechtlich Bestandene wieder zu Grund legen wollte. Aber als die Revolution Ende 1830 in Frankreich ausbrach und die Bewegungspartei ihre Sendlinge auch in die Schweiz geschickt, blieb auch der Canton Schaffhausen nicht verschont, und indem H. sich von aller Betheiligung an den gewaltthätigen [444] Acten der Neuerer fern hielt, suchte er andererseits durch eine quellenmäßige Darstellung, wie die Stadt Schaffhausen zu ihren Freiheiten, Rechten und Gütern gekommen war, in einer der wichtigsten, durch die Revolution aufgeworfenen Fragen, nämlich in jener der Trennung des Staatsgutes vom Stadtgute, auf eine Vermeidung jeder Ungehörigkeit hinzuarbeiten. Im Jahre 1835 wurde H. zum ersten Vorsteher der Geistlichkeit, oder wie er in Schaffhausen heißt, Antistes gewählt. Auf diesem Posten entwickelte H. eine mit seinen innersten Ansichten, die dem Protestantismus weniger hold, aber dem Katholicismus zugeneigt waren, übereinstimmende und energische Thätigkeit, ohne jedoch etwa in feindlicher Rücksichtslosigkeit gegen den Protestantismus einen Gewaltact zu begehen; wirkte an der Abfassung eines neuen Gesangbuches mit, befürwortete die Begründung einer katholischen Kirche in Schaffhausen und traf sonst noch Verfügungen, welche später, als der Conflict offen ausbrach, als Waffen gegen ihn benützt wurden. Auf einer im Jahre 1837 unternommenen Reise nach Deutschland, um der Säcularfeier der Universität Göttingen beizuwohnen, knüpfte H. manche werthvolle literarische Verbindung an, befreundete sich mit vielen gleichgestimmten Männern, wie mit Dr. Jarcke in München, Professor Philipps, mit Clemens Brentano, u. A.; im folgenden Jahre reiste er zur Krönungsfeier nach Mailand, wo es ihm gelang, dem Erzherzog Johann und dem Fürsten Metternich sich vorzustellen und später durch Vermittlung eines Landsmannes, des Majors Frossard, Adjutanten bei Erzherzog Johann, von diesem die Aufnahme seines Sohnes in die k. k. Ingenieur-Akademie zu erwirken. Bei der Begleitung des Sohnes in die Akademie bereiste H. den Kaiserstaat zum ersten Male und beschrieb seine Reise in dem Werke: „Ausflug nach Wien und Preßburg“. Schon damals wurden H. mehrere Anträge eröffnet, die es ihm möglich machten, seinen Antistesposten in Schaffhausen mit Anstellungen, in Gehalt und Rang bedeutender, zu vertauschen; aber H. schlug alle Anträge aus. Bald sollte ihm aber alle Thätigkeit in seinem Amte verleidet und der Besuch des Frauenklosters Katharinenthal im Thurgau’schen für seine Zukunft entscheidend werden. Er hatte, einer Einladung in das Kloster folgend, vorerst dem Gottesdienste in demselben beigewohnt und ein Bauer wollte den protestantischen Antistes während der Andacht sogar knieen (!) gesehen haben. Dieß waren die Verbrechen, deren sich H. gegenüber der protestantischen Geistlichkeit Schaffhausens schuldig gemacht und die eine Reihe von Verfolgungen, Berathungen und kleinlichen Amtshandlungen im Gefolge hatten, denen H. in seiner Entrüstung die Schrift: „Der Antistes Hurter von Schaffhausen und die sogenannten Amtsbrüder“, entgegenstellte, und welche mit seiner Erklärung vom 18. März 1841, daß er allen seinen Stellen entsage, endeten. Um aber das Maß seiner Leiden voll zu machen, fiel in diese Zeit neben eigenem dauernden Siechthum der Verlust zweier Töchter, die in der Blüthe ihres Lebens, eine 15-, die andere 18jährig, in der kurzen Frist von nur wenigen Tagen gestorben waren. Der Freiheit wieder gegeben, suchte H. die Mißstimmung über seine Erfahrungen und den Schmerz über die erlittenen Verluste seiner Kinder in wissenschaftlichen Arbeiten zu vergessen und nun reiften jene Ideen über Religion [445] und Kirche, welche seine folgenden Handlungen erklären und durch eine im Jahre 1843 unternommene Reise nach Paris, wo er in den Marienandachten, im Oeuvre de la sainte enfance, im Institute der Schulbrüder, u. s. w., so viele erhebende und das zur Schwärmerei geneigte Gemüth hinreißende Momente des Katholicismus kennen lernte, nur befestigt wurden. Der Reise nach Paris folgte eine nach Rom, wo H., der im Innern längst der katholischen Kirche angehörte – war ja doch in seinem Werke über Papst Innocenz, welches 1834 erschienen war, der augenscheinliche Beleg dafür da – am 21. Juni 1844 öffentlich zum Katholicismus übertrat. Sein ferneres Bleiben in der Vaterstadt war nach dem Uebertritte nicht leicht thunlich. H. folgte nun einem Rufe des Fürsten Metternich als k. k. Hof-Historiograph nach Wien, welche Stelle er noch zur Zeit bekleidet und neben anderen historischen Arbeiten insbesondere mit der Vollendung des umfangreichen Geschichtswerkes über Kaiser Ferdinand II. und seine Eltern beschäftigt ist. Hurter hat eine reiche literarische Thätigkeit entwickelt und bemerkenswerth ist es, daß weder Menzel, noch Laube und Gottschall den Historiker Hurter nennen, geschweige beurtheilen. Hingegen widmet ihm Julian Schmidt eine eingehende Würdigung. Hurter’s Werke sind in chronologischer Folge: „Geschichte des Ostgothenkönigs Theodorich“, 2 Bdchn. (Schaffhausen 1807, Hurter, 8°.); – „Frau von Krudener in der Schweiz“ (Helvetien 1817); – „Gesandtschaftsberichte an den venetianischen Staat über den Zustand der savoyschen Macht im Jahre 1743. Aus dem Italienischen des M. Fascorini“ (St. Gallen 1817, Huber, 8°.); – „Ein Tag auf Küssenberg“ (Tübingen 1818, Laupp, 8°.); – „Ueber Schuleinrichtungen in einem Freistaate“ (ebd. 1821, 8°.); – „Wie die Stadt Schaffhausen zu ihren Freiheiten, Besitzungen, Gütern, Rechten und Häusern kam“ (ebd. 1832, 8°.); – „Die Weihe der Münsterkirche zu Schaffhausen nebst einer zur Erinnerung daran gehaltenen Predigt“ (ebd. 1834, gr. 8°.); – „Bericht und Actenstücke über die Ausscheidung des Stadt- und Cantonalgutes zu Schaffhausen“ (Schaffhausen 1834, 8°.); – „Ermunterung zum Bekenntniss Christi in Unterstützung notleidender Mitchristen. Predigt“ (ebd. 1834, 8°.); – „Geschichte Papst Innocenz des Dritten und seiner Zeitgenossen“. 4 Bde. (Hamburg 1834–1842, Fr. Perthes, gr. 8°.), der 3. Band auch unter dem Titel: „Kirchliche Zustände zu Papst Innocenz des Dritten Zeiten“; von dem ersten Bande erschien eine dritte und verm. Aufl. (1841), vom zweiten eine zweite (1842); dieses Werk ist H.’s Hauptwerk; auf fleißigem und genauem Studium der reichen Quellen dieses Theils der Geschichte beruhend, stimmt es in seiner Darstellung oft wörtlich mit den Quellen überein. Die Form ist farbenreich, belebt und weit entfernt von dem Starren, Leichenartigen, was ähnliche Werke professionsmäßiger Gelehrten an sich tragen. Mehr aber, als diese großen und seltenen Vorzüge des Geschichtswerkes hat dessen Tendenz beigetragen, seinen Namen in der gelehrten Welt bekannt zu machen; der Verfasser hat darin versucht, den päpstlichen Katholicismus, in seiner Vollendung, zu welcher er sich unter Innocenz III. ausgebildet hatte, darzustellen und im Katholicismus, im Uebergewichte des Papstthums über alle weltliche Macht und in der Allgewalt der Kirche über den Staat, das Ziel und die Aufgabe hinzustellen, wodurch die Gegenwart, indem sie rücksichtslos die ihr entgegentretenden [446] Hindernisse niederdrückte, aus ihren Wirrsalen und ihrer moralischen, religiösen, intellectuellen, artistischen und politischen Versunkenheit, in der sie so befangen steckt, zu streben habe; – „Denkwürdigkeiten aus dem letzten Decennium des achtzehnten Jahrhunderts“ (Schaffhausen 1840, Hurter, gr. 12°.); mit quellenmäßigen Abhandlungen über Eikenmayer, der lange für den Verräther von Mainz galt, über den Residenten Stein, über den churpfälzischen Spion und Hofkammerrath Georg Liß, über den Friedensagenten Potoratz (1797), über die Revolution auf Malta (1798), über die Uebergabe von Hohentwiel (1800), über die Gefängnisse zu Venedig im Jahre 1800 und über die Illuminaten; – „Ausflug nach Wien und Pressburg im Sommer 1839“. 2 Thle. (ebd. 1840, Hurter, 8°.). – „Die aargauischen Klöster und ihre Ankläger“ (ebd. 1841, 8°.); – „Die Befeindung der katholischen Kirche in der Schweiz seit dem Jahre 1834“. 4 Abthlgn. (ebd. 1842–1843); – „Berichtigungen, Ergänzungen und Nachträge dazu“ (ebd. 1843); – „Kleinere Schriften“, 3 Bde. (ebd. 1844, gr. 8°.); daraus besonders: „Reden und Predigten“ (ebd.). – „Des Papst Innocenz III. sechs Bücher von den Geheimnissen der h. Messe, übersetzt von Hurter“ (ebd. 1845); – „Geburt und Wiedergeburt. Erinnerungen aus meinem Leben und Blicke auf die Kirche“, 3 Bdchn. (ebd. 1845, 8°., mit Portr.; zweite sorgfältig durchges. und verbess. Auflage in zwei untrennb. Theilen (ebd. 1846, gr. 8°.), daraus „Die Jesuiten“ (ebd. 1845) besonders abgedruckt erschienen sind; – „Pflichten der Priester. Nach dem Französischen bearbeitet“ (ebd. 1855, 2. Aufl.); – „Poujoulat, Geschichte des H. Augustin“; – „Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner Eltern bis zu dessen Krönung in Frankfurt. Personen-, Haus- und Landesgeschichte. Mit vielen eigenhändigen Briefen Kaiser Ferdinands und Seiner Mutter, der Erzherzogin Maria“, 9 Bde. (ebd. 1850 u. f., 8°.), der 8. und 9. Band schon als Geschichte Kaiser Ferdinand’s II.; – „Philipp Lang, Kammerdiener Kaiser Rudolph’s II. Eine Kriminalgeschichte aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Aus archivalischen Acten gezogen“ (ebd. 1851); – „Aus dem Leben des hochm. Herrn Aristaces Azaria, Doctors der Theologie, Generalabtes der Mechitharisten-Congregation, Erzbischofs von Caesarea“ (Wien 1855, Mechitharisten-Congregation, gr. 8°.); – „Rom. Eine Skizze“ (Freiburg 1855, Herder, 8°.); – „Zur Geschichte Wallensteins“ (ebd. 1855, gr. 8°.); – „Französische Feindseligkeiten gegen das Haus Oesterreich zur Zeit Ferdinand’s II.“ (Wien 1859, Braumüller, 8°.); – „Friedensbestrebungen Ferdinand’s II.“ (ebd. 1860, 8°.); – „Bild einer christlichen Fürstin. Maria, Erzherzogin zu Oesterreich, Herzogin von Bayern“ (Schaffhausen 1860, Hurter, 8°.). H., welcher zurzeit in Wien lebt, hat auch wesentlichen Antheil an der daselbst seit 1855 erscheinenden „Katholischen Literatur-Zeitung“. Was Hurter‘s Stellung zu den Bewegungen der Gegenwart betrifft, so hofft er in unserer Alles zersetzenden Zeit, wie sie ihm erscheint, alle Rettung von der Kirche. Seinen Standpunct bezeichnen seine eigenen Worte, einem Briefe vom 10. März 1848 entnommen, den er an den Fürsten Alexander Hohenlohe gerichtet; H. sagt darin: „Das Zusammenbrechen der wurmstichig gewordenen Throne (wurmstichig nicht an sich, sondern so geworden durch die Sorglosigkeit oder die persönliche Fäulniß der darauf Sitzenden), wird unvermeidlich Manches und Manchen mit sich in den Schutt reißen; aber aus demselben könnte sich noch das einzige Element, welches unverwüstliche Lebenskraft in sich [447] trägt, wieder zum Licht emporringen und dieselbe allgemach wieder durch das Uebriggebliebene vorbereiten – die Kirche. Wird also die Freiheit, in die jetzt die Volker hineingepeitscht worden, eine wahre, dann muß sie zunächst der Kirche zu gut kommen; dann wird sie, in dem Durchgangspunct durch die Kirche geläutert und veredelt, erst zum Gut für die Menschheit werden“. .… „Der fanatische Kirchenhaß ist aus den Köpfen der Choiseuls, Aranda’s und Kaunitze in diejenigen der Advocaten, Subalternen und Kammern hinabfiltrirt, und diese haben Sorge getragen, daß er als Thau über die Hefe des Volkes sich verbreite. Diese hat er nun befruchtet und ich fürchte, die Wirkungen werden beklagenswerther sein, als Alles, was wir seit 60 Jahren erlebt haben. Fällt, wie es dessen bereits den Anschein hat, die Gewalt dem Proletariat zu, dann werden wir mit der Civilisation des 19. Jahrhunderts schwerlich lange mehr zu prahlen haben; die Völkerwanderung mit allen ihren Folgen wird nicht von Norden her, sondern aus den Vorstädten aller großen Orte zu erwarten sein. Schulen und Pressen haben seit 30 Jahren mit rastlosem Bemühen die Schleußen aufgezogen, die Dämme eingerissen, mögen wir uns noch wundern, daß die Ueberschwemmung hereinbricht und die papiernen Lusthäuslein wegschwemmt?“ H., der zur Zeit 75 Jahre alt ist, ist von Sr. Heiligkeit dem Papste mit dem Pius-Orden ausgezeichnet.

Der Antistes Hurter in Schaffhausen und seine sogenannten Amtsbrüder (Schaffhausen 1840, 8°.). – Buergli (Johann Jacob), Kurze Skizze der Verdienste des Antistes und Decanus Hurter, nebst Widerlegung einiger Verdächtigungen (Schaffhausen 1840. 8°.). – Brunner (Sebastian), Hurter vor dem Tribunal der Wahrheitsfreunde (Paderborn 1850). – Fr. Hurter, der Wiedergeborne durch sich selbst und seine Gegner geschildert. Vom Verfasser der „Geschichte des philosophischen und revolutionären Jahrhunderts“ (Augsburg 1845, Kollmann, gr. 8°.). – Hurter (Friedrich), Geburt und Wiedergeburt. Erinnerungen aus meinem Leben (Schaffhausen 1845, Hurter’sche Buchhandlung, 8°.) 3 Bde. – Schenkel (Dr.), Die confessionellen Zerwürfnisse in Schaffhausen und Friedrich Hurter’s Uebertritt zur römisch-katholischen Kirche (Basel 1844, 8°.). – Saint-Cheron (Alex. de), La vie, les traveaux et la conversion de F. Hurter, ex-président du consistoire de Schaffhouse (Par. 1844, 18°.); auch in’s Italienische übersetzt von G… G… (Florenz 1845, 8°.). – Zehender (J… C…), Antistes Hurter und seine verunglimpften Amtsbrüder (Schaffhausen 1840, 8°.). – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1840, Beilage, S. 1755; „Des Antistes Hurter öffentliche Erklärung“. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) Jahrgang 1840, Nr. 247 u. f. – Bücher und Menschen. Vom Verfasser des „Jacobiner in Wien“ (Herisau 1846, literar. Institut, kl. 8°.) S. 41–78. – Grenzboten (Leipzig, bei Herbig, gr. 8°.) Jahrg. 1853, Bd. IV, S. 84: „Deutsche Geschichtschreiber. 1. Die Welfen und Ghibellinen“. – Der österreichische Volksbote, herausg. von Jos. Schrittwieser [der wahre Herausgeber war Ad. Bäuerle] (Wien, kl. Fol.) Jahrgang 1849. Nr. 268. „Ueber Dr. Hurter“, von L. M. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen 1850, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XVI, S. 120, Suppl. Bd. III, S. 1518. – Wigand’s Conversations-Lexikon (Leipzig 1847 u. f., Otto Wigand, gr. 8°.) Bd. VI, S. 837. – BrockhausConversations-Lexikon (10. Aufl.), Bd. VIII, S. 151. – Nouvelle Biographie générale … publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris, 1858, 8°.) Tome XXV, p. 585. [gibt irrig den 15. März 1787 als H.’s Geburtstag an]. – Schmidt (Julian), Geschichte der deutschen Literatur im neunzehnten Jahrhundert (Leipzig 1855, Herbig, gr. 8°.) Zweite Aufl. Bd. III, S. 465–471. – Porträt. Facsimile der Unterschrift: Friedrich Hurter. W. C. Wrankmore sc. (Schaffhausen, 8°.).

Berichtigungen und Nachträge

  1. Hurter, Friedrich Emanuel von [s. d. Bd. IX, S. 442], gestorben zu Gratz 27. August 1865. Hurter hat in den letzteren Jahren noch folgende Schriften herausgegeben: „Wallenstein’s vier letzte Lebensjahre“ (Wien 1862, Braumüller, 8°.); – „Kirche und Protestantismus. Zwei Capitel aus August Nicola’s philosophischen Studien über das Christenthum. Uebersetzt und mit Anmerkungen versehen“ (Wien 1864, Mechitaristen-Congr., gr. 8°.). H. war bereits seit längerer Zeit sehr leidend und war es sein körperlicher Zustand, der ihn in Förderung seiner literarischen Arbeiten wesentlich beeinträchtigte. Sein Leichenbegängniß in Gratz wurde feierlich begangen und ihm u. a. von dem Fürstbischofe Grafen von Attems an der Spitze des Gratzer Domcapitels das [487] Ehrengeleite gegeben. Die Leiche wurde auf dem Friedhofe von St. Peter zu Gratz beigesetzt.
    Oesterreichische Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst u. s. w. (Wien, gr. 4°.) 1865, Nr. 36, S. 347. – Neue freie Presse (Wiener politisches Blatt) 1865, Nr. 359. – Presse 1865, Nr. 238 u. 241. – Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1865, Nr. 239 u. 241. [Band 14, S. 486 f.]

Anmerkungen (Wikisource)