BLKÖ:Jüstel, Joseph Alois

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Juerczik, Franz von
Band: 10 (1863), ab Seite: 307. (Quelle)
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Jüstel, Joseph Alois (k. k. Staats- und Conferenzrath, geb. zu Leitmeritz 7. Februar 1765, gest. zu Wien 7. April 1858). Er war ein Zögling des ehemaligen Prager Generalseminars; am 15. August 1788 zum Priester geweiht, wurde er Katechet an der Leitmeritzer Kreishauptschule und Prediger an der Leitmeritzer Domkirche, 1789 Studienpräfect und Correpetitor der Moral- und Pastoraltheologie im Prager Generalseminar, 1791 Professor der Moraltheologie am Lyceum zu Gratz, mit welcher Stelle 1794 noch die Professur der Pastoraltheologie verbunden wurde. Im Jahre 1795 wurde er noch mit dem Amte eines akademischen Predigers betraut, welches er aber 1798 aus Gesundheitsrücksichten niederlegte. Im nämlichen Jahre noch erhielt er die Stelle des Lycealbibliothekars, welche er bis 1799 versah; im Jahre 1802 wurde er Director der philosophischen Studien in Gratz und schon im nächsten Jahre Gubernialrath und Referent im geistlichen und Studienfache. Bis zum Jahre 1814 auf diesem Posten thätig, wurde er im genannten Jahre dem illyrischen Einrichtungscommissär als Referent in geistlichen Studien und politischen Fondsangelegenheiten beigegeben, worauf im Juni 1815 seine Ernennung zum k. k. Hofrath bei der vereinigten Hofkanzlei in Wien erfolgte. Er führte daselbst das Referat in geistlichen Angelegenheiten und bei der Studienhofcommission jenes des Volksschulwesens. Im Jahre 1816 wurde J. als Beisitzer zur Hofcommission in Justizgesetzsachen beigezogen. Am 3. Juli 1829 zur Dienstleistung [308] in den Staatsrath berufen, wurde er noch im nämlichen Jahre (7. December) staatsräthlicher Referent und am 7. November 1831 wirklicher Staats- und Conferenzrath. Als solcher führte er das Referat in geistlichen und seit 1835 auch jenes in Studiensachen. Am 31. August 1848 wurde er nach 60jähriger Dienstleistung und auch nur in Folge der Aufhebung des Staatsrathes in den Ruhestand versetzt. Was Jüstel’s geistliche Würden betrifft, so wurde er 1816 Titularpropst von Ardagger, 1818 Propst an der Collegiatkirche zu Altbunzlau und mit Allerh. Entschließung vom 12. Mai 1835 wurde ihm die Propstei an dem uralten Collegiatcapitel am Wyšehrad verliehen. Auf schriftstellerischem Gebiete beschränkt sich Jüstel’s Thätigkeit auf folgende Schriften: „Predigt auf die Krönung Franz II. zum deutschen Kaiser“ (1792); – „Predigt über die Unsterblichkeit der Seele“ (1792); – „Gedächtnissrede auf den Tod Kaisers Joseph II.“ (1792); – „Predigt um einen glücklichen Fortgang der Waffen“ (1793, 1796); – „Rede bei Eröffnung des Seckauer Priesterhauses“ (1804); – „Gelegenheitsreden“ (Gratz, bei Tusch, 8°.). Ungleich größer aber und tiefgreifend ist sein Wirken als Staatsmann: Scharfblick, vielseitiges gründliches Wissen in allen Zweigen der Staatsverwaltung, mit reicher Welterfahrung gepaart, unermüdliche Arbeitsamkeit, Klarheit im Denken, Gewandtheit, Schärfe mit Milde vereint, im mündlichen und schriftlichen Vortrage des Ueberdachten, strenge Gewissenhaftigkeit und Pflichtgefühl im Handeln stempelten ihn zu einem der ausgezeichnetsten Räthe des Kaisers. Als Theolog, Priester, Staatsdiener und Weltmann bis zum letzten Stadium seines Lebens verstand er es, sich das Vertrauen, die Achtung und das Wohlwollen Aller, die ihn kannten, zu erwerben und zu erhalten. In einer Geschichte der österreichischen Administration, die zur Zeit noch fehlt; wird J. in der ganzen ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine nicht unbedeutende und keineswegs ungünstige Rolle spielen. Welcher Liebe er sich bereits als Professor in Gratz von Seite seiner Schüler zu erfreuen hatte, ist in der Biographie des Johann Ritter von Jenull [S. 164] und dort auch des Zwischenfalles gedacht worden, den die Standesänderung Jenull’s, welcher die Theologie mit der Jurisprudenz vertauschte, veranlaßt hatte. Jüstel hatte im Jahre 1847 die geheime Rathswürde erhalten und wurde mit dem Commandeurkreuze des Leopold-Ordens ausgezeichnet. Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Künste zu Padua, des Athenäums zu Venedig, des Museums in Böhmen und mehrerer anderen gelehrten und humanistischen Vereine, war er Doctor der Philosophie und Theologie und in den Jahren 1823 und 1838 Rector magnificus der Wiener Hochschule. In seinem letzten Willen hat er das Leitmeritzer Knabenseminar zu Mariaschein zum Universalerben seines Vermögens eingesetzt und dem Prager Knabenseminar ein Legat von 4000 fl. bestimmt. Bis zu seinem letzten Augenblicke frischen Geistes und mit aufmerksamem Blick den räthselhaften Gang der Zeit verfolgend, erreichte er das seltene Alter von 93 Jahren. Seine Leiche wurde nach Böhmen gebracht und er am 12. April als böhmischer Landesprälat im Friedhofe des Wyssehrad zur Erde bestattet.

Annalen der Literatur des österreichischen Kaiserstaates (Wien, Doll, 4°.) Jahrg. 1804, Intelligenzblatt Nr. 9, Sp. 67. – Austria. Oesterreichischer Universal-Kalender (Wien, bei Klang, gr. 8°.) Jahrg. 1859, S. 125 [nach diesem am 12. April gestorben, das ist unrichtig, [309] an diesem Tage wurde er begraben]. – Bohemia (Prager Blatt, 4°.) 1858, Nr. 100, S. 738; Nr. 103, S. 760. – Lumir (Prager Blatt in čechischer Sprache), herausgegeben von Mikoveč, 1858, Nr. 15. – Prager Zeitung 1858, Nr. 87 und 88 [nach dieser gest. 8. April 1858, 94 Jahre alt]. – Pražské Noviny 1858, Nr. 88. – Salzburger Kirchenzeitung 1858, Nr. 15. – Wiener Feiertagsblätter 1858, Nr. 3. – Wiener Kirchenzeitung, herausgegeben von Dr. Sebastian Brunner, 1858, Nr. 19. – Wiener Zeitung 1858, Nr. 82. –