BLKÖ:Richter, Franz Xaver

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 26 (1874), ab Seite: 43. (Quelle)
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16. Richter, Franz Xaver (Tonkünstler, geb. zu Holleschau in Mähren 4. December 1709, gest. zu Straßburg 12. September 1789). Seine musikalische Ausbildung erhielt er in seiner Heimat, doch ist über seine Jugendzeit und seine Meister nichts bekannt. Er kam dann nach Mannheim, wo er viele Jahre als Kammermusicus in den Diensten des Kurfürsten von der Pfalz stand und sich daselbst durch seine Compositionen bemerkbar gemacht hatte. Er hatte nämlich in jener Zeit sieben größere Tonwerke, jedes sechs Stück enthaltend, u. z. Claviertrio’s mit Violine und Violoncell, dann Violintrio’s und Symphonien, in Nürnberg, Amsterdam und Paris im Stiche erscheinen lassen. Außerdem hatte er auch mehrere Messen componirt, welche die Aufmerksamkeit der Kenner auf sich zogen. Im Jahre 1747 – nach Gerber’s älterem Lexikon wäre er aber um 1770 noch als Kammermusicus zu Mannheim in Diensten gestanden – erhielt er die Stelle des Capellmeisters am Straßburger Münster, wo er bis zum Jahre 1783 selbst seinen [44] Posten versah, dann aber Alters halber um einen Gehilfen bat, der ihm in der Person des nachmals so berühmt gewordenen Ignaz Pleyel [Bd. XXII, S. 436], auch eines Oesterreichers, zugewiesen wurde. Richter war ein fleißiger Compositeur, namentlich in Kirchensachen, aber außer den vorerwähnten Trio’s und Symphonien ist von seinen Kirchenstücken nur ein vierstimmiges Dixit im Stiche erschienen; alles Andere ist Manuscript geblieben. Während seines Aufenthaltes in Mannheim schrieb er ein größeres Werk über Harmonie und Composition, welches in 2., mit Beispielen vermehrter Auflage. C. Kalkbrenner unter dem Titel: „Traité d’Harmonie et de Composition, revu, corrigée, augmentée et publié avec 93 planches“ im Jahre 1804 zu Paris herausgegeben hat. Richter galt zu seiner Zeit als ein ebenso gründlicher Componist, wie geschickter Lehrer. Burney in seinem Tagebuche musikalischer Reisen [Bd. III, S. 367] schreibt über ihn: „Seine Sujets wären oft neu und edel, sein Detail aber und seine Manier der Behandlung hingegen oft trocken und mager; ja er soll die Passagen in verschiedenen Tonarten bis zum Ueberdrusse transponirt und wiederholt haben“. Auch machte man ihm bezüglich seiner Kirchensachen den Vorwurf, daß er sich darin mitunter dem weltlichen oder Theaterstyle nähere. „Das muß ich thun“, schrieb er an Einen seiner Freunde, „sonst gehen die Leute gar nicht mehr in die Kirche.“ Ueber seinen Tod berichtet der berühmte Gefangene von Hohenasperg, Schubart, in seiner Vaterlands-Chronik vom 22. September 1789: „Richter brachte den 12. dieses seine häuslichen Geschäfte in Ordnung, setzte sich sodann in seinen Sessel, sah die Partitur der Trauermusik durch, die er auf seinen Tod verfertigte und – der Engel des Todes berührte ihn leise; – und er neigte sein Haupt und starb“. Richter war 80 Jahre alt geworden. Interessant ist noch, was der Rieger’sche „Slovník naučný“ seinen Lesern bezüglich Richter’s (Bd. VII, S. 444, Nr. 3) zum Besten gibt. „Richter“, heißt es dort, „war als Kammermusicus in Diensten des Kurfürsten Falcké.“ Der Kurfürst von der Pfalz ist daselbst zu einem Kurfürsten Falcke gemacht!!!

Gerber (Ernst Ludwig), Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1792, J. G. J. Breitkopf, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 283. – Derselbe, Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1813, A. Kühnel, gr. 8°.) Bd. III, Sp. 854. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Köhler, Lex. 8°.) S. 722. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortges. von Ed. Bernsdorf (Dresden 1856, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 331. – Dlabacz (Gottfried Joh.), Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen und zum Theile auch für Mähren und Schlesien (Prag 1815, Gottl. Haase, 4°.) Bd. II, Sp. 576. – Meusel (J. G.), Lexikon der lebenden Tonkünstler in Europa.