BLKÖ:Schreyer, Adolph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schreyer, Susanna
Band: 31 (1876), ab Seite: 301. (Quelle)
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Schreyer, Adolph (Maler, geb. zu Frankfurt a. M. 9. Juli 1828). Wenngleich nicht in Oesterreich geboren und seit Jahren wieder in der Fremde weilend, knüpfen ihn doch verschiedene Bande an uns, so daß wir keinen Anstand nehmen, den Ausdruck der „Wiener Zeitung“, welche den Künstler einen „vaterländischen Künstler“ nennt, zu adoptiren. Der Sohn wohlhabender Eltern, erhielt er unmittelbar unter des Vaters Leitung seine erste Erziehung. Leider starb der Vater, noch bevor der Sohn sich einem Lebensberufe zugewandt, und da der eines Malers den Ansichten der Familie widersprach, so ward Schreyer, von seiner Wahl nicht abstehend, sehr früh ganz sich selbst überlassen, und hatte um so mehr zu kämpfen, als auch das Studium seines Zweiges: das der Schlachtenmalerei, besonders in Deutschland, im vollen Sinne des Wortes auf eigene Faust betrieben werden muß. Indem sich S. vorübergehend in Stuttgart, München und Düsseldorf, wo er an den dortigen Akademien seine Studien gemacht, aufgehalten, kehrte er wieder in seine Vaterstadt zurück, wo er schon früher am Städel’schen Institute, in der Reitschule und im anatomischen Lectionssaale sich für seinen Beruf vorbereitet hatte. Bei seiner Rückkehr in die Vaterstadt erhielt er nun im Städel’schen Kunstinstitute ein Atelier und an den Werken des berühmten Schlachtenmalers Raffet – nicht Rafft, wie er in der „Illustrirten Zeitung“ (28. Februar 1857, S. 193) genannt wird – bildete er seinen Geschmack und seiner Kunstrichtung. Schon hatte er sich durch seiner Schlachtenbilder auf verschiedenen Ausstellungen ehrenvolle Rufe errungen, als ihm der Ausbruch des orientalischen Krieges eine günstige Gelegenheit darbot, einen Genius zu entfalten. Im Sommer [302] 1854 hatte Oesterreich mit der Pforte eine Convention abgeschlossen, welcher zu Folge sich Oesterreich zum Einmarsche in die Donaufürstenthümer in Bewegung setzte. Schreyer begab sich nun nach Wien, wo ihm die Erlaubniß ertheilt ward, sich der Südarmee anzuschließen und er in Folge dessen dem 7. österreichischen Uhlanen-Regimente attachirt wurde. In dieser für seiner künstlerischen Zwecke höchst günstigen Stellung durfte er den Vormarsch der Oesterreicher nach den Donaufürstenthümern mitmachen. Noch günstiger gestaltete sich seine Situation, als ihn dann Emerich Fürst Thurn und Taxis, damals k. k. Oberstlieutenant im genannten Regimente, ein kunstsinniger Prinz und dem Künstler persönlich wohlgewogen, zum Begleiter auf seinen Reisen erwählte. Seitdem hielt sich S. größtentheils in Wien und Paris und im Jahre 1856 einige Monate in Düsseldorf auf. Mit dem Fürsten machte er eine Reise durch Egypten und Syrien, wo sich seinen Blicken eine Fülle künstlerischen Stoffes darbot, dem er später neuen, nicht minder bedeutenden und eigenthümlichen aus einer Reise nach Algier (1861) hinzufügte. Seine Künstlerwerkstätte schlug er in diesen Jahren abwechselnd in Wien, wo ihm von kaiserlichen Hofes viel Gunst und Förderung zu Theil wurde, und in Paris auf, wo seine Werke im „Salon“, wie die Pariser Kunstausstellung genannt wird, allgemeine Aufmerksamkeit erregten. Die Kunstkritiker der Seinestadt fanden die Bilder Schreyer’s „d’une vérité parfaite, largement peint, et dans une tonalité juste et harmonieuse“. Im Jahre 1870 ließ er sich aber bleibend in Deutschland nieder. In dem schönen Cronberg am Fuße des Taunus, wo sich eine kleine Malercolonie niedergelassen hat, hat auch S. sein Atelier aufgeschlagen und findet daselbst so große Beschäftigung, daß seine Arbeiten noch feucht von der Staffelei weggeholt werden. In den Fünfziger-Jahren und zu Anbeginn der Sechziger begegnete man den Werken des Künstlers häufig in den Monats-Ausstellungen des österreichischen Kunstvereins, so z. B. waren von ihm daselbst zu sehen im Jahre 1855, im März: „Walachische Poststation“ (200 fl.), vom K. V. angek.; – „Walachische Post im Schnee“ (500 fl.); – „Walachische Post auf der Heide“ (500 fl.), beide im Besitze Sr. Majestät des Kaisers; – im Juni: „Scene aus der Schlacht bei Komorn am 2. Juli 1849“ (2500 fl.). angek. von Sr. Majestät dem Kaiser; – im Juli: „Bulgarische Kaufleute auf der Reise“ (300 fl.); – „Oesterreichische Dragoner, recognoscirend“ (300 fl.); – 1856, im März: „Türkische Vorposten“; – im Juli: „Winterreise in der Walachei“; – im August: „Russische Grenzkosaken“ (450 fl.); – im December: „Walachischer Pferdefang“; – 1857, im Juni: „Russische Grenzsoldaten“ (200 fl.); – 1858, im September: „Walachischer Güterwagen“ (600 fl.), vom K. V. angek.; –1859, im Februar: „Walachische Landschaft“ (800 fl.); – im November: „Türkische Reiter“ (600 fl.); – 1860, im September: „Cavallerie-Detachement auf dem Marsche“, Eigenthum des Herrn D. Th. Tirka.– 1662, im März: „Walachische Fuhrleute“ (500 fl.); – im April: „Uhlanen-Vorposten“ (150 fl. rhein.), vom K. V. angek.; – in der III. allgemeinen deutschen Kunstausstellung 1868: „Halt von Arabern“; – „Pferde, von Wölfen verfolgt“; – in der II. großen internationalen Kunstausstellung in Wien im April 1870: „Araber“; – in der deutschen allgemeinen und historischen Kunstausstellung in [303] München im Jahre 1858: „Türkische Vorposten“; – „Brand eines Stalles“; – „Verwundung des Fürsten Thurn und Taxis bei Temesvár am 9. August 1849“, eines der trefflichsten Bilder des Künstlers und 1863 für das Museum in Versailles erworben; – „Walachisches Fuhrwerk“; – „Walachische Pferde“. Von anderen bedeutenderen Werken des Künstlers sind mir außer verschiedenen kleineren und größeren Schlachtenbildern, vorzugsweise Cavalleriegefechte aus dem badischen Feldzuge 1849 darstellend, noch bekannt: „Das Gefecht bei Waghäusl“, im Besitze des Herzogs von Mecklenburg; – „Angriff preussischer Huszaren auf ein Quarré baden’scher Insurgenten“ (Gallerie Ravené in Berlin); – „Csikos, bei Abend Pferde über die Puszta treibend“ (Professor Magnus in Berlin); – „Walachische Extrapost im Schneesturme“, in xylographischer Nachbildung in Nr. 713 der „Illustrirten Zeitung“ vom 28. Februar 1857; – „Kosakenpferde im Schneegestöber“, in xylographischer Nachbildung in Nr. 1132 der „Illustr. Zeitung“ vom 11. März 1865; – „Vorgeschobener Araberposten“; – „Araber auf der Jagd“; – „Kosakenpferde im Schneegestöber“, die letzten zwei in der Pariser Ausstellung 1864; – „Artillerieangriff in der Schlacht von Traktir“ (Krimfeldzug), in xylographischer Nachbildung in der Hallberger’schen illustrirten Zeitung „Ueber Land und Meer“, 14. Bd. (1865), Nr. 45; – „Auf der Strasse nach Jerusalem“, in xylographischer Nachbildung von W. Thomas in den „Illustrated London News“, Aug. 19, 1865, S. 157; – „Packpferde im Winde“; – „Wagen auf überschwemmter Strasse“; – „Das sterbende Pferd“; – „Das walachische Gestüt“; – „Angriff preussischer Cavallerie auf Artillerie“, in der Berliner Ausstellung 1854; – „Walachische Post im Regen“; – „Walachische Wagen im Schnee“; – „Walachische Wagen in den Wald fahrend“, alle drei in der zweiten deutschen allgemeinen und historischen Kunstausstellung und von Hermann Becker kurz und treffend charakterisirt: „Schmutziges Wetter, schmutzige Wege, schmutziges Vieh und schmutzige Menschen können gar nicht besser gemalt werden“; – „Pferde, aus brennendem Wagen fliehend“, in der Ausstellung zu Antwerpen 1864; – „Türken am Brunnen“ und „Walachische Extrapost“, beide auf der Ausstellung in Gent 1865; außerdem viele Scenen aus dem ungarischen Feldzuge 1848 und 1849, und eine ansehnliche Folge großer und kleiner Genrebilder aus den Donaufürstenthümern und der Türkei. Viele Privat-Gallerien in Deutschland, England und Amerika besitzen Originalgemälde S.’s, der für seine Arbeiten zu Brüssel 1863 und zu Paris 1864, 1865 und 1867 mit goldenen Medaillen ausgezeichnet wurde; überdieß haben ihn der König der Belgier mit dem Leopold-Orden geschmückt und die Kunstakademien von Antwerpen und Rotterdam haben ihn unter ihre Mitglieder aufgenommen. Als Künstler in seinem speciellen Fache steht S. sehr hoch, und den Franzosen gebührt die Ehre, das große Talent S.’s unbefangen gewürdigt zu haben. Man würde sich aber sehr irren, wollte man den von Jahr zu Jahr steigenden Pariser Erfolg S.’s durch die Annahme zu motiviren suchen, daß er durch Anbequemung an specielle französische Geschmacksrichtungen den natürlichen Effect seines ursprünglichen Könnens zu verstärken bestrebt gewesen wäre. Von dem Wege der Natur und Wahrheit, auf den ihn sein künstlerisches Schaffen von Anbeginn an geleitet hat, ist er nie abgewichen, am wenigsten, um irgend welchen Neigungen Anderer Concessionen zu machen. Aber [304] gerade auf seinem speciellsten Gebiete ist der Blick und das Urtheil der Franzosen durch eine Reihe der bedeutendsten Meister, welche ihre nationale Kunst darin aufweist, wir nennen: Vernet, Bellanger, Bougnereau, Fromentin, Boulanger, Belly, Raffet, ganz besonders geübt, geschärft, das Echte und Große zu erkennen. So hatte Schreyer, wie einer seiner Kritiker ganz richtig bemerkt, nur nöthig gehabt, er selbst zu bleiben, um zu der hohen Stufe künstlerischen Ruhmes durchzudringen, welche ihm heute Kritik, Genossen und Publicum widerspruchslos unter den Zeitgenossen anweisen. Man hat und nicht mit Unrecht seinen leider zu früh verstorbenen Landsmann und Kunstgenossen Teutwart Schmitson [Bd. XXX, S. 327] ihm zur Seite gestellt, und in der That sind sie im Vielen sich ähnlich. Wie dieser, besitzt auch Schreyer die Gabe eines wunderbaren, künstlerischen Gedächtnisses, das jeden, in der Natur empfangenen Bildeindruck, eine eigenthümliche Bewegung von Thier und Mensch, die feinste Besonderheit der Form und Farbe, die zartesten, flüchtigsten Tonwirkungen, wie solche Wetter, Luft und Licht in der unbegrenzten Mannigfaltigkeit ihrer Stimmungen auf die Landschaft und was sich in ihr bewegt, äußern, unverlierbar zu bewahren, vermag; dazu eine Kraft der Phantasie, auch die nicht selbst gesehenen Scenen in vollendeter Realität anzuschauen, wie er dieß in dem Bilde: „Verwundung des Fürsten Thurn und Taxis“ in wahrhaft genialer Weise bewiesen hat. Das Bild ist von dem Künstler zehn und mehr Jahre nach dem Ereignisse gemalt, und welche Wahrheit in der Haltung des als Reiter einzig in seiner Art in Europa bekannten Prinzen, der thatsächlich trotz des zerschmetterten Schädels weder Zügel noch Sitz verlor! Keinem Menschen würde es einfallen, zu denken, daß der Künstler in seiner Phantasie die Naturwahrheit so wiedergegeben, als wäre die Sache erst gestern geschehen und er selbst dabei unmittelbar thätig gewesen. Ein Blick in die Mappen des Künstlers gibt uns annäherungsweise einen Aufschluß über seine Gabe, was er im Geiste sieht, in Bildern zu verkörpern. Landschaftliche Scenerien, Prospecte von Städten, Lagerscenen, Trachten, das Alles ist skizzenhaft mit künstlerischer Hand hingeworfen, um dann später auf einem Bilde mit einer Wahrheit wieder zu erscheinen, daß wir uns mitten darin, was wir im Bilde sehen, selbst zu befinden scheinen.

Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) Nr. 713, 28. Februar 1857, S. 192: „Adolph Schreyer“; – dieselbe, Nr. 951, 21. September 1861, S. 203: „Die 2. allgemeine deutsche Kunstausstellung in Köln“; – dieselbe, Nr. 1132, 11. März 1865: „Kosaken-Pferde im Schneegestöber. Gemälde von Ad. Schreyer“. – Mittheilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. Beilage zur „Zeitschrift für bildende Kunst“ (Leipzig, E. A. Seemann, 4°.) I. Jahrg. (1873), Nr. 4, 25. April, Sp. 58. im Album-Texte. – Faust (Wiener Fachblatt, 4°.) 1855, Nr. 8: „Ein Besuch in einem Maler-Atelier“. – Wiener Zeitung 1861, Nr. 17, S. 243. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Professor Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1869, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. IV, S. 389 [mit ganz unbrauchbaren Quellen-Nachweisen]. – Breslauer Zeitung 1863, Nr. 245, im Feuilleton in den „Pariser Plaudereien“, – Neues Wiener Tagblatt 1868, Nr. 293, im Feuilleton: „Die Oesterreicher auf der dritten deutschen Kunstausstellung“. – Kölnische Zeitung 1861 Nr. 340, im Feuilleton: „Die zweite deutsche allgemeine und historische Ausstellung“, von Hermann Becker; – dieselbe 1864, Nr. 163, im Feuilleton: „Die Pariser Ausstellung“; – dieselbe 1864, M. 281, in der Beilage: „Belgische Kunstausstellungen. III.“ – Monats-Verzeichnisse [305] des österreichischen Kunstvereins, 1855, März, Juni, Juli; 1856, März, Juli, August, Decbr.; 1857, Jänner, Juni; 1858, Sept.; 1859, Februar, Nov.; 1860, Sept; 1862, März, April. – Katalog zur III. allgem. deutschen Kunstausstellung in Wien, 1. Sept. 1868, Nr. 513, 526. – „l’Indépendance belge“ (Brüssel, gr. Fol.) 164, Nr. 145, im Feuilleton: „Salon de 1864 à Paris“; Nr. 269: „Exposition d’Anvers“; – dieselbe 1865, Nr. 233, im Feuilleton: „Exposition de Gand“. – Le Nord (Brüsseler polit. Blatt) 1864, Nr. 126 u. 181, im Feuilleton: „Exposition des beaux arts“. – Journal des Débats, 30. Avril 1864, im Feuilleton: „Exposition de 1864“. – La Patrie (Pariser polit. Blatt) 1864, 17. Juni: „Salon de 1864“.