Bekanntmachung, betreffend die Instruktion zur Ausführung der §§. 19 bis 29 des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen / Anlage A. Desinfektionsverfahren

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Titel: Bekanntmachung, betreffend die Instruktion zur Ausführung der §§. 19 bis 29 des Gesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Anlage A. Anweisung für das Desinfektionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der Hausthiere.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1895, Nr. 27, Seite 393 - 402
Fassung vom: 27. Juni 1895
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Bekanntmachung: 8. Juli 1895
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[393]

Anlage A.
Anweisung
für das
Desinfektionsverfahren bei ansteckenden Krankheiten der Hausthiere.

§. 1.[Bearbeiten]

In denjenigen Fällen, für welche durch das Gesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 (Reichs-Gesetzbl. von 1894 S. 410) und durch die zur Ausführung desselben erlassene Instruktion die Unschädlichmachung von Ansteckungsstoffen (Desinfektion) angeordnet ist, sind nachstehend [394] verzeichnete Mittel in der unten vorgeschriebenen Weise in Anwendung zu bringen.
Das Desinfektionsverfahren umfaßt nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Anweisung die Reinigung und die Desinfektion im engeren Sinne.

I. Reinigungs- und Desinfektionsmittel.[Bearbeiten]

§. 2.[Bearbeiten]

Als Mittel der Reinigung und Desinfektion kommen in Betracht:
1. Wasser und Wasserdämpfe. Zur Reinigung wird heißes Wasser oder, wo solches in genügender Menge nicht zu beschaffen ist, unter Druck aus Handfeuerspritzen, Gartenspritzen oder dergleichen ausströmendes kaltes Wasser verwendet.
Zur eigentlichen Desinfektion dient wallendsiedendes Wasser oder strömender Wasserdampf von mindestens der Wärme des siedenden Wassers.
Durch einstündiges Kochen der Gegenstände in Wasser werden die daran haftenden Ansteckungsstoffe zerstört.
Die Desinfektion mittelst Wasserdampfes hat in Vorrichtungen zu erfolgen, welche von sachverständiger Seite dazu geeignet befunden worden sind.
2. Seifenwasser. Dasselbe wird durch eine starke Lösung von Haus- oder Schmierseife in Wasser hergestellt.
3. Sodalauge. Sie wird hergestellt durch Auflösung von mindestens 2 Kilogramm Soda in 100 Liter Wasser. An Stelle der Sodalauge kann Holzaschen- oder Seifensiederlauge verwendet werden.
4. Frisch gelöschter (Aetz-) Kalk und zwar:
a) in trockener Form als Pulver,
b) mit 2 Raumtheilen Wasser zu einer dicken oder
c) mit 20 Raumtheilen Wasser zu einer dünnen Kalkmilch angerührt.
5. Chlorkalkmilch. Frischer starkriechender Chlorkalk wird
a) mit 3 Raumtheilen Wasser zu einer dicken oder
b) mit 20 Raumtheilen Wasser zu einer dünnen Chlorkalkmilch angerührt.
6. Fünfprozentige Karbolsäurelösung. Ein Theil verflüssigte Karbolsäure (Acidum carbolicum liquefactum des Arzneibuchs) wird in 18 Theilen Wasser gelöst.
7. Kresolwasser. Eine Mischung aus 1 Theil Kresolseifenlösung (Liquor Cresoli saponatus des Arzneibuchs) und 9 Theilen Wasser. Sie enthält in 100 Theilen 5 Theile rohes Kresol.
8. Steinkohlen- oder Holztheer.
9. Feuer. Schon durch gründliches Ansengen an der ganzen Oberfläche können manche Gegenstände desinfizirt werden. Feuerfeste Gegenstände werden durch Einlegen in Feuer – Flammenfeuer oder glühende Kohle – schnell desinfizirt. [395]

II. Das Reinigungs- und Desinfektionsverfahren.[Bearbeiten]

§. 3.[Bearbeiten]

Reinigung und Desinfektion werden entweder auf den Standort und diejenigen Stall- und sonstigen Geräthschaften beschränkt, mit welchen die kranken Thiere, deren Ausscheidungen oder Kadaver in Berührung gekommen sind, oder sie umfassen den ganzen Stall oder Aufenthaltsraum, einschließlich der darin enthaltenen Geräthschaften. Erforderlichenfalls ist die Reinigung und Desinfektion auf verunreinigte Hofräume, Tummelplätze, Weidestellen, Hürden, Futter-, Schur-, Schlacht- und Verscharrungsplätze, Lagerplätze für rohe Thierfelle und Haare, Sprunghütten, Brunnentröge, Vorsetzkrippen, Milchgeschirre, Beschlagbrücken, Bespannungsgeschirre, Fahrgeräthe und dergleichen auszudehnen.
Die Reinigung und Desinfektion des Standortes ist stets (auch bei Kasten- und Laufständen) auf die Umgebung des letzteren bis zu einer Entfernung von mindestens 1½ Meter, auch von der Kopfhöhe des stehenden Thieres an gerechnet, in der Richtung nach oben auszudehnen.
Soweit irgend thunlich, ist dafür zu sorgen, daß die bei der Reinigung und Desinfektion der Standorte (Ställe) und Geräthschaften etc. abgehenden Schmutzwässer in die Jauchegrube oder in andere Sammelbehälter fließen, um dort ebenfalls einer Desinfektion unterzogen werden zu können. Jedenfalls ist zu hindern, daß Schmutzwasser in andere Gehöfte, auf öffentliche Wege, in Brunnen oder sonstige Nutzwässer abfließt.
Geringwerthige Gegenstände sind zu vernichten.

§. 4.[Bearbeiten]

Der eigentlichen Desinfektion muß die Beseitigung der Streumaterialien, des Düngers, der Futterreste, Strohverschlüsse, Polsterungen und dergleichen, sowie eine gründliche Reinigung vorangehen. Bei Düngerlagen in Schafställen genügt in der Regel die Entfernung der oberen Schicht.

Reinigung.[Bearbeiten]

§. 5.[Bearbeiten]

1. Auf die gründliche Reinigung ist besonders Gewicht zu legen, da ohne solche auch die besten Desinfektionsmittel unwirksam bleiben können.
2. Die Reinigung hat alle Theile des Standortes, Stalles oder sonstigen Aufenthaltsortes zu umfassen; sie kann nur dann als eine ausreichende angesehen werden, wenn durch sie alle Verunreinigungen vollständig beseitigt sind. Besondere Aufmerksamkeit erfordern die Bodenvertiefungen, Stallwinkel, Nischen, Fugen, Spalten, Ritzen und dergleichen.
3. Die Reinigung wird in der Regel zuerst an der Decke, demnächst an den Wänden und schließlich am Fußboden vorgenommen. [396]
4. Hölzerne Geräthschaften, hölzerne Raufen und Krippen, sowie Bretterverschläge sind in dem für nöthig erachteten Umfange abzunehmen.

§. 6.[Bearbeiten]

Zur Reinigung ist im Allgemeinen heißes Wasser zu verwenden. Wo solches nicht in genügender Menge zu beschaffen ist, darf auch unter Druck ausströmendes kaltes Wasser (§. 2 Nr. 1) benutzt werden. Jedoch sind zur Entfernung angetrockneter Schmutztheile und zur Reinigung solcher Stellen, an welchen eine Besudelung durch Auswurfstoffe kranker oder verdächtiger Thiere stattgefunden hat, heißes Seifenwasser oder heiße Lauge mit Putzsand zu verwenden.

Verfahren bei Gebäudetheilen.[Bearbeiten]

§. 7.[Bearbeiten]

1. Holz-, Stein- und Eisentheile sind, sofern sie nicht mit Oelanstrich versehen sind, gründlich zu scheuern und mit Wasser abzuspülen.
Ist die Oberfläche des Holzwerkes stark zerrissen oder zerfasert, so ist dieselbe durch Abstoßen einer genügend dicken Schicht zu glätten. Die abgestoßenen Holztheile sowie faules, morsches oder sonst unbrauchbares Holzwerk sind zu verbrennen.
2. Von Lehmwänden ist eine genügend starke Schicht abzustoßen. Losgelöste Theile des Bewurfes oder Putzes an den Wänden sind zu entfernen.
3. Oelfarbenanstriche und glasirte Thonkacheln sind mit heißem Seifenwasser abzuwaschen.
4. Stein-, Klinker- oder Holzpflaster, Beton- oder Asphaltbeläge, sowie die aus solchem Material hergestellten Gruben, Mulden, Abflußrinnen und Kanäle sind gründlich zu fegen oder zu scheuern und demnächst mit Wasser abzuspülen. Erforderlichenfalls ist die oberste Schicht des Bindemittels in den Fugen auszukratzen und durch neues Material zu ersetzen.
5. Schlechtes Pflaster und Holzbeläge aller Art sind abzuheben, die darunter befindliche Erde ist, soweit dieselbe durch Auswurfstoffe durchfeuchtet ist, abzugraben. Die Steine, sowie gesundes Holzwerk, in welches die Feuchtigkeit nicht tief eingedrungen ist, können nach erfolgter Reinigung und Desinfektion wieder verwendet werden.
6. Von Estrich- und Tennenböden (Lehmschlag und dergleichen) ist die oberste Schicht abzustoßen und sind die feuchten Stellen auszuheben.
7. Erd- und Sandboden ist, soweit er durch Auswurfstoffe durchfeuchtet ist, jedenfalls aber 10 Centimeter tief auszuheben.

Verfahren bei Geräthen etc.[Bearbeiten]

§. 8.[Bearbeiten]

1. Hölzerne Fahr- und Stallgeräthe (Wagen, Geschirrtheile, Kübel, Eimer, Futtersiebe, Truhen, Besen- etc. Stiele, Schuhe und dergleichen) werden gründlich gescheuert und demnächst mit Wasser abgespült. [397]
2. Eiserne und andere metallene Gegenstände (Ketten, Ringe, Streugabeln, Striegeln, Zaumzeug, Maulkörbe, Gefäße, Käfige und dergleichen) werden, sofern sie nicht behufs der Desinfektion dem Feuer auszusetzen sind, gründlich geputzt und im Wasser abgespült.
3. Ledertheile (Riemen, Halftern, Gurte, Hundehalsbänder, Zaumzeug, Geschirre, Sättel, Polsterüberzüge, Schuhwerk und dergleichen) sind mit heißem Seifenwasser oder heißer Lauge abzureiben und demnächst mit Wasser abzuspülen.
4. Die Reinigung von leinenen, hanfenen (Jute-), baumwollenen und wollenen Gegenständen (Decken, Schabracken, Gurte, Halftern, Stricke, Polsterüberzüge, Kleidungsstücke, Bettzeug und dergleichen) erfolgt durch Auswaschen in heißem Seifenwasser oder in heißer Lauge.
Kleidungs- und Bettstücke, sowie andere Gegenstände, welche auf die angegebene Art nicht behandelt werden können, sind mindestens drei Tage gründlich zu lüften und dabei möglichst oft auszuklopfen und zu bürsten (vergleiche jedoch §. 10 Nr. 6).
5. Haare, Wolle, Polstereinlagen und dergleichen sind, in dünnen Lagen ausgebreitet, mindestens drei Tage zu lüften und dabei möglichst oft zu wenden und auszuklopfen (vergleiche jedoch §.10 Nr. 6).

Desinfektion.[Bearbeiten]

§. 9.[Bearbeiten]

Hinsichtlich der Desinfektion selbst sind folgende Bestimmungen maßgebend:
Unter gewöhnlichen Verhältnissen genügt eine nach Maßgabe der §§. 4 bis 8 vorgenommene gründliche Reinigung und Lüftung mit nachfolgender Uebertünchung der Stalldecken, Wände und Geräthschaften, sowie Abschlemmung des Fußbodens mit dünner Kalkmilch. Eisentheile sind mit Theer, Lack oder Oelfarbe zu bestreichen. Das gleiche Verfahren ist bei Holz- und Steintheilen an Stelle der Uebertünchung mit Kalkmilch anwendbar.

§. 10.[Bearbeiten]

Ist dagegen der Ansteckungsstoff seiner Natur nach schwer zerstörbar, oder erfordert das veterinärpolizeiliche Interesse ein besonderes strenges Vorgehen gegen die Seuche, so muß nach der gründlichen Reinigung und Lüftung der Ställe folgendes Desinfektionsverfahren angewendet werden.
1. Die nach §. 4 beseitigten Streumaterialien, Dünger, Futterreste und dergleichen werden entweder verbrannt oder vergraben oder untergepflügt.
2. Futter- und Streuvorräthe, welche in den zu desinfizirenden Räumen lagerten, werden, soweit sie nicht als Träger des Ansteckungsstoffes zu vernichten (§. 11 Nr. 8) sind, mindestens drei Tage gelüftet und hierbei häufig umgewendet.
3. Feste Decken und Wände, sowie der Fußboden, einschließlich etwaiger Gruben, Mulden, Abflußrinnen und Kanäle, sind mit dicker Kalkmilch oder Chlorkalkmilch zu bestreichen, beziehungsweise zu schlämmen. Eisentheile sind mit fünfprozentiger [398] Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem Kresolwasser zu desinfiziren oder mit Theer, Lack oder Oelfarbe zu bestreichen.
Das gleiche Verfahren ist bei hölzernen und steinernen Gegenständen an Stelle des Bestreichens mit dicker Kalk- oder Chlorkalkmilch anwendbar. Glasirte Thonkacheln werden mit fünfprozentiger Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem Kresolwasser desinfizirt. Oelfarbenanstriche werden erneuert.
4. Nicht mit Auswurfstoffen durchfeuchteter Erd- und Sandboden (einschließlich des unter dem gemäß §. 7 abgegrabenen durchfeuchteten Boden befindlichen), sowie bei der Reinigung nicht entfernte hohe Streu- und Düngerschichten in Schafställen sind mit frisch gelöschtem Kalk zu bestreuen dergestalt, daß der Dünger damit, wenn auch nur in dünner Schicht, völlig bedeckt wird. Erst dann darf frisches Streumaterial aufgebracht werden.
5. Hölzerne Geräthe einschließlich der Fuhrwerke und Schleifen, auf welchen Kadaver, Streu, Dünger oder andere Abfälle gefahren sind, desgleichen eiserne und andere metallene Gegenstände sind kurze Zeit dem Feuer auszusetzen, oder mit einer fünfprozentigen Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem Kresolwasser oder mit Theer, Lack oder Oelfarbe zu bestreichen. Ledertheile, ausgenommen lackirte, werden ebenfalls mit fünfprozentiger Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem Kresolwasser bestrichen.
6. Leinene, hanfene (Jute-), baumwollene und wollene Gegenstände, Kleidungs- und Bettstücke, Haare, Wolle, Federn, Polstereinlagen und dergleichen sind in lockerer Lagerung strömendem Wasserdampfe von mindestens der Temperatur des siedenden Wassers in geeigneten Apparaten wenigstens 1½ Stunden lang auszusetzen. Wenn solche Apparate fehlen, sind leinene, hanfene, baumwollene und wollene Gegenstände (auch Kleidungsstücke) durch einstündiges Kochen in siedendem Wasser zu desinfiziren und Bettstücke, Haare, Wolle, Federn und dergleichen zu verbrennen.
7. Die Desinfektion der Hände und Instrumente erfolgt mittelst fünfprozentiger Karbolsäurelösung oder fünfprozentigem Kresolwasser.

Vorschriften für die einzelnen Seuchen.[Bearbeiten]

Milzbrand.[Bearbeiten]

§. 11.[Bearbeiten]

1. Die Milzbrandbazillen sind leichter zerstörbar, als ihre Dauerformen (Sporen). Letztere entwickeln sich unter günstigen Bedingungen aus den Bazillen außerhalb des Thierkörpers. Möglichst frühzeitige Ausführung der Desinfektion ist daher unbedingt geboten.
2. Diejenigen Personen, welche mit kranken Thieren, deren Ausscheidungen oder Kadavern in Berührung gekommen sind, haben möglichst bald die Hände und andere etwa beschmutzte Körpertheile mit Seifenwasser gründlich zu reinigen und wenn thunlich noch mit fünfprozentigem Karbolwasser oder fünfprozentigem Kresolwasser zu desinfiziren. Personen, welche bei kranken Thieren beschäftigt [399] waren, haben außerdem vor dem Betreten anderer Ställe oder vor dem Verlassen der Gehöfte die Kleider und das Schuhwerk oder, sofern sie barfuß gehen, die bloßen Füße zu reinigen oder zu desinfiziren.
3. Sobald ein milzbrandkrankes Thier gefallen, getödtet oder genesen, oder auch nur von seinem Standorte entfernt ist, muß mit der Reinigung und Desinfektion vorgegangen werden. Sie umfaßt in der Regel den Standort der Thiere – im Falle seuchenartigen Auftretens nach dem Ermessen des beamteten Thierarztes den Stall überhaupt oder Abtheilungen des Stalles – einschließlich der Jaucheabzüge, erforderlichenfalls auch verunreinigte Weidestellen, Verscharrungs- und Lagerplätze, Brunnentröge, sowie endlich diejenigen Stallgeräthe und sonstigen Gegenstände, welche mit kranken Thieren, deren Ausscheidungen oder Kadavern in Berührung gekommen sind.
4. Die Reinigung und Desinfektion ist nach Maßgabe der §§. 4 bis 7, §. 8 Nr. 1 bis 3 und §. 10 vorzunehmen, jedoch empfiehlt es sich, Chlorkalkmilch statt Kalkmilch anzuwenden.
5. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die festen und flüssigen, namentlich die blutigen Ausscheidungen von kranken Thieren und Kadavern. Derartige Abfallstoffe sind sorgfältig zu sammeln und ebenso wie alle geringwerthigen Gegenstände, welche mit Blut oder Koth verunreinigt sind, Streumaterialien, Dünger, Futterreste, die vom Fußboden abgetragene Erdschicht, Polstereinlagen und dergleichen zu verbrennen.
6. Abfallstoffe, deren Beschaffenheit die Verbrennung nicht gestattet, werden mit einer ihrer Menge gleichkommenden Menge dünner Kalkmilch oder Chlorkalkmilch gut durchmischt und alsdann vergraben. Die Jauche in den Jauchegruben, sowie die Reinigungswässer sind mit Kalkmilch oder mit so viel Kalkpulver (§. 2 Nr. 4a) durch Umrühren gut zu durchmischen, daß die Flüssigkeiten in Folge des Kalkzusatzes eine stark alkalische Reaktion zeigen.
7. Größere Mengen von Streu und Dünger sind in einer Grube zu vergraben, nachdem sie darin mit einer mehrere Centimeter starken Schicht von frischgelöschtem Kalk überschüttet worden sind.
8. Exkremente, Blut und andere Abfälle von milzbrandkranken oder an Milzbrand gefallenen Thieren, die Streu, der durch Auswurfstoffe kranker oder gefallener Thiere verunreinigte Dünger, auch Futter- und Streuvorräthe, welche in den zu desinfizirenden Räumen lagern und verdächtig sind, den Ansteckungsstoff zu enthalten, müssen sorgfältig gesammelt und verbrannt oder wie die Kadaver vergraben werden.

Tollwuth.[Bearbeiten]

§. 12.[Bearbeiten]

Von wuthkranken oder der Seuche verdächtigen Hunden oder Katzen benutzte Streu, Geräthschaften, Maulkörbe, Halsbänder, Leinen, Decken und Hütten – letztere soweit sie von Holz oder Stroh sind – müssen verbrannt oder sonstwie [400] vernichtet werden.
Im Uebrigen genügt eine nach den Bestimmungen der §§. 4 bis 8 dieser Anweisung ausgeführte gründliche Reinigung, welche in der Regel auf den Standort wuthkranker Thiere zu beschränken ist. Hierbei ist denjenigen Stellen, welche mit Geifer verunreinigt worden sind, eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Rotz.[Bearbeiten]

§. 13.[Bearbeiten]

1. Personen, welche mit kranken oder der Seuche verdächtigen Thieren, Kadavern oder Kadavertheilen in Berührung gekommen sind, müssen möglichst bald die Hände und andere etwa beschmutzte Körpertheile mit Seifenwasser gründlich reinigen und wenn thunlich auch noch mit fünfprozentigem Karbolwasser oder fünfprozentigem Kresolwasser desinfiziren. Zu diesem Zweck sind in Seuchenställen Wasser, Seife, sowie[1] Karbolwasser oder[2] Kresolwasser vorräthig zu halten.
2. Sobald ein rotzkrankes oder der Seuche verdächtiges Thier von seinem Standorte entfernt ist, muß mit der Reinigung und Desinfektion des Standortes und der bei den Thieren benutzten Geräthe etc. vorgegangen werden, sofern letztere nicht noch bei der Wartung anderer kranker Thiere Verwendung finden. Nach Beendigung der Seuche sind nach dem Ermessen des beamteten Thierarztes der Stall überhaupt oder Abtheilungen desselben zu reinigen und zu desinsiziren.
3. Die Reinigung und Desinfektion erfolgt nach den Bestimmungen in §§. 4 bis 7 und §. 8 Nr. 1 bis 3 und §. 10 Nr. 1, 3 bis 7, jedoch empfiehlt es sich, Chlorkalkmilch statt Kalkmilch anzuwenden.
4. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die mit Nasenausfluß oder Geschwürsabsonderungen verunreinigten Gegenstände. Die Maßregeln sind außer auf den Standort oder Stall, in welchem rotzkranke oder der Seuche verdächtige Thiere gestanden haben (einschließlich der Krippen und Raufen), namentlich auf die Eimer und sonstigen Stallgeräthe, Anbindevorrichtungen, Zaumzeuge, Bespannungsgeschirre, Sättel, Putzzeuge, Decken, Schabracken, Kleider des Wartepersonals, Wagendeichseln, Ketten, Beschlagbrücken und dergleichen, welche bei solchen Thieren verwendet, sowie auf die Brunnentröge und Vorsatzkrippen zu erstrecken, welche von solchen Thieren benutzt worden sind.
5. Geringwerthige Gegenstände, wie Putzlappen, Bürsten, leinene und hanfene Halftern, Anbindestricke, Gurte mit gepolsterten Kissen, minderwerthige Schabracken sind zu verbrennen. Streu und Dünger von rotzkranken Thieren sind ebenfalls zu verbrennen oder anderweit zu vernichten oder zu vergraben oder unterzupflügen. Zur Abfuhr und Unterpflügung der Streu und des Düngers sind Pferde wo möglich nicht zu verwenden, auch sonst ist Sorge dafür zu tragen, daß Pferde damit nicht in Berührung kommen.

Maul- und Klauenseuche.[Bearbeiten]

§. 14.[Bearbeiten]

1. Personen, welche mit kranken Thieren in Berührung gekommen sind, oder in verseuchten Ställen verkehrt haben, müssen, soweit dies durchführbar ist, [401] beim Verlassen des Stalles oder sonstigen Standortes die Hände, die Kleider und das Schuhwerk oder, sofern sie barfuß gehen, die bloßen Füße gründlich reinigen; das Schuhwerk ist mit Wasser abzubürsten.
Die mit der Wartung kranker Thiere betrauten Personen bedienen sich am zweckmäßigsten besonderer Kleidungsstücke und Schuhe, welche sie während ihres Aufenthaltes in den Ställen der ihnen anvertrauten Thiere zu tragen und vor dem Verlassen der Ställe wieder abzulegen haben.
2. Dünger, Streu und dergleichen aus Seuchenställen ist ohne Benutzung von Rindviehgespannen aus anderen Gehöften entweder aufs Feld zu fahren oder gemäß §. 62 der Instruktion auf Düngerhaufen zu bringen und mit nicht infizirten Streumaterialien oder Dünger zu bedecken; in beiden Fällen ist dafür zu sorgen, daß der Zutritt von Wiederkäuern und Schweinen zu dem Dünger etc. mindestens vierzehn Tage lang gehindert wird.
3. Ferner ist eine gründliche Reinigung und Desinfektion der Oertlichkeiten, an welchen kranke Thiere sich aufgehalten haben (Ställe, Höfe, Tummelplätze und dergleichen), sowie der bei den kranken Thieren benutzten Geräthe (Milchgefäße, Brunnentröge, Beschlagbrücken, Bespannungsgeschirre und dergleichen) und Kleider vorzunehmen.
4. Die Reinigung und Desinfektion erfolgt nach den Bestimmungen im §. 4, §. 5 Nr. 1 bis 3, §. 6 und 8 Nr. 1 bis 4 und §. 9.
5. Besondere Aufmerksamkeit ist hierbei außer der Streu den mit Geifer verunreinigten Gegenständen zuzuwenden.
6. Händlerställe, Bullenställe, Sprunghütten, Sprungplätze und andere Orte, an welchen ein häufiger Wechsel von Vieh stattfindet, ferner von fremden kranken Thieren benutzte Räumlichkeiten auf Viehhöfen oder in Gasthöfen müssen nach Vorschrift der §§. 4 bis 9 unschädlich gemacht werden.

Lungenseuche.[Bearbeiten]

§.15.[Bearbeiten]

1. Es ist für gute Lüftung des Stalles zu sorgen und darauf zu halten, daß diejenigen Personen, welche mit kranken oder der Seuche verdächtigen Thieren, Kadavern oder Kadavertheilen in Berührung gekommen sind, beim Verlassen des Seuchenstalles oder des Gehöftes oder der Schlachtstätte die Hände, die Kleider und das Schuhwerk oder, sofern sie barfuß gehen, die bloßen Füße gründlich reinigen; das Schuhwerk ist mit Wasser abzubürsten.
2. Die Standorte von kranken (einschließlich der nach der Abschlachtung krank befundenen) Thieren und die bei den Thieren benutzten Geräthe sind alsbald nach der Entfernung der Thiere nach Vorschrift der §§. 4 bis 8 zu reinigen, auch wenn die Seuche auf dem Gehöfte noch herrscht. Besondere Aufmerksamkeit ist den mit Ausscheidungen kranker Thiere verunreinigten Gegenständen (Krippen und dergleichen), sowie den Schlachtplätzen zuzuwenden. [402]
3. Der Dünger und die Streu sind ohne Benutzung von Rindvieh aus anderen Gehöften aufs Feld zu fahren und unterzupflügen; ist letzteres nicht alsbald ausführbar, so ist dafür Sorge zu tragen, daß der Zutritt von Rindvieh zu dem Dünger etc. mindestens vierzehn Tage lang gehindert wird.
4. Nach Beendigung der Seuche sind die Seuchenställe und sonstigen Räumlichkeiten, Geräthe etc. nach den Vorschriften in §§. 4 bis 8 und §. 10 Nr. 1 bis 5 und 7 zu reinigen und zu desinfiziren.

Schafpocken.[Bearbeiten]

§. 16.[Bearbeiten]

Es ist für gute Lüftung des Stalles zu sorgen und darauf zu halten, daß diejenigen Personen, welche mit kranken Thieren, Kadavern oder Kadavertheilen in Berührung gekommen sind, beim Verlassen des Seuchenstalles, des Gehöftes oder der Schlachtstätte die Hände, die Kleider und das Schuhwerk oder, sofern sie barfuß gehen, die bloßen Füße gründlich reinigen; das Schuhwert ist mit Wasser abzubürsten.
Der Dünger und die Streu sind gemäß §. 97 der Instruktion aufs Feld zu fahren und unterzupflügen.
Die Reinigung und die Desinfektion der Stallungen und Räumlichkeiten, in welchen pockenkranke Schafe gestanden haben, der Geräthe etc. erfolgt nach den Bestimmungen in §§. 4 bis 9.

Beschälseuche und Bläschenausschlag.[Bearbeiten]

§. 17.[Bearbeiten]

Bei der Beschälseuche und dem Bläschenausschlage bedarf es keiner Desinfektion.

Räude.[Bearbeiten]

§. 18.[Bearbeiten]

1. Bei der Räude bildet die Reinigung und Desinfektion der Unterkunftsräume und Geräthschaften eine nothwendige Ergänzung des Heilverfahrens. Sie hat daher gleichzeitig mit der Behandlung der kranken Thiere zu beginnen.
2. Die Reinigung und Desinfektion der Stallungen und Räumlichkeiten, in welchen räudekranke Pferde oder Schafe vorübergehend aufgestellt gewesen sind, oder in welchen die vor der Einleitung eines Heilverfahrens getödteten Pferde oder Schafe gestanden haben, sowie der Geräthe erfolgt nach den Bestimmungen in §§. 4 bis 9.
3. Bei der etwa der Radikalkur vorangehenden Schmierkur der Schafe bedarf es einer gründlichen Desinfektion nicht, sondern nur einer, je nach dem Grade der Krankheit in kürzeren oder längeren Zwischenräumen zu wiederholenden Reinigung des Stalles und der Stallgeräthschaften nach §. 5 Nr. 1 bis 3.

Berichtigung[Bearbeiten]

Die Berichtigung gemäß Deutsches Reichsgesetzblatt 1897, Nr. 29, S. 590 [590] wurde im Text eingearbeitet.

  1. Vorlage: fehlt
  2. Vorlage: und