Beschreibung des Oberamts Böblingen/Kapitel B 16

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
« Kapitel B 15 Beschreibung des Oberamts Böblingen Kapitel B 17 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
16. Schönaich
mit der Speidels- und Wolfen-Mühle,
ein Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit, das 2100 evangel. und 15 katholische Einwohner zählt. In einer weiten, fruchtreichen, beinahe ringsum mit Waldungen besäumten Niederung, liegt eben und gesund der große, ziemlich regelmäßig gebaute, mit breiten, gekandelten Straßen versehene Ort, dessen Gebäude mit wenigen Ausnahmen meist alt und minder ansehnlich sind. Die schöne Lage des Orts und die Nähe des Flüßchens Aich mögen zur Entstehung des Ortsnamens Veranlassung gegeben haben. Gesundes Trinkwasser, das ein laufender und mehrere Ziehbrunnen liefern, ist erst seit neuerer Zeit hinreichend vorhanden, da noch vor wenigen Jahren der Ort beinahe jedes Jahr etwas Wassermangel hatte, dem nun durch die Anlage von einigen weiteren Ziehbrunnen abgeholfen wurde. Westlich vom Ort ist auf den Fall der Feuersgefahr eine Wette angelegt. Eine reine, gesunde Luft weht aus den nahe gelegenen Schönbuchswaldungen, welche zugleich den rauhen Nord- und West-Winden den Zutritt etwas erschweren und als Ableiter der schädlichen Gewitter dienen. Das Klima ist daher mild und Feldfrüchte, Obst und sogar Wein gedeihen auf der gesegneten Markung. Die Ernte tritt um 8–10 Tage früher ein als in den übrigen Schönbuchsorten. Am Westende des Dorfes liegt die schöne im einfach germanischen (gothischen) Styl erbaute Pfarrkirche,[1] welche im Jahre 1840 auf die Stelle der alten, baufällig, und für die stark zunehmende Bevölkerung zu klein gewordene, nach dem Entwurf des Professors Heideloff von Nürnberg erbaut| wurde. Sie ist massiv aus weißen Keupersandsteinen ausgeführt, hat flache, schmucklose Wände mit spitzbogigen hohen Fenstern, deren Füllungen im Bogenfelde übrigens nur aus Holz sind. Das Chor mit Strebepfeilern und 4 Fenstern, die oben zwischen den gothischen Füllungen farbige Glasscheiben haben, schließt mit einem halben Sechseck. Das Innere der Kirche ist in einem eben so würdigen, einfach erhabenen Geschmack gehalten wie das Äußere, hell, geräumig und weiß getüncht. Zwei Emporkirchen mit bemalten Brüstungen ruhen über einander auf hölzernen runden Säulen, deren Capitäle blau und mit Gold verziert sind. Das blau getünchte Netzgewölbe des Chors ist mit goldenen Sternen besetzt und an den Kreuzungen der Gratbögen mit bemalten Schlußsteinen versehen. Canzel und Altar sind von Holz mit einfachen Verzierungen; auf letzterem steht ein sehr gut geschnittenes, lebensgroßes Holzbild des Gekreuzigten, welches im Jahre 1650 von dem damaligen Schulmeister Michael Röckhlen „zu mehrerer Zier der Kirchen“ gestiftet und von „Jacob Eberhardt Schwartz, Bildhawer in Stuetgard“ verfertigt wurde. Das Bild lag lange Zeit unbeachtet unter dem Dache der alten Kirche und wurde erst beim Neubau derselben aus seinem Verstecke hervorgeholt, um die Absicht des Stifters, die Kirche zu zieren, abermals zu erfüllen. Die neue wohltönende Orgel mit 21 Registern ist von Walker in Ludwigsburg im Jahre 1841 um 2800 fl. gefertigt worden. Der alte viereckige Thurm, welcher von der früheren Kirche noch stehen blieb, ist massiv von Quadern und hat von unten herauf nur schmale Lichtlöcher (Schußscharten), im obern Stockwerke aber hohe, spitzbogige, gothisch gefüllte Fenster. Auf ihm sitzt ein einfaches Satteldach mit staffelförmigen Giebelseiten. In dem Thurme hängen 2 Glocken; die größere trägt die Inschrift: „gegossen Heinrich Kurz in Stuttgart 1829“, die kleinere hat die Umschrift: „Christian Neubert hat mich gegossen in Ludwigsburg 1762.“ Die Baulast der Kirche steht der Stiftungspflege zu, bei größeren Bauwesen aber tritt die Gemeinde in’s Mittel. Der Neubau der Kirche kostete die Gemeinde, ohne den Ankauf eines zur Vergrößerung des Platzes nöthigen Hauses und Gärtchens, über 18.000 fl. Die frühere, dem heiligen Laurentius geweihte Kirche war sehr alt und hatte in ihrem Innern mehrere Grabdenkmale, deren Umschriften, mit Ausnahme einer, nicht mehr gelesen werden konnten. Sie lautete: „Her Oswald Jäger Frühmesser zu Schönaich dem Gott Gnad und Fried verleihen wolle starb am Tag Martii anno 1484.“ An einem alten Kirchenstuhle zeigte man noch einen verbrannten Balken, an dem, nach der Volkssage, die Schweden im 30jährigen Kriege ein Schwein gebraten haben sollen. An der nördlichen Außenseite der | Kirche war ein Stein eingemauert, auf dem drei roh gearbeitete männliche Figuren halb erhaben abgebildet waren, welche von dem Volke für die drei Weisen aus dem Morgenland gehalten wurden. Obgleich derselbe ein grobkörniger, beinahe unverwüstlicher Keupersandstein war, so hatte doch der Zahn der Zeit die Figuren beinahe unkenntlich gemacht, was einen Beweis für das hohe Alterthum des Bildes liefert. Bei näherer Untersuchung desselben und namentlich bei Vergleichung des nur 1/2 Stunde nordöstlich von Schönaich gefundenen römischen Denksteins (s. den allg. Theil), mußte aber der Kenner auch dieses Bild für römisch erklären, es ist daher sehr zu bedauern, daß dieses Alterthum nebst den Grabdenkmalen bei dem Neubau der Kirche nicht erhalten wurden. Der Begräbnißplatz, welcher früher um die Kirche lag, und mit einer 4′ dicken mit Gängen und Schußscharten versehenen Mauer umfriedigt war, ging bei dem Kirchenbau ein und ein neuer, ebenfalls mit einer Mauer umgebener, wurde an der westlichen Seite des ehemaligen Kirchhofes mit einem Aufwand von 2200 fl. angelegt. Das gelb getünchte Pfarrhaus nebst Scheune, Waschhaus, Gemüse- und Gras-Garten liegt nur 75 Schritte von der Kirche entfernt an einer Hauptstraße des Orts und befindet sich in gutem baulichen Zustande. Die Unterhaltung desselben steht dem Staate zu. Im Jahre 1828 wurde auf Gemeindekosten mit geringem Beitrage der Stiftungspflege ein neues Schulhaus mit Lehrerwohnung erbaut. Es ist ein freundliches, nicht nur von außen schönes, sondern auch in seinem Innern zweckmäßig eingerichtetes Gebäude, welches von drei Seiten frei nordöstlich der Kirche liegt. An der Schule unterrichten 1 Schulmeister, 1 Unterlehrer und 1 Lehrgehilfe. Seit 1837 besteht mit gutem Fortgang eine Industrieschule. Das schon ziemlich alte Rathhaus steht an einer Kreuzstraße im nordwestlichen Theile des Orts. Die Einwohner, welche sich einer dauerhaften Gesundheit und häufig eines hohen Alters erfreuen, sind körperlich ansehnlich und wohlgebildet, besonders zeichnet sich das weibliche Geschlecht durch seine Gesichtszüge aus. Die Schönaicher haben etwas Eigenthümliches in ihrem Äußeren und repräsentiren mehr noch einen besonderen Stamm, so daß man sie leicht von den Bewohnern der Nachbarorte unterscheiden kann. Ihr Charakter ist einfach, offen, theilnehmend, gutthätig, dabei fürchten sie öffentliche Schande und sind sehr kirchlich gesinnt. Einen Beweis für ihren religiösen Sinn liefert ihr mit namhaften Opfern hergestellter Kirchenbau, der als ein erfreuliches Beispiel der Neuzeit, in der man so häufig im nichtssagendsten Style Gotteshäuser baut, dasteht. Einer besonderen Erwähnung verdient der im Jahre 1839 von dem| dermaligen Schulmeister Ellwanger gegründete Liederkranz, welcher durch sein Auftreten auf dem im Jahre 1841 zu Ludwigsburg abgehaltenen Liederfeste eine besondere Celebrität erlangte. Seit dem Spätjahr 1848 sind übrigens die Übungen dieses Instituts eingestellt. Als Schattenseiten sagt man den Schönaichern nach, daß sie sehr abergläubig und noch um mehrere Jahrzehende zurück seyen, was nur insoferne begründet seyn dürfte, daß sich das, was man gegenwärtig Aufklärung nennt, noch weniger bei ihnen entwickelt hat, da sie der guten alten Sitte treuer geblieben sind als die Bewohner der Nachbarorte. Ebenso haben sie an altherkömmlichen Volksgebräuchen festgehalten und die moderne Tracht vermochte bis jetzt noch nicht die solide und zugleich malerische Volkstracht zu verdrängen (s. den allg. Theil). Das Angeführte gilt übrigens mehr für die ältern Einwohner, bei der Jugend ist es in neuester Zeit auch etwas anders geworden, indem diese, gerade nicht zu ihrem Vortheil, täglich mehr von den Sitten der Väter abweicht. In den Vermögensumständen kamen die Schönaicher trotz ihrer Thätigkeit und Betriebsamkeit und ihrer beinahe zur Übertreibung gehenden Sparsamkeit in neuerer Zeit auffallend zurück, was mitunter von der zu großen Bevölkerung, die mit der Feldgemarkung im Mißverhältniß steht, besonders aber von dem Aufkommen der Fabriken herrührt, wodurch die früher im Ort so sehr blühende Linnenweberei abkam. Es gibt daher nur wenig Vermögliche, die Mehrzahl ist unbemittelt und dennoch befinden sich keine eigentlichen Bettler in der Gemeinde. Die Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau, Viehzucht und Linnenweberei. Ersterer wird mit großem Fleiß und Umsicht betrieben; zweckmäßige landwirthschaftliche Neuerungen, z. B. der Brabanter Pflug, gut angelegten Düngerstätten, Compostbereitung haben beinahe allgemein Eingang gefunden. Die Feldmarkung ist mit Ausnahme der Thälchen, welche die Aich, der Krähenbach und der Seebach in sie gefurcht haben, meist eben und hat einen fruchtbaren, lehmigen Sandboden, dessen Unterlage der grobkörnige Keupersandstein bildet, der öfters schon in geringer Tiefe ansteht. Als Besserungsmittel werden außer dem gewöhnlichen Dünger häufig die Jauche, Compost und zuweilen Gyps angewendet. Im üblichen Dreifeldersystem baut man Dinkel, Hafer, Gerste und wenig Roggen. Auf einem Morgen werden an Dinkel 1 Scheffel, an Hafer 1/2 Scheffel und an Gerste 1/2 Scheffel ausgesäet und durchschnittlich 8 Scheffel Dinkel, 5–6 Scheffel Hafer, 6 Scheffel Gerste und 3–4 Scheffel Roggen eingeheimst. Der Ertrag wird im Ort verbraucht. In der ganz angebauten Brache werden Kartoffeln, Kraut, Kohlraben, Futterkräuter, Hanf und | besonders viel guter Flachs gezogen. Letzterer wird theils auswärts verkauft, zum größeren Theil aber im Ort versponnen, gewoben und mit dem Tuch Handel getrieben. Der Hanf dient nur für den eigenen Hausbedarf. Der geringste Preis eines Morgen Ackers beträgt 120 fl., der mittlere 350 fl. und der höchste 450 fl. Die Wiesen, welche theilweise bewässert werden können, liefern ein etwas leichtes Futter, das im Ort selbst verbraucht wird. Ihre Preise sind 100–400–600 fl. pr. Morgen. Am sogenannten Schönaicher First, einer südlich geneigten Halde, liegen 34 Morgen Weinberge, in welchen meist Silvaner, Elbing und etwas Butscheeren gepflanzt werden. In ganz guten Jahrgängen wird ein angenehmer Wein erzielt, der im Jahre 1846 mit 60 fl. bezahlt wurde, sonst bewegen sich die Preise zwischen 16 und 25 fl. pr. Eimer. Ein Morgen kostet 100–300 fl. und liefert durchschnittlich 5 bis 6 Eimer. Am Fuß der Weinberghalde steht die Gemeindekelter. Die Obstzucht, welche sich meist mit Mostsorten und etwas Zwetschgen beschäftigt, ist bedeutend und bildet ein namhaftes Erwerbsmittel. Im Jahre 1847 war der Ertrag gegen 100.000 Simri. Die jungen Bäume, welche in den Weinbergen gezogen werden, befriedigen nicht nur das örtliche Bedürfniß, sondern theilweise auch das der Nachbarorte. Die Gemeinde besitzt über 1600 Morgen gut bestockten Laubwald, unter diesen sind 25 Morgen begriffen, welche sie im Jahre 1820 für eine Schönbuchsgerechtigkeit erhielt. Bei 40 und 90jährigen Umtrieben beträgt die jährliche Nutzung 190 Klafter und 14–16.000 Stück Wellen, davon erhält jeder Bürger 1/2 Klafter Holz und 50 Stück Wellen. Das Übrige wird verkauft und liefert einen jährlichen Erlös von 1000 bis 1200 fl. Die Allmanden- und Stoppel-Weiden tragen einen jährlichen Pacht von 1100 fl. Von bedeutender Ausdehnung ist die Rindviehzucht; ihr Stand beträgt etwa 900 Stücke von reiner Landrace, welche durch vier gute Farren nicht nur erhalten, sondern auch noch verbessert wird. Junges im Oberlande aufgekauftes, wie auch im Ort gefallenes Vieh gewöhnt man zum Zug und bringt es zum Verkauf, was einen Haupterwerbszweig der Einwohner bildet. Ungefähr 200 Stück Schafe laufen auf der Markung und finden im Ort Überwinterung. Die Wolle kommt auf benachbarte Märkte. Die Schweinezucht wird ziemlich stark betrieben; Ferkel und gemästete Schweine kommen viele zum Verkauf. Ebenso werden Hühner, Gänse und Eier nach Stuttgart abgesetzt. Bienenzucht wird in etwa 25 Stöcken getrieben. Die Professionisten arbeiten nur für das örtliche Bedürfniß; eine Ausnahme machen die Weber, deren es über 300 sind, da beinahe jeder Bürger neben seinen Feldgeschäften| noch die Weberei treibt. Das im Ort gesponnene Garn wird gewoben und das Tuch in Handel gebracht. Sehr ausgebreitet ist die Handspinnerei, die nicht nur von dem weiblichen Geschlecht, sondern auch von den Männern getrieben wird; früher beschäftigten

sich sogar die ledigen Bursche damit. Die Männer stricken auch Strümpfe und verfertigen Säcke. Einige Bürger kaufen Holz in den nahe gelegenen Waldungen und bringen es nach Stuttgart zum Verkauf. Im Orte befinden sich 6 Schildwirthschaften, eine Brauerei, 1 Kaufmann und 3 Krämer. Eine Vicinalstraße von Böblingen nach Waldenbuch führt durch den Ort und bringt denselben nicht nur mit diesen Städten, sondern auch mit der Stuttgart–Freudenstadter und der Stuttgart–Tübinger Landstraße in Verbindung. Zu bedauern ist, daß man auf dem Wege nach Böblingen an dem Schönaicher First eine zu steile Steige zu passiren hat, welche dem Verkehr, besonders mit schwerem Fuhrwerk hemmend entgegen tritt. Ferner ist in neuester Zeit eine Vicinalstraße nach Weil im Schönbuch angelegt worden.

Das Vermögen der Gemeinde besteht in den schon angegebenen Einnahmen aus Wald und Weide, das der Stiftungspflege in 4837 fl. Capitalien. Schulstiftungen sind zwei vorhanden; eine von 30 fl., die andere von 20 fl., deren Zinse zu Anschaffung von Schulbüchern für arme Kinder und zu Schulprämien verwendet werden.

Der große Zehente gehört dem Staat, früher theils der geistlichen Verwaltung theils der Kellerei Böblingen. An dem Bezirk der geistlichen Verwaltung stand auch der Universität ein Antheil zu. Der kleine Zehente war auf den Gütern, welche der geistlichen Verwaltung Sindelfingen großzehentbar waren, der Pfarrei als Besoldung überlassen worden und kam erst durch Verwandlung des Pfarreieinkommens an den Staat, während er auf denjenigen Gütern, welche den großen Zehenten zur Kellerei Böblingen zu entrichten hatten, dem Staat schon früher zustand. Neben dem Staat und der Ortsgemeindepflege haben verschiedene benachbarte Stiftungspflegen grundherrliche Gefälle von hiesiger Markung zu beziehen.

Am Schönaicher First gewinnt man aus Liaskalksteinbrüchen gutes Straßenmaterial und an mehreren tiefer gelegenen Stellen der Markung sind im grobkörnigen Keupersandstein Brüche angelegt, die gute Bausteine liefern.

Als Merkwürdigkeit ist anzuführen, daß man nach der Aussage der ältesten Leute von dem Schönaicher First aus früher nur die Spitze des Thurms im Weil im Schönbuch gesehen hat, während gegenwärtig nicht nur der ganze Thurm, sondern auch noch ein Theil des Dorfs sichtbar ist.| Dafür, daß die Römer auch in dieser Gegend sich angesiedelt hatten, zeugen das römische Bild in der früheren Kirche (s. oben), und die in der nächsten Umgebung von Schönaich aufgefundene Überreste aus der römischen Periode, nämlich: eine bei der Speidelmühle gefundene römische Kupfermünze und eine römische Wasserleitung, aus der etwa 20 thönerne Teichel ausgehoben worden sind. Auf der sogenannten Burghalde, einer Bergspitze zwischen den Thälern der Aich und des Krähenbachs zunächst der Wolfenmühle, steht ein künstlich ausgeworfener mit Graben umgebener Hügel, der vermöge seiner ganz unbedeutenden Ausdehnung nicht für eine ehemalige Burg, sondern für einen römischen Wachhügel erklärt werden muß. In der Nähe der Kelter nördlich vom Ort wird eine Stelle „beim steinernen Mann“ genannt, was auf ein früher an dieser Stelle gestandenes Monument hindeutet. Zu diesem kommt noch die allgemeine Volkssage, daß Schönaich früher westlich vom Ort auf dem sogenannten „Lindenlauch“ gestanden sey, wo man auch wirklich Bruchstücke von Backsteinen und Ziegeln findet, die aber durch den Pflug schon so oft herumgeschafft und endlich abgerundet wurden, daß sich nicht mehr erkennen läßt, welcher Periode sie angehören. Oberhalb des Sees am westlichen Ende des Orts wird ein Felddistrikt „das Käppele“ genannt; hier soll eine Kapelle gestanden seyn. Im Gemeindewald Laubach will man schon auf Grundmauern von Gebäuden gestoßen seyn. Etwa 1/2 Stunde westlich von Schönaich trägt eine Stelle den Namen „Weihdorf“ und noch führt von Holzgerlingen ein alter Weg, der Weihdorfer Weg genannt, dahin. Nach der Sage stand hier früher ein Dorf, das übrigens längst abgegangen seyn muß; im Jahre 1719 wurde zwar hier ein Hof, bestehend aus 2 Gebäuden, erbaut, in dessen Nähe ein Jägerhaus stand, in welchem eine Wirthschaft getrieben wurde, allein dieser Hof ging bald wieder ab; und da die Benennung Weihdorf auf einen größeren Wohnplatz hindeutet und dieselbe schon vor Erbauung des Hofs in Lagerbüchern vorkommt, so scheint es doch, daß in früherer Zeit hier irgend ein Wohnplatz bestanden habe.

b) Die Speidelsmühle liegt 1/4 Stunde südöstlich von Schönaich in einem freundlichen Wiesenthale an der Aich, die hier 2 Mahlgänge und 1 Gerbgang treibt. c) Die Wolfenmühle mit 2 Mahlgängen und 1 Gerbgang, nur 1/8 Stunde südlich vom Ort am Krähenbach, unfern der Einmündung desselben in Aich, gelegen.

Beide Mühlen mahlen hauptsächlich für Schönaich und bei großem Wasserstande zuweilen auch für die Nachbarorte, übrigens ist das Wasser öfters so spärlich, daß sie einige Stunden des Tags stille stehen müssen.

| Schönaich gehörte den Pfalzgrafen von Tübingen. Im J. 1286 wurde das Dorf (Schoenache) mit dem dortigen Kirchenpatronat von Graf Gotfried von Tübingen an das Kloster Bebenhausen bedingungsweise überlassen (Urkunde im Karlsruher Archiv); indeß verfügte der Graf noch im Mai 1295 darüber. Damals erklärte wenigstens Elisabeth, seine Gemahlin, sie sey durch Schönaich und Gechingen entschädigt worden für den ihr als Wiederlage verschriebenen Ort Möhringen, welchen ihr Gemahl an das Spital Eßlingen verkaufte (Orig. in Eßlingen).

Auf unbekannte Weise kam Schönaich später an die Herzoge von Urslingen, von welchen und zwar von dem Herzog Reinold, das Dorf nebst Waldenbuch am 14. September 1363 an Württemberg verkauft wurde (Sattler Grafen 1, 193), worauf Schönaich einen Bestandtheil des Amtes Böblingen bildete.

Am 23. April 1364 verzichteten Conrad, Reinhard und Hans von Weil Gebrüder, genannt die Vögte, auf den Zehenten in Schönaich, welchen sie dem Kloster Bebenhausen aufgaben.


  1. S. die neue Kirche zu Schönaich von C. Schöll, Pfarrer daselbst. Stuttgart (1841) 8.