Beschreibung des Oberamts Besigheim/Kapitel B 7

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Groß-Ingersheim,
Gemeinde II. Kl. mit 1537 Einwohnern, worunter 5 Kath. – Evangel. Pfarrei. Die Katholiken sind nach Ludwigsburg eingepfarrt.

Das marktberechtigte Pfarrdorf Groß-Ingersheim liegt 11/2 Stunden südöstlich von der Oberamtsstadt an einem östlichen Abhange gegen das Neckarthal. Der große, ziemlich reinlich gehaltene, übrigens unregelmäßig und uneben angelegte Ort, dessen Gebäude größtentheils mit steinernem Unterstock versehen sind, gehört zu den ansehnlicheren Orten des Bezirks. Gutes Trinkwasser liefern 5 laufende Brunnen, überdieß fließt ein kleiner Bach, welcher theils von den Abflüssen der Brunnen, theils von einigen in den s. g. Straßenwiesen entspringenden Quellen gespeist wird, mitten durch das Dorf; eine Wette befindet sich an der westlichen Ortsseite. Der nur 1/8 St. vom Ort vorbeifließende Neckar, welcher gegen 3/4 Stunden lang die östliche Grenze der Markung bildet, tritt nicht selten aus und wird dann den Thalwiesen zuweilen schädlich, häufig aber durch seine düngende Schlammablagerung nützlich. Die Luft ist gesund und mild; das Dorf selbst wird gegen Norden und Westen durch sanft ansteigendes Terrain, welches den freien Zutritt der kalten und feuchten Winde einigermaßen verhindert, ziemlich geschützt, daher Frühlingsfröste in dessen nächster Umgebung weniger schaden, als in dem Neckar-Thale und auf den höher gelegenen Stellen der Markung. Hagelschlag kommt selten vor.

Die ansehnliche Pfarrkirche liegt am südöstlichen Ende des Orts oben an dem Neckarthal-Abhange, von dem man eine reizende Aussicht in das Thal selbst und an die den Hintergrund der Landschaft bildenden Murrhardter und Welzheimer Berge genießt. Das Schiff der Kirche trägt noch manche Spuren von germanischem Baustyl, namentlich haben sich an der Südseite desselben noch zwei spitzbogige, in den Bogen-Theilen schön gefüllte Fenster erhalten, während in den übrigen Theilen manche| Veränderungen im Renaissancegeschmack vorgenommen wurden. Das mit einem halben Achteck schließende Chor ist mit Strebepfeilern, zwischen denen sich spitzbogige gefüllte Fenster befinden, versehen; an einem der Strebepfeiler ist die Jahreszahl 1571 eingehauen, welche ohne Zweifel die Zeit der Erbauung der Kirche angibt. Andere, an der Kirche angebrachte Jahreszahlen, wie 1600, 1607, 1608, 1621, deuten auf später vorgenommene Veränderungen. Der viereckige, ansehnliche Thurm ist bis zu einer Höhe von 90′, wo sich der Umlauf befindet, von dem man eine äußerst reizende und ausgedehnte Aussicht hat, alt und massiv aus Steinen erbaut; auf demselben sitzt ein hölzernes Stockwerk aus neuerer Zeit, das ein sehr schlankes, spitzes, mit Schiefer gedecktes Zeltdach trägt. Im obersten Stockwerk des älteren Theiles (Glockenhaus), sind sehr schön gefüllte Spitzbogenfenster angebracht, und über dem westlichen, spitzbogigen Eingang steht an einem Gesimse 15#5. Von den 4 Glocken sind 2 in den Jahren 1764 und 1782 von Neubert in Ludwigsburg gegossen, die übrigen sind ohne Jahreszahlen. Das Innere der einfachen Kirche wurde 1852 freundlich getüncht, hat aber außer dem Kreuzgewölbe des Chors, an dessen Schlußsteinen das württembergische und badische Wappen sowie das Lamm Gottes angebracht sind, nichts Bemerkenswerthes. Die Unterhaltung der Kirche hat die Stiftungspflege, die des Thurms die Gemeinde gemeinschaftlich mit der Stiftungspflege. Die Begräbnißstätte umgab früher die Kirche und war mit einer hohen Mauer umgeben, welche im Jahr 1840 größtentheils abgetragen wurde, an dieselbe stößt nun östlich der neue, ebenfalls ummauerte Begräbnißplatz. Das gut erhaltene, 1842 erbaute Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, liegt ziemlich entfernt von der Kirche in der Mitte des Orts. Das zunächst der Kirche gelegene, im Jahr 1844 mit einem Gemeindeaufwand von 9000 fl. neu erbaute Schulhaus mit Lehrerwohnung, ist sehr geräumig und befindet sich in ganz gutem Zustande. Das stattliche Rathhaus, an dessen der Straße zugekehrter Seite zwei Erker angebaut sind, ist zwar alt, übrigens wohl im Stande und wurde erst 1837 erneuert.

Am östlichen Ende des Orts steht ein dem Freiherrn v. Sturmfeder gehöriges Ökonomiegebäude und zunächst demselben ein kleines Wohnhaus, welches der Pächter der v. Sturmfeder’schen Güter (etwa 180 Morgen) bewohnt. Eine herrschaftliche, gegenwärtig dem Verkauf ausgesetzte Zehentscheuer steht am äußersten Ende des Dorfs an der Straße nach Bietigheim. Die 1618 erbaute Kelter liegt gegenüber der Kirche.

Die Markung ist, mit Ausnahme der ziemlich steilen, jedoch nicht hohen Abhänge gegen das Neckarthal, theils eben, theils gegen Süden leicht geneigt und hat im Allgemeinen einen sehr fruchtbaren,| tiefgründigen, von der Lettenkohlengruppe unterlagerten Diluviallehmboden, in welchem Getreide, Obst, Wein, Gartengewächse u. s. w. vortrefflich gedeihen. An den Thalgehängen, wo der Muschelkalk und einzelne Glieder der Lettenkohlengruppe zu Tage gehen, ist der Boden entweder sehr kalkhaltig oder mergelig, zuweilen auch sandig und eignet sich sehr gut für den Weinbau, dem er gewidmet ist.

Die körperlich kräftigen und gesunden Einwohner, deren Haupterwerbsquellen in Ackerbau, Weinbau und Viehzucht bestehen, sind sehr fleißig, sparsam, gewandt im Handel und Verkehr, etwas derb, im Allgemeinen aber gutmüthig. Ihre Vermögensumstände gehören zu den mittelmäßigen, die Begütertsten sind im Besitz von 30–40 – und die Mittelbegüterten von 15–25 Morgen.

Die Landwirthschaft, welche mit Fleiß und Umsicht im allgemein üblichen Dreifeldersystem betrieben wird, steht auf einer hohen Stufe; landwirthschaftliche Neuerungen, besonders der Brabanter und Suppinger Pflug, haben allgemein Eingang gefunden, und zur Besserung des Bodens wird, außer dem gewöhnlichen Stalldünger, auch der Pferch, die Jauche und bei dem Bau der Futterkräuter der Gyps in Anwendung gebracht. Die gewöhnlichen Cerealien werden gebaut und in der zu 9/10 angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, Angersen, Welschkorn, Kraut, Linsen, Ackerbohnen, Hirsen und sehr viel Futterkräuter, welche etwa den vierten Theil des Brachfeldes in Anspruch nehmen; von Handelsgewächsen werden Mohn, Hanf, wenig Flachs und viel Reps gepflanzt; letzterer bildet einen namhaften Erwerbszweig mit einem jährlichen Ertrag von 250–300 Scheffel. Man rechnet auf den Morgen Aussaat an Dinkel, welcher in großer Ausdehnung gebaut wird, 6–7 Sri., an Haber 3 Sri., an Gerste 2 Sri., an Roggen 2 Sri., an Weizen 2 Sri., an Einkorn 4 Sri., an Wicken 4 Sri. und der Ertrag wird durchschnittlich zu 10–12, ausnahmsweise zu 15 Scheff. Dinkel, 6–8 Scheffel Hafer, 4–6 Scheff. Gerste, 4 Scheff. Roggen, 4–5 Scheff. Weizen, 6–8 Scheff. Einkorn und 4–5 Scheffel Wicken angegeben. Der geringste Preis eines Morgens Acker beträgt 200 fl., der mittlere 300 fl. und der höchste 400. Die Feldprodukte, namentlich das Getreide, werden meist im Ort selbst an Käufer aus nahe gelegenen Städten abgesetzt. Die Bespannung des Pflugs geschieht wenig mit Pferden, am häufigsten mit Kühen, bei welchen das einfache Joch mehr als das Doppeljoch im Gebrauch ist. Die durchgängig zweimähdigen Wiesen, welchen keine Wässerung zukommt, liefern durchschnittlich vom Morgen 25–30 Ctr. Heu und 12–15 Ctr. Öhmd; das Futter ist sehr gut und wird meist im Ort selbst verbraucht. Ein Morgen Wiesen kostet 300–500 fl. Der auf etwa 100 Morgen betriebene Weinbau| beschäftigt sich mit Trollingern, Silvanern, Elblingen, neuerlich auch mit Gutedeln und Affenthalern; die Stöcke, deren 3000 auf einen Morgen zu stehen kommen, werden Winters bezogen. Das Erzeugniß ist gut und geräth namentlich in dem Mühlberg, Riedberg, Kreuzweinberg und Holzwörth vorzüglich; der Mühlberger Wein insbesondere wird dem besten Mundelsheimer und Besigheimer an die Seite gestellt. Der Morgen erträgt im Durchschnitt 4 Eimer; als höchster Ertrag werden 15 Eimer angegeben. Der Eimer kostete in den Jahren 1846 48–66 fl., 1848 20–30 fl. und 1850 10–20 fl. Die Preise eines Morgens Weinberg bewegen sich zwischen 200 und 800 fl. Der Absatz der Weine geschieht meist in das Oberland und in den Schwarzwald.

Die Obstzucht ist bedeutend. Das Obst, welches meist in Mostsorten, auch in Zwetschgen, Kirschen etc. besteht, geräth sehr gerne und wird, neben dem namhaften Verbrauch im Ort selbst, nach Außen verkauft. Es bestehen 6 Privatbaumschulen und überdieß werden noch junge Stämme in den Weinbergen nachgezogen. Die Gemeinde besitzt nur 125 Morgen Waldungen, welche durchgängig mit Laubhölzern mittelmäßig bestockt sind und in einem 16–18jährigen Umtrieb stehen; jeder Bürger erhält als Gabe im Durchschnitt jährlich 5 Stück Wellen; aus dem Oberholz werden etwa 250 fl. jährlich für die Gemeindekasse erlöst.

In der Neckarthalebene stehen 2500 der Gemeinde gehörige Weidenbäume, mit denen Kopfholzwirthschaft getrieben wird; sie werden alle 4 Jahre abgeholzt, wovon alsdann jeder Bürger 10–12 St. Wellen erhält. Die Ufer des Neckars sind mit Weiden, Erlen und Pappeln bepflanzt, deren jährlicher Ertrag von etwa 10 fl. in die Gemeindekasse fließt.

Es sind 3 Morgen Weide vorhanden, welche nebst der Brach- und Stoppelweide jährlich um etwa 300 fl. an den Ortsschäfer verpachtet werden; die Pferchnutzung trägt der Gemeinde jährlich 400–500 fl. ein.

Was die Viehzucht betrifft, so ist die der Pferde nicht bedeutend, dagegen die Haltung derselben ziemlich namhaft; die Stuten werden zum Bedecken auf die Platte nach Weil gebracht und überdieß noch ziemlich viel Fohlen von Außen aufgekauft. Die sehr ausgedehnte Rindviehzucht, welche einen besondern Erwerbszweig der Einwohner bildet, beschäftigt sich mit einer guten, theilweise mit Schweizervieh gekreuzten Landrace; der begütertste Bürger hält die erforderlichen 4 Zuchtstiere, wofür ihm die Nutznießung von 6 Morgen Äcker und Wiesen nebst 150 fl. jährlich von der Gemeinde zukommen. Eine Käserei besteht im Ort, welche jährlich 150–200 Ctr. Käse bereitet; der Handel mit Vieh auf benachbarten Märkten ist nicht unbedeutend. Wegen der| zunehmenden Kultur nimmt die Schafzucht ab; der Pachtschäfer weidet 450 spanische Schafe auf der Markung und überwintert dieselben im Ort. Der Abstoß der Schafe geschieht nach Heilbronn und Kirchheim; die Wolle kommt meist an Tuchmacher in der Umgegend. Die Zucht der Schweine, so wie die Mastung derselben, wird zunächst für den örtlichen Bedarf getrieben. Ziegen halten einige Unbemittelte und Geflügel wird meist zum Selbstverbrauch gezogen. Die Bienenzucht ist gering.

Das der Gemeinde zustehende Fischrecht in dem Neckar, so weit derselbe die Markung berührt, ist um 5 fl. jährlich verpachtet.

Außer den gewöhnlichen Gewerben, von denen die Weberei am lebhaftesten betrieben wird, bestehen hier 4 Schildwirthschaften und 2 Krämer. Von Nebengewerben wird die Handspinnerei, jedoch nur für den eigenen Bedarf getrieben; einige Korbflechter, welche in die Umgegend arbeiten, sind im Orte angesessen.

Der Ort hat das Recht, jährlich 2 Krämer- und Viehmärkte (18. März und 13. Sept.) abzuhalten, die übrigens wenig besucht sind, namentlich ist der Viehhandel auf denselben sehr unbedeutend.

An der Volksschule unterrichten ein Lehrer, ein Unterlehrer und ein Schulgehilfe; eine Industrieschule besteht seit 10 Jahren. Ein Gemeindebackhaus wurde 1837 mitten im Dorf erbaut und ein weiteres befindet sich in einem Anbau am Schulhaus.

Auf der Markung liegen 4 Muschelkalksteinbrüche, 3 Tuffsteinbrüche (jüngerer Süßwasserkalk) und ein Lettenkohlensandsteinbruch; letzterer ist an einige Bürger von Geisingen verkauft worden, die übrigen sind Eigenthum mehrerer Ortsbürger.

Der Ort ist durch Vicinalstraßen nach Besigheim, nach Bietigheim, nach Eglosheim (Ludwigsburg), beziehungsweise nach Geisingen und nach Klein-Ingersheim mit der Umgegend hinreichend in Verbindung gesetzt: überdieß führt noch eine sehr frequente, um 250 fl. jährlich verpachtete Fähre über den Neckar, welche den Verkehr mit Pleidelsheim und den östlich gelegenen Orten vermittelt.

Über das Gemeinde- und Stiftungsvermögen s. Tabelle III.; es sind einige Armenstiftungen vorhanden.

Das Ortswappen ist ein Anker.

Über die früher mit Klein-Ingersheim gemeinschaftliche Markung hat im Jahr 1835 eine Ausgleichung Statt gefunden.

Zehentberechtigt waren früher die Kellerei Bietigheim, die geistliche Verwaltung daselbst und das Collegiatstift Baden.

Was die jüngsten Zehentverhältnisse betrifft, so hatte der große, kleine, Heu-, Öhmd- und Weinzehnten der Staatsfinanz-Verwaltung ganz zugestanden, nachdem an dem kleinen, dem Heu- und| Öhmd-Zehenten der Pfarrei früher ein Antheil zugetheilt gewesen war. Von einem bestimmten Zehentdistrikt war die Meßnerei im Besitz des Zehenten geblieben. Sämmtliche Zehenten sind nun abgelöst.

Das Ablösungskapital beträgt für den cameralamtlichen Zehenten 51.167 fl. und für den schon im Jahr 1834 abgelösten Heuzehenten 2384 fl. 45 kr., für den Meßnereizehenten circa 2600 fl.

Von den übrigen grundherrlichen Gefällen hat das Cameralamt Bietigheim mit Überweisung der Faselviehhaltung, welche früher dem Staate oblag, der Gemeinde im Jahr 1835 an Hellerzinse 27 fl. 46 kr., Küchengefälle 31 fl. 2 kr., und das Bodenwein-Gefäll von 8 Eimern 13 Imi mit dem fixirten Geldbetrag hiefür à 164 fl. 31 kr. abgetreten.

Sodann wurden gegen das Cameralamt in Folge der Grundentlastungsgesetze nach und nach abgelöst: im Jahr 1839 Hellerzinse 9 fl. 12 kr., Küchengefälle 12 fl. 14 kr., Ablösungskapital 344 fl. 27 kr. Frohnverbindlichkeiten im Jahr 1836 mit 70 fl. Theilwein aus 4-, 5-, 6- und 7theiligen Weinbergen, mit einem jährlichen Ertrag von durchschnittlich 10 fl. 6 kr.

Im Jahr 1847 Gülten von vormaligen Erblehen: Roggen 46 Scheffel, Dinkel 60 Scheff. 7 Sri., Haber 65 Scheffel; Landachten von 3 Jahren zusammen: Roggen 62 Scheffel 2 Sri., Dinkel 69 Sch. 5 Sri., Haber 77 Scheff. 1 Sri. Geldzinse 38 fl. 50 kr. Laudemien, Jahreswerth 2 fl. 17 kr. Das Gesammt-Ablösungskapital hiefür betrug 23.088 fl. 15 kr.

Außer der Staatsfinanzverwaltung hatte noch die Stiftungspflege Roggen und Dinkel je 5 Scheffel, Haber 6 Scheffel, Boden- und Theilwein 11/2 Eimer 4 Ms. und der Freiherr v. Sturmfeder: Geldgefälle 13 fl. 29 kr., Roggen und Haber je 4 Scheffel zu erheben, die nun ebenfalls abgelöst sind.

Das auf der Markung zerstreut liegende, dem Freiherrn von Sturmfeder gehörige Gut[1] besitzt keine grundherrlichen Rechte.

Etwa 1/4 St. nordwestlich vom Ort, auf den sog. Burgäckern, wo sich dem Auge ein ausgezeichnet schönes Panorama aufschließt, stößt man nicht selten auf ausgedehnte Mauerreste von römischen Gebäuden (s. den allg. Theil). Jenseits des Neckars, etwa 600 Schritte unterhalb der Pleidelsheimer Mühle, wurden im Jahr 1840 mehrere Gräber, in denen alte Waffen, Schmuckgegenstände etc. sich befanden,| aufgedeckt. Unfern dieser Stelle wurde ein römisches Schwert und eine Messerklinge (beide von Bronze) gefunden.

Was das Geschichtliche von Groß-Ingersheim betrifft, so sind einige Nachrichten voranzustellen, welche sich nicht zwischen Groß- und Klein-Ingersheim abtheilen lassen. In Ingersheim befand sich eine Mahlstatt (locus secularibus placitis constitutus, um 1110, Cod. Hirsaug. 54. ed. Stuttg.) und hiemit war Ingersheim der Hauptort der weitgedehnten Grafschaft Ingersheim (comitatus Ingerisheim nuncupatus J. 978. Wirt. Urk.-Buch 1, 223), deren Vorstände, die Grafen von Ingersheim, von denen übrigens blos Eberhardus comes de Ingersheim, Zeuge im Oehringer Stiftungsbrief von 1037, mit der Benennung nach der Burg I. bekannt ist, eine und dieselbe Familie mit den Grafen von Calw waren; wurde ja selbst die unmittelbare Umgebung der namengebenden Stammburg der letzteren Grafen als zur Grafschaft Ingersheim gehörig, bezeichnet (Hirschau in comitatu Ingirisheim. 1075. Wirt. Urk.-Buch 1, 276). Die Stelle der genannten Mahlstatt mag auf Groß-Ingersheimer Markung am Holderbrunnen, oder in Klein-Ingersheim auf dem erhöhten Platze, westlich vom Schlosse, gewesen sein.

Die erstmalige Nennung des Namens fällt in’s Jahr 836; damals wurde das Kloster Lorsch an der Bergstraße mit Gütern in „Ingrihesheim“ beschenkt (Cod. Laur. 3, 135). Wohl schon um dieselbe Zeit war das Kloster Fulda hier begütert (Trad. Fuldens. ed. Dronke 7). Außer diesem Kloster besaßen das Kloster Zwiefalten um 1150 (Sulger, Ann. Zwif. 1, 123. 126) und das Stift Backnang schon vor 1245 (laut Bestätigungsurkunde Papst Innocenz IV. vom 11. Apr. d. J.) hiesige Güter; letzteres Stift hatte solche wohl aus den Händen der Markgrafen von Baden erhalten. An das Kloster Steinheim verkaufte im J. 1295 der Ritter Friedrich von Gomeringen (nach dessen Familie noch lange Zeit ein hiesiger Hof der Gomeringer Hof genannt wurde) 1/6 des Ingersheimer Zehenten und 2 Morgen Weingarten für 115 Pfund Heller. Auch das Frauenkloster in Pforzheim hatte Antheil an Zehenten und Gefällen zu Ingersheim, welchen Besitz die Rechtsnachfolger dieses Klosters, die Markgrafen von Baden, am 18. Juli 1565 an den Herzog Christoph von Württemberg abtraten (Orig. im Stuttg. Staatsarchiv unter Baden; Sattler, Herzoge 4, 216).

Wie Besigheim (s. d.) waren beide Ingersheim meist markgräflich badisch und gingen gleich jener Stadt pfandweise an die Rheinpfalz über; eine Dorf-Ordnung für Groß- und Klein-Ingersheim mit Zulassen Hans von Emershofen, welcher diese Dörfer damals als Afterpfand besaß, erließ der Pfalzgraf Philipp den 18. Okt. 1484: „Alle| Jahre soll, nach vorhergegangener Anzeige an den Schultheißen, ein Vogtgericht gehalten und hiebei alles Rugbare vorgebracht werden. Beide Orte dürfen Niemand in’s Bürgerrecht aufnehmen, wenn er nicht der Ortsherrschaft ausschließliche Treue schwört. Oberhof soll der Rath in Besigheim, der Amtsstadt, sein; dorthin sollen auch die Gefangenen gebracht werden. Geschworene Untergänger, Messer, Steinsetzer, Dorfmeister, Schützen, Hirten und Heiligenpfleger wählt die Gemeinde selbst. Alljährlich soll ein Markungsumgang gehalten werden. Die Gemeinde soll sich mit Harnisch, Geschütz und Wehr nach ihrem Vermögen rüsten nach Angabe des Vogtherrn.“ Die übrigen Artikel betreffen die Rechtswege und die Strafen, welche für Ausleute verdoppelt werden; von den Strafen erhalten auch Schultheiß und Gericht ihren Antheil. Schließlich behält sich der Pfalzgraf vor, diese Ordnung zu mindern und zu mehren, wann und wie oft es noth seie.[2] Über die Neckarfähre zu I. sammt dazu gehörigem Fischwasser und einigen Gütern ertheilte derselbe Pfalzgraf am 25. Febr. 1488 einer Bürgerfamilie den Lehenbrief (Reyscher, Statutar-R. 264). Im Jahr 1572 brachte die Gemeinde solchen Besitz als Erblehen an sich.

Württemberg hatte bereits i. J. 1342 hier Fuß gefaßt; im genannten Jahr verpfändete Graf Ulrich an Albrecht und Rugger, Gebrüder, von Bönnigheim um 200 Pfund zwei Höfe in den zwei Dörfern zu Ingersheim (wovon der eine der Gomeringer Hof hieß), sammt dem Burgstall und der Fischenz; i. J. 1439 bekam Konrad Schenk von Winterstetten von der Herrschaft Württemberg die Erlaubniß, daß er der Herrschaft Leut und Gut zu Ingersheim, welche Walthern von Urbach um 750 Goldgulden und 132 Pfund Heller versetzt gewesen, an sich lösen möge (Steinhofer 2, 808). Indeß ertauschte Pfalzgraf Philipp im Jahr 1484 Württembergischen Besitz in Groß- und Klein-Ingersheim gegen Abtretung seines 1/4 Antheils an Löchgau (Reyscher a. a. O. 263); er übergab aber schon i. J. 1488 beide Orte mit der Grafschaft Löwenstein an den neuen Grafen Ludwig von Löwenstein, welcher aus der nicht standesmäßigen Verbindung, die Philipp’s Oheim, Pfalzgraf Friedrich der Siegreiche, mit Clara Dettin, eingegangen hatte, entsprossen war.

Der Sieg Herzog Ulrich’s im Pfälzer Krieg i. J. 1504 (s. Besigheim) brachte beide Ingersheim mit der Grafschaft Löwenstein an Württemberg; Klein-Ingersheim, von wo aus der Herzog hartnäckigen| Widerstand erfuhr, wurde hiebei verbrannt (Heyd, Ulrich 1, 111). Im Jahr 1510 kam zwar ein gütlicher Vergleich zwischen Württemberg und dem Grafen Ludwig von Löwenstein zu Stande, in welchem Schloß und Stadt Löwenstein nebst vielen Zugehörungen an den Grafen zurückgegeben werden mußten, aber nach eben demselben Vergleich durfte Württemberg unter anderen Eroberungen auch Groß- und Klein-Ingersheim behalten.

Von Ingersheim schrieb sich ein, in sehr früher Zeit unter markgräflich-badischer Hoheit stehendes Ministerialen-Geschlecht, dessen Burg übrigens bei Klein-Ingersheim stund. Es kommen vor: Burckard um 1110 (Cod. Hirsaug.), Bertholf 1134 (Schoepfl., Hist. Zar. Bad. 5, 79), Adelbert 1147, 1148, ein jüngerer Albert 1197 (Würdtwein, Mon. Pal. 2, 95), Dieterich, welcher K. Friedrich II. im J. 1228 nach Palästina begleitete, Friedrich, welcher an Kloster Denkendorf eine Schenkung machte, die Markgraf Hermann von Baden i. J. 1242 bestätigte, Rugger 1242 (Zeuge bei der eben erwähnten Bestätigung; auch 1259, s. Schriften des Alterth. Ver. f. Baden 1, 133), Konrad 1277, ein jüngerer Konrad mit einem Sohn Hermann i. J. 1299, Dietrich 1297, Rüdiger, welcher mit seiner Gattin von Dürmenz i. J. 1318 eine Fischerei in Enzweihingen an Württemberg verkaufte, Rüdiger’s Tochter Agathe, verheirathet an Heinrich Sturmfeder, welcher hiedurch Kirchensatz, Widdumhof und Güter in Ingersheim erwarb und mit seiner Fruv eine Catharinenpfründe in die hiesige Pfarrkirche stiftete, wozu Graf Ulrich von Württemberg, Probst zu St. Guido in Speyer, den 30. Juni 1346 seine Bestätigung ertheilte.

An hiesiger Kirche bestunden im 15. Jahrhundert eine Leutpriesterstelle und 6 Frühmessereien (Würdtwein Subs. 10, 332). Die Pfarrei wurde in sehr früher Zeit von den Markgrafen von Baden (Gabelkh., Geneal. auf dem Staatsarchiv unter Baden z. J. 1336), zeitweilig von deren Ministerialen (s. vorher) verliehen. Späterhin stund das Patronats- und Nominationsrecht dem Collegiatstift Baden-Baden zu, welches früher Zehentgefälle hier bezog, die Confirmation aber dem Hause Württemberg. Seit dem Staatsvertrag Württembergs mit Baden vom 17. Okt. 1806 hängt das Patronats- und Nominationsrecht zu der Pfarrstelle von Königlicher Collatur ab. Filial von Groß-Ingersheim, mit dessen Parochie längst kein Filial mehr verbunden ist, war außer Geisingen (O. A. Ludwigsburg), Klein-Ingersheim, wo erst 1591 eine eigene Pfarrei errichtet wurde, bei welcher Gelegenheit das Diakonat in Groß-Ingersheim, von welchem die Klein-Ingersheimer Kirche versehen wurde, einging.

Im Reichskrieg mit Frankreich von 1689–1693, in welchem zu| Groß-Ingersheim 19 Gebäude eingeäschert wurden, schloß den 30. Juli (9. Aug.) 1693 der Herzog Eberhard Ludwig im Lager bei diesem Dorfe mit dem Dauphin von Frankreich einen förmlichen Brandschatzungsvertrag, in welchem der Herzog sich verbindlich machen mußte, 400.000 Reichsthaler innerhalb Jahresfrist nach Straßburg zu bezahlen, und dann ferner noch vom 1. Jan. 1694 an vierteljährlich 25.000 Thaler nach Philippsburg zu liefern (v. Martens Geschichte 539).
  1. Die Lehensoberherrlichkeit über zwei Sturmfeder’sche Höfe zu Ingersheim war der Markgrafschaft Baden zuständig bis zum 16. April 1807, an welchem Tag sie durch Staatsvertrag an Württemberg überging.
  2. Mone, Zeitschrift 1, 10–14. Einzelne Bestimmungen aus späterer Zeit s. bei Reyscher, Statutar-R. 269.


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