Beschreibung des Oberamts Ehingen/Kapitel B 35

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35. Oberdischingen,

ein kathol. Pfarrdorf auf dem linken Donauufer, an der Ulmer Straße, 2 St. unter Ehingen, mit 935 Einw., F. A. Blaubeuren, Sitz eines grundherrlichen Rentbeamten; Grund- und Patronatsherr, Graf Schenk von Castell. Die Zehnten beziehen der Grundherr und die Pfarrey gemeinschaftlich, der Antheil des Grundherrn ist mit 685 fl. 21 kr. im Cataster.

Gefälle haben der Staat 117 fl. 47 kr., der Grundherr 4681 fl. 42 kr, die Pfarrey 60 fl. 18 kr., Stifts- und Kirchenpflege 93 fl. 52 kr., Gemeindepflege 5 fl. 51 kr., darunter 518 Sch. 13/4 Sr. Dinkel, 3961/2 Sch. Haber. – Die Baulast der Kirche haben aushülflich der Gutsherr und die Pfarrey, das Pfarrhaus baut letztere.

Oberdischingen ist ein Rittergut, das ehemals hohe und niedere Gerichtsbarkeit mit dem Blutbann hatte, und dem Ritter-Canton Donau einverleibt war. Das Gut ist Mannlehen; ehemals ging es von der Herrschaft Wiesensteig zu Lehen mit Ausnahme des sogenannten Ochsenzehnten, der östr. Lehen war. S. Tab. II. Zu dem Gut gehören auch eine Brauerey mit Bannrecht, und die als Erblehen verliehene Fischerey in der Donau, Schafweide und Pferchrecht, Mühlzwang etc. Der reine Ertrag des Guts ist zu 5 bis 6000 fl. angegeben[1].| Die Benennung Oberdischingen soll den Ort vermutlich von dem, übrigens sehr entfernten, Dischingen im OA. Neresheim unterscheiden. Der Ort liegt in der Mündung eines Seitenthälchens, an einem Bache, zum Theil noch an dem Thalhange aufsteigend. Er hat ein schönes, residenzartiges Aussehen, das jetzt aber durch die Spuren des einbrechenden Zerfalls etwas gestört wird. Eine schöne, neue Straße, ein Schloß mit einem großen, ehemals prächtigen Schloßgarten, ein schloßartiges Kanzleygebäude, schöne Kirchen und andere Gebäude zieren den Ort. Unter den Kirchen zeichnet sich besonders die bey dem Schlosse stehende aus. Sie ist im griechischen Geschmacke, in Form einer Rotunde mit 4 Vorsprüngen gebaut, so daß sie die Figur eines Kreuzes bildet; sie sollte die kleine, unansehnliche Pfarrkirche ersetzen, blieb aber, leider, unvollendet. Auch die Dreyeinigkeits-Capelle, worin der verstorbene Graf Ludwig und seine Vorfahren von 1724 an begraben liegen, hat ein gefälliges Aussehen. Fast alle diese Bauwerke sind Schöpfungen des verstorbenen Grafen Ludwigs, der, nachdem er 1764 die Herrschaft von seinem Bruder übernommen hatte, seinen Sitz in Dischingen aufschlug, und den damals ganz unbedeutenden Ort mit vielem Aufwand zu seinem jetzigen Aussehen erhob. Die Häuser der neuen Straße räumte er theils seinen Dienern und Beamten, theils Gewerbsleuten ein. Für sich selbst baute er noch ein neues schönes Schloß, das aber i. J. 1807, wie| man sagt, von entsprungenen Jaunern angezündet, abbrannte, und nun Ruine ist. Gr. Ludwig war es auch, der sich durch die Verfolgung von Räubern und Jaunern, von welchen zu seiner Zeit die Sicherheit in Ober-Schwaben sehr gefährdet war, so bekannt machte, und der zu dem Ende ein eigenes Zuchthaus in D. errichtete, das erst 1808, nachdem es 22 Jahre bestanden hatte, wieder aufgehoben wurde.

Das viele Bauwesen, der Aufenthalt des Grafen und seiner Beamten, und die Zuchthaus-Anstalt brachte mancherley Nahrung und Gewerbe in den Ort. Aber unter den jetzigen veränderten Umständen hat Alles sehr Noth gelitten, was um so mehr gefühlt werden muß, da der jetzige Graf sich auswärts aufhält und der Ort mit schweren Grundabgaben belastet ist. Der durchfließende Bach treibt vor dem Ort eine Mahlmühle, s. o. Auch hat der Ort eine Ziegelhütte und, von der Zeit des vorigen Grafen her, auch eine Apotheke. Der Verdienste des Sattlers Sommer um die Baumzucht ist schon S. 47, 54 gedacht worden. Zu der 1/4 St. von dem Ort entfernten Donau führt eine schöne Allee, und an deren Ende eine hölzerne Brücke über den Fluß.

An der Kirche steht neben dem Pfarrer auch ein Caplan, dessen Patron ebenfalls der Grundherr ist. Die Gottesackerkirche, also die vierte Kirche des Orts, ist jetzt zum Abbruch bestimmt.

Dischingen gehörte ehemals den Grafen von Berg, von welchen es auf Östreich kam. Diese belehnten damit die Greggen, eine Ulmer Familie: Martin Gregg stiftete 1460 die Frühmeß-Caplaney. Wilhelm von Stotzing wurde 1544 von Östreich mit dem, von seinem Bezirke sogenannten, Ochsenzehnten belehnt; 1485 kauften die von Stotzingen den Ort selbst, verkauften ihn aber 1661 wieder an Schenk v. Castell. 1806 kam er unter Baierische, 1808 unter Würt. Hoheit.[ws 1]



  1. Oberdischingen ist der Hauptort der Gräfl. Schenk v. Castellschen Besitzungen in dem Oberamte, deren Bestand folgender ist:
    1) durch besondere Käufe erworbene Orte: Bach, Oberdischingen und Wernau;
    2) Bestandtheile der vormaligen Herrschaft Berg: Altbierlingen, Berg und Grafenwald;
    sodann Gefälle und Rechte zu Bockighofen, Dettingen, Dinten- und Herbertshofen, Ehingen, Griesingen, Heufelden, Kirchbierlingen, Kirchheim, Obermarchthal, Schaiblinshausen, Sontheim und Weisel; lauter Überreste der Herrschaft Berg, und in Beziehung auf Rechte und Regalien, wie die der Herrschaft Ehingen, Ausflüsse der alten Grafenrechte. Wie die Herrschaften Berg und Schelklingen, oder, wie es in Lehensbriefen heißt – „die beyden Graf- und Herrschaften Schelklingen und Berg“ zuerst pfandweise für 30.000 fl., und dann 1735 als Mannzinslehen gegen einen jährlichen Canon von 600 fl. an die Grafen von Castell gekommen, ist zum Theil bey Ehingen schon bemerkt, und wird seiner Zeit bey Schelklingen noch näher erörtert werden.
Anmerkungen [WS]
  1. Korrektur in Beschreibung des Oberamts Riedlingen S. 267: „S. 169. Ober-Dischingen wurde nicht erst 1694, sondern schon 8. Juli 1661 von Sigm. Wilh. v. Stotzingen an die Grafen Schenk von Castell verkauft. Auch kam es nicht erst 1810, sondern 1808 unter Würt. Landeshoheit. Ferner ist nicht der ganze Ort, sondern nur ein Theil desselben Würt. Lehen, und zwar 1) ein Hof, samt dem halben Großzehnten und dem sogen. Ochsenzehnten, von Burgau herrührend; 2) 3 Höfe und 3 Sölden, von Wiesensteig herrührend; 3) die Fischerey in der Donau, die aber, nach der Belehrung des Herrn Grafen Schenk von Castell, nicht auf Dischinger Markung, sondern zwischen Gamerschwang und Nasgenstatt sich befindet, und Bergisches Lehen ist. 1 Hof und 1 Sölde gehörten ehemals zum Kloster Blaubeuren, jetzt zur K. Finanzkammer, 1 Sölde gehört zur Ortskirchenpflege; zu dem Rittergut gehört ein eigenes Maiereygut. Der Ausdruck S. 170: „nachdem (Gr. Ludwig) die Herrschaft von seinem Bruder übernommen,“ ist falsch, es muß, wie wir belehrt sind, heißen: „nachdem er seinem Bruder in dem Besitze seiner sämmtlichen Herrschaften succedirt hat.“ Vor Graf Ludwig hatte schon Graf Marquard, des jetzigen Herrn Grafen Herr Großvater, seine Residenz nach Ober-Dischingen verlegt, nachdem er 1734 Unter-Dischingen und das Schloß Trugenhofen an Taxis verkauft hatte. Derselbe hat auch das alte Schloß und die Kanzleigebäude gebaut, und den, ehemals prächtigen, Hofgarten angelegt.“