Beschreibung des Oberamts Hall/Kapitel B 12

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12. Gemeinde Ilshofen,
bestehend aus 2 Parcellen mit 812 Einwohnern.

a. Ilshofen, früher Ylshofen und Ulleshofen, ein Städtchen mit 802 Einw., worunter 3 Katholiken, 51 Gemeinderechten und 289 Mrg. 21/2 Vrtl. vertheilten Allmanden und Waldungen und 59 Mrg. Feldgütern, deren Ertrag mit der Stadtpflege vereinigt ist. Das Städtchen liegt freundlich in einer ebenen Gegend, nordöstlich 3 Stunden von Hall, an der von da nach Crailsheim führenden Staatsstraße. Nicht ferne läuft der Bach Schmerach, der in die Bühler fällt und in warmen Sommern oft ganz austrocknet. Die Gemeinde ist dem Forstamt Crailsheim zugetheilt. Seit 1846 ist hier eine Postexpedition errichtet.

Den großen Zehenten bezieht der Staat; zu 11/18 wegen der Reichsstadt, 7/18 hat er 1842 von den Romig’schen Erben zu Hall erworben. Nur von 80 Mrg. steht er der Pfarrei Ruppertshofen zu. Den Noval- und kleinen Zehenten bezieht ebenfalls der Staat allein; den althallischen Heu- und Blut-Zehenten aber hat die Gemeinde in neuerer Zeit nebst andern Rechten des Staats mit 1277 fl. 24 kr. Kapital abgelöst. Die Berechtigten zu den übrigen Gefällen daselbst s. oben S. 89.

Ilshofen ist zwar etwas eng gebaut; doch konnte 1841 und 1842 die Correktion des Orts-Etters und die Anlegung regelrechter Straßen-Kandeln vollzogen werden. Es ist mit Mauern umgeben, die aber nach und nach durch Abbruch weichen, und hat zwei Thore, wovon das haller in gothischem Styl im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Jedes Haus hat sein Gärtchen und beinahe jedes einen Brunnen. Die Stadt hat eine Kirche, ein 1749 erbautes Pfarr- und ein Schul-Haus, von welchen wegen der Oberlandesheiligenpflege der Staat die Baulast hat. Die Kirche zu St. Petronella mit einem alten hohen Spitzthurm, wovon eine schöne Aussicht, wurde 1830 wesentlich erweitert und verschönert. Bis dahin waren noch die Überreste einer sehr starken Befestigung des Kirchhofes sichtbar. Daneben befand sich eine Capelle, die 1822 abgebrochen wurde. Im Jahr 1839 und 1840 wurde das neue Schulhaus gebaut.

Die Einwohner sind aufgeweckten Geistes und sehr thätig und arbeitsam. Bis vor etwa 16 Jahren im Allgemeinen zum Wohlleben | geneigt, sind sie nun so sparsam, daß auch die Reicheren in der Woche nicht im Wirthshaus zu sehen sind. Daher sind sie nunmehr im Betriebe der Landwirthschaft und der Gewerbe, worin sie gerne dem Beispiele der Einsichtigeren folgen, ausgezeichnet, und der Wohlstand ist, wenn auch mehrere gering bemittelt sind, im Steigen begriffen. Dabei ist ein reger kirchlicher Sinn vorhanden.

Der Boden ist fruchtbar, hauptsächlich an Roggen, Dinkel, Haber und Reps, und wird gut cultivirt. Dadurch und durch rege Gewerbsamkeit blüht der Ort immer mehr empor. Man findet in neuerer Zeit hier fast alle städtischen Gewerbe: 8 Kleinhändler, 4 Handlungen, 1 Ölmühle, 6 Wirthschaften, worunter 2 Bierbrauereien, eine gut betriebene Käserei, eine viel gesuchte Ziegelei, 82 Handwerker mit 29 Gehülfen. Der Gewerbesteuer-Anschlag auf 1. Juli 1845 war 265 fl. Auch eine Apotheke und ein Arzt finden sich hier.

Filialien von Ilshofen sind Ober- und Unter-Schmerach. Auch besuchen die evangelischen Einwohner von Groß-Allmerspann die hiesige Kirche; die hiesigen Katholiken dagegen jene in Groß-Allmerspann. Das Patronat ist von der Reichsstadt her königlich. Die Schule wird auch von den Filialisten besucht. – Der Ort hat das Recht zu drei stark besuchten Jahrmärkten, wozu er am 4. September 1570 von Kaiser Maximilian berechtigt wurde. – Bis 1803 war Ilshofen der Sitz eines eigenen hallischen Amtes. Das Gemeinderechts-Verhältniß ist seit mehreren Jahren durch Übereinkunft aufgehoben.

Der Ort ist von hohem Alter und gehörte in den ältesten Zeiten den Grafen v. Flügelau, deren Burg 11/2 Stunden von Ilshofen entfernt, unterhalb dem sogenannten Burgberg bei Roßfeld gestanden hat. [1] Notizen finden wir über diese Grafen theils in Winterbachs Geschichte der Reichsstadt Rothenburg II. S. 248, welche 942 einen Johann v. Flügelau auf einem Turnier in Rothenburg a. d. T. erscheinen läßt und der eine Zibarda v. Brauneck zur Gattin gehabt haben soll, theils erwähnt Schöll in seiner Geschichte des Hauses Hohenlohe etc. III. 938 einen Michael, Baro de Flügelaw, und Widmann in seiner hallischen Chronik 1171 einen Albero und 1209 einen Wolf v. Flügelaw. In Urkunden finden wir 1238 den Sohn eines verstorbenen Albrechts v. F., dann 1258 | und 1260 Cunradus de Uluglowe und de Flügelaw (Hanselmann, dipl. Beweis II. S. 122); 1280 Conrad de Vliglowe (ebenda); 1288 Conrad, Graf v. F., vermählt mit Elisabeth, Tochter Rudolphs v. Neuffen (Hanselmann Vertheidigung S. 297); 1288 gestattet er, daß Gertrud v. Veinau, Heinrich v. Michelfelds Wittwe, ihrer Schwester Gertrud ein Gut hier und in Zottishofen abtrete (Wibel a. a. O. IV. 100); 1293 Otto, comes de Flugelawe (Wibel a. a. O. II. S. 122); 1302 Otto und Conrad, Grafen v. F., Mechtild, ihre Schwester, und Beatrix, ihre Mutter; 1310 Gottfried Schenk v. F. Diese Grafen v. Flügelau trugen Ilshofen vom Domstift Würzburg zu Lehen, und auf Absterben Conrads und Otto’s, wovon der erstere 1313, der letztere 1317 zu Rothenburg a. d. T. starb und Canonicus zu Würzburg war, wurde die Grafschaft Flügelau mit Ilshofen an deren Verwandte, Graf Kraft v. Hohenlohe und Graf Boppo v. Eberstein, 1318 und 1321 von Bischof Gottfried von Würzburg (einem Grafen v. Hohenlohe) verliehen, wie sie ihnen schon 1318 von Bischof Andreas versprochen worden war (Hanselmann a. a. O. S. 432. u. 434. Wibel a. a. O. IV. S. 39). Im J. 1323 verkauft aber Graf Boppo v. Eberstein seinen Antheil auch vollends an Graf Kraft v. Hohenlohe (Hanselmann a. a. O. S. 436), welcher sich nun allein im Besitz der Grafschaft Flügelau und Ilshofen befindet. Kraft v. Hohenlohe erwirkt sich 1330 von Kaiser Ludwig die Erlaubniß, aus Ilshofen eine Stadt mit einem Wochenmarkt nach haller Rechten zu machen (Hanselmann a. a. O. S. 439). Im J. 1398 verkauft, nach vorheriger Befreiung von dem würzburgischen Lehens-Nexus, Graf Ulrich v. Hohenlohe, von der noch blühenden hohenlohenschen Linie, Schulden halber unter Bekräftigung seiner Brüder Kraft, Gottfried und Albrecht und seines Bruders Jörg, Bischof zu Passau, und seiner Schwester Anna v. Hohenlohe, Gemahlin Conrads v. Weinsberg, Burg und Stadt Kirchberg, Honhard, die Veste und Amt, und „Ylßhofen“ und Amt nebst Zehenten, Geleit etc. an die Reichsstädte Hall, Dünkelsbühl und Rothenburg a. d. T. in der Art, daß Hall die Hälfte und die beiden andern Städte die andere Hälfte an den gedachten Besitzungen erhielten; 1399 vergleichen sich aber die drei Städte dahin, daß Hall Veste und Amt Honhard ganz übernahm und dagegen 1/6 von Schloß und Amt Kirchberg und Ilshofen an Dünkelsbühl und Rothenburg in der Art abtrat, daß nunmehr jede der drei Städte den dritten Theil an Kirchberg und Ilshofen inne hatte. Einer der Brunnen des Städtchens zeigt noch die Wappen dieser drei Städte. Dieselben behielten sofort Ilshofen bis zum Jahr 1562 gemeinschaftlich, am Mittwoch nach Michaelis d. J. verkauften sie aber Ilshofen mit Schmerach an den Grafen Ludwig Casimir v. Hohenlohe | zu Langenburg, welcher sofort im nämlichen Jahr (1562) das Städtchen wieder an die Stadt Hall allein um 20.532 fl. verkaufte, die auch bis zum Übergang unter württembergische Hoheit im Besitz blieb. Unter diesem letzten Kauf waren Ilshofen mit Schmerach, der große und kleine Zehente daselbst und zu Markertshofen, sowie Leibeigene und Gülten zu Allmerspann, Ober-Aspach, Ober-Schmerach, Buch, Gaugshausen, Haßfelden, Hörlebach, Rudelsdorf und Wolpertshausen begriffen. Mit der Hoheit und Vogtei erwarb Hall auch die meisten grundherrlichen Rechte dahier. Ein Lehengut verkaufte das Kloster Gnadenthal 1451 an die Brüderschaft zu St. Michael in Hall, und ein zweites 1447 an den hiesigen Heiligen. Ein Gut war 1657 noch comburgisch, aber Hall vogtbar.

Die Pfarrei ist alt. Ein Theil des Patronats kam mit einem Theil des Orts an Boppo v. Eberstein, der seinen Antheil 1323 an Kraft v. Hohenlohe verkaufte. Dieser stiftete 1343 eine Frühmesse in die Kirche. Von 1380 bis 1525 war das Kloster Goldbach im Besitze der meisten Einkünfte der Pfarrei: wie es scheint, durch Incorporation. Des Wechsels der politischen Geschicke Ilshofens ungeachtet blieb das Patronat bei Hohenlohe, das erst 1562 und 1564 dasselbe durch Tausch an die Stadt Hall abtrat (Wibel a. a. O. I. 344). Die Reformation wurde 1532 eingeführt, und Hall setzte mit Einwilligung Hohenlohes 1534 den ersten evangelischen Pfarrer hier ein.

Zwei Feuersbrünste, bei welchen jedesmal mehrere Gebäude abbrannten (1837 und 1838), drohten dem Orte dasselbe Unglück, das ihm Markgraf Achilles von Ansbach bereitet hatte, indem er auf seinem Zug gegen die Städte 1449 auch nach Ilshofen kam und das Städtchen nach tapferem Widerstand der Einwohner, welche sich zuletzt noch aus ihrer Kirche vertheidigten, wegnahm und verbrannte (s. o. S. 166 u. Prescher I. 209). Bei den vielen Einquartierungen und Verheerungen des dreißigjährigen Krieges grassirte hier die Pest, die 1634 in 111/2 Wochen 80 Menschen wegraffte.

Bei der im Jahr 1817 erfolgten Erneuerung der Kirche zu Ilshofen wurde ein Grabstein auf dem Kirchhof ausgegraben, welcher einst das Grab einer Gräfin v. Flügelau bedeckte, wie Namen und Wappen auswies; er wurde aber durch unverständige Maurer zertrümmert. Daß in oder bei Ilshofen ein Schloß stand, beweist die Urkunde vom Jahr 1367 (Hanselmann a. a. O. S. 175). Noch jetzt heißt eine südlich gelegene Halde die „Ziegenburg.“ Auch hatte Ilshofen seine eigenen Edelleute, welche Ministerialen der Grafen v. Flügelau gewesen zu seyn scheinen. Wir finden 1216 einen Siboto und einen Bertoldus scultetus de Ulleshofen als Zeugen, sofort 1288 Hartmann, der Schultheiß von Vlshofen, | und 1304 und 1307 Cunrad v. Ulleshoven, Bruder im Kloster Gnadenthal (Wibel a. a. O. II. S. 179, 180 u. 254). Die Urkunde von 1288 ist datirt von Ulshoven und mit dem Sigel Graf Conrads von Flügelau versehen (ebenda S. 179).

Nördlich von Ilshofen, auf dessen Markung, liegt ein Gewand, das noch Erlach heißt, wo der gleichnamige abgegangene Ort gelegen haben soll. Die Zehentrechte, welche, wie oben bemerkt, die Pfarrei Ruppertshofen bezieht, sind auf einen Distrikt der vormaligen Markung desselben begründet. Die vorgedachte Gräfin Beatrix v. Flügelau, welche die Zehenten der Pfarrei gegen die Verpflichtung, einen Jahrestag ihr zu halten, schenkte, soll hier gewohnt haben.

Auf der Markung von Ilshofen lagen fünf nun trocken gelegte Seen, zusammen 311/8 Tagwerk groß, welche die Stadt Hall 1709 um 3300 fl. an die Gemeinde verkaufte.

b. Unter-Schmerach, Weiler mit 10 ev. Einwohnern, aus 2 althallischen Gemeinderechten mit 31 Mrg. unvertheilter Weide und Eichwald bestehend, liegt östlich, 1 Stunde von Ilshofen, an der Staatsstraße von da nach Crailsheim, und grenzt mit seiner Markung an das Oberamt Crailsheim. Den großen Zehenten bezieht der Staat, ebenso den kleinen Zehenten. Er kam mit Ilshofen an Hall. Im Jahr 1502 verkauft Hans Seyboth, zu Ilshofen gesessen, seine Gült auf den 2 Höfen zu Unter-Schmerach an die 3 Städte Hall, Dünkelsbühl und Rothenburg, von welchen sie 1562 an Graf Ludwig Casimir von Hohenlohe und im nämlichen Jahr an die Reichsstadt Hall überging. Die Stadtpflege Hall ist noch im Besitz.


  1. Da in alten Urkunden der Name „Ulleshoven“ heißt, so wollte ein Pfarrer denselben von Ulysses herleiten. Wahrscheinlicher ist, daß der Name mit jenem der obengenannten früheren Besitzer des Ortes verwandt ist, indem die Bildung des Wortes „Ulleshofen“ fast dieselbe ist, wie „Ulleglowe,“ gleichbedeutend mit „Flügelau.“
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