Beschreibung des Oberamts Heilbronn/Kapitel B 12

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Neckargartach,
Pfarrdorf (seit 1842) II. Classe, mit 1511 evangelischen, 4 katholischen Einwohnern (letztere Filialisten von Heilbronn), und 15 Einwohner eig. Confession.

Wappen zwei Schlüssel in Form eines Andreaskreuzes übereinander gelegt (die Schlüssel St. Petri wie im Wormser Wappen).

Dieses Pfarrdorf liegt reizend am Neckar, wo der Leinbach (vormals Gartach) ausmündet. An der Westseite des Dorfes zog die Römerstraße hin (von Böckingen nach Wimpfen). 1830 wurden beim Graben eines Hausgrundes eine römische Grablampe und Thon- und Glasscherben römischer Gefäße entdeckt.

Nicht ist zu ermitteln, wie oft das jetzige Neckargartach gemeint ist bei dem häufigen Vorkommen des Namens Gartach im Kloster Lorscher Schenkungsbuch, welches seit den 760er Jahren Besitzungen in einem Gartach erhielt.

Die erste, in Originalaufzeichnung erhaltene Nennung des ganzen Namens ist von 1161, in welcher Kaiser Friedrich I. dem Kloster Odenheim Besitzungen in Negger Gardaha unter anderen bestätigte| (Württ. Urk.-Buch 2, 135). Der gegenüber den aufgezählten Schenkungen ziemlich späte Codex des Kloster Hirschau führt zwei Huben in Nekkergartha auf, welche schon früher, im Anfang des 12. Jahrhunderts, an das Kloster Hirschau gekommen waren; solches Kloster vertauschte 1438 den Grafen von Württemberg seine damaligen hiesigen Güter und Rechte.

In sehr alter Zeit gelangte die Oberlehensherrlichkeit an das Bisthum Worms, welches, so weit die Urkunden bekannt sind, 1323 die von Weinsberg damit belehnte (Ludewig Reliq. 12, 572). Diese übergaben Heilbronner Bürger (Patricier) -Familien Gebwin, Feurer und anderen die Nutznießung; 1339 kam es darüber zum Streit zwischen Feurer und Engelhard von Weinsberg, welchen Kaiser Ludwig durch sein Hofgericht am 24. November d. J. entscheiden ließ. Die Feurer durften die Nutznießung noch 8 Jahre haben (Jäger Heilbr. 1, 118).

1341 verkauften Engelhard von Weinsberg und seine Gemahlin Hedwig Neckargartach um 1200 Pfund Heller an die Stadt Heilbronn, doch sollte es von Weinsberg zu Lehen gehen und die Oberlehnsherrlichkeit des Hochstifts Worms fortbestehen; zur Übernahme des Lehens sollte der Heilbronner Rath einen aus seiner Mitte zum Lehensträger bestellen.

Im Jahre 1441 erkaufte Heilbronn noch hiesige Rechte von den Herren von Weinsberg.

Die lehnsherrlichen Rechte dieser Herren kamen insbesondere mit der Herrschaft Weinsberg selbst um dieselbe Zeit durch Kauf an Churpfalz, 1504 durch Kriegseroberung an Württemberg, das von jetzt an die Heilbronner Bürgermeister mit Neckargartach belehnte.

Aus den Geschicken des Ortes heben wir folgende hervor: Vor 1399 brannten Württemberger in Friedenszeiten das Dorf Neckargartach ab, welcher Schaden 1399 in einem Rechtsstreite zwischen Württemberg und Heilbronn auf 2000 fl. angeschlagen wurde.

1525 im Bauernkriege verstärkten auch Neckargartacher die Raubzüge der Bauern, und Hans Weldner (Wilmerhans) aus Neckargartach schlug lustig die Trommel dazu, als die Bauern die Adeligen zu Weinsberg durch die Spieße jagten. Da lagerte sich aber 19./28. Mai Truchseß von Waldburg zwischen Fürfeld und Neckargartach, und setzte den Greueln der Bauern ein Ziel. Neckargartach mußte 700 fl. Strafe bezahlen und großen Schadenersatz, und Jäklein Rohrbach aus Böckingen und der Pfeifer aus Sindelfingen wurden am 20. Mai im Weidach bei Neckargartach mit langen | Ketten an Bäume gebunden, und durch angezündete Holzstöße gebraten, bis sie todt niederfielen.

1622 brachte die Schlacht bei Wimpfen unsägliche Drangsale über Neckargartach. General Tilly’s Bayern und Don Gonzalo Fernando de Cordoba’s Spanier schlugen am 26. April bis 6. Mai den Markgrafen Fried. von Baden in die Flucht. Was fliehen konnte, eilte Heilbronn und Weinsberg zu. Als der Silberwagen des Markgrafen vor Neckargartach kam und man das Thor öffnen wollte, wurde der Schlüssel verdreht, so daß man mit der Axt öffnen mußte. So entstand ein Aufenthalt. Bayerische Reiter erreichten im Dorfe die Fliehenden, es kam zum Handgemenge, mehrere Wagen wurden verbrannt und viele Bauern flohen nach Heilbronn und Laufen. Am folgenden Tage fielen die Spanier haufenweise in das Dorf ein, Don Cordoba nahm sein Quartier in der äußeren Mühle und die Wohnung wurde ausgeplündert, Morgens zwischen 8 und 9 Uhr wurden zwei Scheuern beim Rathhause in Brand gesteckt, die Feuersbrunst dauerte bis den anderen Morgen um 4 Uhr und Nachmittags 1 Uhr begann sie wieder. Die Spanier warfen Brände auf Strohdächer, bis 181 Wohnhäuser, 119 Scheuern und 219 große Hütten und Stallungen in Asche lagen. Nur die Kirche, das Pfarrhaus, das Schul-, Thor-, ein Schmiedhaus und die Mühle blieben verschont. Die Spanier erbeuteten allein an Victualien 1137 Malter Dinkel, 105 Malter Korn, 205 Malter Haber, 25 Malter Erbsen, 17 Malter Leinsamen, 131 Fuder Wein, 153 Kühe, 99 Kälber, 31 Pferde, 27 Schaafe, 124 Schweine, 600 Gänse und 4000 Hühner, so daß der ganze Schaden auf 2 Tonnen Goldes geschätzt worden ist. Bauern, die löschen wollten, wurden niedergestoßen und zu Tode gemartert. An Frauen und Mägdlein, deren Namen noch im Heilbronner Archiv zu lesen sind, verübten die Spanier Schändlichkeiten, stellten sie dann auf die Köpfe und zerspalteten sie in zwei Hälften.

Württemberg gab nach dem Heilbronner Rathsprotokoll vom 22. Februar 1625 3388 fl. Brandsteuer.

Im weiteren Verlaufe des 30jährigen Kriegs wurde Neckargartach so wenig als die benachbarten Orte verschont. Er brachte durch Plünderung und Einquartierung, Theuerung und Pest auch diesem Dorfe großen Schaden.

1664 23. Februar kam Nachmittags durch Melchior Pfau’s Backofen ein Feuer aus, das, von Wind getrieben, in drei Stunden 21 Häuser und Scheuern in Asche legte.

Kaum hatte sich der Ort wieder etwas erholt, als Kriege mit | Frankreich ausbrachen. Die Franzosen besetzten die Festung Philippsburg und schrieben im Februar 1675 Lieferungen aus, daß nämlich Neckargartach 20 Malter Korn, 20 Malter Haber und an Geld 155 fl., Frankenbach 18 Malter Korn und 18 Malter Haber und 100 fl., und Böckingen ebensoviel liefern sollte. Ein Theil wurde auch sogleich geliefert, wegen des Restes baten die Einwohner um Frist bis nach der Ärndte. Diese wurde ihnen auch verwilligt. Demungeachtet zogen 500 französische Reiter, darunter die Hälfte Dragoner mit Fusce-Röhren, von Philippsburg aus, brachen am Morgen des 7./17. August 1675 durch den Pfarrgarten in das Dorf Neckargartach ein, öffneten das Thor (denn die 4 Heilbronnische Dörfer waren mit Gräben, Zäunen und Thoren verwahrt), und als die Sturmglocke die Bauern herbeirief, so streckten die Dragoner sogleich 7 junge Bürger todt nieder und verwundeten 2 weitere gefährlich, plünderten in vielen Häusern, und sobald eines leer gewesen, zündeten sie mit einem Schuß in die Garben die Scheuern an und verjagten die Leute, welche löschen wollten, bis in 11/2 Stunden 57 Wohnhäuser, 43 Scheuern, 14 Stallungen mit 42 Pferden, vielem Rindvieh, Getreide, Heu und Stroh u. s. w. verbrannt waren.

Fußfällig bat der Pfarrer Daniel Zükwolf aus Heilbronn für seine Gemeinde. Die Mordbrenner unter Anführung eines Königl. Commissärs mit Namen La Coupilliere erbarmten sich aber so wenig, daß sie sogar die an ihren Gliedern gelähmte Pfarrerin aus ihrem Krankenbette warfen, und den Pfarrer bis an das Schaafhaus schleppten und dort durch Schuß und Stiche ermordeten. Ein einziger Franzose wurde getödtet. Von Neckargartach zog die Bande nach Frankenbach.

1693 litt Neckargartach wieder viel durch die Franzosen, welche beim Abzuge auch die Kirchenglocke wegnahmen.

Der Aufruhr im 18. Jahrhundert.
1732 suchte der Heilbronner Senat auch in den der Stadt zugehörigen Dörfern einen gerechteren Steuerfuß einzuführen (denn bisher lag der Reiche, welcher liegende Güter im Werthe von 3- bis 4000 fl. hatte, doch nur mit 150 fl. in der Steuer, wie der ärmere Taglöhner auch). Darüber beschwerten sich einige Neckargartacher in Stuttgart. Württemberg hatte die Oberlehnsherrlichkeit über Neckargartach und belehnte einen der Heilbronner Bürgermeister mit dem Dorfe, und nach dessen Tode wieder einen Anderen. Hiefür mußte | die Reichsstadt eine Abgabe an den württemb. Lehnhof entrichten. Schon Herzog Friedrich von Württemberg und später Herzog Carl wünschten, daß die Reichsstadt dieses Recht an sich kaufe, allein man verlangte so viel, daß sich Heilbronn zu einer so großen Kaufsumme für die Oberlehnsherrlichkeit nicht verstehen wollte. Dem Herzog Carl von Württemberg waren daher die Beschwerden der Neckargartacher willkommen, um von der Stadt einen größeren Kaufschilling zu erhalten. Württemberg gab daher auf die Klagen der Neckargartacher dem Heilbronner Senat zu erkennen, daß dieser die württembergischen Lehensunterthanen nicht über das Herkommen beschweren dürfe.

Vergebens stellte der Senat vor, daß die Neckargartacher keinen Grund zu einer Beschwerde hätten, denn die Steuern seien so gering, daß die uralte Georgy- und Martini-Beeten aus allen 4 Dörfern der Stadt nur 154 fl. betrügen,[1] eine Summe, welche jeder Bürger in Heilbronn auch zu bezahlen hätte, der ein steuerbares Vermögen von 26.000 fl. habe. An dem Aufwande der Reichsstadt zahlten nämlich die Bürger der Stadt 34/40, Neckargartach 2/40, Frankenbach 1/40, Böckingen 2/40 und Flein 1/40. Zudem hatte der Leibeigene den Sterbfall mit 5 pCt. des mäßig angeschlagenen Vermögens, eine Leibsbefreiung auf 3 pCt. und jährlich eine Leibhenne zu entrichten. Auf diese Weise hatte Neckargartach für Alles jährlich 400 fl. bis 600 fl. zu bezahlen.

Nachdem sich Bürger und Bauern von den Folgen der Kriege erholt hatten, suchte 1733 der Heilbronner Senat die Kriegsschulden nach und nach wieder zu tilgen, und legte 1 kr. Ohmgeld auf jede Maas Wein, worüber sich Neckargartach ebenfalls in Stuttgart beschwerte.

1738, als der Land-Commissär den Auftrag erhielt, ein neues Leibeigenschaftsbuch in Neckargartach anzulegen, weil das alte voll geschrieben war, so protestirten die Einwohner in Neckargartach und | bedrohten den Land-Commissär. Der Senat fand sich genöthigt, fünf der Rädelsführer verhaften zu lassen; aber Württemberg verlangte deren Loslassung. Der Senat gab nach, wandte sich aber um Schutz in seinem Besteuerungsrechte an den kaiserlichen Hof, welcher erkannte, daß nicht der württembergische Lehenhof, sondern der kaiserliche Reichshofrath zu entscheiden habe.

Inzwischen machten viele Truppenmärsche und andere Kriegskosten die Erhöhung von Steuern nothwendig. Neckargartach beschwerte sich abermals in Stuttgart; kaiserliche Dekrete unterstützten aber den Senat, die Steuerverweigerer wurden exequirt und am 1. Januar 1748 rückte eine Executionsmannschaft, nämlich eine Compagnie Musketiere und 25 Dragoner vom schwäbischen Kreis-Contingent in Neckargartach ein, und blieben bis 14. August daselbst.

Der Schulmeister und Gerichtsschreiber Joh. Phil. Hagner hatte sich an die Spitze der Querulanten gestellt, bei dem man später über den Aufruhr ein förmliches Tagebuch, Concepte und Abschriften fand.

Nun wandten sich die Unzufriedenen an das Reichskammergericht, welches sie mit ihrer Beschwerde abwies, und ein kaiserliches Rescript vom 30. Okt. 1748 entsetzte Hagner seiner Stellen. Dieser ging mit anderen Neckargartachern selbst nach Wien, übergab dort eine Vollmacht mit 101 Unterschriften und bat den Reichshofrath, ihn wieder einzusetzen und die Neckargartacher zu schützen. Der Senat stellte dagegen vor, man werde ihm doch nicht zumuthen, dem Haupträdelsführer, der die Jugend mit aufrührigen Grundsätzen ansteckte, auch noch zu besolden.

Ein kaiserliches Patent vom Jahre 1751 ordnete Execution wegen der Abgaben an: als Provisor Vogel zum Schulmeister ernannt wurde, protestirten die Rebellen gegen seine Anstellung, führten den Hagner mit Gewalt in die Schule und übergaben ihm ihre Kinder.

Der Magistrat lud die Anführer vor sich, zwei davon erschienen auch, aber mit einem Bogen Papier, auf dem die Namen aller Unbotmäßigen in Form eines Bataillon Quarre verzeichnet waren.

Neue kaiserliche Decrete forderten die Irregeleiteten zum Gehorsam auf. Hagner gab sie aber bei seinem Anhange für untergeschoben aus und zeigte dagegen nachgemachte von entgegengesetztem Inhalte. Doch hütete er sich nach Heilbronn zu gehen, umgab sich mit einer Leibwache, kaufte Gewehre und Munition und besetzte die Zugänge des Dorfes. Als das Kreis-Contingent zu Fuß, das in Heilbronn lag, am 8. März 1752 den Versuch machte, Hagnern festzunehmen, | so eilten ihm so viele Neckargartacher zu Hülfe, daß der Commandirende sich wieder zurückzog, weil er den Befehl hatte, Blutvergießen zu vermeiden. Nach dem Abzug der Soldaten plünderten die Bauern den Schulmeister Vogel und jagten ihn aus dem Dorfe.

Nachdem alle Versuche zum Frieden vergeblich waren und sogar noch den Trotz und die Unbotmäßigkeit der Bauern steigerten, so gab der Kaiser Befehl, sich der Rebellen mit gewaffneter Hand zu bemächtigen.

Diese suchten in Stuttgart vergebens Hülfe, mieden die Stadt Heilbronn und bestellten ihre Felder mit Flinten auf dem Rücken.

Ein zweiter Versuch in der Nacht des 2. Juni 1753, den Hagner in der Stille aufzuheben, schlug wieder fehl, weil er seine Schlafstube mit Tischen und Bänken in jeder Nacht verrammelt hatte. Nun sagte sich Hagner mit seinem Anhang von der Stadt los, zog die Einkünfte der Commune ein, vertrieb den Schäfer, weil dieser seine Schuld, wie früher, an die Stadt abtragen wollte, und mißhandelte die ruhig gebliebenen Einwohner von Neckargartach.

Die Stadt Heilbronn, um freiere Hand zu erhalten, zahlte 1754 25.000 fl. an Württemberg, daß dieses auf alle oberlehensherrliche Rechte über Neckargartach verzichtete.

Hagner belog die Bauern, die Stadt sei um diese Summe gestraft worden, stellte jedoch Tag und Nacht einen Theil seiner Anhänger unter die Waffen, und Vorposten aus.

Die Bauern, welche am Tage ihre Felder bestellten, und Tag und Nacht Wache stehen mußten, wurden aber nach und nach so erschöpft, daß 150 Mann Musketiere und einige Dragoner das Dorf in der Nacht des 9. Mai 1754 überrumpeln, die Rebellen im Schlafe überfallen und drei Rädelsführer nach Heilbronn abführen konnten.

Nun wurde die Untersuchung geführt, und am 27. Okt. 1758 das Urtheil des kaiserlichen Reichshofraths vom 17. August 1758 vollzogen. Schulmeister Hagner und sein Bruder Martin wurden vom Henker mit Ruthen gestrichen und lebenslänglich in das Zuchthaus verurtheilt, wo der Schulmeister starb; fünf andere kamen auf 2 Monate bis 2 Jahre in das Zuchthaus, und die übrigen erhielten geringere Strafen. Alle mit einander mußten die Kosten bezahlen, welche mehr als 6000 fl. betrugen.

Am 29. Mai 1755 huldigten die Neckargartacher dem Rath aufs Neue.

| 1803 fiel Neckargartach mit der Reichsstadt Heilbronn Württemberg zu, und kam zum Oberamtsbezirke Heilbronn.

Nach so großen Verheerungen, welche in den Jahren 1622 und 1675 dieses durch Ackerbau und Viehzucht wohlhabende Dorf erlitten hat, ist aus dem Mittelalter nichts weiter, als der Kirchthurm übrig, welcher Fenster mit Spitzbogen hat und in seinem Erdgeschoß einen Hochaltar birgt, welcher sehenswerthe Schnitzwerke und meistens gut erhaltene Gemälde hat, wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Die Predella enthält die Brustbilder der vier lateinischen Kirchenväter. Im Altarschrein steht in der Mitte die lebensgroße Bildsäule des h. Petrus und daneben die des Apostels Paulus mit dem Schwerte und die Johannis des Täufers.

Das Innere der Flügelthüren enthält 4 Gemälde, Saul mit seinem Pferde durch einen Blitz dahingestreckt; Petri Fischzug, dessen Flucht in einem Korbe aus einem Thurme, und eine Todten-Erweckung darstellend. Über den Bildsäulen stellen Gemälde Märtyrer dar: Petrus am Kreuze, St. Veit in Öl gesotten, eine Enthauptung, eine Heilige, die ihre Hände verbrennen muß, einen Hirten mit Hund und Schafen. Auf der Rückseite des Altarschreins ist das Schweißtuch mit Christi Haupt von Engeln gehalten gemalt.

Im Jahre 1603 wurden in die südliche Seite des Thurms ein Eingang zur Kirche und Fenster neu eingesetzt, auch die Kanzel im Renaissancestyl mit Schnitzwerken versehen, 1766 und 1767 aber die jetzige Kirche an die Stelle der alten in dem Rococostyl der damaligen Zeit neu erbaut, und im innern mit Orgel und mit den Abbildungen Christi und seiner Apostel an den Emporkirchen versehen.

Die Kirche in Neckargartach mit einem Marienaltar war dem h. Petrus geweiht und der Commenthur in Heilbronn besaß den Zehnten und das Patronatrecht. Im Jahre 1521 wurde die St. Albanskirche in Frankenbach, bisher Tochterkirche der Neckargartacher Kirche, von dieser getrennt. Ums Jahr 1539 führte der Rath zu Heilbronn die lutherische Lehre in Neckargartach ein, trotz des Widerspruchs des Commenthurs. Nach dem Heilbronner Rathsprotokoll vom September 1615 mußte der Pfarrer damals auch die Schule halten, weswegen der bereits ernannte Mag. Joh. Müller sich wieder bedankte, „weil er vernommen, daß er auch Schuel halten müße, er sei dazu nit tauglich, er könne nit theutsch schreiben.“ Der Commenthur machte stets von seinem Patronatrechte Gebrauch.

Als 1724 | der Rath einen Pfarrer wählte, der dem Commenthur nicht genehm war, hielt dieser die Pfarr-Competenz zurück, die Pfarrei blieb neun Jahre lang unbesetzt, der Streit kam vor den Reichshofrath, und endlich ernannte der Commenthur einen Pfarrer Gmelin.

Nach einer Durchschnittsberechnung vom Jahre 1717 bezog die Heilbronner Commende, welcher der völlige Zehnte vom Wittumhof zustand, und 1/3 des großen und kleinen Zehnten auf der übrigen Markung zu Neckargartach, jährlich 176/8 Malter Korn, 563/8 Malter Dinkel, 191/2 Malter Haber, 12/8 Malter Gerste, 5 fl. für den kleinen Zehnten und 4 Eimer 18 Maas Wein. Davon hatte die Commende dem Pfarrer an Roggen, Dinkel und Haber je 11 Malter abzureichen und den Pfarrhof in baulichem Stande zu erhalten.

Jetzt ist auch in Neckargartach alles abgelöst, und die Gemeinde so wohlhabend, daß einige Jahre lang sogar ein Theil der Staatssteuern aus der Gemeindekasse bezahlt wurde, was aber später untersagt worden ist, weil dadurch für Reiche, welche als solche größere Steuersummen zu bezahlen haben, auch am meisten ausgegeben worden ist.

In den letzten 20 Jahren wurden auch Fabriken auf der Neckargartacher Markung errichtet; nämlich im sogenannten Widmannsthal, einem Thal des Leinbachs, nahe bei Frankenbach eine Papierfabrik, und im Neckarthale an der Heilbronner Markungsgränze die Fabrik Wohlgelegen, in der seit 1850 Soda, Chlorkalk, Sulphat und dergleichen bereitet wird.

An der Gartach liegen zwei Mahlmühlen mit 3 und 4 Gängen, auch eine dritte Mühle mit einer Ölpresse, Hanfreibe u. dgl.

Erst in den 1830er Jahren wurde eine Sägemühle an dem Böllingerbach errichtet, daneben eine Meierei.

Ein See bei Neckargartach wurde 1564 mit Weiden bestockt.

Bis zur Ablösung bezog der Staat bedeutende Gülten aus:

a. den vormals Deutschordenschen Hofgütern, nämlich aus dem Wellers- und Bernhäuslershof, Heilmanns-, Neuzen- oder Wittum-, Kuder-, Böllinger-, Trappenhof; Steißlehen und Kloster Laufener Lehen;
b. vom Stift Wimpfen herrührend aus dem Albrechts-, Haber-, Hagners-, Harsten-, Kuder-, Storrenhof, Steißlehen u. s. w.;
c. vom Liebensteinschen Gülthof;
d. von dem Schmidt- und Wellergülthof, die dem Kloster St. Clara gehörten.
| Sodann bezog der Spital in Heilbronn Abgaben von den Pfarr- und Gutleuthauspfleggülthöfen, vom Almosenhof und von 3 Gülthöfen des Spitals.

Der Staat bezog den Zehnten auf der ganzen Markung, mit Ausnahme der Steißlehen-Äcker, welche dem Meßner zu Neckargartach Zehnten gaben.

1840 verwendete der Staat auf Verbesserung des Pfarrhauses 1790 fl.

1858 ließ die Gemeinde von dem Orgelbauer Schäfer zu Heilbronn eine vorzügliche Orgel erbauen, welche aus 18 Stimmen besteht, mit 2 Manualen und einem Pedal. Sie kostete 2500 fl.


Böllingen,
mit dem Altböllingerhof und Neuböllingerhof, bildet eine Parcelle von Neckargartach.

Böllingen hat eine besondere Markung, umgeben von denen von Neckargartach, Obereisesheim, Biberach und Frankenbach, war einst ein Ort mit einer Kirche, enthält aber jetzt nur 3 Meierhöfe, die dem Katharinenhospital zu Heilbronn gehören. Ein kleiner Theil der Äcker gehört Neckargartacher Einwohnern. Der Altböllingerhof am Böllingerbach (einst Biberach genannt) hat eine Getreidemühle mit 4 Gängen. Nahe dabei aufwärts liegt der große Meierhof mit Schäferei und einigen Weingärten; und nachdem 1854–58 der Wald, in 144 Morgen bestehend, auf dem Hügel an der Straße von Frankenbach und Kirchhausen ausgerodet worden ist, hat der Spital einen dritten Meierhof, den Neuböllingerhof gegründet. Alle drei sind verpachtet. Der große Hof war schon in den 1780er und 1790er Jahren durch ausgezeichnetes Rindvieh der Neckarrace berühmt, welches seit 30 Jahren, wie im ganzen Oberamte, durch Simmenthaler Farren veredelt worden ist.

Auch der Obstbau ist so bedeutend, daß der Pächter des großen Hofes in den Herbsten 1855 und 1860 aus Äpfeln jedesmal mehr als 1000 fl. erlöst hat.

Böllingen (villa Bellingen super fluvio Biberhaha in pago Gardachgove. Cod. Laur. Nr. 3500) kommt in den Jahren 765 bis 797 wiederholt vor, als das Kloster Lorsch mit hiesigen Gütern und Weinbergen beschenkt wurde. Im Jahre 841 vertauschte dasselbe Kloster seinen hiesigen Besitz mit einem Grafen Luitfrid gegen einen rheingauischen (Cod. Laur. 2, 553).

| Unter den Carolingern hatte Böllingen auch eine Kirche (Basilica), den Aposteln Peter und Paul geweiht, welche um 823 Adelbold dem Stifte Neuhausen bei Worms nebst Gebäuden und Gütern geschenkt hat (Württ. Urkundenbuch 1, 98). Das Hochstift Worms selbst erhielt zwischen 950–976 von einem Grafen Burchard hiesige Güter (in Bellingen) tauschweise als bleibendes Eigenthum (Württ. Urkundenbuch 1, 212).

Im Jahre 1233 erwarb das Stift Wimpfen, 1268 und 1283 das Kloster Steinheim an der Murr, 1306 das Kloster Adelberg, letzteres von Erkinger dem Jüngeren von Magenheim, hiesige Güter.

In den fehdevollen Zeiten des 14. und 15. Jahrhunderts scheint die Kirche u. s. w. zerstört worden zu sein, so daß nur einzelne Höfe und die Güter übrig geblieben sind.

Der Heilbronner Spital besitzt noch folgende Urkunden über die Erwerbung der Böllingerhofgüter, in Heilbronn ausgestellt: 1360. Raven von Taspach, Edelknecht und seine Frau Anna verkauften an Volmar Lemlin, Bürger zu Heilbronn, all ihr (von dem Kloster Steinheim erkauftes) Recht, Gut etc. zu Bellingen im Dorfe oder im Feld, ohne die Mühle, um 120 fl.

1365. Rafan von Fürhenfeld, Dietrich und Wilhelm, seine Söhne, Edelknecht, verkaufen dem Hans Rechan von Neckargartach 1/3 des Bellingerhofs.

1381. Heinz von Stein, Bürger zu Heilbronn und Clara Volmarin, sin Husfrau, und Eberhard Volmar und seine eheliche Wirthin Anna von Maßenbach verkaufen an Hans Eyerer, Bürger zu Heilbronn 1/2 der Güter, die ihr (der Clara) Vater und Mutter zu Bellingen hatten um 200 Pfund Heller.

1384. Eberhart Volmar, Bürger zu Heilbronn und Anna von Maßenbach, sin Husfrau verkaufen an Hansen Eyerer, Bürger zu Heilbronn 1/2 der Güter, die Volmars Eltern zu Bellingen hatten um 350 Pfund Heller.

1394. Contz von Helmstat, Edelknecht und Felicitas von Thalheim, seine Hausfrau, verkaufen an Hans Eygerer ihr Holz in Bellinger Mark um 119 Pfund.

1394 stiftet Heintz Bürger von Dinkelspühel Bürger zu Heilbronn und Anna Mettelbach, seine eheliche Hausfrau den armen kranken siechen Leuten und Dürftigen des Spitals zu Heilbronn einen Hof in Bellingen.

1397. Hans Stör, Bürger zu Heilbronn und seine eheliche Hausfrau die Katharine und Anna, Hansen Sikingers seligen eheliche Hausfrau, schenken 21/2 M. Acker zu Bellingen dem Spital in Heilbronn.

1415. Hans Eygerer der Elter, Bürger zu Heilbronn schenkt um des Seelenheils seiner 2 Frauen u. s. w. Willen die Mühle zu Bellingen, damit man den armen kranken Siechen des Spitals zu Heilbronn Fleisch und in der Fasten Hering kaufe.

| 1424. Hans Eygerer der Elter gibt den Bellingerhof in Erbbestand an 3 Neckargartacher, darunter ein Hofstatt, daruf Hof und Scheuer gestanden ist. Sie mögen auf der Hofstatt bauen, wenn sie wollen.

Die Kinder desselben Eygerer des älteren verkauften aber bald darauf ihre Antheile an Bellingen an den Heilbronner Spital. Darüber sind folgende 3 Urkunden vorhanden:

1430 verkaufen Conrat Eyerer zu Speyer und Hans E. zu Heilbronn, Bürger und Gebrüder an den Spital 2 Theile an der Vogtey und Gericht zu B. und 1/3 Zehnten, auch Elsa und Anna von Melinzheim Geschwestern, Klosterfrauen zu Frauenzimmern 1/3, auch Wald und ein Gütlein zu Neckargartach gelegen, das den Feuerern gewest ist, um 1500 fl.

1430 versichern Conrat und Hans Eyerer daß all ihr Hof etc. nicht Lehen seye.

1430 verkaufen Elsa und Anna von Malinzheim, Geschwestern, Closterfrauen zu Frauenzimmern an den Spital 1/9 am Zehnten in B. um 95 fl. rheinisch.

1461. Johann Heße, Buchschreiber und Bürger zu Heilbronn und Elisabeth seine Hausfrau verkaufen an den Spital ihren Hof etc. zu B. um 110 fl. den sie von Hans Wißbronn gekauft.

Auf diese Weise war der Spital zu Heilbronn, dem schon 1390 ein Göler von Ravensburg die Hälfte von Böllingen vermacht hatte, nach und nach durch Kauf in den Besitz eines großen Theils des Hofes gekommen. Im Jahre 1480 gab der Spital diesen Besitz dem Peter Arnold zum Erblehen.

Conrad von Weinsberg, der Reichserbkämmerer, hatte einen Theil des Zehnten, welchen er ganz oder theilweise dem Predigerkloster zu Wimpfen schenkte, welches deshalb 1410 für ihn einen Jahrestag zu halten versprach.

Im Jahre 1622, während und nach der Schlacht bei Wimpfen (vgl. Obereisesheim und Neckargartach), hatte auch der Böllingerhof viele Drangsale zu leiden: Am Bache bei Böllingen hatten sich die Badischen zum letztenmal noch aufgestellt, um die Flucht ihres Markgrafen nach Heilbronn zu decken.

Sehr wahrscheinlich war hier die Stelle, wo Pforzheims brave Bürger, ihren Fürsten vertheidigend, den Heldentod starben.

1803 mit Heilbronns Mediatisirung kam Böllingen unter württembergische Botmäßigkeit, und die Böllinger Markung wurde der Schultheißerei Neckargartach einverleibt, wohin auch die Einwohner der Höfe eingepfarrt sind.

1846 wurde der große Meierhof von einem ruchlosen Brandstifter arg heimgesucht, denn am 4. Januar Nachts ging die obere | Scheuer in Rauch auf, am 6. Januar am hellen Mittage die untere, und am 15. Januar die mittlere. Der Thäter blieb unbekannt, die Brandversicherungskasse aber mußte 11.200 fl. bezahlen und die Heilbronner Stiftungspflege noch 1700 fl. dazu legen, um dem Pächter die nöthigen Scheuern wieder herzustellen.

Bis zur Ablösung bezog der Schulmeister und Meßner zu Neckargartach den Zehnten aus dem Meßnerzehntdistrikt.

Auf den Gütern des Wittum oder Kuderhofes stand dem Staat (früher Heilbronn) der Zehnten allein zu, von allen übrigen Gütern bezog 1/3 des Zehnten der Staat, 1/3 der Katharinenspital und 1/3 das Dominicanerkloster zu Wimpfen.

Der Spital hat auch dieses Drittel im Jahre 1846 von Hessen (welches das Kloster säcularisirte) um 11.000 fl. angekauft, eine Summe, die damals dieser Zehnten wohl werth war; aber bei der Ablösung 1852 erhielt der Spital nur 5910 fl., also nicht einmal die Hälfte dafür ersetzt.



  1. An directer Staatssteuer, aus Grundstücken, Gebäuden und Gewerben müssen jetzt (1. Juli 1861–62) dieselben 4 Orte an die württemb. Staatskasse entrichten:
    Böckingen 2941 fl.
    Flein 1993 fl.
    Frankenbach 1422 fl.
    Neckargartach       3093 fl.
    9449 fl.
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